Abschließend möchte ich sagen, dass ich es gut finde, dass wir diese Diskussion geführt haben. Ich habe bereits gesagt, dass ich mich über den Antrag der GRÜNEN freue, dem wir unsere Zustimmung sicher nicht verweigern werden, weil er einfach in die richtige Richtung geht. Ich bin auch dem Kollegen Grumbach sehr dankbar für seine Ausführungen. Ich muss sagen, dass es mich an einer Stelle schon sehr nachdenklich gestimmt hat – im Gegensatz zu anderen bin ich nicht beratungsresistent –, ob es nicht vielleicht doch der klügere Weg ist, eine solche Festschreibung – die man, wie ich finde, in einem Gesetz schon treffen kann – nicht an den Anfang, sondern an das Ende eines gesellschaftlichen Prozesses zu stellen. Diese Aussage, ob es nicht eine tiefere Verankerung findet, wenn man das in einem Prozess an den Hochschulen selbst macht, hat mich schon nachdenklich gestimmt.
Ich freue mich darauf, im Ausschuss noch einmal über den Weg zu reden. Ich finde es gut, dass es drei Fraktionen im Landtag gibt,
die in diese Richtung gehen. Frau Ministerin, ich habe das Gefühl, dass Ihnen die Dimension dieses Problems einfach nicht klar ist.
Wenn Sie nicht weiterwissen, kommen Sie mit der Sowjetunion; das ist nicht neu. Der Sowjetunion hätte eine Zivilklausel im Übrigen auch nicht geschadet.
Ich bin der Meinung, wir sollten im Ausschuss darüber reden, welcher Weg der richtige ist; da sind wir auch kompromissbereit.
Danke schön, Frau Kollegin Wissler. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.
Wir müssen nun die Anträge an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst überweisen. Das ist einmal der Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend keine Rüstungsforschung an hessischen Hochschulen, Drucks. 18/6069, zusammen mit dem Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zivile Ausrichtung von Forschung an hessischen Hochschulen, Drucks. 18/6126.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern mit der Sitzung des Hessischen Landtags weiter fortfahren.
Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Welterbestätten im Kulturland Hessen – das Erbe für kommende Generationen bewahren, Drucks. 18/6138. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 74. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion.
Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend GEMA-Reform zurücknehmen – Rechte von Musikern und Gastgewerbe gleichermaßen wahren – Drucks. 18/6078 –
Antrag der Fraktion der SPD betreffend GEMA darf Kulturveranstaltungen nicht infrage stellen – Drucks. 18/6032 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend GEMA-Tarifreform – Rechte von Musikschaffenden und Musikveranstaltern in Ausgleich bringen – Drucks. 18/6118 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als erster Redner hat sich Herr Lenders von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Lenders, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verwertungsgesellschaften sind wichtiger denn je. In Zeiten, in der Musik größtenteils per Internet zirkuliert, brauchen wir dringender denn je Systeme, die den Urheber direkt honorieren. Musik muss uns etwas wert sein. Deshalb brauchen wir funktionierende Verwertungsgesellschaften, die zukunftsfähig sind. Die GEMA wird dieser Aufgabe bislang leider nur mit großen Ungerechtigkeiten ansatzweise gerecht.
Die GEMA produziert Ungerechtigkeiten, und zwar sowohl bei jenen, die für die Nutzung von Musik bezahlen, als auch bei denen, die für ihre Musik eine gerechte Entlohnung erwarten dürfen.
Meine Damen und Herren, zuerst die Kritikpunkte aus Sicht der Künstler: Gerade einmal ein Zwanzigstel aller GEMA-Mitglieder, die ordentlichen Mitglieder, bestimmt darüber, wie die Tantiemen aller Urheber verteilt werden. Diese gerade einmal 3.000 Mitglieder bestimmen mit den Vorstandsgremien alle Aspekte der Tarife und der Satzung. Sie bestimmen z. B. im eigenen Interesse, dass sogenannte Standardwerke, Gassenhauer von Dieter Bohlen oder Ralph Siegel, zusätzliche Multiplikationspunkte erhalten. Die 3.000 stimmberechtigten Mitglieder haben beispielsweise 2008 63 % der Einnahmen erhalten. Die exorbitant höheren Multiplikationspunkte sorgen dafür, dass der Großteil der Erlöse, der den kleineren Urhebern und Bands zustände, an die Verlage und Urheber der großen Standardwerke fließt. Dass dieses Verteilungssystem der Ungerechtigkeit wenig transparent ist und dass es auch keine echten Kontrollfunktionen besitzt, sehen wir an der Verteilung der Mittel im Jahre 2008.
Die Pläne, die uns bislang bekannt sind, scheinen alles noch schlimmer zu machen. Wo bleiben eigentlich die Rechte der geistigen Eigentümer? Die Rechte muss jemand, der einen Titel registrieren lässt, auf Jahre hin abtreten. Diese langfristige Abgabe führt teilweise zu absurden Situationen. Tritt ein Künstler selbst als Veranstalter auf, muss er dafür selbst Gebühren abführen, die er nach der Umverteilung der GEMA immerhin zu 80 % zurückbekommt. 20 % dessen, was eigentlich sein geistiges Eigentum ist, bleiben an den klebrigen Fingern einer Verwaltung hängen.
Meine Damen und Herren, sollte sich ein Künstler, der einen Titel hat registrieren lassen, dazu entschließen, seinen Titel bei einer nicht kommerziellen Veranstaltung spielen
zu lassen, muss dafür eine GEMA-Gebühr abgeführt werden. Wir fordern an dieser Stelle, dass Künstler das Recht haben müssen, bei nicht kommerziellen Veranstaltungen eine Freistellung zu bekommen, so wie es das Beispiel in Frankreich zeigt.
Alles einmal aus der Sicht der Gastronomie: Man könnte meinen, dass das System, das die GEMA jetzt vorgeschlagen hat, einfacher und transparenter wird. So sagt es die GEMA. Nur, die Realität sieht anders aus. Die GEMA legt nicht dar, dass kaum jemand von der Neuregelung profitiert. Stattdessen gibt es saftige Erhöhungen für alle.
Ein Beispiel: Eine Musikkneipe mit 110 m2 ohne Eintritt spielt vier Tage in der Woche zwischen 20 und 2 Uhr Musik vom Laptop. Bislang musste diese Kneipe 1.336 € zahlen. Nach der Reform wären es 22.523 €. Das ist eine Zahl, die man kaum glauben mag, meine Damen und Herren.
Ein zweites Beispiel: Eine Diskothek, die für zwei Öffnungstage in der Woche bisher 14.500 € gezahlt hat, würde dann 95.000 € zahlen. Wer soll das eigentlich erwirtschaften? Das ist mit den Einnahmen überhaupt nicht darstellbar.
Dazu kommt der Effekt: Sollte der Gastronomiebetrieb seine Eintritte erhöhen und der Gast dies zahlen und nicht einfach daheimbleiben, dann würden die höheren Eintrittsgelder sofort zu einer Erhöhung der GEMA-Gebühren führen. Meine Damen und Herren, damit ist der mittelständische Unternehmer in einem Hamsterrad gefangen, aus dem er nicht mehr herauskommt.
Das ist eine Gefährdung einer ohnehin gebeutelten Branche. Würde diese Reform wirklich durchgehen, würden Sie vielen Klubs, Diskotheken und Kneipen sowie den dazugehörigen Arbeitsplätzen den Garaus machen. Welch volkswirtschaftlicher Schaden dadurch entsteht, kann jeder, der einigermaßen etwas von Volkswirtschaft versteht, durchaus nachvollziehen.
Aber jetzt einmal aus der Sicht der Nutzer: Auch dort gibt es Kritikpunkte nicht nur von volkswirtschaftlicher Seite. Auch der Kulturverlust wäre immens. So betrifft die Erhöhung auch Biergärten, Feste, Fastnachtsveranstaltungen und andere kulturelle Veranstaltungen, die lange Traditionen hier in Hessen haben – viele Stadtfeste, Feste, die in der Regel ohne Eintritt ein Musikangebot anbieten, die von vielen ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern eingerichtet werden, die in der Vergangenheit beinahe schon an der Bürokratie der GEMA verzweifelt sind.
Meine Damen und Herren, „Beweisumkehr“ – das wäre ein Stichwort für die GEMA, das der GEMA bisher allerdings fremd war.
Bisher ist es so, dass der Veranstalter nachweisen musste, dass die Titel, die gespielt worden sind, nicht registriert sind. Andersherum würde allerdings ein Schuh daraus. Die GEMA verlangt, dass Musikabfolgelisten eingereicht werden – hochkomplex, wahnsinnig bürokratisch. Das macht jedem Vereinsmitglied, das macht jedem ehrenamtlichen Engagement den Garaus.
Meine Damen und Herren, die GEMA treibt es auf die Spitze. Die Besucherzahlen, die erfasst werden sollen – da fällt der GEMA jedes Jahr etwas Neues ein. Das mutet eher wie Schikane als wie Transparenz an. Es ist weder für die Nutzer nachvollziehbar, wonach die GEMA ihre Gebühren erhebt, noch ist es für die Künstler nachvollziehbar, wie diese Tantiemen anschließend verteilt werden.
Die Abfolge ist eine Verarmung der Kultur. Wir sind deshalb froh, dass sich Wirtschaftsminister Rentsch dieses Themas angenommen hat und die GEMA zum Einlenken bewegen will. Das Thema braucht Öffentlichkeit, wie heute die Demo in Frankfurt. Es kommt aber auch der Antrag der FDP und der CDU, der heute hier beraten wird und ein Signal an die GEMA setzen soll, die Reform zu stoppen und endlich vernünftige Vorschläge zu unterbreiten. Meine Damen und Herren, das haben jetzt wohl auch SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkannt. Die LINKEN haben offenbar keine Meinung dazu. Das nehmen wir dann zur Kenntnis.
Aber der Antrag der SPD ist mir an vielen Stellen, ehrlich gesagt, zu dünn. Wenn er auch in Zeilen beinah abgeschrieben ist – Randbemerkung: abgeschrieben zum Thema Urheberrechte –, ist er vor allen Dingen, was die Urheberrechte betrifft, viel zu dünn. Deswegen kann ich Sie nur einladen, in den Beratungen dem Antrag von CDU und FDP zu folgen.
Die GRÜNEN schießen allerdings mit ihrem Antrag sofort über das Ziel hinaus. Sie wollen gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Mir scheint, es schmeckt Ihnen nicht, dass der FDP-Minister dieses Thema zuerst gesetzt hat