Protocol of the Session on May 30, 2012

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: In dem Energiegesetz, das uns jetzt als Entwurf vorgelegt wurde, gibt es nur Absichtserklärungen. Aber Absichtserklärungen werden die Energiewende nicht wirklich weiterbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Timon Gremmels und Petra Fuhr- mann (SPD))

Wir brauchen die Novelle des Hessischen Landesplanungsgesetzes hinsichtlich der konkreten Festschreibung der 2 % Landesfläche für den Ausbau der Windkraftanlagen. Es fehlt immer noch die Novelle der Hessischen Bauordnung. Das Stichwort dazu lautet: Statik für Solaranlagen auf den Hallendächern der Industrie. Dabei war das auf dem Energiegipfel Konsens.

Es gibt keine Aussagen zur Netz- und zur Energiespeicherentwicklung. Es gibt keine Zwischenschritte für die Jahre 2020 und 2030, die zeigen, wie das Ziel bis zum Jahr 2050 erfüllt werden kann.

Es sind noch viele Defizite zu beseitigen. Ich setze auf die Anhörung. Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Energiewende in Hessen umzusetzen. Ich hoffe darauf, dass sich das nach der Anhörung dann auch im Gesetzentwurf wiederfinden wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Frau Kollegin Hammann, schönen Dank. – Für die SPDFraktion erhält jetzt Herr Kollege Gremmels das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vergangene Woche war eine gute Woche für die Nutzung der erneuerbaren Energien.

Erstens. Nach einem Jahr des Nichtstuns hat die Kanzlerin endlich erkannt, dass die Energiewende mehr als das Abschalten der Atomkraftwerke ist. Die Energiewende

ist in Berlin wieder ein Thema. Das war dringend überfällig.

Zweitens. Die Fotovoltaik hat am Pfingstwochenende mit 22.000 MW erstmals so viel Strom wie rund 20 Atomkraftwerke geliefert.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Herr Kollege, ich bin nicht schwerhörig!)

Damit hat die Fotovoltaik rund 20 % des deutschen Stromverbrauchs geliefert. Ich glaube, das ist beispielhaft.

Drittens. Die Behauptung, die Energiewende würde den Strom verteuern, wurde an Pfingsten ebenfalls widerlegt. An der Strombörse in Leipzig sanken die Preise dank des günstigen Solarstroms gegenüber dem Vorjahr um 14 %.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Die Sonnenkraft drückt die Preise gerade mittags während der Verbrauchsspitze. Das ist eine gute Nachricht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viertens. Die Landesregierung hat es nach viereinhalb Jahren endlich geschafft, den Entwurf für ein Landesgesetz zur Nutzung erneuerbarer Energien vorzulegen. Das geschah viereinhalb Jahre, nachdem Roland Koch im Landtag erklärt hat, Hessen zum Musterland hinsichtlich der Nutzung der erneuerbaren Energien zu machen.

Damit hören die guten Nachrichten allerdings schon auf. Denn bei Ihnen trifft die Aussage: „Was lange währt, wird endlich gut“, leider nicht zu. Ihr sogenanntes Energiezukunftsgesetz ist nicht der große Wurf. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb von einem „behutsamen Start in die Energiewende“. Das ist noch freundlich formuliert. Aus unserer Sicht fällt der vorgelegte Gesetzentwurf weit hinter den Teilkonsens des Energiegipfels zurück.

Frau Puttrich, zwar steckt viel Richtiges in Ihrem Entwurf. Manches kommt uns auch sehr bekannt vor. Doch aus unserer Sicht reicht all das nicht aus, das Ziel des Energiegipfels zu erreichen, Hessen spätestens bis 2050 vollständig durch die Nutzung erneuerbarer Energien zu versorgen.

Überhaupt muss man sich die Frage stellen, wie ernst es diese Landesregierung mit der Energiewende meint. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima im letzten Jahr wurde der Ministerpräsident eher widerwillig von seiner Kanzlerin gedrängt, von den Atomkraftwerken in Biblis Abschied zu nehmen.

Den aus der Konzeptlosigkeit von CDU und FDP geborenen Energiegipfel hat er dann als ein bundesweit beispielloses Vorgehen bezeichnet. Da wundert es einen dann schon, wenn der Ministerpräsident bei der Umsetzung dieses Energiekonzeptes in Landesrecht an der Debatte nicht selbst teilnimmt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt, welchen Stellenwert die Energiewende für den Ministerpräsidenten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da ist es nichts mehr mit bundesweit und vorbildhaft, sondern das findet unter „ferner liefen“ am Mittwochabend statt, kurz vor Ende des Plenartags. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt ziemlich deutlich den Stellenwert, den Sie diesem Energiethema beimessen.

Frau Hammann hat es schon gesagt: Eigentlich ist der Herr Ministerpräsident dem Landtag ein paar Antworten

schuldig, wie er denn zu den Beschlüssen dieses Energiegipfels steht. Am 24. Mai hat er in der „Wetzlarer Neuen Zeitung“ von einem „Wildwuchs der erneuerbaren Energien“ gesprochen, die zu einer „Deindustrialisierung“ unseres Landes führen könnten. Er hat von einer Deindustrialisierung gesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Rede von Deindustrialisierung Ängste zu schüren, das ist völlig kontraproduktiv. Die deutsche Industrie ist weitestgehend von der EEG-Umlage ausgenommen, und die Einspeisung des Solarstroms hat sogar eine preisdämpfende Wirkung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Industrie profitiert sogar von den erneuerbaren Energien.

Laut „hr-iNFO“ äußerte Bouffier anlässlich des Energiegipfels mit der Kanzlerin letzte Woche, dass südliche Bundesländer nicht mehr so viele Windkraftanlagen benötigten, da Schleswig-Holstein mehr Windkraft erzeuge als verbrauche; die südlichen Länder könnten diesen Strom kaufen und müssten keine eigenen Windkraftanlagen bauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit verlässt der Ministerpräsident den Energiekonsens.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Statt selbst die Beschlüsse des Energiegipfels infrage zu stellen, sollte sich Herr Bouffier lieber bei E.ON einsetzen, dass uns der Gasblock IV von Staudinger als Brückentechnologie erhalten bleibt, stattdessen aber endlich die Pläne für den neuen Kohleblock VI aufgegeben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Äußerung von Herrn Bouffier in den letzten Tagen zeigt, dass Sie es mit der Energiewende nicht sehr ernst nehmen. Sie missachten die Beschlüsse des Energiegipfels, beispielsweise den, 2 % des Landes als Windvorrangfläche auszuweisen.

Im Unterschied zu dem Hü und Hott Ihrer Politik fordern wir nicht nur, wie Sie, diese 2 % im Landesentwicklungsplan festzuschreiben, sondern im Landesplanungsgesetz als verbindliche Vorgabe festzulegen.

Im Unterschied zu Ihnen wollen wir mit unserem deutlich ambitionierteren Energiekonjunkturgesetz, das wir in der letzten Plenarrunde eingebracht haben, verstärkt die Bürgerrinnen und Bürger sowie die kommunale Ebene zu den Trägern der Energiewende machen. Wir wollen die Menschen und die Kommunen daran beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, davon ist in Ihrem Gesetzentwurf nichts zu finden.

(Zuruf des Ministers Michael Boddenberg)

Darüber hinaus wollen wir in Hessen den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, damit wir endlich den letzten Platz in der Rangordnung der deutschen Flächenländer verlassen können. Statt zu beschleunigen, blockieren sich in Hessen das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium gegenseitig. Wir warten schon seit zweieinhalb Jahren auf die von der Landesregierung beauftragten vier regionalen Energiekonzepte

(Zuruf von der CDU)

sowie auf den schon mehrfach angekündigten Windenergieerlass. Auch der liegt bis heute nicht vor. Meine sehr

verehrten Kolleginnen und Kollegen, eine Beschleunigung sieht anders aus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Holger Bel- lino (CDU): Sagen Sie etwas zur Energieeffizienz!)

Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass auch etwas zum Thema Netzausbau sagen. Heute wurde der erste Entwurf des Netzbedarfplans durch die Netzbetreiber vorgestellt. Damit haben sie ihre Wünsche an ein zukünftiges Stromnetz präsentiert.

Aus der Sicht der SPD-Fraktion ist das die falsche Reihenfolge. Natürlich brauchen wir den Netzausbau dringend, aber zuerst sollten wir schauen, wo die Erzeugungsstandorte sind, und danach das Netz ausbauen. Netzausbau ja – aber aus meiner Sicht müssen wir auch daran die Kommunen beteiligen.

Jetzt befindet sich dieser Netzausbauplan im Konsultationsverfahren. Deshalb machen wir den Vorschlag, die Arbeitsgruppe III des Energiegipfels, die sich mit dem Netzausbau – –

(Unruhe)

Herr Kollege Gremmels, einen Moment bitte.

Jetzt wird der Hall hier so laut, trotz Ihrer guten Stimme. Ich möchte jetzt doch einmal nicht nur die Damen und Herren Abgeordneten, sondern auch die Übrigen bitten, die Gespräche, die notwendig sind – das weiß ich –, nach außerhalb zu verlegen, damit hier drin das Wort des Redners zu verstehen ist.

(Beifall bei der FDP)

Sehr nett. – Ich möchte vorschlagen, dass wir die Arbeitsgruppe III des Energiegipfels, die sich mit dem Netzausbau beschäftigt hat, vor der Sommerpause nochmals einberufen, damit wir den heute vorgelegten Netzausbauplan konstruktiv begleiten können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das liegt im Interesse von uns allen.