Protocol of the Session on September 27, 2012

Herr Boddenberg, reden Sie jetzt als Abgeordneter oder als Staatsminister?

(Michael Boddenberg (CDU): Als Abgeordneter!)

Sie reden als Abgeordneter. Dann haben Sie jetzt die Möglichkeit dazu.

Herr Kollege Rudolph, ich saß hier vorne in einer Abgeordnetenbank und darf daher, glaube ich – –

(Günter Rudolph (SPD): Auch der Ministerpräsident saß heute Morgen da!)

Das ist doch prima. Wir beide sind ja auch Mitglieder der CDU-Fraktion, wie Sie wissen.

Ich bin eben nicht dazu gekommen, eine Frage zu stellen. Ich will die Frage jetzt auf diesem Wege loswerden und wäre dankbar, wenn Sie zuhören würden.

Herr Kollege Kaufmann, Sie haben unterstellt, dass der Herr Staatssekretär hinsichtlich der Wahrhaftigkeit seiner Aussagen eben danebengelegen habe. Es gibt hier einige, die gestern Abend zugegen waren. Ich glaube, Sie werden nicht bestreiten – zumal Sie es eben wiederholt haben –, dass Sie sowohl gestern als auch in Presseveröffentlichungen davon gesprochen haben, dass man in der Frage flexibler sein müsse.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fragen Sie doch einmal die Lufthansa, ob sie flexibler ist!)

Das, was Sie hier eben gesagt haben, bedeutet am Ende doch nichts anderes, als dass wir wieder zu planmäßigen Flügen nach 23 Uhr für den Fall kämen, dass die damit einhergehenden Konditionen gegeben sind.

(Lebhafte Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich setze das ausdrücklich in den Konjunktiv, denn das ist offensichtlich Ihre Position. Es ist jedenfalls nicht unsere Position.

Wenn ich gerade das Wort habe – ich brauche die fünf Minuten Redezeit gar nicht –, möchte ich an dieser Stelle noch Folgendes sagen. Der Herr Staatssekretär hat es eben möglicherweise vergessen; ich hatte ihn gebeten, an etwas zu erinnern. Herr Kaufmann, ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, es kann aber nicht sein, dass Sie – ebenso wie Herr Grumbach und Herr Feldmann als Oberbürgermeister in Frankfurt – vor Ort den Menschen mit viel Prosa weiße Salbe auf die Augen und die Ohren schmieren, weil Sie dort eben nicht vertreten wollen, was Sie an anderer Stelle vertreten haben. Wir werden bei Gelegenheit alle Anträge herausholen, denen die Sozialdemokraten in Hessen zugestimmt und somit all das mitgetragen haben, was wir heute haben.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Kaufmann, Wir werden bei nächster Gelegenheit wieder darüber zu reden haben, dass die von Herrn Grumbach angemahnte, angeblich nicht vorhandene Gesamtschau über den Luftverkehr in Deutschland seit dem Jahre 2000 als Konzept vorliegt, und zwar von der Bun

desregierung unter Joschka Fischer und Herrn Schröder erarbeitet. Dieses Konzept sieht für den Frankfurter Flughafen 120 Bewegungen pro Stunde vor. Ich wäre dankbar, wenn wir hin und wieder auf diese Erkenntnis und diesen Sachstand zurückkommen würden, damit Sie nicht immer vor Ort wegsehen, obwohl Sie an weiter entfernten Orten jede Entscheidung mitgetragen haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Boddenberg. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Grumbach von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Grumbach.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Boddenberg, erstens: Ich weiß nicht, wie viele Konzepte – ohne Beschluss – Sie in den verschiedenen Ministerien in den Aktenschränken liegen haben. Aus denen könnten auch wir gerne zitieren. Das hätte den gleichen Stellenwert wie das, was Sie eben getan haben.

(Michael Boddenberg (CDU): Kabinettsbeschluss!)

Herr Staatssekretär Saebisch, ich gehöre zu den Menschen, die sich sehr mit historischen Dingen beschäftigen. Ich habe vor drei Jahren einen für mich sehr amüsanten Film gesehen, in dem die ersten Sozialdemokraten im Parlament gezeigt wurden. In einer Nachspielszene erklärte da ein Mitglied des preußischen Landadels den armen Bauern, wie Politik zu sein hat. Mit Verlaub, dieser Ton ist dem 21. Jahrhundert nicht mehr angepasst.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Zweitens. Sie haben in Ihrer heutigen Rede zweimal nicht die Wahrheit gesagt. Beim ersten Mal haben Sie einfach ein Wort in einem Satz eingefügt, nämlich das Wort „planmäßig“, und damit den Satzzusammenhang verändert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Wir werden hier den Streit, wer da war, nicht austragen können. Wir werden sehen, wessen Erinnerungsvermögen besser ist. Es gibt ja ein Wortprotokoll über das, was hier gesagt worden ist. Sie haben weiterhin gesagt, ich hätte ein absolutes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gefordert. Ich fordere Sie auf, sich den Protokollauszug zu organisieren und darin nachzulesen. Ich habe Folgendes gesagt: Ich will gleiche Konkurrenzbedingungen haben; deshalb fordere ich ein Bundesgesetz, das Nachtflugbeschränkungen zu dieser Zeit zulässt, und ich fordere, wie in der Mediation beschrieben, Entlastungen in den Tagesrandstunden.

Viertens. Sie zitieren hier Beschlüsse, deren Text Sie nicht kennen. Ich kenne Beschlüsse, deren Text ich geschrieben habe, in der Regel gut, und manchmal hilft es, sie bei sich zu haben. Ich zitiere:

In der Zwischenzeit werden wir alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um eine weitestgehende Ent

lastung in den Tagesrandzeiten zu erreichen. Das gilt insbesondere für die Flüge am Übergang in den Randzeiten zur Verbotszeit.

Das ist der Text, den wir beschlossen haben. All das, was Sie gesagt haben, finden Sie darin nicht wieder. Ich finde, es wäre klug, damit zu beginnen, über das zu reden, was ist, statt über das zu reden, was Sie sich vorstellen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Als nächster Redner hat sich Kollege Müller von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Müller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nur den Originalwortlaut der Pressemeldung des SPD-Bezirks Hessen-Süd zitieren. Der lautet wie folgt:

Die SPD Hessen-SÜD setzt sich dafür ein, auf Bundes- und Europaebene die Voraussetzungen für eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr zu schaffen.

Das ist der Wortlaut der SPD-Pressemeldung. Herr Grumbach, insofern kann ich das, was Sie gesagt haben, nicht ganz nachvollziehen. Ich frage mich außerdem, ob Sie den Beschlusstext – den ich aus der Zeitung anders in Erinnerung habe – vollständig vorgelesen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb bin ich schon sehr daran interessiert, zu erfahren, wie Ihre Position dazu ist. Sie haben sich eben wieder um eine Aussage gedrückt. Wollen Sie in den Nachtrandstunden Nachtflüge zulassen, wie in der Mediation vereinbart? Wenn ja, wie viele? Sind es fünf? Sind es zehn? Ich glaube nicht, dass das von der Mediation noch gedeckt wäre. Oder wollen Sie, wie aus dem Beschlusstext hervorgeht, tatsächlich eine vollständige Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr, was für den Frankfurter Flughafen erhebliche Einschnitte und eine erhebliche Reduzierung der Zahl der Arbeitsplätze bedeuten würde?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben es gerade wieder geschafft, sich darum herumzuwinden; aber ich glaube, dass Sie über kurz oder lang – spätestens bei der Landtagswahl – klar bekennen müssen, was die SPD in Hessen will. Will sie die Mediation, oder will sie weiter gehende Forderungen erheben, um zu versuchen, den GRÜNEN den Rang abzulaufen? Das ist einer der interessanten Punkte.

Herr Kaufmann, das alles haben wir uns nicht ausgedacht. Vielmehr gibt es auch ein Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 18. Juli, in dem zu dem Thema, wie man das mit den Ausnahmen macht, formuliert wird: „Wenn man großzügig sein will, bin ich sofort dabei.“ Danach schränken Sie es ein; das ist korrekt: „Aber dann erst dann, wenn in der Regel nach 22:30 Uhr kein Flieger mehr startet.“

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha! Was denn?)

Die Lufthansa hat ihren Flugplan für den Winter schon dahin gehend geändert. Nur Sie tun so, als könnte man daran etwas ändern.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch!)

Wir haben aber – das ist der Unterschied zwischen den GRÜNEN und einer Rechtsstaatspartei wie der FDP – rechtliche Grundlagen. Wir haben im Planfeststellungsbeschluss rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausnahmen gesetzt.

(Beifall bei der FDP)

Diese wenden wir an. Sie aber gaukeln etwas vor. Sie geben sich großzügig, so, als ob man das etwas flexibler gestalten könnte. Es mag sein, dass Sie das machen, weil Sie am liebsten ein Planergänzungsverfahren auf den Weg bringen würden und darin noch etwas anderes unterbringen möchten. Das mag sein. Das ist Ihre strategische Ausrichtung; das ist in Ordnung. Aber dann seien Sie auch ehrlich.

Wirklich nicht zu verstehen ist, dass gerade Sie, die Sie sehr deutlich machen, dass nach 23 Uhr eigentlich kein einziger Nachtflug zu vertreten ist – was wir mittragen und im Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig verankert haben –, jetzt sagen: Wir können doch unter bestimmten Bedingungen einzelne Ausnahmen machen. – Nein, es gibt keine Bedingungen. Wir haben ein Nachtflugverbot ab 23 Uhr, und das wird auch eingehalten. Dabei bleibt es.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Wissler, Ihre Argumentation ist zum Teil wirklich erschreckend. Ich lade Sie noch einmal ein – das habe ich von dieser Stelle aus schon mehrfach gemacht –, damit auch die Fraktion DIE LINKE das Forum Flughafen und Region kennenlernt. Dort wird sehr intensiv inhaltlich und fachlich diskutiert. Das werden die Kollegen bestätigen. Das, was Sie hier zum Besten geben, würden Sie dann wahrscheinlich so nicht mehr sagen, weil Sie dort sehr viel mehr Hintergrundinformationen erhalten hätten.

Sie haben hier eben behauptet, das Frachtzentrum werde ganz normal gebaut. Ja, es wird gebaut, selbstverständlich.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aber es wird um ein Drittel kleiner gebaut, als es sonst der Fall gewesen wäre. Natürlich hat das diese Auswirkungen. Diese negativen Auswirkungen nehmen wir in Kauf; denn wir sagen: Der Ausbau auf der einen Seite ist mit dem Nachtflugverbot auf der anderen Seite verbunden. – Deswegen war das eine Entscheidung, die wir tragen mussten. Aber tun Sie doch nicht so, als ob das alles keine Auswirkungen hätte. Natürlich hat es Auswirkungen.