Herr Wagner, ich komme später noch einmal darauf zu sprechen, dass Sie nicht besonders lernfähig sind.
Ich will der Bundesregierung und den Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ausdrücklich für die Möglichkeiten danken, die mit der Ausweitung der Kurzarbeit, aber auch mit der Rentenregelung und mit der Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I entstanden sind. Das schafft Sicherheit in einer schwierigen Lage, in der Sie auf Tauchstation gegangen sind. Darauf wollen wir in Hessen zukunftsweisend und krisenfest aufbauen.
Bildung und Weiterbildung sind zentrale Punkte.Wir werden an dem Haus der Bildung weiterbauen. Dabei geht es um lebenslanges Lernen, individuelle Förderung, mehr Ganztagsschulen und den Ausbau und die Öffnung der Bildungsinstitutionen. Eine völlig neue Herausforderung besteht darin, die Hochschulen auch für die qualifizierte Weiterbildung zu öffnen. Genau das sind die Themen, die Sie jetzt in der Krise angehen müssten. Bei Ihnen ruht da aber still der See.
Gerade jetzt ist es an der Zeit, den Menschen eine neue Orientierung zu geben. Die weltweite Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise belegt doch die Überlegenheit der soli
darischen Sozialversicherungssysteme. Was wäre denn passiert, wenn wir in der Vergangenheit Ihrem marktradikalen Geschwätz gefolgt wären und die Privatisierung der Sozialversicherung vorgenommen hätten?
Denn gerade in diesen Tagen und Wochen sind das doch die stabilisierenden Faktoren, und zwar auch für die Nachfrage, für Arbeit und soziale Sicherheit. Daraus sollten Sie lernen.
Damit komme ich zu meiner zweiten Feststellung in dieser Generaldebatte: Die inhaltliche Erneuerung kommt aus den Reihen der Opposition.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das sieht der Bürger anders! Das hat der Wähler anders gesehen! 25 %!)
Herr Wagner, zu der Auseinandersetzung gehört auch, sich mit den einzelnen Leistungen dieses Kabinetts in den ersten 100 Tagen zu befassen. Zum Ministerpräsidenten ist schon alles gesagt. Die Blutleere seiner Regierungserklärung zeigt sich auch im Alltag. Wenigstens besitzt er den Anstand, sich zum zehnjährigen Amtsjubiläum den hessischen Verdienstorden nicht selbst umzuhängen. Wir erinnern uns noch lebhaft an die Peinlichkeit, als die Herren Bouffier, Weimar und Wagner für ihre zehnjährige Regierungstätigkeit in aller Heimlichkeit die entsprechende Würdigung erhielten.
Aber es ist nicht so, dass Herr Koch in den 100 Tagen keine Schlagzeilen produziert hätte. Sein unglaublicher Angriff auf die Staatsferne des ZDF und auf dessen Chefredakteur Brender reiht sich in eine lange Liste an Skandalen und Amtsmissbrauch ein,die dieser Regierungschef zu verantworten hat.
(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sagen Sie einmal etwas zum Haushalt! Sagen Sie ganz konkret, was Sie denn besser machen wollen!)
Der Innenminister ist Opfer seiner eigenen Altlasten, vor allem im Personalbereich. Mit diesem Haushalt wird der Personalabbau der vergangenen Jahre auch im Stellenplan vollstreckt. 360 kw-Stellen aus der „Operation düstere Zukunft“ fallen endgültig weg. Innenstaatssekretär Rhein hat im Innenausschuss bestätigt, dass es z. B. in Nordhessen erhebliche Personalprobleme gibt.
Was hört man sonst vom Innenminister? Dass er hinter Kochs Rücken Verhandlungen geführt haben soll, nenne ich eine solide Vertrauensbasis. Herr Bouffier, ich bin nicht neugierig.
Aber es würde mich schon interessieren, ob und in welchem Umfang denn wirklich Gespräche zwischen dem ehemaligen stellvertretenden Landesvorsitzenden Jürgen Walter und Ihnen überhaupt stattgefunden haben.
Bei der Wissenschaftsministerin fragt man sich: Ist die eigentlich schon im Amt? Wo ist Kühne-Hörmann? – Nun ist es nicht die schlechteste Idee, in den ersten 100 Tagen einfach die Klappe zu halten und seinen Laden zu ordnen. Aber ich fürchte,auch in der nächsten Zeit überrascht uns diese Ministerin nicht mit einem Feuerwerk an Ideen, denn es fehlt ein zündender Gedanke.
Ich danke dem Präsidenten. – Ich habe nur eine Frage gestellt. Die Frage hat offensichtlich Erregung hervorgerufen. Das würde mich zu Nachfragen motivieren. Aber ich will es heute einfach stehen lassen.
Die Frau Umweltministerin. Wieso musste jemand, der schon den Sozialbereich abgewickelt hat, ausgerechnet dieses Schlüsselressort für Fragen der Nachhaltigkeit erhalten?
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Minister Volker Bouffier: Ich habe kein Problem! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Mein Gott!)
Der energiepolitische Aufbruch bleibt jedenfalls aus. Das Thema Nachhaltigkeit droht,zu leeren Worthülsen zu verkommen – so eine junge Frau und doch schon ein energiepolitischer Dinosaurier.
Die erste Abfuhr für Ihre Politik haben Sie bereits vor dem Bundesverwaltungsgericht erhalten, das die von Ihnen wohlwollend begleiteten Stromtricksereien verhindert hat.
Und dann der ausdrücklich nicht für Soziales zuständige Verlegenheitsminister,der über den Verlust des Kultusministeriums hinweggetröstet werden musste. Die Wirtschaftskrise findet ohne ihn statt, obwohl der Titel „Arbeit“ sein Ressort schmückt. Herr Banzer, warum stehen Sie nicht vor den Werktoren von Opel und Federal-Mogul? Warum kümmern Sie sich nicht um das wenige an Zuständigkeiten, das Ihnen nach dem sozialpolitischen Kahlschlag Ihrer Vorgängerin geblieben ist? Warum gehen Sie nicht wenigstens bei Ihrer Bundestagsfraktion auf die Barrikaden und stoppen die Obstruktionspolitik beim Thema ALG II?
Ja, Sie wollten dieses Ressort nicht.Akzeptiert. Sie haben es bekommen und haben die Verpflichtung, damit etwas anzufangen.
Ich weiß, dass die Lage für Sie komplizierter ist. Am vergangenen Sonntag haben zwei Leute heftig gejubelt: erstens der unabhängige Kandidat in Bad Homburg und dann der Innenminister, weil er einen Konkurrenten losgeworden ist.
Übrigens Arbeitslosengeld II – Herr Koch soll im CDUPräsidium auf den Tisch gehauen haben. Das war offenkundig nicht nur dem Tisch, sondern auch der Kanzlerin völlig egal.
Wir erinnern uns an Ihre bühnenreife ChruschtschowNummer im Bundesrat. Vielleicht lässt Herr Metz das nächste Mal eine Handykamera mitlaufen, wenn Sie im CDU-Präsidium so richtig auf den Tisch hauen und die Kanzlerin dabei herzhaft gähnt. Das wird sicherlich ein Hit bei Youtube.
Zu Herrn Grüttner und Herrn Boddenberg fällt leider fast nichts auf. Auffallend unauffällig, höchstens einmal auffällig unhöflich wie Herr Grüttner hier im Hause – natürlich immer treuer Parteisoldat, auch jenseits der Verfassung, wie sich an der vorgelegten Novelle zum Privatrundfunkgesetz gezeigt hat.