Protocol of the Session on March 8, 2012

Der schärfste Satz in Ihrem ganzen Antrag ist folgender – ich zitiere –: „Diese Überförderung führte zu einem ungeplant starken Ausbau der Fotovoltaik.“ – Da gibt es also ein Wirtschaftswachstum, das auch noch einen ökologischen Beitrag leistet, und Ihre Kritik ist, dass dieses Wachstum den Plan übererfülle. Ihre Kritik lautet: Planübererfüllung.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

In der Solarbranche sind viele Arbeitsplätze entstanden. Der Zubau von Solaranlagen war stärker als geplant. Aus Sonnenlicht wurde mehr Energie gewonnen, als die Bundesregierung in ihren Vorgaben für die Wirtschaft festgelegt hatte. Könnte mir jemand aus den Reihen der Freidemokraten oder aus den Reihen der Verfechter des freien Unternehmertums bitte schön erklären, was an dieser Entwicklung schlimm sein soll?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Zurufe von der CDU)

Weshalb muss da ein Riegel vorgeschoben werden? Gerade das macht die Solarenergie rentabler.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Ihr Antrag ist wieder so offensichtlich eine Auftragsarbeit der Atom- und Kohlelobby. Das wird genau dadurch deutlich, dass Sie kein einziges Argument anführen, das erklären würde, was, bitte, schlecht daran sein soll, wenn die Energiewende schneller vonstattengeht, als Sie es vorsehen. Nur weil Sie der Meinung sind, die Energiewende könne erst im Jahr 2050 umgesetzt werden, sollte man niemanden daran hindern, daran zu arbeiten, dass es vielleicht doch etwas schneller geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Abgaben nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz machen einen geringen Teil des Strompreises aus. Deshalb machen Sie sich lächerlich, wenn Sie den Eindruck erwecken wollen, dass die EEG-Umlage jetzt den Strompreis explosionsartig ansteigen lasse. Damit machen Sie sich nur bei ihrer eigenen Klientel beliebt, nämlich bei den Stromkonzernen, die ein „Weiter so“ wollen.

Herr Stephan, da Sie hier erneut davon geredet haben, man müsse in der Bevölkerung die Akzeptanz für die erneuerbaren Energien stärken, sage ich Ihnen: Kämpfen Sie erst mal für die Akzeptanz der erneuerbaren Energien in den Reihen Ihrer eigenen Partei. Da haben Sie ein wirkliches Aufgabenfeld.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Ich komme zum Schluss. Wenn es Ihnen mit der Energiewende ernst ist, müssen Sie sich dafür einsetzen, dass die Kürzung der Solarförderung zurückgenommen wird. Dann dürfen Sie dem im Bundesrat nicht zustimmen. Andernfalls verkommen die Ergebnisse des Energiegipfels endgültig zur Farce. Dann bewahrheitet es sich, dass das eine reine Showveranstaltung war, um Aktionen vorzutäuschen, und dass ein Jahr nach Fukushima all das vergessen ist, was Sie im Laufe des letzten Jahres erzählt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Puttrich.

(Holger Bellino (CDU): Das wird ein bisschen mehr Sachlichkeit hineinbringen!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte eigentlich erwartet, dass sich die Opposition mit der Zukunft beschäftigt und nicht mit der Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Timon Grem- mels (SPD): Sie sind bald Vergangenheit!)

Ich erlebe, dass Sie hier eine rückwärtsgewandte Debatte führen, indem Sie Ihre alten Feindbilder bedienen, auf große Energieversorgungsunternehmen schimpfen, so

tun, als würden wir nicht aus der Kernenergie aussteigen, und nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir gemeinsam eine Energiewende beschlossen haben. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit ist – Herr Gremmels, das muss ich einfach sagen –, dass Sie die jetzigen Diskussionen in einen Zusammenhang mit Fukushima bringen. Das finde ich einfach unanständig.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD)

Ich finde das richtig unanständig, weil Sie erstens so tun, als würden wir die mit der Energiewende verbundenen Ziele nicht verfolgen, und zweitens behaupten, dass diese Ziele nur mit der Fotovoltaik zu erreichen seien. Damit stellen Sie ein Bild, das schlicht und einfach falsch ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir wollen einmal die Aufgeregtheit beiseitelassen und zur Realität kommen. Wir haben im Rahmen des Energiegipfels, den der Hessische Ministerpräsident einberufen hat, gemeinsam beschlossen, wie wir die Energiepolitik der Zukunft gestalten.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich kann nichts mehr hören, Herr Präsident!)

Wir haben gemeinsam beschlossen, dass wir den Energiebedarf bis zum Jahr 2050 zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken. Wir haben den Energiemix der Zukunft gemeinsam definiert, und wir haben gefragt: Worin liegen in Zukunft die Chancen der erneuerbaren Energien? Tun Sie doch bitte nicht so, als ob die Fotovoltaik der größte Baustein der Energiewende in Hessen wäre. Schauen Sie sich einmal die Realität an.

(Timon Gremmels (SPD): Sie müssen zuhören, Frau Puttrich!)

Herr Gremmels, wenn Sie einmal zuhören, können Sie etwas lernen. Also hören Sie zu.

(Beifall bei der CDU und der FPD – Zurufe von der SPD)

Sie haben hinterher noch die Möglichkeit, zu reden. Vielleicht hören Sie einmal zu und nehmen die Aufgeregtheit ein bisschen aus der Debatte heraus.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben gemeinsam beschlossen, dass wir in Hessen den Energiemix der Zukunft mithilfe erneuerbarer Energien auf die Beine stellen, z. B. indem wir die aus der Windkraft erzeugte Leistung von fast 28 TW als eine Chance sehen. Wir wissen, dass wir die aus der Biomasse erzeugte Leistung mit 13,4 TW ansetzen können. Wir wissen auch, dass wir die aus der Fotovoltaik erzeugte Leistung bis zum Jahr 2050 mit 6 TW ansetzen können.

(Petra Fuhrmann (SPD): Warum nicht schneller? Wo sind wir denn? – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie jetzt so tun, als würden die Ziele des Energiegipfels nicht erreicht werden können, nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass wir – –

(Fortgesetzte Zurufe von der der CDU und der SPD)

Jetzt hören Sie doch einfach zu. – Herr Präsident, bitte.

(Glockenzeichen des Präsidenten)

Sie nehmen dann nicht zur Kenntnis, dass wir die erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 zu 100 % einsetzen werden. Das heißt, dass wir das bei einer Ausbaugeschwindigkeit von 2.500 bis 3.000 MW pro Jahr in 18 bis 25 Jahren erreichen können.

(Timon Gremmels (SPD): Das kann auch schneller gehen!)

Ich werde Ihnen sagen, warum es nicht schneller geht. Hören Sie endlich einmal zu.

(Günter Rudolph (SPD): Diese oberlehrerhafte Art!)

Wir haben genauso gesagt, dass wir die Ziele, die wir auf dem Energiegipfel beschlossen haben, unter mehreren Prämissen erreichen wollen. Bitte vergessen Sie auch das nicht: Wir haben gesagt, dass Energie bezahlbar sein muss. Wir haben gesagt, dass sie gesellschaftlich akzeptiert sein muss. Akzeptanz hat etwas mit Geld zu tun und damit, dass so etwas auch technisch funktionieren muss.

Tun Sie doch nicht so, als würde all die Energie, die im Moment durch die Fotovoltaik produziert wird, auch zu verantwortbaren Kosten eingespeist werden. Sie wissen doch, dass im Moment in hohem Maße Energie durch Fotovoltaik produziert wird und dass sich die Leistung durch den Ausbau auf 7.000 MW pro Jahr erhöht hat. Dabei waren zunächst einmal 3.500 MW angesetzt. Sie wissen, dass das die Kosten erhöht, und Sie wissen auch, dass die dafür erforderliche Netzstruktur im Moment gar nicht vorhanden ist. Sie wissen ebenfalls, dass man nicht auf Teufel komm raus produzieren kann, ohne zu berücksichtigen, wie viel es kostet und wie viel die Netze aufnehmen können.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb gehört es in die Diskussion, zu sagen, dass die Energiewende den Umbau eines ganzen Systems bedeutet. Der Umbau eines ganzen Systems funktioniert nicht – wie es bei Ihnen politisch entschieden worden ist – nach dem Motto „Wir bauen aus ohne Rücksicht auf Verluste“. Vielmehr ist es so, dass, wenn das eine auf dem anderen aufbaut, die Kosten berücksichtigt und die Netze entsprechend ausgebaut werden müssen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist verantwortliche Politik!)

Wir sagen: so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig. – Dazu stehen wir. Aber die diesbezüglichen Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Sie wissen, dass die nicht in so kurzer Zeit gegeben sind. Deshalb sollten Sie an der Stelle nicht unehrlich sein.

(Petra Fuhrmann (SPD): Keine Ahnung!)

Sie haben hier vor zwei Jahren gesagt, dass die Fotovoltaik untergehen würde. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Beim Ausbau der Leistung sind wir statt bei 2.500 oder 3.000 MW inzwischen sogar bei 7.000 MW angelangt. Ich sage Ihnen: Holen Sie Ihre alte Rede hervor, schauen Sie sich an, was Sie gesagt haben, und dann erklären Sie, dass Sie unrecht haben. Ich sage: Sie werden wieder in hohem Maße unrecht haben.

(Beifall bei der CDU)

Schauen Sie sich bitte einmal an, was die Branchenvertreter dazu sagen. Ich habe mir angehört, was man bei SMA sagt. Dort heißt es zwar, dass die Gewinnerwartungen nied riger seien; gleichzeitig heißt es aber, sie lägen über dem Niveau der deutschen Elektroindustrie. Das heißt,

man sagt, dass man zwar weniger haben, aber weiter Gewinne machen werde. Gleichzeitig heißt es auch, dass man sich neu ausrichten muss. Jetzt sage ich einmal ganz provokativ: Hätte man schon vor zwei Jahren bei der Förderung stärker reduziert, hätte man sich jetzt vielleicht schon etwas besser neu ausgerichtet. – Diese grundsätzliche Frage kann man ebenfalls stellen.