Frau Kollegin Lannert, eine mittelstandspolitische Bedeutung bezüglich des Wettbewerbsrahmens haben verschiedene Maßnahmen im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GWB, unter anderem das sogenannte Verbot der Preis-Kosten-Schere.
Das bedeutet beispielsweise, dass Mineralöllieferungen an freie Tankstellen nicht teurer sein dürfen als die an die eigenen Filialen. Dies soll künftig unbefristet gelten und – ich habe das Beispiel genannt – insbesondere die freien Tankstellen vor überhöhten Preisen bei der Belieferung durch die Mineralölkonzerne schützen.
Dann gibt es ein uneingeschränktes Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unter Einstandspreis. Dies wird für weitere fünf Jahre beibehalten.
Eine Maßnahme, die nach dem jetzigen Stand nicht realisiert wird, aber im Gesetz enthalten war, ist die Ausweitung der Fusionskontrolle auf Krankenkassen. Eine Verhinderung marktbeherrschender Stellungen in diesem Bereich würde sich zugunsten mittelständischer Leistungserbringer auswirken. – Das sind die Maßnahmen, die ich vor dem Hintergrund Ihrer Frage besonders betonen möchte.
Sind aus ihrer Sicht wesentliche Vorstellungen des Landes Hessen im Bereich der Beschleunigung von Planungsverfahren im nun durch die Bundesregierung vorgelegten Ge
setzentwurf zur „Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“ (PlVereinhG) ausreichend berücksichtigt worden?
Herr Kollege Arnold, Sie wissen, dass sich die Landesregierung in der Vergangenheit immer dafür eingesetzt hat, Beschleunigungsmöglichkeiten bei Genehmigungsverfahren in die Diskussion einzubringen. Das hat in der vergangenen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages zu erheblichen Verbesserungen des seinerzeitigen Planungsbeschleunigungsgesetzes beigetragen.
Selbstverständlich haben wir auch in diesen Entwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren unsere Vorstellungen eingebracht. Beispielsweise ist die Bundesregierung unserem Vorschlag nachgekommen, der Plangenehmigung nach § 74 Abs. 6 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung einzuräumen. Das hat eine praktische Bedeutung. Eine Plangenehmigung erteilen wir dann, wenn zu erwarten ist, dass die Einwendungen im Verfahren ausgeräumt werden können.
Die Plangenehmigung stellte aber bislang keine Rechtsgrundlage für den Fall dar, dass später beispielsweise ein Grundstück in Anspruch genommen werden musste. Sie soll nun eine enteignungsrechtliche Vorwirkung haben. Das ist eine Maßnahme, die der Beschleunigung dient. Sie kommt auch dann infrage, wenn ein Grundstück in sehr geringem Maße oder nur zeitweise in Anspruch genommen werden soll, beispielsweise als vorübergehende Baufläche im Rahmen einer Straßenbaumaßnahme. Wenn wir das nicht machen könnten, müssten wir für so etwas ein aufwendiges Verfahren anstrengen.
Bislang nicht berücksichtigt wurde unser Vorschlag, angesichts der vielen noch offenen Fragen die Regelung zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung in § 25 Abs. 3 des Entwurfs für ein Verwaltungsverfahrensgesetz nach einigen Jahren unter wissenschaftlicher Begleitung evaluieren zu lassen. Wir haben vorgeschlagen, etwas zu machen, was wir im Zusammenhang mit dem Baugesetzbuch schon seit geraumer Zeit kennen: Die Bürger sind bereits in dem Moment zu informieren, wenn der Vorhabensträger in der Lage ist, seine Planungsabsichten zu konkretisieren. Das ist noch nicht hinreichend evaluiert. Dadurch können die in der Verwaltungspraxis gewonnenen Erfahrungen ausgewertet werden, und man könnte prüfen, ob gesetzliche Anpassungen erforderlich sind.
Der Bundesrat hat jedoch in seiner Sitzung am 11. Mai entsprechend dem hessischen Vorschlag beschlossen, die Bundesregierung zu bitten, die Anwendung der Regelung zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach fünf Jahren unter Einbeziehung mehrerer wissenschaftlicher Sachverständiger evaluieren zu lassen. Das ist, wenn Sie so wollen, ein Teilerfolg. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Vorschlag gleich übernommen worden wäre; denn wir können z. B. bei der Aufstellung von Bebauungsplänen auf eine erfolgreiche Praxis verweisen.
Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen: Das ist ein weiterer Versuch der Bundesregierung, unter unserer Mitwirkung das Thema Planungsbeschleunigung in verfahrensrechtlicher Hinsicht anzugehen. Ich verhehle nicht, dass wir auch in der Verkehrsministerkonferenz und in der Wirtschaftsministerkonferenz nach weiteren Möglichkeiten zur Planungsbeschleunigung suchen. Mit dem Mittel der Verfahrensbeschleunigung ist aber kaum noch etwas zu erreichen. Vielmehr stellt sich wirklich die Frage, inwieweit materielles Recht flexibler gestaltet werden muss, um zu weiteren Beschleunigungen zu kommen.
Insgesamt waren unsere Anregungen schon Teil der Gesetzesinitiative der Bundesregierung, oder sie sind über den Bundesrat in der von mir dargestellten Art und Weise in das Verfahren einbezogen worden.
Wie beurteilt sie den Sachverhalt, dass der Landkreis Gießen trotz Kenntnis von der Q-Fieber-Infektion einer Schafherde mit 300 Tieren über mehrere Wochen duldete, dass entgegen den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts weiter Lämmer unter freiem Himmel geboren wurden und damit die inzwischen eingetretene Infektion zahlreicher Menschen – es sind mittlerweile über 20 – mit dem Erreger in Kauf genommen wurde?
Herr Abgeordneter, von der Veterinärbehörde des Landkreises Gießen wurde am 3. April dieses Jahres, also unverzüglich nach Bekanntwerden der Q-Fieber-Infektion der Herde, eine Behandlung der Tiere mit Antibiotika veranlasst, und der Schafhalter wurde aufgefordert, die weiteren Lammungen in einem Stall stattfinden zu lassen. Ein geeigneter Stall stand nicht zur Verfügung und konnte trotz intensiver Bemühungen der Veterinärbehörde des Landkreises Gießen auch nicht gefunden werden.
Das Gesundheitsamt des Landkreises Gießen hat noch am 19. April 2012, also am Tag des Eingangs der ersten Labormeldung, es gebe einen Erkrankungsfall bei einem Menschen, der im Zusammenhang mit der infizierten Schafherde aus Kleinlinden steht, dem Schafhalter eine Verfügung ausgehändigt. Diese enthielt neben weiteren Inhalten der einschlägigen RKI-Empfehlungen zur Bekämpfung von Q-Fieber-Ausbrüchen auch die Anordnung, die trächtigen Schafe in einem geeigneten Stall unterzubringen.
Aufgrund der nicht bestehenden Möglichkeit der Bestallung wurde ersatzweise die Verbringung der Herde auf eine Altdeponie in 2 km Entfernung zur Wohnbebauung veranlasst. Des Weiteren wurde die Schafherde am 20. April und am 10. Mai gegen den Erreger geimpft, sodass von einer deutlich reduzierten bzw. kaum noch vorhandenen Infektionsgefahr auszugehen war und ist. Bis heute sind trotz einer hohen Sensibilisierung der Bevölkerung
und der Ärzteschaft dem Gesundheitsamt keine weiteren Erkrankungsfälle bei Menschen bekannt, in denen eine Ansteckung nach dem 3. April 2012 anzunehmen ist.
Ausgehend von der Stellungnahme des zuständigen Gesundheitsamts, die in Abstimmung mit der zuständigen Veterinärbehörde erfolgte, ist es für die Hessische Landesregierung nicht ersichtlich, dass der Landkreis Gießen, über die Q-Fieber-Infektion einer Schafherde Bescheid wissend, durch sein Handeln eine Infektion von Menschen mit dem Erreger in Kauf genommen hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Ausbruch eines QFiebers in einer Herde in Waldeck-Frankenberg, infolge dessen die Verbringung in einen Stall angeordnet und auch vorgenommen worden ist. Es gab Proteste des zuständigen Landrats und des Bürgermeisters gegen die Verbringung der Herde in einen Stall.
Wir sind in dieser Situation nicht in der Lage, geeignete Stallungen aus dem Boden zu stampfen. Insofern war die Verbringung auf eine Altdeponie der einzig mögliche Weg, um eine Gefährdung von Menschen auszuschließen. Dies ist in Zusammenarbeit mit der Veterinärbehörde und dem Gesundheitsamt des Landkreises Gießen erfolgt.
Ich frage mich und die Landesregierung: Wenn es am 03.04. nicht erforderlich war, die Herde in einen Stall oder auf eine Deponie zu verbringen und es danach keine Infektionen mehr gegeben hat, warum war am 19.04. eine entsprechende Maßnahme notwendig? Entweder – das hätte ich gerne beantwortet – war die Maßnahme am 19.04. nicht erforderlich, oder man hätte sie schon am 03.04. durchführen müssen.
Herr Abgeordneter, die Maßnahmen waren sowohl am 03. als auch am 19.04. erforderlich. Sie sind auch am 03.04. angeordnet worden, nämlich eine umgehende Antibiotikabehandlung bei der entsprechenden Schafherde sowie die Verbringung in einen Stall. Allerdings war es zu diesem Zeitpunkt für den Landkreis Gießen nicht möglich, eine geeignete Stallung vorzuhalten. Insofern hat letztendlich die Aufforderung am 03.04. Bestand gehabt. Allerdings ist erst nach intensiver Suche nach dem 19.04., nachdem die Erkrankung eines Menschen bekannt geworden ist, die Altdeponie gefunden worden, weil keine Stallung zur Verfügung gestanden hat. Aber sowohl am 03. als auch am 19.04. waren die Maßnahmen notwendig. Sie waren auch angezeigt. Eine Verbringung in einen anderen Landkreis, wo Stallungen zur Verfügung gestanden haben, war aber nicht möglich, und die Ausweichstelle in Form einer Altdeponie wurde erst nach längerem Suchen gefunden. Aber unabhängig davon sind die Maßnahmen am 19.04. genauso wichtig gewesen wie die am 03.04. Insofern war es kein Versäumnis.
Wie sieht ihr Zeitplan in Bezug auf die vorgeschriebene Dichtigkeitskontrolle der privaten Hausanschlüsse aus, nachdem das hessische Umweltministerium laut Pressemitteilung vom 23. März 2012 diesen Passus der hessischen Eigenkontrollverordnung (EKVO) ausgesetzt hat?
Herr Abg. Gremmels, Hessen hat als erstes Flächenland mit dem Dialogverfahren ein institutionalisiertes Verfahren zur permanenten Hinterfragung von Standards etabliert. Auf Betreiben der Kommunalen Spitzenverbände wurde die geplante Umsetzung der Abwassereigenkontrollverordnung zur Überprüfung der Zuleitungskanäle, die häusliches Abwasser nach Anhang 1 der Abwasserverordnung in den öffentlichen Kanal einleiten, in den Gremien des Dialogverfahrens thematisiert. Das führte letztlich zur vorläufigen Aussetzung.
Im Rahmen des im Juni stattfindenden Steuerungskomitees soll jetzt gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden das weitere Vorgehen koordiniert werden. Vorbereitend hierzu hat mein Haus eine zweite Verordnung zur Änderung der Eigenkontrollverordnung erarbeitet. Deren Veröffentlichung wird in Kürze erfolgen.
Frau Ministerin, das Verfahren hängt schon seit einigen Monaten. Meine Kleine Anfrage wurde leider erst nach fünf Monaten beantwortet. Auch bei uns vor Ort zeichnet sich eine Hängepartie wie in anderen Städten und Gemeinden ab, die sich auf die EKVO verlassen haben und die jetzt aufgrund der Aussetzung nicht wissen, wie es weitergeht. Daher noch einmal die Nachfrage: Wann ist für die Städte und Gemeinden klar, wie sie mit der EKVO umgehen müssen und können?
In Ihrer Beantwortung aus Ihrem Haus schreiben Sie: „Hierbei handelt es sich um einen ergebnisoffenen Prozess.“ Heißt das dann wirklich, dass auch die Landesregierung momentan nicht weiß, wo die Reise mit der EKVO hingehen soll?
Frau Abgeordnete, die Regelung, die nun geändert werden soll, ist die Aussetzung der Fristen. Das ist das, was die Kommunalen Spitzenverbände aufgrund der Situation gefordert hatten, dass es ein immenser finanzieller Aufwand sei, insbesondere weil aufgrund der Fristen entsprechender Druck vorhanden sei, da die Anbieter entsprechende Preise verlangen, weil die Nachfrage besonders hoch ist. Nachdem die Kommunalen Spitzenverbände das Problem bei uns vorgebracht hatten, haben wir es mit ihnen diskutiert, mit ihnen auch die Aussetzung der Fristen vereinbart und die Aussetzung der Fristen auf den Weg gebracht. Das heißt, die Veröffentlichung der Aussetzung der Fristen ist im Juni geplant, weil das Verfahren schlicht und einfach so lange dauert. Das ist nicht nur ein Schreiben, sondern das ist ein Verfahren.
Die Kommunalen Spitzenverbände sind diesbezüglich zu jedem Zeitpunkt informiert worden, wie der Sachstand ist. Bevor also eine Veröffentlichung durchgeführt wird, haben die Kommunalen Spitzenverbände die schriftlichen Informationen hierzu bekommen. Auch Nachfragen, die sie bei uns gestellt haben, haben sie jederzeit beantwortet bekommen. Auch die Kommunen, die bei uns im Einzelnen nachgefragt haben, die unsicher waren, haben unmittelbar darauf eine Antwort bezüglich des Verfahrensstands bekommen.
Frau Puttrich, ist Ihnen bekannt, dass unter anderem die Ingenieurkammer Hessen und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft die Aussetzung kritisch sehen und vorgeschlagen haben, einen runden Tisch einzurichten, an dem neben den Kommunalen Spitzenverbänden auch die Ingenieurkammer beteiligt ist? Wie steht die Landesregierung zu diesem Vorschlag?
Das Umweltministerium hat selbst vorgeschlagen, dass wir diejenigen, die mit den Angelegenheiten zu tun haben, in welcher Form auch immer einbeziehen, auch wegen ihres Sachverstandes. Dass diejenigen, die Sie gerade genannt haben, das Verfahren kritisch sehen, ist insoweit nachvollziehbar, weil sich deren Auftragslage verändert hat. Insofern haben wir von vornherein gesagt: Diejenigen, die mit der Umsetzung der Eigenkontrollverordnung zu tun haben, seien das die Kommunalen Spitzenverbände, seien es Stadtwerke oder andere Fachleute, werden in einer geeigneten Form bezüglich dieses Themas einbezogen werden.
(Abg. Timon Gremmels (SPD) ist von seinem Platz aus nicht zu hören. Nach mehreren vergeblichen Versuchen geht Abg. Timon Gremmels an das Rednerpult. – Unruhe)