Protocol of the Session on September 26, 2012

Stattdessen hat er einen Tag nach der Innenausschusssitzung just zu diesem Thema eine Pressekonferenz gemacht, um etwas zu verkünden.

(Holger Bellino (CDU): Also!)

Ich fände es schöner, wenn Parlamentarier sich hier miteinander unterhalten, auch mit der Landesregierung, statt über Pressekonferenzen. Ich muss sagen, wenn man das Präventionsmobil in der Sommerpause verstärkt durch die Gegend fahren lässt, wenn die meisten Menschen dieses Landes im Urlaub sind, scheint mir dies keine so gute Strategie zu sein, Herr Innenminister.

(Beifall bei der SPD – Horst Klee (CDU): Die Einbruchsrate ist doch im Sommer am größten! – Weitere Zurufe von der CDU)

Auch eine Pressekonferenz des Innenministers mag zwar für manche, auch in diesem Hause, abschreckend sein, aber für die Einbrecher hat sie diese Wirkung nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben noch keinen konstruktiven Vorschlag aus den Pressekonferenzen des Innenministers entnehmen können. Wir halten es für eine Schaufensterkampagne, bei der nichts herumgekommen ist. Wir haben keinerlei neue Vorschläge vorliegen, überhaupt nichts Konstruktives, wie sich das maßgeblich verändern soll und wie man diesem Phänomen besonders nachkommen kann. Insofern brüsten Sie sich hier mit einer längst nicht validen Statistik und legen keine Fakten auf den Tisch.

(Beifall bei der SPD)

Es drängt sich in der Tat der Verdacht auf, dass es nur um vordergründige Effekte geht und nicht um Bevölkerungsschutz. Ich erinnere noch einmal an die polizeiliche Kriminalitätsstatistik der Landesregierung. Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Hessen ist von 7.313 Fällen im Jahr 2008 auf 10.874 Fälle im Jahr 2011 gestiegen. Das bedeutet eine Steigerung von 48 % von 2007 auf 2011, also mitnichten ein Grund dafür, sich heute zu feiern und zu bejubeln.

(Beifall bei der SPD)

Die Not scheint in Hessen sehr groß zu sein, wenn man meint, man müsse solche Setzpunkte nehmen, um irgendetwas gut zu interpretieren. Herr Innenminister, da hilft es auch nichts, wenn Sie immer wieder mit personellen Verstärkungen argumentieren. Hier sagen Sie, es seien 100 Beamte mehr. Als wir im Innenausschuss nachgefragt haben, woher diese 100 Beamten kommen – ich erinnere Sie gerne daran, dass Sie in den letzten Haushaltsberatungen beschlossen haben, weniger Polizeianwärter als in den Jahren davor einzustellen; daher war die Frage berechtigt, woher die 100 Beamten kommen –,

(Beifall bei der SPD)

haben wir als Antwort darauf bekommen: Sie kommen von der Bereitschaftspolizei und waren zuvor am Frankfurter Flughafen im Wesentlichen für Objektschutz eingesetzt. Dort hat man jetzt Wachpolizei angestellt. Das bedeutet, wir haben im Lande Hessen weniger Beamtenstellen. Hier wird es als vermeintlicher Erfolg gefeiert, als seien es 100 Beamte mehr.

Herr Innenminister, wir kennen diese Rechenspielchen. Egal, welches Thema, es wird immer wieder gesagt: Es gibt hier 100 Beamte mehr und dort 100 Beamte mehr. – In Wirklichkeit strukturieren Sie sie nur mehrfach um und argumentieren immer wieder damit. Das taugt in der Tat nichts. Wir werden Sie an den Haushaltsberatungen messen. Wir erwarten, dass Sie wieder 550 Polizeianwärter einstellen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, auch Sie werde ich daran erinnern. – Wir haben leider durch die „Operation düstere Zukunft“ – wie wir sie nennen – im Lande Hessen immer noch viel zu wenige Polizeibeamtinnen und -beamte, weil über Jahre unter Bedarf eingestellt wurde. Das können Sie auch durch solche Setzpunkte nicht wegreden. Insofern finden wir es spannend. Wir bedanken uns noch einmal herzlich dafür, dass wir auf den Personalabbau bei der Polizei und die Sicherheitsdefizite hinweisen durften. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Faeser. – Ich darf Herrn Frömmrich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat mich schon verwundert – die Kollegin Faeser hat es gerade schon gesagt –, dass Sie sich ausgerechnet dieses Thema heute als Setzpunkt ausgesucht haben. Vielleicht ist dies die Vorbereitung auf das, was wir nachher diskutieren. Wir diskutieren heute Setzpunkte der CDU und der FDP, zunächst zu den Wohnungseinbrüchen und dann zum Verfassungsschutz. – Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, aber Spaß beiseite.

Der Kollege Bauer hat vollkommen zu Recht gesagt: Wohnungseinbrüche sind für Menschen eine schlimme Erfahrung, eine schlimme Belastung. Viele Menschen, die von Einbrüchen betroffen sind, beschäftigt diese Tat wochen- bzw. monatelang. Gerade ältere Menschen kommen überhaupt nicht mehr zur Ruhe, haben seelische Probleme und fürchten sich. Diese Belastung ist für viele Menschen enorm.

Deswegen ist es überhaupt keine Frage, sich über die Parteien hinweg Gedanken darüber zu machen, wie Kriminalität in diesem Bereich, also Wohnungseinbrüche, am effektivsten bekämpft werden kann. Da gibt es mit Sicherheit unterschiedliche Konzepte. Wir haben vom Innenminister gehört, dass er eher auf die Strafverfolgung und die Repression setzt. Wir sollten aber in diesem Bereich alle Felder im Blick haben.

In erster Linie ist die Prävention zu nennen. Menschen müssen darauf aufmerksam gemacht werden, ihre Wohnungen gut zu schützen. Menschen müssen darauf aufmerksam gemacht werden, gewisse Dinge einzuhalten. Das ist der beste Schutz vor Einbrüchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich, das ist überhaupt keine Frage, gehören Strafverfolgung und Mittel der Repression dazu. Dazu gehören auch Kontroll- und Fahndungstage.

Jeder Einbruch, der erst einmal durch präventive Maßnahmen verhindert worden ist, bedarf keiner Fahndungsmaßnahme und keiner Kontrollmaßnahme. Der verhinderte Einbruch ist gut, auch für diejenigen, die sonst betroffen gewesen wären.

Das sieht man im Übrigen schon daran, dass durch Präventionsmaßnahmen viele Erfolge verzeichnet werden konnten. Ich will daran erinnern – weil Herr Kollege Bauer auf das vorherige Jahrtausend verwiesen hat –, unter Rot-Grün wurden hinsichtlich der Prävention und der Aufklärung bei Wohnungseinbrüchen die ersten Schritte unternommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben das dankenswerterweise weitergeführt. Aber das sollte man der Ehrlichkeit halber auch erwähnen.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum Sie sich hierhin stellen und dem Hessischen Landtag einen solchen Jubelantrag vorlegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jubelanträge helfen den betroffenen Menschen überhaupt nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass das bei Ihnen wiederum nichts hilft. Sie können hier mit Mehrheit beschließen, dass Sie schön und toll sind. Das können Sie zwar mit Mehrheit beschließen, es ist trotzdem nicht richtig.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegin Faeser hat bereits darauf hingewiesen: Schon die Überschrift ist eigentlich eine Unverschämtheit. Ich will sie einmal vorlesen: „… erfolgreiche Kampagne gegen Wohnungseinbrüche zeigt erneut Hessens Spitzenleistungen beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger“.

(Peter Stephan (CDU): Absolut richtig! – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, dass Sie mit so einer Überschrift die Mitglieder des Hessischen Landtags, insbesondere natürlich die Opposition, wissen lassen, dass Sie sie für einigermaßen dumm halten, ist im politischen Spiel vielleicht hinzunehmen. Dass Sie aber meinen, dass Ihnen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande das abnehmen, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande dumm sind, finde ich schon eine Unverschämtheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Ihnen Zahlen und Fakten darlegen. Sie sagen, Sie seien beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger spitze. Sie sind in der Tat spitze, und zwar was die Zahl der Wohnungseinbrüche angeht. Hessen liegt nämlich unter den 13 Flächenstaaten bei der Häufigkeit von Wohnungseinbrüchen auf Platz 4. Angesichts dieser Tatsache stellen Sie sich hierhin und wollen uns erzählen, dass Sie in diesem Bereich spitze seien. Das ist absurd, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im Bundesdurchschnitt sind 148 Einbrüche pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen.

(Holger Bellino (CDU): Waren Sie dabei?)

Das ist ein typischer Bellino-Zwischenruf. Vielleicht sollten Sie sich eher mit der Sache beschäftigen,

(Holger Bellino (CDU): Das machen wir, im Gegensatz zu Ihnen, mein lieber Freund!)

als solche Zwischenrufe zu machen, die ziemlich daneben sind. Die Zwischenrufe sprechen aber für den, der sie macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Im Lande Hessen kommen 165 Wohnungseinbrüche auf 100.000 Einwohner. Sie können hier doch nicht allen Ernstes behaupten, dass Sie in diesem Bereich spitze seien.

(Zurufe von der CDU)

Hier von einer „Spitzenleistung“ zu reden, finde ich geradezu absurd. Es ist wirklich eine Verhöhnung derer, die von diesem Phänomen betroffen sind. Wir alle haben betont, dass Wohnungseinbrüche die Menschen sehr stark belasten.

CDU und FDP sind auch nicht spitze, was die Aufklärungsquote angeht. Sich hierhin zu stellen und bei einer Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen, die bei 17,2 % liegt, den Bürgerinnen und Bürgern im Lande sagen zu wollen, dass Sie hier spitze seien, ist geradezu abenteuerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will am Beispiel Kassel noch einmal deutlich machen, wie „spitze“ Sie sind. Ich zitiere aus der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2011 des Landes Hessen, vorgelegt von diesem Innenminister: „In der regionalen Betrachtung war im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Nordhessen ein deutlicher Fallzahlenanstieg zu beobachten (525 Fälle = + 63,3 %). Die Polizeidirektion Kassel verzeichnet hessenweit die höchste Zuwachsrate [bei Wohnungseinbrüchen] mit 85,3 %.“ Sich dann hierher zu stellen und von einer Spitzenleistung zu reden, verhöhnt die Menschen, die von Wohnungseinbrüchen betroffen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)