Protocol of the Session on May 15, 2008

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir in der Fraktion über die Frage geredet haben, wie denn nun dieser Gesetzentwurf zustande gekommen sei, hat Herr Abg.Wagner gesagt, dass er sich schuldig bekenne.

(Zuruf der CDU: Schuldig?)

Das muss ich natürlich erklären. Zu jedem ordentlichen Wahlkampf gehört eine ordentliche Gegnerbeobachtung.

(Zuruf von der CDU: Gegner?)

Deswegen haben wir natürlich sehr genau geschaut, wie die unterschiedlichen Parteien ihre Landtagswahlprogramme aufgestellt haben. Wir haben intern diskutiert und uns gefragt:Wie kommt die Linkspartei eigentlich zu ihrem Wahlprogramm? Im Anschluss gab es bei uns den geflügelten Satz: Diese hat alle Forderungen, die es seitens der Interessensgruppen gibt, zusammengeschrieben und im Anschluss als ihr Landtagswahlprogramm bezeichnet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD, der CDU und der FDP)

Nun muss ich aber erklären, weshalb sich Herr Abg.Wagner schuldig bekannt hat. Am 26.04. dieses Jahres gab es einen Termin des Vorstands des Hessischen Jugendrings. Dorthin wurden die jeweiligen Vertreter der Landtagsfraktionen geschickt. Der Hessische Jugendring hat eine Forderung geäußert, die uns allseits bekannt ist: die Anhebung bzw.Aufhebung der Deckelung.

Herr Abg.Wagner sowie Frau Abg.Wissler haben damals dort gesessen; und Herr Wagner sagte den verhängnisvollen Satz:Es gibt eine Forderung eines Interessenverbands, die ihr vergessen habt. – Das Ergebnis dieses Gesprächs ist dieser Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Axel Wintermeyer (CDU):Da sieht man einmal die Qualitäten! – Florian Rentsch (FDP): Das zeigt, dass es eine gefährliche Kombination ist!)

Es gibt aber einen ernsten Hintergrund. In den Neunzigerjahren haben wir diesen Deckel eingeführt und festgelegt,was aus den Lottomitteln an die Destinatäre gegeben wird. Wir wollten damit dafür sorgen, dass für den Landeshaushalt in einem bestimmten Ausmaß Gelder generiert werden. Nun wissen wir aufgrund der Debatte des letzten Jahres, dass die Begründung für das staatliche Glücksspielmonopol nicht die Gewinnung finanzieller Mittel für den Landeshaushalt oder für Gemeinwohlzwecke sein darf, sondern es dient einzig und allein dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor übermäßiger Spielsucht.

Wir müssen daher dafür sorgen, dass die Begründung dafür, dass es in Hessen ein Glücksspielmonopol gibt, nicht die Antwort auf die folgende Frage sein darf: Wie viel Geld kommt rein,damit wir dieses oder jenes schöner machen können? Es ist natürlich legitim, dass die Verbände sagen: Nach einer bestimmten Zeit sind die ursprünglich zugestandenen prozentualen Anteile angesichts von Preissteigerungen und Ähnlichem weit von dem entfernt, was unterm Strich real herauskommt, sodass man über eine Anhebung dieser Deckelung reden können muss. – Das werden wir auch tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube allerdings, dass wir die Deckelung nicht komplett werden aufheben können. Ich bin auch der Meinung, dass sich die Fraktion DIE LINKE sehr genau überlegen muss, ob es zutrifft, dass dies keine Auswirkungen auf den Landeshaushalt hätte. Wenn Sie sich den Landeshaushalt an

schauen, dann werden Sie feststellen: 6 Millionen c sind keine Peanuts, sondern es ist auch Geld. Es wäre mir auch relativ neu, wenn Sie nun den Sprachgebrauch des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank übernommen hätten.

Wir werden über eine Anhebung der Deckelung reden müssen. Wir müssen – wenn die Summe komplett wäre – aber auch berücksichtigen, dass die Mittel, die mit dem staatlichen Glücksspiel „erlöst“ werden, von Jahr zu Jahr unterschiedlich sind. Es kann natürlich auch nicht sein, dass die Destinatäre bei ihren Haushaltsplanungen darauf angewiesen sind, dass es jedes Jahr einen Jackpot geben wird, der die Leute dazu bringen wird, ihr Geld in den Lottofilialen zu lassen. Daher ist eine komplette Auflösung der Deckelung nicht darstellbar. Wir werden über eine maßvolle Anhebung der Deckelung reden. Ich bin gespannt darauf, ob sich der Hessische Landtag auf eine sinnvolle Anhebung verständigen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, vielen Dank. – Für die Fraktion der FDP erhält Kollege Hahn das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zum ersten Mal gelesen habe, schrieb ich mir Folgendes darauf: Wünsch dir was.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Schon wieder!)

Das war die Interpretation eines Liberalen, und dieser könnte man noch hinzufügen: Die LINKEN wollen sich auf Kosten der Steuerzahler bei bestimmten Gruppen Sympathien erkaufen. Dass die Zusammenarbeit zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE in diesem Parlament bereits solche Früchte trägt, ist wirklich unglaublich, Herr Kollege Wagner.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Herr Rock hat es auch vorgeschlagen!)

Hat Herr Rock auch vorgeschlagen, dies aufzunehmen? Lieber Herr Kollege Rock,dann müssen wir das innerhalb der Fraktion noch einmal erörtern.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rein inhaltlich darf ich mich auf das beziehen, was meine Vorredner – bis auf Frau Wissler – bereits vorgetragen haben. Ich sage dies noch etwas konkreter: Es geht nicht darum, berechtigte Interessen von Destinatären vollkommen heiligzusprechen, ohne zu bedenken, dass man schlicht Geld ausgibt, das folglich in diesem Haushalt für andere Sachen nicht mehr zur Verfügung steht.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Es geht hierbei also nicht darum, ein gutes Gewissen zu bedienen oder, um es konkret zu sagen, die gute Arbeit der Destinatäre im Landessportbund, dessen Präsident unser Herr Kollege Dr. Müller ist, der freien Wohlfahrtsverbände, des Hessischen Jugendrings, der Träger der außerschulischen Jugendbildung oder des Rings politischer Jugend in irgendeiner Weise zu diskreditieren. – Frau Kollegin Wissler, diese machen eine hervorragende Arbeit. Diese werden vom Land Hessen mit Mitteln, über

die wir hier reden, unterstützt – und zwar in Höhe von knapp 35 Millionen c jährlich.Von den Lottomitteln fließen derzeit jährlich rund 35 Millionen c an die Destinatäre. Das ist ganz einfach herauszufinden, da man die Deckelungsbeträge, die im Gesetz erwähnt werden, lediglich addieren muss.

(Beifall bei der FDP)

Da nun aber so getan wird, als wären alle anderen böse Buben, die sich gegen das Ehrenamt aussprächen, sage ich: Ich halte es für unkollegial und darüber hinaus für naiv, zu glauben, die Destinatäre werden Ihnen Ihre Begründung abnehmen, mit der Sie vorgeben, dies nur zu tun, weil Sie ihnen etwas Gutes tun wollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen.

(Zuruf von der LINKEN: Die GRÜNEN?)

Entschuldigung, ich meinte natürlich die LINKEN. Herr Kollege Dr.Jürgens,ich bitte vielmals um Entschuldigung. – Meine Damen und Herren von den LINKEN, Sie müssen schon einmal sagen,was Sie wollen,denn während der Haushaltsdebatte musste ich hören,dass wir uns damit beschäftigen sollten, dass die Vermögensteuer wieder eingeführt wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Herr Kollege Dr. Wilken, hier hat der Hessische Landtag keine Karten im Spiel.Wenn Sie konsequent wären, dann hätten Sie gestern unserem Begehren zugestimmt, dass nämlich das Recht, Vermögensteuern einzuführen, vom Bund auf die Länder übergehen sollte. Sie haben nicht einmal das getan.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Heute erzählen Sie aber auf einmal, dass wir uns im Rahmen des Landeshaushalts für das Jahr 2009 darüber unterhalten müssten, dass die Vermögensteuer eingeführt wird. – Herr Kollege Dr. Wilken, unlogischer kann man nicht handeln; und mit diesem Thema muss man sich schon ein bisschen beschäftigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht einerseits um die Abwägung der Haushaltsinteressen des Landes und darum, dass der Hessische Landtag diese Dinge – ich will das nicht – nicht verändern kann,auch wenn er das wollte.Wir müssen andererseits schauen,ob wir die Schulden für die nachfolgende Generation immer weiter erhöhen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Da gibt es eine eindeutige Aussage der FDP-Fraktion, übrigens schon in der letzten Legislaturperiode von diesem Pult aus, das damals im Rathaus der Stadt Wiesbaden stand: „Wir müssen auf alle Fälle dafür sorgen, dass die Destinatäre weiter die Beträge erhalten, die ihnen bisher zustehen.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage das bewusst so. Ich weiß nicht, welcher Vorredner es eben gesagt hat, aber die Entwicklung ist rückläufig.

(Günter Rudolph (SPD): Kollege Franz!)

Kollege Franz. – Da habe ich eine vollkommen andere Auffassung als die Mehrheit der Ministerpräsidenten. Dadurch, dass man diesen Glücksspielstaatsvertrag so angelegt hat, wird in Zukunft weniger Geld über Glücksspiel und damit über Hessen Lotto und andere Lotteriegesellschaften in den staatlichen Haushalt fließen.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Sie wollen alles freigeben!)

Herr Kollege Rudolph, ich möchte, dass so viel Geld wie möglich der Gesellschaft aus dem Lotto und Toto sowie dem Glücksspiel zur Verfügung gestellt wird. Sie gehen den falschen Weg.Aber,meine sehr verehrten Damen und Herren, weil die Situation so ist, müssen wir schon froh sein, dass der Landessportbund auch künftig 19 bis 20 Millionen c bekommt usw.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Der genaue Betrag des Deckels ist: 19.117.000 c.

Deshalb, der langen Rede kurzer Sinn:Wir werden in den Haushaltsberatungen – die FDP ist natürlich bereit, mitzudiskutieren – abzuwägen haben, ob der Deckel in irgendeiner Weise verändert, d. h. erhöht werden kann. Aber die Abschaffung ist schlicht populistisch.Meine sehr verehrten Damen und Herren, hören Sie doch auf, sich mit Staatsgeld bei den anderen Leuten einschmeicheln zu wollen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Abg. Hahn. – Für die Landesregierung erhält Herr Staatsminister Bouffier das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Aus der Sicht der Landesregierung will ich nur zwei Bemerkungen machen. Ich habe den Eindruck, dass in der Debatte vielleicht ein Gesichtspunkt ein bisschen zu kurz gekommen ist. Über die hohe Wertschätzung des Ehrenamts sind wir uns alle einig. Sie werden verstehen, dass ich als Sportminister sofort dafür bin, wenn das Haus zusätzliche Mittel beschließt.

Ich will nur auf Folgendes hinweisen: Das Hessische Glücksspielgesetz hat eine bestimmte Systematik.Es ist in der Debatte nicht ganz deutlich geworden, dass es nicht darum geht, dass man durch eine Aufhebung des Deckels für die Destinatäre mehr bekommt und im Übrigen das Geld, das man dann noch hat, einfach im Landeshaushalt verwendet. Das ist falsch. Richtig ist, dass in § 8 Abs. 1 unseres aktuellen Glücksspielgesetzes geregelt ist, dass bestimmte Beträge aus Lotterien und Sportwetten an bestimmte Empfänger gehen. Das sind die Destinatäre, die eben beschrieben wurden.

Interessant ist § 8 Abs. 3.Auf den will ich hinweisen. Dort steht ausdrücklich, dass die Überschüsse, die dann im Land noch ankommen, nicht einfach im Landeshaushalt verbucht werden können, sondern diese Überschüsse sind ausschließlich für, wie es im Gesetz heißt, die „Förderung kultureller, sozialer und sportlicher Zwecke“ zu verwenden. Das bedeutet im Klartext: Wenn Sie den Deckel heben – nach unseren Berechnungen macht das etwa 10 Millionen c aus; darüber wollen wir aber nicht streiten –, dann haben Sie für die sozialen, kulturellen und sportlichen Zwecke im Übrigen diese 10 Millionen c weniger. Das muss jedem klar sein. Das ist einer der Gründe, weshalb seit vielen Jahren – das ist sowohl vom Kollegen Franz als auch vom Kollegen Bellino gesagt worden – hier im Hause Einigkeit bestand, dass man diese Fragen mög

lichst einvernehmlich miteinander regelt. Aus der Sicht der Landesregierung wäre dies auch zukünftig mehr als wünschenswert.