Protocol of the Session on May 13, 2009

Einzelplan 02 – Hessischer Ministerpräsident –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 36 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Kreditsperre verhindern – Krisenbekämpfung ermöglichen – Bundesland Hessen erhalten – Drucks. 18/398 –

Zur Reihenfolge der Rednerinnen und Redner: Es beginnt Herr Thorsten Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion. Dann geht es weiter mit der Regierung, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, der FDP, und zum Schluss ist die CDU an der Reihe.

Nunmehr hat Herr Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Koch, geht es Ihnen gut?

(Heiterkeit bei der SPD – Ministerpräsident Ro- land Koch: Ja!)

Das freut mich; ich will das im Kern auch gar nicht verändern.

(Beifall bei der SPD – Peter Beuth (CDU): Das können Sie auch gar nicht!)

Dennoch will ich mit einer persönlichen Bemerkung beginnen. Wir haben gesagt, dass uns das Prinzip der Sachlichkeit und auch das Prinzip der Zuwendung leiten. Das gilt selbst für den Hessischen Ministerpräsidenten in der zweiten Lesung des Haushaltsgesetzentwurfs.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wir brauchen auch eine gesunde Opposition! – Gegenruf von der SPD: Wir sind supergesund! – Günter Rudolph (SPD): Aber nicht alle Genesungswünsche helfen! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Irmer, wir sind gern dabei, und in viereinhalb Jahren werden wir die Rollenverteilung verändern.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs für den Landeshaushaltsplan ist gewöhnlich der Zeitpunkt der Generalabrechnung mit der Landesregierung. Die Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass die Landesregierung etwas macht, worüber man diskutieren könnte.

(Beifall bei der SPD)

Dass es etwas gibt, worüber es sich zu reden lohnt, davon kann bei dieser Landesregierung leider kaum die Rede sein.

Die erste Generaldebatte ist zugleich der Zeitpunkt, um eine vorgezogene Bilanz der ersten 100 Tage der neuen Landesregierung zu ziehen. „Vorgezogen“ sage ich deshalb, weil mir mittlerweile klar ist, warum wir nach der Grundschule das eine oder andere Problem haben.Die einen – die Bemerkung muss erlaubt sein – ziehen die 100Tage-Bilanz nach 93 Tagen, die anderen nach 96 Tagen, und die Landesregierung selbst macht sie nach 97 Tagen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie nach 98 Tagen!)

Herr Koch, ich habe so viel Vertrauen in Sie und in Ihre Landesregierung, dass ich Ihnen noch zwei Tage Zeit gebe, um das zu richten, was bisher nicht funktioniert hat.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Bilanz ist auf besondere Weise einzigartig:einzigartig dünn und einzigartig langweilig. Ihre Bilanz erinnert eher an Arbeitsverweigerung. Sie ist eines so traditionsreichen und erfolgreichen Bundeslands unwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man unser Landeswappen betrachtet, fragt man sich manchmal, warum der Hessen-Löwe sein Maul so weit aufreißt. Angesichts Ihrer 98-Tage-Bilanz muss man annehmen, dass er gähnt.

Nun stecken uns allen die zwei Jahre Dauerwahlkampf in den Knochen, was vielleicht die verhaltene Schlagzahl dieser neuen – alten – Landesregierung erklärt.

Herr Koch, das ist eine mögliche, aber keine hinreichende Erklärung; denn so viel Wahlkampf haben Sie nun wirklich nicht gemacht, getreu dem Motto: Sag ich nichts, mache ich auch nichts falsch. – Tatsächlich ist diese Landesregierung vom ersten Tag an die fleischgewordene Amtsmüdigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt am offenkundigsten für den Herrn Ministerpräsidenten. Ihr Satz: „Ich habe den Hessen nie angedroht, mein ganzes Leben lang Ministerpräsident sein zu wollen“, ist doch psychologisch bemerkenswert. Sehen Sie sich nicht viel eher selbst bedroht, wenn Sie hier bleiben müssen, weil Sie in Berlin oder Brüssel niemand will? Hessen als Endstation ist für Sie doch höchstens eine Endstation Sehnsucht.

(Beifall bei der SPD)

Auch andere warten darauf, dass Sie endlich zu neuen Ufern aufbrechen,z.B.der Herr Innenminister,den längst die politische Torschlusspanik ergriffen hat.

Es hat wohl noch nie eine Hessische Landesregierung einen Start hingelegt, der so ohne Ambition und ohne Gestaltungswillen war, wie das dritte Kabinett Koch. Der Volksmund mit seinem Satz „Aller guten Dinge sind drei“ wird hier drastisch widerlegt. Schon die beiden ersten Regierungen Koch waren zwei zu viel; denn sie haben die Weichen in die falschen Richtungen gestellt. Aber die dritte Regierung Koch startet so lethargisch, dass sie nicht einmal einen Plan hat, auf dem verzeichnet ist, wo die Weichen sind.

(Beifall bei der SPD)

Das Landtagsinformationssystem spuckt auf Knopfdruck aus, welche Initiativen diese Landesregierung bislang ergriffen hat. Mein Gott, ist das armselig.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben ein Jahr lang erzählt, wie toll Sie regieren würden, wenn Sie könnten. Jetzt können Sie – zu unserem Bedauern –, und was leisten Sie? Sie beschäftigen diesen Landtag mit bürokratischem Kleinkram. Ihr Markenzeichen ist der Ärmelschoner.

(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Allerunterstes Niveau!)

Sie können der Fraport AG dankbar sein, dass in der vergangenen Woche doch der erste symbolische Spatenstich vorgenommen wurde. Herr Koch, wenigstens das hat einen Hinweis darauf gegeben, was Sie in der 100-Tage-Bilanz bzw. in der 98-Tage-Bilanz verkaufen könnten.

(Zurufe von der CDU)

Allerdings bleibt klar: Ihr wackliger Planfeststellungsbeschluss hängt noch beim VGH.Er wird auch in Leipzig auf dem Prüfstand stehen.Wir und auch die Bürgerinnen und Bürger vergessen nicht, dass Sie beim Thema Nachtflugverbot die gesamte Region betrogen haben.

(Beifall bei der SPD)

Treffen wir also die erste Feststellung in dieser Generaldebatte: Diese amtsmüde Landesregierung hat sich mehr schlecht als recht durch die ersten 100 Tage geschleppt.Da fehlen jeder Elan und jeder Gestaltungswille.

(Axel Wintermeyer (CDU):Was ist bei Ihnen?)

Daraus folgt,dass die Opposition in diesem Landtag mehr denn je die Aufgabe hat, dieser Landesregierung auf die Sprünge zu helfen.

(Zurufe von der CDU)

Die Erfahrung lehrt leider, dass diese Landesregierung Ratschläge nicht annimmt.

(Zuruf von der CDU:Fangen Sie bei sich selbst an!)

Aber wir werden nicht lockerlassen. Wir lassen uns vom Prinzip der Sachlichkeit und der Aufklärung leiten und hoffen, dass Sie sich dem nicht dauerhaft entziehen werden.

(Beifall bei der SPD – Dr. Walter Arnold (CDU): Was ist denn mit dem Konjunkturprogramm?)

Ich komme dazu, Herr Boddenberg. – Nein, das war gar nicht Herr Boddenberg. Der sitzt jetzt dort. Eigentlich bin ich gewohnt, dass Herr Boddenberg die Zwischenrufe macht. Aber der muss sich jetzt hinten festhalten. Sie haben die Fachkräfte sozusagen ausgetauscht.

(Beifall bei der SPD)

Bei dem Thema Enquetekommission zur Integration und bei dem Thema Internationale Bauausstellung ist uns das bereits gelungen. Ich hoffe sehr, dass die Regierungsfraktionen jetzt ihre Vertreter, Frau Beer und Herrn Milde, nicht auflaufen lassen.