Protocol of the Session on May 13, 2009

1,8 Milliarden c Mehreinnahmen aus der Vermögenund Erbschaftsteuer reichen dafür dicke, Herr Irmer.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Genau, kein Problem!)

Nun zu der Förderung der Bildungsarbeit in Kindertagesstätten. Angesichts der gestiegenen Aufgaben, die sich schon allein durch die 138 Einzelanforderungen bei der Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans ergeben, fordern Verbände – wie der Paritätische Wohlfahrtverband und andere – einen deutlich verbesserten Personalschlüssel, mehr Vor- und Nachbereitungszeit sowie eine bessere Bezahlung. Natürlich müssen die Kindertagesstätten gemäß der neuen Herausforderung der Inklusion entsprechend ausgestattet werden.

Und dann gibt es noch das ehrgeizige Vorhaben der Landesregierung, das Schulvorbereitungsjahr. Es kann doch nicht sein, dass sich die Landesregierung hiermit profilieren will – auf dem Rücken der seit Jahren gebeutelten und schlecht bezahlten Erzieherinnen und Erzieher. Der Streik der Erzieherinnen im letzten Jahr und in der letzten Woche zeigt uns, dass die absolute Haltelinie erreicht ist. Die Bildung und Erziehung in den Kindertagesstätten ist der Grundstein für die Bildungsentwicklung unserer Kinder. Daher halten auch wir als ersten Schritt eine Verbesserung der Fachkräfte-Kinder-Relation für unbedingt erforderlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Das bedeutet eine Doppelbesetzung der Gruppen mit zwei qualifizierten Vollzeitkräften bei einer Gruppengröße von nicht mehr als 20 Kindern. Eine bessere Bezahlung und eine Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher auf Fachhochschulniveau müssen noch in dieser Legislaturperiode folgen.

Herr Ministerpräsident, Frau Kultusministerin, Sie müssen in der Bildung dringend umsteuern. Erstens muss viel mehr Geld in die Bildung fließen, und zweitens muss sich auch die Richtung ändern. Es muss in Richtung Chancengerechtigkeit und Inklusion umgesteuert werden. So, wie Sie das bisher vorhaben, ist es jedenfalls nichts. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank, Frau Cárdenas. – Das Wort hat jetzt Frau Kultusministerin Henzler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete, ich will Ihnen nicht verhehlen, was ich auf die Frage der „FAZ“ geantwortet habe, die der Herr Kollege Wagner vorhin vorgelesen hat.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):War das die Sonntagszeitung?)

Nein, es war die Zeitung von heute.

Der bildungspolitische Sprecher der GRÜNEN, Mathias Wagner, ist schon gegenüber meiner Vorvorgängerin Karin Wolff nicht durch besondere Sachlichkeit aufgefallen. Insofern bleibt er in seinem Handlungsmuster.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie bleiben ja auch in der Tradition von Karin Wolff!)

Meine Damen und Herren, Benjamin Franklin hat einmal gesagt: „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.“ Ich glaube nach den Beiträgen meiner Vorredner, darin sind wir uns alle einig. Das ist auch mein Leitspruch als Kultusministerin, und deshalb setze ich mich für eine angemessene finanzielle Ausstattung unserer Schulen ein.

(Beifall bei der FDP – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nächstes Jahr!)

Herr Wagner, Sie sollten einen Haushaltsplan richtig zu lesen lernen.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Zeiten wie diesen hat die CDU/FDP-Landesregierung Hessens Schulen mit dem Haushalt 2009 sehr gut, nämlich mit 142 Millionen c mehr, ausgestattet. Wir halten Wort. Bildung hat oberste Priorität. Daran ändern auch Ihre Kritikversuche nichts. Wir beginnen bereits in diesem Haushaltsjahr konsequent mit der Abarbeitung unseres Koalitionsvertrages und bieten den Schulen verlässliche Rahmenbedingungen für ihre Arbeit und für eine stetige Qualitätsverbesserung. Wie versprochen, schaffen wir in diesem Haushaltsjahr 1.000 zusätzliche Lehrerstellen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass diese 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen ausschließlich dafür da wären, eine 100-prozentige Unterrichtsabdeckung zu gewährleisten. Eine 100-prozentige Unterrichtsabdeckung haben wir schon,aber über 400 dieser Lehrerstellen gehen in die Abdeckung des Unterrichts in kleineren Klassen.Es ist wohl auch Sinn Ihres Petitums, dass wir die Klassen kleiner machen. Demzufolge brauchen wir mehr Lehrer, um den Unterricht abzudecken.

(Beifall bei der FDP)

Über 300 Stellen gehen in die Sekundarstufe II, weil die ersten Doppeljahrgänge – Stichwort: G 8 – in die Sekundarstufe II kommen. Auch diese Stellen gehen also in die Abdeckung des Unterrichts.

Wir haben aber noch sehr viele weitere Vorhaben umgesetzt und mit Stellen unterfüttert. Ich erinnere nur an die gestrige Diskussion über die integrierten Gesamtschulen. Die integrierten Gesamtschulen bekommen in diesem Schuljahr 50 zusätzliche Stellen zur Verbesserung ihrer Versorgung. Sie bekommen 47,2 Stellen zur Verkleinerung der Eingangsklassen, und sie bekommen 20 zusätzliche Stellen für die Bildung abschlussbezogener Klassen. Diese Schulform wird von uns in diesem Haushaltsjahr also sehr großzügig bedacht. Hören Sie bitte endlich auf, zu behaupten,wir würden die integrierten Gesamtschulen benachteiligen.

(Beifall bei der FDP)

Auch der Vorwurf, wir täten nichts für die Ganztagsschulen, ist absurd.Alle G-8-Gymnasien werden im kommenden Schuljahr eine pädagogische Mittagsbetreuung erhalten.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Zusätzlich werden wir weitere Formen der Ganztagsschule – ob mit pädagogischer Mittagsbetreuung oder dem nächsten oder übernächsten Schritt – ermöglichen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Dreijahresprogramm Ganztagsschule im letzten Jahr ausgelaufen ist. Es gibt also bei den Schulträgern für dieses Jahr noch gar kein Entwicklungskonzept für neue ganztägig arbeitende Schulen.

(Heike Habermann (SPD): Das ist nicht wahr, die warten doch schon darauf!)

Frau Habermann, vielleicht hören Sie einfach einmal zu.– Die Schulträger haben die Anträge ihrer Schulen gesammelt. Die Schulen haben für das Dreijahresprogramm ihre Konzepte entwickelt und Anträge bei den Schulträgern gestellt. Wir haben im Rahmen des Programms den Schulträgern pro Jahr eine bestimmte Anzahl Stellen zugewiesen, und die Schulträger konnten entscheiden, mit welcher Priorität sie diese vergeben. Das Programm ist ausgelaufen. Das heißt, wir haben die Informationen bei den Schulträgern noch nicht wieder abgerufen. Dort liegen natürlich Anträge vor. Das weiß ich wohl. Manche Schulträger haben über den Bedarf eingereicht, manche Schulträger haben nur so viel eingereicht, wie sie wussten, dass sie genehmigt bekommen würden. Das heißt, wir müssen mit den Schulträgern in Kontakt treten und ein neues dreijähriges Ganztagsschulprogramm auflegen. Das werden wir auch tun.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Heike Ha- bermann (SPD))

In diesem Haushalt stehen für den Ausbau der Ganztagsschulen 105 zusätzliche Stellen zur Verfügung, so viele wie noch nie.

Wir gehen in diesem Haushalt auch einen wichtigen Schritt in Richtung Eigenverantwortung der Schulen. Man darf sich eben nicht auf die Zahlen konzentrieren, sondern muss auch die Haushaltsvermerke lesen. Zum einen dürfen die Schulen künftig auf Lehrerstellen auch andere Bedienstete führen. Zum anderen stehen den Schulen am Schuljahresbeginn die Mittel für 10 % zunächst nicht besetzte Stellen zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung zur Verfügung. Wie war es früher? Eine Schule hat eine Stelle bekommen. Sie hat gesagt: Ich habe keinen passenden Lehrer und warte, bis ein geeigneter Referendar kommt. – Dann hat die Schule ein halbes Jahr gewartet und auf der Stelle gesessen, und niemand hatte etwas davon. Zukünftig kann diese Schule sagen: Ich

möchte die Stelle kapitalisieren, bis der Referendar kommt,und versuche,mit diesem Geld z.B.die Bezahlung von Überstundenunterricht sicherzustellen. – Das ist ein erster und sehr großer Schritt in die Eigenverantwortung der Schulen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben in unserem Koalitionsvertrag eine Lehrerversorgung im Umfang von 105 % als Ziel festgeschrieben. Der Koalitionsvertrag ist aber auf fünf Jahre angelegt.Wir werden ihn in diesen fünf Jahren Stück für Stück umsetzen. Wir erarbeiten einen Fahrplan zur Einführung der selbstständigen Schule. Den werden wir parallel dazu abarbeiten. Beide Maßnahmen stellen einen Paradigmenwechsel für die Schulen dar und bedürfen einer intensiven Vorbereitung. All dies ist in dem Haushaltsentwurf abgebildet, der innerhalb relativ kurzer Zeit auf dem Tisch liegen musste. Die Umsetzung aller Vorhaben innerhalb von 100 Tagen zu erwarten ist schlichtweg unseriös.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Tief greifende Veränderungen benötigen Zeit. Wir müssen dabei alle Beteiligten mitnehmen. Sonst müsste ich mir Ihre Vorwürfe anhören, dass wir das hoppladihopp und schon wieder eine Reform über die Köpfe aller hinweg machen. Wir müssen die Menschen mitnehmen, und dafür braucht man schlicht und ergreifend Zeit.

Folgende Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag setzen wir in diesem Haushalt um. Die Klassengrößen werden kleiner. Für Lernmittel stehen zusätzlich 6,2 Millionen c, also insgesamt 34 Millionen c, im Haushalt zur Verfügung. Das ist eine Steigerung um 22 %. Ich denke, das sollte man nicht schlechtreden, sondern auch einmal loben. Darüber hinaus, Sie haben es erwähnt, zahlen wir die Lehrkräfte in den Sommerferien. Im Hinblick auf die steigenden Schülerzahlen in den Ersatzschulen sowie die höheren Pro-Kopf-Beiträge steigen die Zuschüsse für Privatschulen um immerhin 17 Millionen c. Sie haben damit einen Höchststand erreicht.

(Beifall bei der FDP)

Wir stocken die Mittel für die Ostercamps um 250.000 c auf 741.000 c auf. Die Ostercamps des letzten Jahres waren sehr, sehr erfolgreich. Ich habe außerordentlich viele Rückmeldungen von Schulen und auch von Schülerinnen und Schülern, die motiviert in die Schulen zurückgekommen sind und ihre Abschlussprüfungen erfolgreich durchgeführt haben.

Wir stärken das lebenslange Lernen in Hessen. Im Rahmen der Initiativen Hessencampus und ZLL gehen bisher getrennte Bildungseinrichtungen von Land, Kommunen und anderen Bildungsträgern eine Entwicklungspartnerschaft ein, um als moderne zukunftsfähige Bildungsdienstleister den Bürgerinnen und Bürgern ein vielfältiges qualitätsvolles Angebot an Fort-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unterbreiten zu können. Für den Aufbau weiterer Zentren sind im Haushaltsplanentwurf zusätzliche 1,3 Millionen c vorgesehen. Damit stehen jetzt insgesamt 3,7 Millionen c zur Verfügung.

Zur Fortführung des freiwilligen sozialen Jahres werden weitere 800.000 c veranschlagt. Damit sind wir bei einem Etat von 2,2 Millionen c angelangt.

Ein Jahr vor Einführung der Bildungsstandards beginnen wir mit einer umfassenden Schulung der Lehrkräfte im

kompetenzorientierten Unterricht. Dafür stehen im Haushaltsplanentwurf 200 zusätzliche Stellen zur Verfügung.

(Florian Rentsch (FDP): 200!)

200, ja.

(Florian Rentsch (FDP):Wahnsinn!)

Meine Damen und Herren,in den vergangenen,immerhin erst 100 Tagen ist es gelungen, einen Haushalt für das Kultusministerium auf die Beine zu stellen, der den Schulen ein solides finanzielles Fundament für ihre Arbeit bietet. Mir ist durchaus bewusst, dass es noch großer finanzieller Anstrengungen bedarf, um die ehrgeizigen Ziele unseres Koalitionsvertrags vollständig zu erreichen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber auch das werden wir konsequent, verlässlich und in wohlüberlegten Schritten umsetzen. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU)