Protocol of the Session on May 12, 2009

Aufgrund der Rechtsetzung der Europäischen Union wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche nationale Monopole aufgehoben.Beispielhaft soll hier an den Kommunikationsmarkt und den Flugverkehr erinnert werden. Die Folge davon waren Innovationen und Preissenkungen. Heute sind Telefonieren und Fliegen so günstig wie noch nie. Ein funktionierender Energiebinnenmarkt ist unser nächstes Ziel.

Ein weiterer Erfolg beim Verbraucherschutz sind die Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel sowie die Produktstandards für Kinderspielzeug. Auch die Verlängerung der Gewährleistungspflicht auf zwei Jahre geht auf die Europäische Union zurück.

Der Euro, unsere gemeinsame Währung, ist nach dem Dollar die wichtigste Reservewährung der Welt. In der Zeit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat sich der Euro als Bollwerk erwiesen. Er hat das Auftreten negativer Entwicklungen abgeschwächt.

Jean-Claude Juncker sagte in seiner Laudatio zur Verleihung des Preises der Hanns Martin Schleyer-Stiftung an Altbundeskanzler Helmut Kohl, dass ohne die Einführung des Euro,die Kohl durchgesetzt habe,Europa jetzt in Zeiten der Wirtschaftskrise im wechselpolitischen Chaos versinken würde.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Dieses Beispiel zeigt: Die Europäische Union ist die Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. In einer ganz schwierigen Situation zeigen wir Europäer ganz viele Gemeinsamkeiten. Nur gemeinsam setzen wir weltweit unsere Vorstellung hinsichtlich eines effizient regulierten Finanzmarktes und hinsichtlich eines weltweiten Wirt

schafts- und Sozialmodells durch. So sichern wir unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand.

Das Gleiche gilt für die Einführung weltweiter Umweltstandards. Die Umweltverschmutzung macht nicht an den Landesgrenzen halt, sondern sie betrifft uns alle. Nur mithilfe einer starken Europäischen Union können wir dem Klimawandel wirksam begegnen und eine weltweite Reduzierung der Treibhausgase und eine höhere Energieeffizienz durchsetzen. Innerhalb der Europäischen Union schaffen einheitliche Standards gleiche Wettbewerbsgrundlagen und erschließen neue Absatzmärkte für die Umweltindustrie.

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen bietet die Europäische Union ihren Bürgern ein hohes Maß an Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bei hoher innerer Sicherheit. Jeder Bürger der EU kann sich innerhalb der Europäischen Union frei bewegen. Er kann leben, lernen und arbeiten, wo er möchte. Das ist europäisches Bürgerrecht.

Für unsere Jugend ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit,während ihrer Schul- und Ausbildungszeit andere Staaten der Europäischen Union näher kennenzulernen. Sie nutzen eines der zahlreichen europäischen Austauschprogramme, verbringen eine gewisse Zeit im Ausland und sammeln dort Erfahrungen, die ihnen nicht nur im Berufsleben zahlreiche Vorteile erbringen.

Die Europäische Union fördert seit Jahren den Austausch Jugendlicher in jetzt 27 Ländern Europas.Zahlreiche Förderprogramme wie Sokrates, Leonardo da Vinci, Comenius oder Erasmus bieten jungen Menschen vielfältige Möglichkeiten, an ausländischen Universitäten zu studieren, die Sprache eines der Nachbarländer vor Ort kennenzulernen und ein Praktikum, einen Teil ihrer Ausbildung oder einen Fachkurs im europäischen Ausland zu absolvieren.

Die Reisefreiheit innerhalb Europas ist nur durch strenge Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen Union und durch große Anstrengungen bei der Kriminalitätsbekämpfung möglich. Die Europäische Union geht wirksam gegen die grenzüberschreitende und organisierte Kriminalität vor und unterstützt die Mitgliedstaaten im Kampf gegen die Korruption.Viele der bisherigen Erfolge bei der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtssicherheit in den osteuropäischen Ländern wären ohne die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht erreicht worden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ein gemeinsames Europa auf der Grundlage gleicher Werte und Ziele sichert den Frieden in Europa und in der Welt. Seit über 60 Jahren haben die Staaten der Europäischen Union keine Kriege mehr gegeneinander geführt. Dies ist die längste Friedensphase in der Geschichte des europäischen Kontinents.

Wir treten jetzt,nach den großen Erweiterungsrunden der letzten Jahre, für eine Phase der Konsolidierung ein. Die Festigung der Identität der Institutionen der Europäischen Union muss jetzt Vorrang vor weiteren Beitritten haben, damit die EU handlungsfähig bleibt. Gerade in den zuletzt aufgenommenen Ländern ist noch viel im Kampf für Rechtsstaatlichkeit und gegen die Korruption zu tun. Wachsamkeit ist hier immer und überall geboten. Sollte es in Zukunft wieder zur Aufnahme von Staaten kommen, ist die Einhaltung der Standards der Europäi

schen Union hinsichtlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zwingende Voraussetzung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Weltweit engagiert sich die Europäische Union als starker Akteur bei der Friedenssicherung und übernimmt Aufgaben,die von den einzelnen Nationalstaaten nicht mehr bewältigt werden können. Die Erfolge der Europäischen Union sind vielfältig, ihre Aufgaben zahlreich. Die Europäische Union hat über die europäische Gesetzgebung einen direkten Einfluss auf unser Leben.

Am 7. Juni 2009 wird das Europäische Parlament neu gewählt werden.Auch hierbei wird es wieder um eine Richtungsentscheidung gehen. Die Menschen werden die Möglichkeit haben, mit ihrer Stimme die Erfolgsgeschichte der freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Europäischen Union fortzuschreiben.

Die Christlich Demokratische Union ist und bleibt die Europapartei.

(Beifall bei der CDU)

Wir setzen uns auf allen Ebenen für eine starke und zugleich handlungsfähige Europäische Union als Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ein. Unsere Vision ist die der Europäischen Union der Bürger. Die Erfolgsgeschichte können wir nur fortschreiben, wenn wir die Europäische Union in den Herzen der Menschen verankern. Deswegen wollen wir, dass die Europäische Union transparenter und demokratischer gestaltet wird.

Wir treten nachhaltig für den Vertrag von Lissabon ein. Durch ihn gewinnt die Europäische Union die notwendige Handlungsfähigkeit zurück; und das Subsidiaritätsprinzip wird gestärkt. Henry Kissinger könnte nicht mehr süffisant fragen:Wenn ich die Europäische Union anrufen will, welche Nummer wähle ich dann? – Mit dem Reformvertrag würde die Antwort gegeben. Die Europäische Union würde sich als einheitlicher Ansprechpartner in der Welt neu aufstellen. Nachdem beide tschechischen Parlamentskammern nunmehr dem Vertragswerk zugestimmt haben, sind wir dem Ziel wieder ein gutes Stück näher gerückt.

Die CDU-Fraktion tritt wie die Landesregierung für eine starke hessische Landesvertretung in Brüssel ein. Nur so können hessische Interessen gewahrt und wirksam verteidigt werden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Zu den hessischen Interessen zählen wir auch die Gleichbehandlung der deutschen Sprache gegenüber der englischen und der französischen.

Die CDU will eine konsequente Fortschreibung der europäischen Wissenschafts- und Forschungspolitik auf der Grundlage ethischer Prinzipien. Durch eine konsequente Verzahnung der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Politik werden wir unsere Spitzenposition in den Zukunftstechnologien halten und werden unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit sichern.

In schwierigen wirtschaftlichen Zeiten halten wir an der sozialen Marktwirtschaft als bewährte Lösung für die Zukunft fest.

Eine Steuer der Europäischen Union lehnen wir ab. Die Europäische Union darf keine eigenen Kompetenzen zur Erhebung von Steuern oder zur Aufnahme öffentlicher Kredite erhalten. In Zeiten wie diesen wäre die Ankündi

gung der Erhebung neuer Steuern genau das falsche Signal.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich komme jetzt auf den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union, Drucks. 18/266, zu sprechen. Wir wollen eine effiziente und bürgernahe Europäische Union. Das heißt, dass die Europäische Union nicht als ein bürokratisches Ungetüm in den Köpfen der Menschen verwurzeln darf. Das Thema „better regulation“ ist für uns daher von größter Wichtigkeit.Wir begrüßen die gute Arbeit der Stoiber-Gruppe und das Ziel, bis zum Jahre 2012 25 % der Bürokratie- und Verwaltungslasten abzubauen.

Dies bedeutet auch für zahlreiche hessische Unternehmen eine Entlastung und ist somit zentral für deren internationale Wettbewerbsfähigkeit. Der Europaminister hat in seiner Rede ausführlich zu diesem Thema Stellung genommen.

Zum Antrag der GRÜNEN,Drucks.18/366.Insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe wollen wir vor einer Ausweitung der Bürokratie schützen. Nach der Einführung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes entstanden den deutschen Unternehmen rund 1,73 Milliarden c Kosten für betriebliche Schulungen. Viele Unternehmen haben Probleme mit der Umsetzung des AGG, weil sie sich teure Spezialabteilungen nicht leisten können. Zu besonderen Schwierigkeiten käme es im Versicherungswesen, da die konkrete Bewertung und Differenzierung von Risiken verhindert würde. Dies bedeutet Einschränkungen beim Angebot und Prämiensteigerungen für die Versicherten. Eine weitere Verschärfung der Antidiskriminierungsrichtlinien lehnen wir daher ab.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Antrag der SPD-Fraktion, den wir erst heute bekommen haben, beinhaltet so viele Punkte, die Herr SchäferGümbel in seiner Rede ausführlich behandelt hat, dass wir froh sind, dass sich die SPD-Fraktion damit einverstanden erklärt hat, den Antrag in den Europaausschuss zu geben,da wir über die Punkte inhaltlich noch lange diskutieren müssen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wenn wir Sie überzeugt haben, ist es ja gut! – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kommt darauf an, wie kompromissfähig Sie sind.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir sind immer kompromissfähig!)

Sie sehen, wir haben klare Vorstellungen vom Europa der Zukunft. Gemeinsam mit unseren Kollegen von der EVPFraktion im Europaparlament und der Hessischen Landesregierung wird sich die CDU-Fraktion mit aller Kraft für die Durchsetzung der Europaerfolgsgeschichte einsetzen. Das wollen wir tun. Wir tun dies aus tiefster Überzeugung, und wir tun dies zum Wohle der Menschen, für die Freiheit, die Demokratie und den Frieden in Europa und der Welt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Osterburg. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Häusling zu Wort gemeldet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP):Wo ist denn die Kuh? – Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hahn, Sie wollten heute den großen Funken für Europa zünden. Bei Ihrer Regierung hat es auch noch nicht so richtig gezündet, wenn ich die leeren Regierungsbänke sehe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Willi van Ooyen (DIE LINKE):Wir waren alle da!)

Wenn Sie darauf hinweisen, dass am 7. Juni Europawahl ist – so weit gehen die Gemeinsamkeiten –, finden wir es auch gut.Wir sind uns in noch einem Punkt einig.Wir müssen allen klarmachen, dass wir gemeinsame Ansätze in Europa brauchen, dass wir nur gemeinsam die weltweite Wirtschaftskrise lösen können, aber auch – davon haben Sie überhaupt nicht geredet –,dass Europa Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels geben muss. In Ihrer Rede ist überhaupt nicht vorgekommen, dass Europa Antworten im sozialen Bereich geben muss. Dazu wollen wir doch etwas beitragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Michael Reuter (SPD))

Wir sehen mit Sorge, dass es in Deutschland durchaus Tendenzen gibt, das Heil wieder in nationalen Antworten zu suchen – ich schaue ein bisschen nach links. Das lehnen wir ab. Es kann nur gemeinsame europäische Antworten geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hahn, zu Ihrer Rede. Das hat weitgehend an einen kleinen Volkshochschulkurs erinnert: Wir lernen etwas über Europa.Wie viele Europaabgeordnete sitzen im Parlament? – Das alles können Sie jetzt beantworten. Aber ich hätte ganz gerne einmal gewusst, wo diese Landesregierung in Europa eigentlich ankommen und wo sie hinkommen will. Was geben Sie denn für Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen?

Dazu kann man nur feststellen: Sie reden zwar nett über Europa, aber ansonsten, wenn man einmal Ihre Europapolitik, gerade die der Vorgänger- oder der schwarz-gelben Regierung rückwirkend betrachtet, haben Sie doch immer mehr auf dem Bremshebel gesessen, statt auf dem Gaspedal gestanden. Und das setzt sich hier fort.