Ich lasse den Hinweis weg, dass das Krokodil in einigen Völkern als göttlich gilt. Was mich aber sehr freut – das darf ich aus Wikipedia zitieren –: Krokodile reagieren extrem schnell und agieren – aufgepasst! – auch an Land sehr geschickt. – Also nicht nur in den Kommunen, sondern auch auf Land.
Mit diesen Worten will ich schließen: Extrem schnell und auch auf Landesebene agieren – das wünsche ich mir von dieser Landesregierung. Von daher: mehr Krokodile und weniger Schildkröten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Antrag der SPD-Fraktion so verstanden, dass wir uns intensiv der Frage widmen, welche Folgen für Hessen die Entscheidung des Staatsgerichtshofs in Bezug auf die Konnexität hat. Jetzt hat sich die Debatte ein Stück weit um etwas anderes gedreht; es gab eine intensive Diskussion über das Betreuungsgeld.
Meine Meinung dazu ist bekannt. Das will ich an der Stelle auch gar nicht vertiefen. Vielmehr möchte ich mich intensiv mit der Frage auseinandersetzen, was das Urteil des Staatsgerichtshofs für Hessen bedeutet.
An der Stelle schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Auf der einen Seite bin ich für das Konnexitätsprinzip, auf der anderen Seite habe ich als Sozialpolitiker ein großes Interesse daran, in Hessen im Bereich Soziales so hohe Standards wie möglich durchsetzen zu können. Das ist jetzt deutlich schwieriger geworden. Jeder, der in Hessen Sozialpolitik macht, muss erkennen, dass es jetzt deutlich schwieriger geworden ist, für das gesamte Land soziale Standards auf einem höheren Niveau verbindlich festzulegen. Es ist nämlich ganz klar: Wenn man das machen will, bedeutet es, sehr viel Geld in die Hand zu nehmen. Darum hat sich durch dieses Urteil sehr viel mehr verändert, als man vielleicht auf den ersten Blick gedacht hätte.
Man muss sich auch noch einmal klarmachen, wo denn die Argumentationslinien verlaufen sind. Dazu muss ich ganz kurz auf die Fraktion DIE LINKE eingehen. Sie haben hier gesagt, es sei von den Kommunen mutig gewesen, vor den Staatsgerichtshof zu ziehen. Vielleicht war das früher einmal, in einem anderen deutschen Staat, mutig; aber wenn Sie heute in Deutschland vor Gericht gehen, brauchen Sie in der Regel keinen Mut, sondern einen Anwalt. Das reicht. Dann bekommen Sie recht oder nicht.
Ich glaube, wir sollten hier noch einmal festhalten, dass dazu kein besonderer Mut erforderlich ist, sondern dass es, wie gesagt, in einem Rechtsstaat etwas ganz Natürliches ist, dass man Rechtsstreitigkeiten vor Gericht klärt.
Wenn Sie alle Protokolle durchschauen, werden Sie wahrscheinlich nie eine Rede von mir finden, in der ich gesagt habe, dass an der Stelle keine Konnexität zu erwarten ist. Ich habe mich deutlich vorsichtiger ausgedrückt.
Im Finanzministerium hatte man aufgrund eines Rechtsgutachtens eine andere Meinung vertreten. Ich glaube, es ist ein ganz normaler Prozess, dass es, wenn über zwei unterschiedliche Meinungen vor Gericht entschieden wird, eine Entscheidung zugunsten einer Meinung gibt. Sie war nicht eindeutig.
Diese Entscheidung gliedert sich nämlich in zwei große Teile. Die Kommunen wollten nicht nur Geld, sondern sie wollten auch die MVO an sich angreifen. Ich muss sagen,
dafür habe ich wenig Verständnis. Wir haben hier eine intensive Fachdebatte geführt, und die Mindeststandards, die wir hessenweit festlegen wollten, bedeuten keine hervorragende Ausstattung, sondern sie sind nach unserer Meinung das Minimum dessen, was man machen müsste.
An der Stelle muss ich festhalten, dass relativ viele Kommunen in Hessen das auch schon gemacht haben. Ich glaube, Vorbild war in vielen Bereichen die Stadt Frankfurt, die diese Standards schon sehr lange hat.
Wir haben also nicht willkürlich etwas festgesetzt, sondern wir haben eine Entwicklung, die wir gesehen haben und die uns zwingend erschien – das hat sich für uns aufgrund der wissenschaftlichen und der politischen Diskussion ergeben –, so gestalten wollen, dass in ganz Hessen für alle Eltern dieselben Mindestbedingungen gelten. Das heißt nicht, dass nicht darüber hinaus noch etwas gemacht werden darf. Es sollen aber in ganz Hessen für alle Eltern dieselben Mindestbedingungen gelten, was die Qualität betrifft.
Dann soll der Überlegung, die Einrichtungen qualitativ besser auszustatten und mehr Bildungsaspekte zu berücksichtigen, Rechnung getragen werden. Dass das eine große Herausforderung ist – auch finanziell gesehen –, hat nie jemand bestritten. Die Frage ist jetzt, wie man die Lasten verteilt. Auch dazu hat das Gericht nachhaltig geurteilt.
Wie gesagt, als Sozialpolitiker weiß ich nicht, ob ich nur jubeln kann. Als jemand, der sich persönlich für das Konnexitätsprinzip eingesetzt hat, sage ich: Jetzt haben wir eine klare Regelung; jetzt ist das deutlich geworden. – Das Land wird sich nun an dieser Stelle deutlich bewegen müssen. Das ist eine große Herausforderung, der sich die Regierung stellen muss, die aber auch die sie tragenden Fraktionen bewältigen müssen.
Woher bekommen wir solche Summen? Das Gericht hat nicht erklärt, dass die Feststellungen der Kommunen in finanzieller Hinsicht 1 : 1 richtig sind. Man muss sich aber überlegen, dass hier Beträge zwischen 120 Millionen € – das war die Einschätzung der Landesregierung noch zu Zeiten von Herrn Banzer – und 257 Millionen € zur Debatte stehen. Das ist der Betrag, den die Kommunen genannt haben. Wie hoch der Betrag am Ende sein wird, weiß momentan, glaube ich, noch niemand.
Aber in dem Urteil heißt es auch klar, dass wir die Kosten in den vergangenen Jahren ebenfalls erstatten müssen. Das heißt, es handelt sich um eine gewaltige Summe, die jetzt im Haushalt gestemmt werden muss. Mir fehlt ein Stück weit die Fantasie, um mir vorzustellen, wie das alles funktionieren soll.
Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass eine Absenkung von Standards nicht die Lösung sein kann, sondern dass wir dafür sorgen müssen, dass diese Standards aufrechterhalten werden, und dass wir schauen müssen, wie wir, auch wenn es vielleicht wehtut, eine solche Finanzierung in irgendeiner Form stemmen können.
Wie gesagt, wir werden bald eine Haushaltsdebatte führen. Dann müssen wir eine Antwort darauf finden. Jetzt eine Antwort auf diese Frage zu verlangen, ist wenige Wochen nach dem Urteil und angesichts der Dimension der Summe, um die es geht, etwas verfrüht. Ich muss einfach sagen, dass das so nicht geht.
Aber – so viel will ich jetzt zur MVO sagen – wir wollen die Qualitätsstandards nicht absenken. Wir können allerdings an der Stelle noch nicht sagen, wie wir die gewaltige Last, die jetzt auf uns zugekommen ist, schultern können. Aber wir müssen eine Lösung finden. Die Lösung kann nicht darin bestehen – wie sich das manche Kommunale vorstellen –, dass wir das gesamte Thema künftig beim Land abladen. Das wird zu einer Situation führen, die der Qualität der Kindertagesstätten nicht zuträglich ist; denn dann wird eine Weiterentwicklung sehr schwierig.
Von daher appelliere ich an alle, die daran beteiligt sind, konstruktiv miteinander umzugehen, damit die Finanzierung gestemmt werden kann. Diese Debatte wurde von der Diskussion über das Betreuungsgeld relativ stark überlagert. Sie war auch ein bisschen vermischt.
Eigentlich geht es um zwei Themen: Als zentrales Thema haben wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie steht seit 2006 auf der politischen Agenda. Intensiviert wurde das Thema von der Großen Koalition mit der Festlegung des Rechtsanspruchs, und in den Kommunen wurde es massiv vorangetrieben. Ich darf daran erinnern, dass wir 2005 in Hessen eine Versorgungsquote von 7,4 % hatten. Dieser Wert war im Vergleich zu denen in den übrigen westdeutschen Flächenländern kein Ausreißer. Wenn man den heutigen Standard zugrunde legt, muss man sagen, dass das eine extrem niedrige Quote war.
Man muss sich einmal überlegen, wie sehr sich die Situation für junge Familien verbessert hat. Das ist signifikant. Im Mai 2012 lag die Versorgungsquote bei 30 %. Da haben die Kommunen eine gewaltige Anstrengung unternommen. Viel Bundesgeld und viel Landesgeld sind dort hineingeflossen.
Von Herrn Bocklet und auch von anderen höre ich immer wieder, das sei zu wenig. Als erstes Argument wurde angeführt, wir würden nie eine Versorgungsquote von 35 % erreichen.
Das haben Sie an der Stelle permanent kritisiert. Jetzt sieht es so aus, als ob wir es schaffen könnten. Aber jetzt ist eine Versorgungsquote von 35 % nicht mehr genug; jetzt heißt es, wir brauchen 38 % oder 42 %.
Einen Rechtsanspruch, der zu einem Stichtag eingeführt wird, in Hessen flächendeckend, also in jeder Kommune, umzusetzen, wird sehr schwierig. Es wird auch seine Zeit brauchen, bis das in jeder Kommune erreicht ist. Allerdings haben wir es in den Kindergärten schon einmal erlebt: Das wird nicht so heiß gegessen – das hoffe ich zumindest –, wie es von dem einen oder anderen gekocht wird.
Es ist in Hessen eine gewaltige Anstrengung unternommen worden, maßgeblich auch seitens der Kommunen, wie die Zahlen zeigen. Das hat eine deutliche Verbesserung gebracht, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft. Das ist gut in Hessen; das muss man loben und weiter unterstützen. Wir werden an diesem Punkt auch nicht nachlassen.
Ich fand es super, dass der Sozialminister geäußert hat, über die 35 % hinaus gemeinsam mit den Kommunen noch einen obendrauf zu legen. Das finde ich hervorragend; das sollte man an der Stelle auch einmal loben.
In dem anderen Bereich, um den es geht, spielt die Mindestverordnung eine wichtige Rolle. Es geht um die Qualität. Wir haben hier festgestellt, dass es für den Bildungsund Erziehungsplan eine ganz große Mehrheit in Hessen gibt. Auch das ist vorbildlich. Wir müssen dort weiterkommen; wir wollen da etwas umsetzen. Dafür brauchen wir in den Kindertagesstätten mehr Zeit. Deswegen haben wir uns entschieden, dort Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Das ist natürlich manchmal ein Konflikt. Wenn man mehr Qualität in den Kindertagesstätten will, bedeutet das, dass der einzelne Platz teurer wird. Wenn man gleichzeitig mehr Plätze schaffen will, bedeutet es, dass der Ausbau der Plätze, wenn man dieselben Mittel hat, nicht so schnell vorangehen kann. Das ist einfach zwingend: Wenn man mehr Qualität will, kann man beim Ausbau nicht so schnell sein; es sei denn, die Mittel sind unendlich. Das sind sie aber nicht. Ich glaube, das wird jeder im Hessischen Landtag einsehen.
Darum gibt es natürlich diese doppelte Frage. Wenn jemand keinen Platz hat und einen braucht, wird er sagen: „Für mich ist die Qualität eigentlich ziemlich zweitrangig, ich brauche einen Platz.“ Sobald die Eltern aber einen Platz haben, werden sie sagen: „Wichtig ist natürlich die Qualität, die dort geliefert wird.“
Wir stellen uns dieser Diskussion und müssen schauen, dass wir zielgenau und mit den Ressourcen optimal umgehen, um dieses Spannungsfeld bedienen zu können. Dazu haben wir nur grobe Steuerungsmechanismen; die größten Steuerungsmechanismen haben an der Stelle natürlich die Kommunen. Wir wollen aber mit einem KiföG – das werden wir nach Möglichkeit noch in diesem Jahr auf den Weg bringen – die Steuerungsmöglichkeiten, die man als Land haben kann, im Sinne der Qualitätssteigerung ein Stück weit befördern. Das ist wichtig, und ich glaube, das zeigt auch, dass wir jetzt, trotz dieser Herausforderung, die das Konnexitätsurteil für das Land Hessen hat, nicht einfach den Kopf in den Sand stecken, sondern versuchen, weiterzumachen, weiter an der Qualität und an der Verbesserung von Zukunftschancen zu arbeiten. Ich möchte
genau – diese Diskussion zum Abschluss bringen. Wir in Hessen verfolgen stringent das Ziel, die Qualität und die Zukunftschancen für junge Menschen zu fördern. Das zieht sich durch die MVO, durch 2.500 Lehrer, durch die Verkleinerung von Klassen und durch das qualifizierte Schulvorbereitungsjahr. Wir sehen, dass an unsere Universitäten Studenten aus ganz Deutschland kommen. Hessen ist ein Bildungsland. Wir in Hessen wissen, dass das die Zukunft ist. Darum werden wir auch nicht lockerlassen, daran positiv zu arbeiten. Ich glaube, die Menschen werden uns dafür am Ende danken. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne mit einer Bemerkung beginnen: Wir haben in Hessen ein hervorragend funktionierendes System der Kinderbetreuung, und es konnte nur dank der gemeinsamen Bemühungen von Kommunen, Land und freien Trägern stattfinden.
Wir sind insbesondere in dem Bereich der Betreuung der unter Dreijährigen in den letzten Jahren mit großen Schritten vorangekommen. Ein Versorgungsgrad von momentan 30,1 % in Hessen ist eine gewaltige Anstrengung gewesen, die wir alle schultern mussten, bei der viel Geld in die Hand genommen worden ist, bei der viel Kreativität vorhanden gewesen ist und wo man den entsprechenden Weg nur zusammen gehen konnte, der zu diesem Ergebnis geführt hat.