Protocol of the Session on June 28, 2012

(Minister Jörg-Uwe-Hahn: Vorsicht!)

nein, das mache ich in voller Absicht –, der sich dazu schon sehr in die richtige Richtung geäußert hat, wie ich finde.

(Günter Rudolph (SPD): Der kündigt immer viel an!)

Ich gehe davon aus, dass er dies in seiner Rede im Anschluss sicherlich noch ein Stück konkretisieren wird.

Der zweite Punkt, den wir in diesem Antrag mit regeln wollen, ist, dass wir nicht nur die Residenzpflicht auf die Landesebene ausweiten, sondern auch dringend anregen, mit den Nachbarländern den Kontakt zu suchen, so wie das zwischen anderen Bundesländern der Bundesrepublik mittlerweile möglich ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Damit wir überall demonstrieren können!)

Zum Dritten fordern wir die Landesregierung auf, sich auch im Bundesrat dafür einzusetzen, dass eine bundesweite Aufhebung der Residenzpflicht möglich wird; denn dann, wenn sie auf Landesebene ausgeweitet ist und mit den Nachbarländern länderübergreifend praktiziert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, und es macht auch auf Bundesebene keinen Sinn mehr, sie aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie müssten zum Schluss kommen, Herr Kollege.

Das war schon der letzte Satz. – Der Antrag ist von uns deshalb eingebracht. Wir freuen uns auf die Beratung im Innenausschuss. Noch einmal herzlichen Dank, wenn wir in dieser Frage einen Schritt weiterkommen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Roth. – Für die CDU-Fraktion hat Frau Wallmann jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bisher an der Residenzpflicht festgehalten, und dafür gab es auch gute Gründe. Wer in Deutschland Asyl beantragt, hat ein Interesse daran, dass sich das Verfahren nicht unnötig verzögert. Der Asylsuchende sollte, auch schon in seinem eigenen Interesse, natürlich kurzfristig kontaktierbar sein.

(Beifall bei der CDU)

Wer durch die Lande reist, sich bei Verwandten aufhält oder aus anderen Gründen nicht in dem zugewiesenen Bezirk verbleibt, ist für Behörden einfach nicht schnell zu erreichen. Das ist nicht nur schlecht für notwendige Behördenmaßnahmen, sondern auch für die Asylsuchenden selbst; denn diese müssen und sollen natürlich persönlich und schnell reagieren können.

Die Residenzpflicht wirkt im Übrigen dem Umstand entgegen, dass Asylbewerber sich dort aufhalten, wo bereits eigene Landsleute leben. Das ist menschlich natürlich mehr als verständlich, führt aber auch zu Nachteilen. Die Asylsuchenden sollen sich möglichst gleichmäßig in Hessen und in der Bundesrepublik aufhalten. Nur so werden die Belastungen für die Kommunen fair verteilt, die individuelle Betreuung kann teilweise besser erfolgen und vor allem: Die Integration von Asylsuchenden ist immer dann besser, wenn sie sich mit „Einheimischen“ vermischen, als wenn sie sich an einem zentralen Ort gemeinsam aufhalten. Das ist auch eine Erkenntnis der Enquetekommission.

(Beifall bei der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Was ist mit Chinatown?)

Meinen Sie „Chinatown“ mit k oder ch?

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): „Chinatown“ ist auch gut!)

Gut, schauen Sie noch mal ins Wörterbuch, wie man das genau ausspricht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Darum geht es nicht, Frau Wallmann! Wir brauchen keine Belehrung!)

Herr Schaus, kommen Sie. Sie brauchen hier gar nichts, Sie nicht. Lassen Sie es einfach. Was Benehmen und alles Weitere angeht, brauchen Sie mir keine Belehrungen auszustellen – wirklich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Um zur Sache zurückzukommen: Wir sollten alles tun, damit sich Parallelgesellschaften nicht bilden.

(Holger Bellino (CDU): Jetzt keine Kurzintervention!)

Um noch einmal eines klar zu sagen: In dem Antrag steht drin, dass Asylbewerber sozusagen abgeschreckt würden, weil wir in Hessen eine Residenzpflicht haben. Das ist fast ein Instrument zur Fremdenfeindlichkeit, was Sie mit der Residenzpflicht verbinden.

Es ist doch völlig absurd, dass Asylbewerber nicht nach Deutschland kommen, weil sie im Einzelfall eventuell nicht den Regierungsbezirk verlassen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jemand, der verfolgt wird, hat doch ganz andere Probleme. Das ist eine wirklich absurde Begründung. Ich finde das, ehrlich gesagt, auch unredlich.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat die räumliche Beschränkung genauso wie die Strafbewehrung für rechtens erklärt. Genauso urteilt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Das ist übrigens auch von Amnesty International in der Enquetekommission vorgetragen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt aber Gründe, die Residenzpflicht zu lockern. Voraussetzung dafür ist, dass die negativen Folgen, wie ich sie eben beschrieben habe, ausbleiben. Eine Lockerung ist dann sinnvoll, wenn sie zur Integration beiträgt und Integration nicht verhindert.

Was bisher im Einzelfall möglich war, wenn es um Familienschutz, medizinische Versorgung, den Beruf oder auch die Schule ging, führt bei der Erweiterung der Residenzpflicht auf die hessischen Grenzen künftig zu einer Erleichterung für alle Asylbewerber.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Na also!)

Insofern werden wir auch aufgrund der Anhörungsergebnisse der Enquetekommission die Residenzpflicht hinsichtlich der Begrenzung auf die Regierungsbezirke aufheben, so, wie es unser hessischer Innenminister Boris Rhein bereits in einem Radiointerview beim Deutschlandfunk zugesagt hat.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aber eines bleibt klar: Die Wohnsitzauflage ist und bleibt für uns umso mehr unverzichtbar. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Schönen Dank, Frau Wallmann. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Öztürk, bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß, Sie haben heute Abend noch viel vor. Deswegen will ich es mit einer knackigen Rede probieren.

Die Residenzpflicht ist für Sie keine Neuheit. Das ist eine Regelung, von der Sie zumindest schon gehört haben. Eben hat Herr Roth ganz ausführlich beschrieben, wo die Probleme liegen, weshalb die SPD einen Antrag gestellt hat. Frau Wallmann hat beschrieben, warum Sie jahrelang daran festgehalten haben, aber der Innenminister gerade dabei ist, umzuschwenken und die Residenzpflicht aufzuheben. Das unterstützen wir ausdrücklich.

Ich möchte Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen: Bereits im Jahr 2010 hat die GRÜNEN-Fraktion einen Antrag gestellt und um die Lockerung der Residenzpflicht auf Landesebene und die Aufhebung auf Bundesebene gestritten.

Ich möchte Ihnen zeigen, wie es im bundesdeutschen Gebiet mittlerweile aussieht. Unser schönes Land Deutschland, für das wir heute Abend alle gemeinsam fiebern werden, ist bekanntlich in 16 Bundesländer aufgeteilt. Wenn Sie sich die Karte anschauen – mit Erlaubnis des Präsidenten zeige ich es gerade –:

(Die Rednerin hält eine Karte Deutschlands hoch.)

Die grünen Flecken sind die Länder, in denen die Residenzpflicht längst aufgehoben und auf die Landesebene ausgeweitet worden ist. In Brandenburg und Berlin haben wir sogar eine grenzüberschreitende Kooperation zwischen beiden Ländern.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Der einzige gelbe Fleck in der Mitte ist Hessen, wo noch keine Erweiterung stattgefunden hat.

(Günter Rudolph (SPD): Das Gelb ist bald weg!)

Da haben wir leider Stagnation. Aber ich glaube, dass die Stagnation daher rührt, dass früher das Dogma höher wog als beim aktuellen Innenminister, wo doch eher Flexibilität zutage tritt. Das finde ich sehr gut. Das unterstützen wir auch als GRÜNE.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bei der Residenzpflicht geht es nicht darum, dass der Wohnort der Menschen, die Asyl suchen, geändert wird, sondern es geht darum, dass man gezielt nach Arbeit in anderen Landkreisen suchen kann, dass man gezielt ärztliche Versorgung gewährleisten kann. Es geht auch darum, wie es Herr Rhein erlebt hat: Wenn man eine Schülergruppe nach Frankfurt einlädt, damit sie ein Spiel der Eintracht besuchen können, dann sollten die Jugendlichen nicht aufgrund ihres GeduldetenStatus daran gehindert werden, zum Fußballspiel nach Frankfurt zu fahren, wenn sie aus Gießen oder aus Wetzlar kommen. – Von daher unterstütze ich diese Idee und auch die Ankündigung des Innenministers.