Volker Bouffier

Appearances

17/2 17/3 17/4 17/5 17/6 17/7 17/8 17/9 17/11 17/14 17/15 17/16 17/17 17/18

Last Statements

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich hätte Sie gerne im Rahmen einer Debatte unterrichtet. Das ist nicht möglich, weil die Dringlichkeit versagt wurde. Ich halte es jedoch für richtig, Sie über eine bedeutsame Angelegenheit zu unterrichten. Ich halte es insbesondere für notwendig, Sie zu unterrichten, weil es ganz unmittelbar um eine Angelegenheit dieses Parlaments geht. Das betrifft jedenfalls einen Teil des Parlaments unmittelbar.
Ich habe eben in der Debatte gehört, Dringlichkeit sei eigentlich nicht gegeben, weil wir das gestern alles schon einmal diskutiert hätten.
Herr Kollege Kahl, wir haben dazu auch etwas beschlossen. – Es gibt einen neuen Sachverhalt. Dadurch ist der Sachverhalt anders als gestern.
Der Magistrat der Stadt Kelsterbach hat am 24. September 2008, das geschah also gestern, an die Landtagsfraktion DIE LINKE in Wiesbaden ein Schreiben gerichtet, aus dem ich nun auszugsweise zitiere:
Die Stadt Kelsterbach ist Eigentümerin des oben angeführten Grundstücks und hat ihre Zustimmung weder zur Errichtung der oben genannten baulichen Anlagen
da geht es um die Hütte –
noch zur Durchführung von Veranstaltungen erteilt. Eine nachträgliche Genehmigung für die Errichtung der Hütten bzw. eine Genehmigung zur
Durchführung der genannten Aktivitäten am 28.09.2008
da geht es um die „berühmte“ Eröffnung –
erteilt die Stadt Kelsterbach nicht.
An anderer Stelle heißt es – das ist wichtig –:
Die Stadt Kelsterbach als Grundstückseigentümerin fordert die LINKE-Fraktion im Hessischen Landtag hiermit auf, die auf dem oben genannten Grundstück der Stadt Kelsterbach widerrechtlich errichtete Hütte unverzüglich,
hören Sie jetzt gut zu –
d. h. bis spätestens 26.09.08,
das ist morgen –
abzubauen und das Baumaterial vom Grundstück und aus der Stadt Kelsterbach zu entfernen.
Es folgen weitere Ausführungen.
Mir fällt es schwer,zu verstehen,dass das kein neuer Sachverhalt sein soll.
Wir stehen schlichtweg vor folgender Fragestellung. Da hat es etwas gegeben, was ich bereits gestern für rechtswidrig gehalten habe. Nun hat der Eigentümer mit unmissverständlichem Fristablauf am morgigen Tag zur Räumung aufgefordert.
Heute besteht in der Plenarsitzung für die Fraktion DIE LINKE Gelegenheit, sich klar und eindeutig zu erklären.
Meine Damen und Herren, ich verstehe die Unruhe nicht. Es ist ein sehr ernster Sachverhalt. – Der Abg. Schaus hatte gestern in seiner Funktion als Sprecher seiner Fraktion erklärt, man handele als Landtagsfraktion DIE LINKE in Übereinstimmung mit der Grundstückseigentümerin Stadt Kelsterbach.
Das können Sie im Protokoll der gestrigen Sitzung nachlesen. Ich stelle fest, dass dies nicht zutrifft. Die Frage, die ich als verantwortlicher Innenminister insbesondere an die betroffene Fraktion vor dem Hause stellen muss: Sind Sie bereit, hier jetzt klar und eindeutig zu erklären, dass Sie der Aufforderung der Grundstückseigentümerin nachkommen, räumen und nichts eröffnen, oder setzen Sie auf Konfrontation, auf Eskalation oder Rechtsbruch? Diese Antwort wollen wir heute haben.
Ich will keinen Zweifel daran lassen, gerade weil es jedenfalls in meinen Erinnerungen so ist – ich bin seit 1982 in diesem Hause –, dass es so einen Sachverhalt nicht schon einmal gegeben hätte, dass ein Teil dieses Parlaments Gegenstand polizeilicher Maßnahmen sein würde.
Herr Al-Wazir, Sie brauchen die Augen nicht zu verdrehen. Es ist schon eine schwierige Situation. Dieses Parla
ment hat sich gestern in großer Übereinstimmung geäußert.
Nur lasse ich keinen Zweifel daran: Solange ich
jetzt hören Sie gut zu – die Verantwortung als verantwortlicher Innenminister trage, werde ich in engster Abstimmung mit der Stadt Kelsterbach als Grundstückseigentümerin nicht zulassen, dass offensichtlicher Rechtsbruch geduldet wird. Das ist meine Aufgabe.
Herr Kollege Rudolph, ich bedanke mich für den Zwischenruf. Das ist in der Tat meine Aufgabe. – Unsere gemeinsame Aufgabe als Parlament ist es, den Beamtinnen und Beamten der hessischen Polizei klar zu sagen, was wir von diesem ganzen Kram halten.
Der Sachverhalt bietet alle Gelegenheiten, sämtliche Zweifel auszuräumen.
Er bietet der Fraktion DIE LINKE alle Gelegenheit, alle Zweifel auszuräumen. Wenn Sie diese Erklärung heute abgeben, ist der Fall erledigt. Dann müssen wir nur schauen, ob Sie auch abbauen. Wenn Sie dies nicht tun, dann bietet es Gelegenheit, allen Zweifel derjenigen auszuräumen, die sich anschicken, gemeinsam zu agieren.
Genau, Herr Kollege Kahl. Deshalb möchte ich Ihnen etwas vorlesen.
Im „Tagesspiegel“ vom 25.09.2008, also von heute, wird Frau Ypsilanti zitiert. Es geht dort um die strafrechtliche Würdigung verschiedener Telefongespräche, jedenfalls eines ganz besonderen, als ein vermeintlicher Herr Müntefering angerufen hat.
Es geht dann um die Frage, warum Sie in diesem Sachverhalt Strafantrag gestellt haben.
Sie haben darauf – nach Zitat – wie folgt darauf geantwortet.
Wer bestehende Regeln bricht...
Damit Sie es alle wissen, lese ich es noch einmal vor.
Wer bestehende Regeln bricht und auf Milde hofft, ist naiv oder frech.
Das sagt Ypsilanti an die Adresse von „ffn“.
Frau Ypsilanti, Sie haben jetzt alle Gelegenheiten, alles klarzustellen. Wer offensiv ganz bewusst auf Konfrontation setzt, der Grundstückseigentümerin widerrechtlich nicht folgt,
der hat sozusagen Anspruch darauf, dass die Vorsitzende der SPD-Fraktion und diejenigen, die in diesem Land regieren wollen, heute klipp und klar sagen: Ich erwarte von der LINKEN, dass sie der vom Magistrat der Stadt Kelsterbach ausgesprochenen Aufforderung nachkommt, unverzüglich diesen rechtswidrigen Zustand zu beenden.
Wenn Sie dies jetzt nicht tun, dann wird man seine Schlüsse daraus ziehen.
Aber seien Sie versichert, solange diese Regierung die Verantwortung trägt, werden wir in Abstimmung mit der Grundstückseigentümerin nicht zulassen, dass eine Fraktion bewusst das Recht bricht und die andere versucht, sich an diesem Thema vorbeizumogeln. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Landesregierung nimmt die Arbeit des Petitionsausschusses sehr ernst. Sie ist uns wichtig. Ich bin mit dem Abg. van Ooyen nicht sehr häufig einer Meinung. Aber an einer Stelle will ich Ihnen ausdrücklich zustimmen: Sie haben, wenn ich es richtig gehört habe, in Ihrem heutigen Redebeitrag darauf hingewiesen, dass Petitionen durchaus auch Anlass sein können, gesellschaftliche Fehlentwicklungen, Verwerfungen oder Lücken in unserem Rechts
system, wie immer man das bezeichnen will, nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern gegebenenfalls auch in einem politischen Prozess zu behandeln. Ich will das ausdrücklich unterstreichen. Das ist sicher richtig.
Deshalb und aus vielen anderen Gründen nehmen wir diese Arbeit nicht nur ernst, sie ist uns auch wichtig. Ich will mich für die Landesregierung ebenfalls herzlich bedanken, zunächst einmal bei den Mitgliedern des Ausschusses. Aus meiner Sicht war die Arbeit sehr konstruktiv. In vielen Fällen konnten wir ein gemeinsames Ergebnis erzielen.
Herr Kollege Roth, nicht nur Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede. Ich will mich auch ausdrücklich bedanken, dass Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums in besonderer Weise mit Dank und Anerkennung versehen haben. Ich gebe das gerne weiter. Ich will eines hinzufügen: Selbstverständlich auch aus meiner Sicht Dank an das Petitionsreferat im Hause des Landtags und an die Geschäftsstelle der Härtefallkommission im Innenministerium.Aber ich will noch einen Bereich hinzufügen, der hier noch nicht erwähnt wurde. Ich möchte mich ausdrücklich bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kommunalen Ausländerbehörden bedanken. Denn sie sind in der unmittelbaren Konfrontation. Sie haben manchmal Hunderte Menschen auf dem Flur stehen, die aus ihrer Sicht eine positive Entscheidung erwarten, die sie häufig nicht bekommen können. Ich kann nur aus langjähriger Erfahrung sagen: Das, was die Ausländerbehörden leisten, ist nicht nur hoch sachkompetent, sondern geschieht auch sehr häufig mit der gebotenen Sensibilität. Ich finde, gerade wenn wir heute darüber sprechen: Auch denen ist ein Dankeschön angemessen.
Zur Weiterentwicklung des Petitionsrechts. Herr Präsident, ich glaube, wir haben insgesamt nur fünf Minuten. Deshalb muss ich das in einer kurzen Bemerkung machen. Ich denke, es gab einige Überlegungen, denen ich mich aus Sicht der Landesregierung durchaus anschließen würde. Einige, die Herr van Ooyen genannt hat, halte ich für außerordentlich problematisch.
Ich will ein Stichwort zur Arbeit, gerade was die Petitionen angeht, aufnehmen, das uns immer wieder beschäftigt, das Stichwort Abschiebung. Niemand schiebt gerne ab. Aber die Abschiebung ist die Konsequenz einer Grundentscheidung, die in Deutschland jedenfalls die tragenden Parteien bisher noch nie in Zweifel gezogen haben. Diese Grundentscheidung heißt:Wer in diesem Land kein Aufenthaltsrecht hat, der muss in das Land zurückgehen, aus dem er kommt. Das ist eine Grundentscheidung, die alle Länder der Welt getroffen haben. Es gibt kein Land der Erde, das eine andere Entscheidung getroffen hat. Ich glaube, sie ist richtig.
Dass das mit Härten verbunden ist, dass das auch mit persönlich schweren Schicksalen verbunden ist, wird niemand bestreiten, der die Dinge kennt. Gleichwohl warne ich vor der Illusion, zu glauben, man könnte dieses Problem dadurch lösen, dass man auf Abschiebungen verzichtet. In aller Regel gibt es, bevor wir zu Abschiebungen kommen, ein langjähriges Verfahren. Ich habe es einmal feststellen lassen: Wir haben nach den Verwaltungsentscheidungen im Schnitt über ein Dutzend Gerichtsverfahren. Immer dann, wenn die alle zu einem Ergebnis kommen, nämlich dass ein Aufenthaltsrecht nicht besteht, ist eine rechtsstaatlich gebundene Verwaltung verpflichtet, dieser Gesetzeslage und Grundentscheidung zu folgen.
Ich bitte um Nachsicht. Es wird vielleicht andere Gelegenheiten geben, das zu vertiefen.
In dem Zusammenhang will ich auf eines hinweisen. Sie wissen, dass ich mich sehr um die Bleiberechtsregelung bemüht habe, die die Innenministerkonferenz am 17. November 2006 beschlossen hat. Ich habe als Sprecher der Union für die Union in Deutschland ausdrücklich erklärt: Ich halte dies für richtig. – Wir haben später § 104a und § 104b des Aufenthaltsgesetzes im Bundesrat und im Bundestag gemeinsam beschlossen. Ich bin der Überzeugung, dass es Punkte gibt, wo man nach vielen Jahren einen Sachverhalt zu einem Ergebnis bringen muss.
Diese Bleiberechtsmöglichkeit hat z. B. für Hessen bedeutet, dass bei theoretisch etwa 16.000 Bürgerinnen und Bürgern, die in diesem Land kein Aufenthaltsrecht haben und deshalb dieses Land eigentlich verlassen müssten, in über 5.000 Fällen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist. Das ist eine außergewöhnliche Leistung. Wir haben aber auch 1.000 abgelehnt, weil die Bleiberechtsregelung nicht zum Tragen kam.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Dr. Jürgens, Sie haben das in Ihrem Bericht auch angesprochen: Die Tragfähigkeit der Altfallregelung, wie sie jetzt im Bundesgesetz steht, wird sich Ende des kommenden Jahres erweisen. Dort hat man beschlossen und ins Gesetz geschrieben, dass derjenige, der jetzt eine Arbeit findet und aus eigener Kraft seinen Unterhalt finanziert, dann endgültig bleiben kann. Der, der seinen Unterhalt nicht aus eigener Kraft finanziert, muss dann wieder gehen.
Ich will noch kurz zwei Gedanken äußern. Sie wissen, ich habe diese gesetzliche Regelung immer für falsch gehalten. Ich habe die Entscheidungen der Innenministerkonferenz immer für richtig gehalten, weil man dort angemessen reagieren konnte und weil dies flexibler ist als jedes Gesetz.Ich prophezeie Ihnen deshalb schon heute:Sie werden zu Beginn des Jahres 2010 eine Fülle von Fällen haben, wo Sie genau das gleiche Problem haben wie vor zwei, drei Jahren. Die Masse dieser Menschen wird sich nicht selbst unterhalten können. Sie sind dann aber noch ein paar Jahre länger hier. Dann wird wieder die gleiche Diskussion anheben. Dann werden Sie eine neue Regelung schaffen müssen. – Ich habe jetzt nicht die Zeit, das alles vorzutragen.
Ich will aber ausdrücklich deutlich machen: Man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Hier ist eine wirkliche Gesamtlösung weder in Sicht noch nach meiner Überzeugung machbar.
Letzte Bemerkung an Frau Kollegin Öztürk. Ich glaube, sie sitzt jetzt im Präsidium.Ich bitte um Nachsicht,dass ich Ihnen den Rücken zukehre. Sie haben mit sehr guten Gründen dafür geworben: Kinder müssen hierbleiben, wenn sie hier geboren sind, wenn sie hier aufgewachsen
sind. – Darüber kann man sehr engagiert diskutieren.Was man nicht kann, ist, darauf zu verzichten, dann auch eine Antwort darauf zu geben, was man mit den Eltern macht. Die Debatte darf nicht so geführt werden, wie Frau Öztürk sie geführt hat. Nein, ausdrücklich nicht, weil ich die Kinder nie allein hierlassen kann.Ich kann sie nur mit den Eltern hierlassen.Wenn ich dann Eltern habe – Sie wissen, ich habe gerade in einem Fall entschieden, in dem ich mich sehr schwergetan habe –, die deutlich kriminell sind, wenn ich Eltern habe, die niemals selbst etwas verdient haben, die immer von öffentlichen Mitteln gelebt haben und die kein Aufenthaltsrecht haben,dann privilegiere ich diese Eltern über ihre Kinder. Das kann man für richtig halten. Dann muss man es aber auch sagen. Alles andere ist eine Verkürzung der Diskussion.
Ich komme zu dem letzten Punkt, auf den ich immer wieder hinweise. Gerade Ausnahmeentscheidungen sind dann besonders tragfähig, wenn wir die Aufnahmebereitschaft, die Toleranz und das Verständnis der Bevölkerung nicht überstrapazieren.
Deswegen sind Rechtsregeln nicht dafür da, dass wir beschließen, sie konsequent zu umgehen. Petitionen und Härtefälle müssen immer Ausnahmen bleiben. Deshalb kann ich Ihnen nur den Rat geben: Zurückhaltung mit allgemeinen Versprechungen, die niemand einhalten kann. Das Schicksal des Einzelnen ist es wert, dass wir uns mit aller Kraft um ihn mühen. Aber er hat auch das Recht, dass wir ihm aufrichtig sagen,was geht und was nicht geht. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich bringe für die Landesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Beamtenrechts in Hessen an das Beamtenstatusgesetz ein.
Zum Hintergrund will ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass durch die Föderalismusreform I das Recht des öffentlichen Dienstes, insbesondere das Beamtenrecht, eine grundlegende Änderung hinsichtlich der Zuständigkeit erfahren hat.Während früher der Bund durch das Beamtenrechtsrahmengesetz das Beamtenrecht für das gesamte Bundesgebiet geregelt hat, sind nun die Länder für die wesentlichen Verhältnisse der Beamtenschaft und des öffentlichen Dienstes zuständig.
Wir sind, wie Sie wissen, seit eineinhalb Jahren sehr engagiert mit den Berufsverbänden und den Gewerkschaften dabei, eine Reform des öffentlichen Dienstrechts vorzubereiten. Das, was ich Ihnen heute hier vorstelle, trifft dieses ausdrücklich nicht. Eine Gesamtreform des öffentlichen Dienstes braucht natürlich mehr und intensivere Beratungszeit. Ich will daran erinnern, dass der Herr Ministerpräsident Mediatoren gebeten hat, uns in diesem Verfahren zu unterstützen. Ich darf Sie davon unterrichten, dass wir am Montag konkret mit der Arbeit beginnen werden.
Worum es hier und heute zunächst gehen muss, ist Folgendes. Das bisher maßgebende Gesetz, nämlich das Beamtenrechtsrahmengesetz, wird abgelöst durch das Beamtenstatusgesetz; dieses tritt am 1. April 2009 in Kraft. Damit die hessischen Beamtinnen und Beamten nicht in einer Lücke zwischen zwei Regelungssystemen fallen, brauchen wir ein Anpassungsgesetz an das neue Beamtenstatusgesetz, um dort das Laufbahnrecht, die Besoldung, die Versorgung und vieles andere mehr zu regeln. Die inhaltlichen Veränderungen sind einer generellen Reform des Dienstrechtes vorbehalten.
Aus Zeitgründen will ich darauf verzichten, Ihnen alle Einzelheiten vorzutragen. Ich will auf zwei Sachverhalte hinweisen, die in diesem Gesetzentwurf zur Regelung vorgeschlagen werden.
Sie wissen, dass es im Beamtenrecht die Regelung gab, dass man nicht gleich Lebenszeitbeamter, sondern zunächst Beamter auf Probe, Beamter im Vorbereitungsdienst oder Beamter zur Anstellung wird. Erst wenn man diesen Weg erfolgreich hinter sich gebracht hatte, konnte man nach bisherigem Recht weiterhin im Staatsdienst bleiben. Dieses Institut – wie es so schön heißt – ist im Beamtenstatusgesetz aufgehoben worden. Es wird in Zukunft so sein,dass die Anstellung generell entfällt.Es wird für alle Bereiche nur noch eine einheitliche Probezeit von drei Jahren geben. Das heißt konkret, die Beamtin und der Beamte, die in Zukunft in den Staatsdienst eintreten, werden nicht mehr Beamte zur Anstellung – oder was auch immer –, sondern Probebeamte. Daraus folgt, dass für viele Menschen – das ist nicht ganz unwichtig – die magische Altersgrenze von 27 Jahren für die Lebenszeitverbeamtung wegfällt. In Zukunft wird es möglich sein, auch früher auf Lebenszeit verbeamtet zu werden. Das Gegenstück ist, dass die Probezeit jetzt zwingend erforderlich und länger ist, nämlich drei Jahre. Deshalb ist die Probezeit von ihrer Bedeutung her in Zukunft wesentlich höher anzusetzen; denn die Frage, ob jemand auf Lebenszeit ernannt wird oder nicht, mit der Folge, dass der Staat, letztlich der Steuerzahler, diese Beamten bis ans Lebensende finanziell versorgt, alimentiert, wie es im Beamtenrecht heißt, ist eine sehr grundlegende. Sie muss sorgfältig geprüft werden.
An diesem Beispiel können Sie ersehen:Wir müssen handeln.Wir können als Land im Beamtenrecht nicht das Institut der Anstellung und das Institut der Probezeit nebeneinanderher laufen lassen, sondern wir müssen das kongruent machen. Ich bitte das Haus sehr, im Rahmen der weiteren Beratungen darauf zu achten, dass dieses Anpassungsgesetz bis spätestens Ende März kommenden Jahres rechtskräftig wird.
Ich will noch auf einen zweiten Sachverhalt hinweisen. Wir haben in diesen Gesetzentwurf auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgenommen, über die ich mit den Obleuten der Fraktionen vor Kurzem gesprochen habe. Das Bundesverfassungsgericht hat das Rechtsinstitut des Beamten auf Zeit für verfassungswidrig erklärt. Nach unserem Hessischen Beamtengesetz gibt es das aber bisher.
Da diese Vorschrift nun für verfassungswidrig erklärt wurde, nutzen wir die Gelegenheit, um das hessische Beamtenrecht anzupassen. Es wird also nicht mehr auf Zeit ernannt werden können. Vielmehr schlagen wir in unserem Gesetzentwurf vor, all die Betreffenden zu Probebeamten zu ernennen. Nach einer erfolgreichen Probezeit würden sie dann Beamte auf Lebenszeit.
Meine Damen und Herren, ich will darauf verzichten, Sie mit den höchst interessanten, aber für einen größeren Zuhörerkreis doch sehr spezifischen Fragen des Beamtenrechts zu konfrontieren. Da ich gehört habe, dass wir jetzt keine Aussprache durchführen, will ich es dabei belassen und biete Ihnen an, das in den Ausschussberatungen zu vertiefen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann nur sagen, ich bedauere diese Diskussion. Frau Kollegin Waschke,ich glaube,insbesondere Sie haben sich da heute vergaloppiert. Ich weiß um Ihr Engagement in diesen Dingen. Ganz ausdrücklich will ich das würdigen.
Wenn wir über Härtefälle sprechen, will ich einfach nochmals in Erinnerung rufen:Wir haben in 65 Fällen – das ist eine beachtliche Zahl – sehr kluge und sehr intensive Beratungen gehabt und im Sinne der Härtefallkommission entschieden. Das ist kein Grund, sich dafür zu schämen oder kleinzumachen, sondern es ist Anlass für gemeinsame Zufriedenheit – und für die bisherige Härtefallkommission durchaus Anlass zu Stolz auf die Arbeit, die dort bisher geleistet wurde.
Meine Damen und Herren, was diesen neuen Gesetzentwurf angeht, so mache ich Ihnen folgenden Vorschlag für den Gang der Beratungen. Ich beziehe mich ausdrücklich auf meine Ausführungen in der zweiten Lesung und schließe mich für heute insbesondere den Kollegen Bellino und Greilich an.
Aus meiner Sicht hat auch die heutige Debatte nicht wirklich die bestehenden Bedenken entkräften können. Ich halte diesen Gesetzentwurf in wesentlichen Punkten für fehlerhaft, für einen Rückschritt. Ich bin überzeugt, mit diesem Gesetz werden die Dinge nicht besser,sondern davon werden falsche Signale ausgehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich habe mich nicht zu Wort gemeldet, um Ausführungen über das Regionale Dialogforum oder Ähnliches zu machen.
Ich will ausdrücklich bekennen, dass man für den Flughafenausbau sein kann. Man kann auch dagegen sei. Es gibt Argumente. Das will ich alles durchaus würdigen. In diesem Hause muss aber die klare Kante verlaufen – um mit Herrn Müntefering zu sprechen –, ob dieser Landtag die Pflicht und die einzelnen Fraktionen die Kraft haben, klarzumachen, wo legitimer politischer Streit und wo illegitime politische Aktion verlaufen.
Es ist nicht so, wie Herr Schaus eben gesagt hat, dass er sich im Rahmen der Absprache mit der Stadt hält,dass Sie im Rahmen des Rechtsstaats agieren. Alles, was Sie tun, ist rechtswidrig, schlicht und ergreifend rechtswidrig.
In der „FAZ“ von heute können Sie eine Stellungnahme der Stadt Kelsterbach nachlesen, dass die Errichtung Ihres Büros rechtswidrig ist – überhaupt keine Frage. Das kann ernsthaft niemand bestreiten. Meine einzige Frage
ist:Wie steht die Sozialdemokratische Partei, wie steht die grüne Partei dazu?
Ich werde es nicht zulassen, dass mit allgemein freundlichen Erklärungen diese Debatte zu Ende geht. Es kann nicht wahr sein, und es ist nahezu ein Treppenwitz, dass Sie mit den Mitteln des Steuerzahlers, die Sie als Fraktion auch bekommen – das will ich nicht kritisieren –, im Wald in rechtswidriger Weise ein Büro errichten und der gleiche Steuerzahler wiederum die Polizeibeamten bezahlen muss, damit sie anschließend dieses Büro abräumen.
Es muss ganz klar sein, und ich werde niemanden aus dieser Debatte herauslassen: Es gibt keinerlei Rechtsgrund, um juristisch zu reden, der Sie berechtigen würde, dort ein Büro zu errichten.
Auch das, aber es ist viel schlimmer. – Der von Ihnen, Herr Kollege Frankenberger, zu Recht gelobte Bürgermeister hat immer wieder deutlich gemacht, dass die Hütten, die dort errichtet wurden, rechtswidrig sind.
Sie sind auch nicht genehmigungsfähig – abgesehen davon, dass niemand einen Antrag auf Genehmigung gestellt hat.Sie wurden rechtswidrig errichtet.Man muss das sauber unterscheiden von dem Bemühen der Polizei und der Vertreter der Stadt um Deeskalation, das von mir ausdrücklich gebilligt und mitgetragen wird. Dieses Bemühen wird der Polizei und den Vertretern der Stadt täglich schwerer gemacht, weil bestimmte Leute versuchen, schon die Kommunikation zu unterbinden. Das, was wir seit Wochen in diesem Wald erleben, ist aber kein blindes Abräumen, kein blindes Draufschlagen, sondern der Versuch, möglichst intelligent die Verfestigung rechtswidriger Strukturen frühzeitig zu verhindern.
Meine Damen und Herren, darüber kann es in diesem Hause eigentlich keinen Streit geben. Es gibt ihn aber. – Herr von Ooyen, ich bin dankbar, dass Sie genickt haben. Jetzt frage ich Sie:Wo soll das eigentlich hinführen? Glauben Sie von den Sozialdemokraten und den GRÜNEN, Sie könnten sich heute wegducken und hätten damit das Problem vom Tisch? Das wäre doch die gleiche falsche Verhaltensweise, die zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen geführt hat.
Ich lese Ihnen einmal vor, wie es dort mittlerweile ausschaut, damit wir nicht nur theoretisch darüber reden. Wenn man sich die Entwicklung im Kelsterbacher Wald anschaut, muss einen das mit Sorge erfüllen. Die Strukturen verfestigen sich. Es werden illegal feste Hütten errichtet, hüttendorfähnliche Strukturen geschaffen, Versammlungsräume für bis zu 100 Teilnehmer gebaut.
Die Hütten werden ausdrücklich – das können Sie in der „Frankfurter Rundschau“ vom 6. August nachlesen – an die Form der BI-Hütte aus Zeiten der Startbahn West angelehnt. Die Hütten werden auf Plattformen in den Bäu
men errichtet – insofern sind wir heute weiter, denn das können Sie alles im Internet nachlesen –, um zu verhindern, dass die Polizei eventuell räumen kann. Die CampBewohner richten sich auf einen langen Daueraufenthalt ein. Sie fordern außerdem Unterstützung.
Bürgermeister Ockel hat nicht nur darauf hingewiesen, dass die Errichtung des Hüttendorfes rechtswidrig ist, sondern die Stadt Kelsterbach hat mittlerweile auch zur Räumung aufgefordert. Auch darüber sollten wir einmal reden. Die Frage, der sich die LINKEN und auch die, die mit den LINKEN die Zukunft dieses Landes gemeinsam gestalten wollen, stellen müssen: Was machen Sie eigentlich,wenn die Stadt Kelsterbach die Hüttenbewohner auffordert, bis spätestens 30. November ihre Hütten abzureißen und den Protest dort einzustellen?
Die LINKEN heben immer wieder ihre Gemeinsamkeiten mit außerparlamentarischen Gruppen hervor. Es ist gut, dass wir wieder einmal darüber diskutieren. Die LINKEN, insofern muss ich professionellen Respekt zollen, sagen selbst, für sie sei die außerparlamentarische Bewegung von außerordentlich großer Bedeutung. Das sei ihnen geschenkt. Sie sollten in diesem Hause allerdings einmal darstellen, ob Sie der Aufforderung der Stadt Kelsterbach folgen. Oder werden Sie ihr nicht folgen?
Diese Frage hätten wir doch gerne geklärt. Damit wir es auf einen Punkt bringen, Herr Al-Wazir, der Sie nach mir reden: Bevor Sie sich zur gemeinsamen Gestaltung dieses Landes aufraffen, wird man doch eine Antwort auf die Frage erwarten können, ob die Grundzüge des Rechtsstaats in einer rot-rot-grünen Koalition Geltung haben oder nicht.
Sie hoffen, dass Ihnen dieses Thema erspart bleibt. Sie hoffen, dass Sie sich wegmogeln können. Jetzt komme ich wieder zur SPD. Lieber Herr Kahl, wenn Frau Ypsilanti schon nicht da ist, kann man von Ihnen erwarten, dass Sie hier sagen: „Mit den LINKEN geht nichts, wenn sie nicht vorher räumen“? Das hätte ich gerne einmal gewusst.
Ich werde Ihnen sagen, was Sie tun werden. Entweder kommen Sie gar nicht ans Pult, oder Sie werden sagen: Das ist jetzt wieder das falsche Thema.
Herr Kahl, ich schätze Sie aus professioneller Sicht durchaus. Diese Bemerkung lasse ich Ihnen aber nicht durchgehen.
Meine Damen und Herren von der SPD, Ihr parlamentarischer Geschäftsführer weiß ganz genau, in welch bescheidener Lage er ist. So einen Quatsch, ein Thema, über
das man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann, in einen Zusammenhang mit einer Grundfrage des Rechtsstaats zu stellen –
das ist doch Ihr Problem. Herr Kahl, es sind nicht mehr viele im Hause, die die damaligen Geschehnisse miterlebt haben. Ich war junger Abgeordneter, als Holger Börner vor dem Parlament stand. Wir haben doch eine Geschichte.
Wenn wir nicht blind sind, dann müssen wir doch sehen und uns überlegen, wie wir klugerweise verhindern können, dass sich Zustände verfestigen, die am Ende wieder zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen in Hessen führen. Diese Verhältnisse dürfen nicht wiederkommen.
Deshalb gilt es, den Anfängen zu wehren. Das, was wir hier gehört haben, ist eine grundsätzlich andere Position als die, die die Landesregierung vertritt. Ich denke, dass wir nicht nur zu Recht darüber diskutieren, sondern dass auch die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land einen Anspruch darauf haben,zu erfahren und zu wissen,wo die Grenzen verlaufen – nicht der politischen Opportunität in diesen und jenen Sachfragen, sondern zwischen dem, was in diesem Staat hingenommen werden kann oder hingenommen werden muss, und dem, was nicht mehr geht.
Der Kernsatz ist – das will ich noch einmal herausarbeiten –: Frau Wissler sagt, es gebe ein Recht auf Widerstand. Das ist Ihre Position, die Position der LINKEN, die Sie hier noch einmal verkündet haben.
Der Kollege Beuth hat es eben schon ausgeführt. Ich erwarte von der SPD und den GRÜNEN, dass sie hierher kommen und sagen: In einem Rechtsstaat gibt es kein Recht auf Widerstand.
Wenn Sie beginnen, rechtsstaatliche Mechanismen zu relativieren, wie Sie das permanent und in bewusst falscher Weise tun, dann geraten Sie auf eine schiefe Ebene und in eine Situation, die Sie am Schluss nur noch mit massivster Polizeigewalt in den Griff bekommen können und in der alle staatlichen Institutionen infrage gestellt werden.
Es ist schon interessant: Herr Schaus hat öffentlich erklärt, die Vorarbeiten der Fraport im Kelsterbacher Wald seien „eine Provokation, die leicht zu einer Eskalation führen“ könne. Meine Damen und Herren, die Vorarbeiten der Fraport – man mag diese Entscheidung der Fraport für richtig oder falsch halten, aber das ist nicht mein Thema – sind gerichtlich ausdrücklich gestattet und für rechtmäßig erklärt worden.
Wer ein Recht nutzt, das ihm ein Gericht eingeräumt hat, der provoziert keine Eskalation, sondern der nimmt sein Recht in Anspruch.Wenn sich ein Mitglied des Hauses in seiner Funktion als Sprecher der Fraktion der LINKEN hinstellt und sagt:„Die Tatsache,dass du dein Recht nutzt, das dir das Gericht gegeben hat, führt dazu, dass es zu einer Eskalation kommt“, dann ist das eine Verdrehung der Umstände und der Tatsachen.
Es ist der durchschaubare Versuch, diejenigen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, freizusprechen. Fraport ist das Opfer der Aggression, die jede Nacht dort stattfindet. Man weiß ja, worum es geht, wenn jede Nacht Zäune niedergerissen werden, wenn alles zertrampelt wird. Das ist eigentlich kein Ausdruck rechtstreuen Verhaltens. Wenn sich die Fraport dagegen wehrt, dann schreien Sie „Haltet den Dieb“ – nach dem Motto: Warum machst du das eigentlich? Und weil du das machst, müssen fantasiebegabte Leute ihren Widerstand öffentlich und gewalttätig ausleben.
Das, was Dr. Wagner sagt, ist richtig. Sie haben ein gebrochenes Verhältnis zum Rechtsstaat. Das wäre, für sich genommen, zwar bedauerlich, aber noch nicht wirklich schlimm. Schlimm wird es, wenn eine Fraktion, die diesen Rechtsstaat, seine Grenzen und seine Grundvoraussetzungen nicht akzeptiert, in die Lage gerät, in diesem Land zu regieren – ob nun direkt oder indirekt. Darin liegt das Problem.
Frau Ypsilanti, es freut mich, dass Sie wieder anwesend sind.Was machen Sie denn,wenn es so ist? Am 30.11.läuft die Frist ab. Die Stadt Kelsterbach sagt: Wir wollen, dass geräumt wird. – Wird dann Frau Ministerpräsidentin Ypsilanti sagen: „Jawohl, wir halten Recht und Gesetz ein“? Oder werden Sie versuchen, sich wegzuducken? Oder werden Sie mit Willi van Ooyen telefonieren oder diskutieren und sagen: „Wir müssen einmal gucken, wie wir das Problem lösen“?
Werden Sie sagen: „Schaun mer mal“?
Meine Damen und Herren, was muten Sie eigentlich der Polizei zu?
Herr Schmitt, Sie sollten nicht lachen. – In der hessischen Polizei und weit darüber hinaus ist das Andenken an die beiden – –
Lieber Herr Schmitt, ich versuche es wirklich sehr ernsthaft. Sie sind Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Landesverband Hessen, wenn ich richtig informiert bin.Von dem kann ich erwarten, dass er sich diesem Thema ernsthaft stellt.
Herr Schmitt, ich erwarte von Ihnen und Ihrer Fraktion, dass Sie Verständnis dafür haben, wenn wir darauf hin
weisen, dass am 7. September ein aus dem Widerstand gegen die Startbahn West bekannter Mann – was öffentlich ist: Herr Michael Wilk – dort seine Aktivisten versammelt und einen Vortrag mit dem Titel „Militanter Widerstand damals und heute – ein kritischer Beitrag. Wie kommen wir zu aktivem Widerstand?“ gehalten hat. Das war nicht irgendwann, das war vor wenigen Tagen.
Dann müssten Sie Verständnis dafür haben – ich habe dieses Verständnis, und ich finde, jeder müsste es haben –, dass sich Polizeibeamte Sorgen machen, wenn sie sehen, dass dort rechtswidrig Hütten errichtet, Baumhäuser gebaut und im Internet zum Widerstand und eben nicht zur Akzeptanz von Recht und Gesetz aufgerufen wird. Sie müssten dafür Verständnis haben, dass man sich als Polizist darüber Gedanken macht und sagt: Zwei unserer Kollegen sind dort erschossen worden; es hat genauso angefangen, und deshalb wehret den Anfängen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Staatsminister, ein Hinweis: Die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Es gäbe hierzu noch eine Menge auszuführen. Ich will hier festhalten: Es gibt für die dort errichteten Hütten keine rechtliche Grundlage. Die Stadt Kelsterbach hat zur Räumung aufgefordert. Die Polizei, ausdrücklich von mir dazu ermuntert, hat bisher in sehr kluger Weise versucht, deeskalierend zu wirken. Man kann für oder gegen diesen Ausbau sein. Man kann auch zum Kaffeetrinken dorthin gehen und sich solidarisieren. All das muss man gelegentlich ertragen.
Aber es geht nicht, dass wir die Grenze, die der Rechtsstaat zieht, überschreiten.Wir dürfen sie nicht überschreiten lassen. Es geht nicht, dass wir nicht klar und deutlich sagen, wo das Ende einer solchen Entwicklung ist. Nicht nur die Polizei, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt diejenigen,die sich dort aufhalten,haben einen Anspruch darauf, dass wir klar sagen, was geht und was nicht.
Dass sich eine Fraktion dieses Landtags bei klaren Verhältnissen entschließt, dort rechtswidrig ein Fraktionsbüro einer Landtagspartei einzurichten, geschieht, soweit ich weiß, zum ersten Mal – auch in ganz Deutschland. Das ist ein unglaublicher Vorgang, und es ist der Beweis dafür, dass die Fraktion der LINKEN ein gebrochenes Verhältnis zum Rechtsstaat hat und völlig ungeeignet ist, in unserem Land Verantwortung zu tragen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke sehr, Herr Staatsminister Bouffier. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich ihr Vorsitzender, Herr Al-Wazir, gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Öztürk, Sie haben völlig recht damit, dass wir die Argumente bereits in den Jahren 1998 und 1999 ausgetauscht haben; und es gibt Dinge, über welche unterschiedlich geurteilt wird. Das, was im Jahre 1998 falsch war, bleibt heute noch genauso falsch. Das, was damals richtig war, ist heute ebenfalls richtig.
Daher bleibt mir nur, zu sagen: Das Ganze macht keinen Sinn. Junge Menschen wollen ernst genommen werden, und ich finde, das sollte sich die Politik hinter die Ohren schreiben. Wir sollten die jungen Menschen ernst nehmen, und zwar unabhängig davon, ob diese 15, 16 oder 17 Jahre alt sind. Wenn man junge Menschen ernst nimmt, dann durchschauen diese sehr schnell, dass dies nicht lediglich eine „Nummer“ ist, bei der gesagt wird:Wir wollen uns, da es uns nichts kostet, modern geben, da wir hoffen, ein paar Wähler zu finden.
Meine Damen und Herren, liebe Frau Öztürk, ich will mich sehr kurz halten, da ich finde, dass die Kollegen Greilich und Bellino dies derart vorgetragen haben, dass sich die Landesregierung nur nahtlos anschließen kann. Daher möchte ich nur eine kurze Überlegung vortragen.
Herr Kollege Koch, meinen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede. – Nun aber zum Inhalt.
Lieber Herr Kahl, ein parlamentarischer Geschäftsführer hat gelegentlich schwierige Aufgaben zu erfüllen, das weiß auch ich. – Wenn wir die jungen Leute aber ernst nehmen, und das sollten wir, dann müssen Sie mir einmal erklären, wie Sie einem jungen Mann oder einer jungen Frau Folgendes klarmachen wollen: Bei allen Fragen, die für dich ganz wichtig sind, wie beispielsweise dein Ausbildungsvertrag, die Frage, ob du bei einem Fitnessstudio einen Vertrag abschließen kannst oder ob du dir eine DVDSammlung kaufen kannst oder nicht,haben wir immer betont: Pass auf, du bist noch nicht so weit, dass du dies wirklich vernünftig beurteilen kannst. Das ist der Grund, weshalb man erst mit 18 Jahren geschäftsfähig ist.
Das ist der einzige Grund. Man macht dies nicht, um die Menschen zu ärgern, sondern man sagt: Pass auf, du bist noch nicht in der Lage, völlig zu übersehen, was das bedeutet. – Das sollen Sie einem jungen Menschen erklären. Das halte ich für richtig, und zwar nicht nur von Berufs wegen. Sie müssen ihm aber gleichzeitig sagen: Pass auf, bei all den Dingen,die dein tägliches Leben bedeuten und dir so wichtig sind, wie beispielsweise dein Handyvertrag – das ist der Klassiker –, wollen wir dir nicht die Chance geben, dass du selbst entscheidest, da du noch nicht so weit bist. Das Wahlrecht, also die Beantwortung der Frage, wie du und deine Mitbürger nun auch auf kommunaler Ebene in wichtigen Fragen der Zukunft entschieden haben wollen, kannst du allerdings wahrnehmen.
Ich gebe Ihnen dies mit Brief und Siegel, da es derart durchsichtig und unrealistisch, aber auch nicht wirklich wahrhaftig ist, und rate Ihnen, dies in jeder Schulklasse zu diskutieren, denn die meisten jungen Leute werden sehr deutlich sagen: Das durchschauen wir. Nehmt uns dann so ernst, wenn wir mit 16 Jahren wählen sollen, dass wir auch die Geschäftsfähigkeit erhalten, und sagt uns bei allen anderen Fragen, die uns interessieren, nicht: Pass auf, du bist noch nicht so weit, daher müssen wir dich ans Händchen
nehmen, aber wählen sollst du können. – Das ist unlogisch und falsch. Das ist bereits im Jahre 1998 falsch gewesen, und es darf nicht dazu kommen.
Das ist schlichter und billiger Populismus. Dieser hat Ihnen noch nie etwas gebracht, doch der größte Clou ist die Bürgerbeteiligung sowie der Kampf gegen die Politikverdrossenheit.Aus Zeitgründen möchte ich Ihnen dies aber nicht alles vorbeten. Schauen Sie sich die Nachbetrachtungen zu den Wahlen an. Vergleichen Sie die Länder, in welchen die Beteiligung dieser Altersklasse eingeführt wurde, mit Hessen. Dann werden Sie feststellen, dass dies gar nichts gebracht hat. Das liegt auf der Hand, denn die meisten 16-Jährigen interessieren sich überhaupt nicht für das Wahlrecht, sondern wollen ernst genommen werden. Ich nehme sie ernst,indem ich sowohl hier als auch gegenüber jeder Klasse, von der ich hierzu befragt werde, sage: Ich möchte, dass Verantwortung, Chancen und Pflichten gleich gehalten werden. Das heißt: mit 18 Jahren bitte voll dabei, alles andere sind lediglich Schauanträge.
Herr Abgeordneter, die DDR-Regierung hat der Deutschen Friedens-Union in den Achtzigerjahren erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. So hat die DFU zumindest im Jahre 1989 3,1 Millionen DM von der DDR-Regierung erhalten. Dies geht aus dem Haushaltsplan des Zentralkomitees der SED für das betreffende Jahr hervor. Es ist davon auszugehen, dass diese sogenannten Solidaritätsmittel – so sind sie dort bezeichnet – entsprechend den Vorstellungen und der Vorgabe der SED für Propaganda sowie für Geschäftsführer- und Personalkosten aufgewendet wurden.
Ein Auszug des Plans mit genauen Angaben über Zahlungen der DDR-Regierung an westdeutsche Kommunisten ist im Bericht des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages nach Art. 44 Grundgesetz, Bundestagsdrucksache 12/7600, als Anlage enthalten.
Die DFU wurde 1960 auf kommunistisches Betreiben gegründet und spielte in den Siebziger- und Achtzigerjahren eine tragende Rolle in der kommunistischen Bündnispolitik.Sie bezog rund 80 % der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus der DDR. Mit dem Zusammenbruch der DDR versiegte diese Geldquelle, wodurch die DFU gezwungen war, ihren umfangreichen Apparat mit mehr als 50 hauptamtlichen Mitarbeitern aufzulösen. Die politische Arbeit sollte dann auf ehrenamtlicher Basis fortgesetzt werden.
Herr Kollege, das ist aus der Sicht der Landesregierung zumindest nicht auszuschließen.Wie die DDR im Einzelnen ihre Finanzen geordnet hat, entzieht sich meiner persönlichen Kenntnis.
Herr Abgeordneter, ich bleibe dabei, dass die Finanzierung der DDR für ihre Untergrundtätigkeit nach meiner Überzeugung auf einer Vielzahl von Finanzquellen beruhte. Von daher ist zumindest nicht auszuschließen, dass es auch aus Freikaufmitteln kam.
Der frühere Bayerische Ministerpräsident Dr. h. c. Franz Josef Strauß hat dazu Folgendes ausgeführt – Herr Schmitt, Sie werden sich vielleicht erinnern; wenn nicht, können Sie es nachlesen. Es ging damals um den Swing. Das war ein Handelssystem zwischen den beiden deutschen Staaten. Die DDR hatte den Vorzug, dass sie wirtschaftlich so gestellt wurde, als wäre sie ein Teil der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.Damit die DDR weiter Handel treiben konnte, bedurfte es frischen Geldes. Diese Maßnahme war seinerzeit politisch höchst umstritten. Sie hat im Ergebnis dazu geführt, dass zumindest der Handel weitergeführt werden konnte und eine gewisse Stabilisierung dieses Handels erfolgte.
Im Nachhinein kann man sagen, dass es ein Teil der Besonderheiten der damaligen deutsch-deutschen Beziehungen war.Wenn ich mich recht erinnere, hat der damalige Bundeskanzler Brandt dem Bayerischen Ministerpräsidenten ausdrücklich gedankt.
Frau Kollegin, die Bundesrepublik Deutschland hat – nach Beteiligung der Bundesländer – bei der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention 1992 unter Bezugnahme auf ausländische Kinder folgende Interpretationserklärung abgegeben:
Nichts in dem Übereinkommen... kann dahin ausgelegt werden, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt ist; auch kann keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränkt, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
Das war seinerzeit die Erklärung der Bundesregierung und aller Bundesländer. Wir vertreten, in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Bundesländer und der Bundesregierung, die Auffassung, dass es sich bei dieser Erklärung um keinen Vorbehalt handelt, sondern um eine sogenannte deklatorische Klarstellung; denn diese Erklärung hat keine unmittelbare Rechtswirkung innerstaatlicher Art, und sie bringt weder Nachteile noch Einschränkungen für die in Rede stehende Personengruppe mit sich. Genau so wird sie von jedem anderen Unterzeichnerland gesehen und gehandhabt. Das ist unsere rechtliche Beurteilung.
Mir ist aber bekannt – ich hatte verschiedentlich Gelegenheit, mich dazu zu äußern –: Es gibt einige Verbände, die behaupten, wenn man diesen „Vorbehalt“ – den wir nicht als Vorbehalt sehen – zurücknähme, würde sich das materielle Recht ändern, nämlich das Recht, wann jemand hier Aufnahme finden kann oder nicht.
Genau das ist aber falsch.Wann jemand hier eine Aufenthaltserlaubnis erhalten kann bzw. ins Land einreisen darf, richtet sich schlicht und ergreifend nach nationalem Recht – im Kern das Aufenthaltsrecht und das Asylrecht – und nach der entsprechenden Rechtsprechung. Das heißt, eine Zurücknahme dieser deklatorischen Erklärung würde rechtlich nichts ändern. Sie würde aber gegebenenfalls Erwartungen wecken, die nachher nicht erfüllt werden können.
Das war auch der Grund für die Mehrzahl der Länder, auf die Frage der Bundesregierung, ob das nun anders gesehen werde als früher, mit Nein zu antworten. Es war auch der Grund dafür, warum sich das Land Hessen im Bundesrat so verhalten hat, wie Sie es vorgetragen haben.
Nein, das sehe ich nicht so; denn es bleibt dabei, dass die nationale Gesetzgebung, gegebenenfalls durch Länderrecht auszufüllen, maßgebend ist. Die UN-Kinderrechtskonvention ändert an diesen Umständen nichts.
Das halte ich für rechtlich nicht zulässig. Das kann die Bundesregierung nicht. Sie kann internationale Erklärungen abgeben. Aber sie kann nach meiner Überzeugung keine Erklärung zulasten Dritter,nämlich der Länder und der Kommunen, abgeben. Das ist die rechtliche Seite.
Ich hielte es aber auch in der Sache für falsch. Ich halte es für ausgeschlossen,dass die Bundesregierung irgendetwas erklärt, ohne diejenigen, die die Folgen tragen müssen, also vor allem die Kommunen, vorher zu beteiligen und auf ihren Rat zumindest zu hören.
Aus diesen Gründen gibt es eine langjährige Übereinstimmung mit allen Kollegen – wir sprechen hier über Kinder; wir haben häufig Fälle dieser Art –: Wir sind uns einig, dass auf keinen Fall eine Erklärung mit rechtlich bindender Wirkung abgegeben werden kann, ohne die zwingend zu beteiligenden Länder und Kommunen zu fragen. Genau das ist auch der Grund, warum Entscheidungen, die z. B. das Aufenthaltsrecht und andere grundlegende Rechtsregeln für diesen Bereich betreffen, der Zustimmung des Bundesrats bedürfen. Das halte ich auch für richtig.
Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Im Interesse der gemeinsamen weiteren Planung will ich nur einige wenige Bemerkungen machen.
Erstens. Ich verweise auf meine Ausführungen in der ersten Lesung.
Zweitens. Ich will mich den Ausführungen der Kollegen Bellino und Greilich ausdrücklich anschließen.
Drittens. Einige wenige weitere Bemerkungen. Ich habe gleich zu Beginn der Legislaturperiode in diesem Hause vorgetragen: Ich bin offen für eine Erweiterung dieser Kommission über den Kreis der Abgeordneten hinaus. Das hätte durch Verordnung geschehen können. Das wollten die GRÜNEN nicht. Das Gesetz hätte Symbolcharakter.Inhaltlich gesehen,ist es im Grunde genommen nichts Neues. Im Gegenteil, die Dinge werden nach meiner Überzeugung verschlechtert. Natürlich haben Sie aber das Recht, ein Gesetz zu beschließen.
Nur: Ich will ausdrücklich festhalten, dass ich es für einen Fehler halte, dass Abgeordnete in der Kommission nicht mehr mitwirken.
Ich halte es für grob daneben, dass diese Kommission de facto entscheiden soll, wobei niemand in dieser Kommission etwas verantwortet. Die Kommissionsmitglieder tragen keinerlei Verantwortung. Das unterscheidet sie von Abgeordneten, die im Rahmen ihres Mandats Verantwortung zu tragen haben. Die, die sich in dieser neuen Kommission finden, sind von ihrer jeweiligen Organisation – oder von wem auch immer – entsandt.Das ist zwar in Ordnung,aber diese Leute tragen niemandem gegenüber Verantwortung, sie sind niemandem rechenschaftspflichtig. Sie sind reine Interessenvertreter. Das kann man zwar wollen, aber ich halte es für falsch.
Nicht nur für falsch, sondern schlicht für indiskutabel halte ich den Verzicht auf jegliche Ausschlussgründe. Meine Damen und Herren, das muss ein bisschen zurechtgerückt werden. Es ist nicht wahr, was Sie hier vortragen, es ist nicht der wirkliche Grund. Sie sagen: Bei Straftätern wollen wir genau hingucken. – In Wirklichkeit wollen Sie im Gesetz freie Hand haben und begründen das damit, dass dem Einzelfall Rechnung getragen werden soll. Da frage ich Sie:Was haben wir in den vergangenen Jahren eigentlich gemacht? – Natürlich haben wir dem jeweiligen Einzelfall Rechnung getragen. Ich glaube aber, dass Sie hier zu weit gehen, denn es geht ausschließlich um Menschen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben – und zwar nicht deshalb, weil irgendeine Stelle der Verwaltung das festgestellt hat, sondern deshalb, weil das Gerichte letztlich und endgültig festgestellt haben. Das kann man für gut oder schlecht halten, aber das ist der Sachverhalt.
Eine Härtefallentscheidung ist vom Begriff her eine Ausnahmeentscheidung. Sie tendieren in Ihren Debattenbeiträgen zu der Aussage, dass das die Regelentscheidung sein soll. Jemand, dem die höchsten Gerichte bestätigt haben, dass er in Deutschland kein Aufenthaltsrecht hat, kann sich in einer extremen Situation als Härtefall darstellen. Deshalb habe ich in meiner Amtszeit 65-mal dem Ersuchen der Härtefallkommission zugestimmt, und dort, wo ich nicht überzeugt war, habe ich das Ersuchen zurückgewiesen. Wir sind aber immer von Folgendem ausgegangen: Es handelt sich um Ausnahmefälle, und Ausnahmefälle müssen in der Gesamtabwägung vertretbar sein. – Ich kann nicht verstehen, insbesondere bei den Sozialdemokraten nicht, dass es jemanden gibt, der allen Ernstes die These vertritt, dass auch derjenige, der erheblich straffällig geworden ist, überhaupt in eine Härtefalldiskussion hineinkommt. Meine Damen und Herren, wir sind in diesem Lande davon abhängig, dass die Bevölkerung auch Ausnahmeentscheidungen akzeptiert, und hier handelt es sich eindeutig um Ausnahmeentscheidungen.
Was ist daran falsch? – Ich wollte es ja gar nicht so ausführlich machen, aber wenn es der Kollege Rudolph wünscht, sage ich es gerne noch einmal, damit man es mitschreiben kann.Es bestand in diesem Hause bisher völlige Übereinstimmung, und es war bei der SPD-Fraktion noch im Frühjahr klar, dass jemand, der erheblich straffällig geworden ist, nicht in den Genuss einer Ausnahmeregelung kommen kann. Wenn Sie diese Haltung aufgeben, setzen Sie ein falsches Signal, insbesondere an diejenigen, die in Deutschland bleiben wollen, und sie überstrapazieren die Bereitschaft der rechtstreuen Bevölkerung in diesem Lande, zu sagen: Der hat zwar kein Aufenthaltsrecht, aber wir nehmen ihn auf.
Deshalb ist dieses Gesetz der Lackmustest,ob Sie bewusst und vorsätzlich auf die Einhaltung dieses Grundsatzes verzichten. Das ist nicht nur fehlerhaft, sondern aus meiner Sicht unvertretbar.
Der Kollege Greilich hat auf den entscheidenden Punkt hingewiesen. Alles, was Sie erreichen wollen, hätte durch Verordnung geklärt werden können. Sie wollten keine Verordnung, Herr Kollege Rudolph, sondern Sie – nicht Sie in Person, sondern die SPD-Fraktion, ich weiß da schon zu differenzieren –
mussten ein Symbolgesetz beschließen. Wenn Sie schon ein überflüssiges Gesetz beschließen, dann gilt aber wenigstens die Gesetzessystematik. Dann sind alle wesentlichen Aspekte in das Gesetz aufzunehmen. Eines geht aber nicht, auf der einen Seite zu sagen: „Wir brauchen kein Gesetz, das können wir über eine Verordnung machen“, und auf der anderen Seite zu sagen: „Wir wollen ein Gesetz, aber wesentliche Teile nicht im Gesetz regeln“. Das lässt nur den Schluss zu, Sie wollen sich von dem Konsens verabschieden, dass Straftäter hier keinen Aufenthalt haben. Wer diesen Konsens aufgibt, der überschreitet den Rubikon der Gemeinsamkeiten.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich hatte in der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses schon Gelegenheit, mich zu äußern. Ich will das heute vor dem Landtag ausdrücklich noch einmal tun. Ich möchte zunächst ausdrücklich feststellen, dass unser Mitgefühl dem verletzten Mädchen und seinen Angehörigen gehört.Wenigstens das muss noch klar sein: das dass Mitgefühl und die staatliche Verpflichtung, Täter zu ermitteln und ihrer Strafe zuzuführen, grundsätzlich gelten. Denn die Opfer haben Anspruch auf unseren gemeinsamen Respekt.
Ich habe mich vor allem deshalb gemeldet, weil der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Herr van Ooyen, gesprochen hat. Wir streiten ganz offenkundig nicht über das verabscheuenswürdige Verbrechen, weder über die Tatsache noch über die Beurteilung, dass es verabscheuungswürdig ist.Wir streiten nicht – jedenfalls nicht mit mir – über die besorgniserregenden Tendenzen und rechtextremistischen Anzeichen, die wir auch im Schwalm-EderKreis haben, über die wir auch in den Gremien berichtet haben.
Ich streite aber und lasse den Versuch von Ihnen,Herr van Ooyen, nicht stehen, immer dann, wenn es eng wird, zu täuschen und zu tarnen. Wir haben vorhin gesehen: Das machen Sie jetzt wieder.
Sie haben versucht, das alles zusammenzurühren und zu sagen: Aber da gab es immer schon Hinweise auf rechtsextremistische Dinge. – Das bestreitet niemand. Als verantwortlicher Minister muss ich heute noch einmal deutlich machen, worum es hier entscheidend geht: Wenn durch Ihren Sprecher im Innenausschuss, der auch die Funktion des Vizepräsidenten des Hessischen Landtags wahrnimmt – das ist zunächst eine Parlamentsangelegenheit –, in öffentlicher Sitzung erklärt wird, „dass der Hessische Verfassungsschutz mehr wusste, offensichtlich mehr wusste und das nicht zu Konsequenzen und zu einer entsprechenden vorbereitenden, präventiven Unterstützung (der Gefährdeten) geführt hat“, dann ist das nichts anderes als die Instrumentalisierung eines schlimmen Verbrechens, verbunden mit der Behauptung: Ihr wusstet etwas, aber ihr habt bewusst nichts unternommen, um das Mädchen zu schützen.
Ich habe in der Ausschusssitzung sofort gesagt: Entweder nennen Sie Ross und Reiter, oder ich bin nicht bereit, auf diese Ebene weiter zu verhandeln.– Ich sage es ganz deutlich: Diejenigen, die diesen Dienst unter großem persönlichen Einsatz und gelegentlich auch großer persönlicher Bedrückung leisten, haben es verdient, dass dieser Land
tag sich nicht nur zum Verfassungsschutz bekennt. Sie haben auch verdient, dass jeder Versuch einer so perfiden Konstruktion deutlich zurückgewiesen wird.
Der Kollege Banzer hat es gestern sehr auf den Punkt gebracht. Sie sind mit den meisten Dingen noch nicht fertig. Weder die Rote Hilfe haben Sie klar gekriegt,weil Sie sich bewusst zu ihr bekennen.Als es gemerkt wurde,haben Sie schnell gesagt, wir hätten sie noch gar nicht eingeladen. – Was gibt das für eine Logik?
Als Herr Schaus erwischt wurde, hat er gesagt: Na ja, irgendwie. – Jetzt sage ich ganz deutlich, und ich habe bis zum Schluss dieser Debatte gewartet:Wenn ein Vizepräsident dieses Landtags, wenn ein Abgeordneter, der vom Volk hierher gewählt wurde, nicht einmal jetzt die Kraft und den Mut aufbringt, zu sagen, dass das, was er gemacht hat, falsch war und er es bedauert, dann denkt er ganz offensichtlich immer noch so. Wenn Ihre Fraktion das auch noch deckt, dann ist bei Ihnen ganz offenkundig immer noch nicht klar, wo die Grenze verläuft.
Deshalb bleibe ich bei dem,was ich öffentlich gesagt habe. Die verfassungsrechtliche Zuverlässigkeit halte ich für äußerst zweifelhaft. Wer sich so verhält wie Herr Schaus, der verdient eine deutliche Antwort. Ich sage Ihnen als verantwortlicher Minister: Das, was Sie sich geleistet haben, ist nicht nur ein Unding, es ist unwürdig. Deshalb wird diese Landesregierung ihre Konsequenzen daraus ziehen. Ich bin nicht bereit, auf dieser Ebene mit Herrn Schaus weiter zu diskutieren. Entweder entschuldigt er sich und nimmt das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, oder ich muss Ihnen, lieber Herr Schaus, sagen: Ihnen fehlen die Grundvoraussetzungen für den demokratischen Diskurs.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass wir uns in der Aktuellen Stunde sozusagen aus aktuellem Anlass über das Thema Datenschutz austauschen. Ich habe den Eindruck, dass die Debatte stark im Fluss ist. Wir müssen zwei Punkte auseinanderhalten.
Zum einen formulieren die Freien Demokraten nun schon seit Jahren das Begehren, den Kontrollbereich privater Datenschutz mit den Kontrollbereich über den öffentlichen Datenschutz zusammenzulegen. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass ich nicht glaube, dass das wirklich zielführend ist. Ich bleibe bei dieser Haltung.
Allein die Tatsache, dass das, was jetzt unter dem Stichwort „Datenschutzskandal“ beklagt wird, in SchleswigHolstein geschehen konnte, obwohl es dort ein unabhängiges Datenschutzzentrum gibt, zeigt das. Die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins waren von dem wirklich oder vermeintlich illegalen Datenhandel genauso betroffen wie die Bürger in Hessen.
An der Frage nach der Organisation entzündet sich eine Scheindiskussion. Das ist eine absolute Scheindiskussion; denn sie führt nicht wirklich weiter.
Im Grunde genommen muss man sich anderen Fragestellungen zuwenden. Ich will auf zwei Punkte kurz eingehen. Ich glaube, wir befinden uns eher am Anfang der Debatte, als dass wir schon zu einem Ergebnis gekommen wären.
Sie ist auch parteipolitisch gesehen höchst interessant. Wenn ausgerechnet der Bundeswirtschaftsminister, an sich nicht sozialistischer Neigungen verdächtig – das muss man sagen; Herr Kollege Glos ist nicht sozialistischer Neigungen verdächtig –,fordert,den Datenhandel generell zu verbieten, muss ich sagen: Das klingt kräftig und entschlossen. Dass es wirklich klug ist, bezweifele ich.
Sie mögen daran erkennen, dass ich weit entfernt bin von den üblichen Gräben entlang der Grenzen zwischen den Parteien. Ich will mich kurz fassen: Wenn wir wirklich weiterkommen wollen, setze ich auf das, was Frau Bundesjustizministerin Zypries, jedenfalls nach meiner Kenntnis, in die Debatte eingebracht hat.
Der Bundesinnenminister wird in Kürze, unter Mitwirkung der Länderinnenminister, eine Konferenz dazu veranstalten.Wenn wirklich etwas dabei herauskommen und die Konferenz nicht nach dem Motto „Es ist schön, dass wir einmal darüber gesprochen haben“ durchgeführt werden soll, sollten wir uns meiner Meinung nach auf zwei oder drei Punkte konzentrieren.
Das eine ist – das halte ich wirklich für bedenkenswert –, dass wir das Regel-Ausnahme-Verhältnis nach § 28 des Bundesdatenschutzgesetzes, das die Leitlinie für die Länderdatenschutzgesetze vorgibt, umkehren. Dort heißt es, einfach ausgedrückt: Wer nicht widerspricht, dass seine Daten zu gewissen Marktzwecken etc. genutzt werden können, stimmt quasi zu.
Ich halte es für außerordentlich sinnvoll, folgenden Weg zu beschreiten. Warum können wir es nicht umdrehen, nach dem Motto:„Nur wenn ich zustimme,könnt ihr diese Daten, für welche Zwecke auch immer, nutzen“? Das ist ein sehr konkreter und aus meiner Sicht sinnvoller Weg. Die Frage nach der Organisation hilft in keiner Weise weiter.
Ich will Sie darüber unterrichten, dass der Hauptpersonalrat des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport mich gebeten hat, vor diesem Hause ausdrücklich gegen eine solche Zusammenlegung Stellung zu beziehen. Das würde auch eine Fülle von Rechtsfragen auslösen,die bis heute niemand beantwortet hat.Aber das ist ein zweites Thema.
Natürlich kann man sich fortentwickeln. – Lassen Sie mich einen Punkt nennen, der mir besondere Sorge macht. Ich glaube, dass wir hier sehr interessiert miteinander diskutieren können. Das wirkliche Leben spielt sich aber ganz woanders ab. Alle die, die wir eigentlich im Auge haben, deren Rechte und ihre vermeintliche Verletzung uns Sorgen bereiten müssten, sind nicht anwesend, abgesehen von einigen wenigen Besuchern.
Ich empfehle Ihnen Folgendes: Schauen Sie sich einmal „studivz“ an. Schauen Sie sich einmal „schuelervz“ an. Dann erkennen Sie die eigentlichen Probleme, die es gibt, wenn es um den Datenschutz geht. Ich sage es bei jeder
Gelegenheit: Mir ist es absolut unverständlich, in welcher Weise dort junge Menschen – meistens sind es junge Menschen – intimste persönliche Daten der Allgemeinheit zugänglich machen, die natürlich von allen Möglichen durchgecheckt werden, die damit dann irgendetwas machen.
Die Beteiligten wissen darum. Ich habe in Schulen darüber gesprochen. Ich habe gesagt: Ihr müsst doch begreifen, was ihr da macht. – Die Reaktionen zeigten mir absolute Interesselosigkeit.
Ich möchte uns alle deshalb ein bisschen davor warnen,zu glauben, dass Aktionismus hier sehr viel helfen wird. Wir sollten bei den Menschen nicht zu viele Erwartungen wecken.Wir werden das Grundproblem mit Sicherheit nicht lösen.
Ich stimme mit Herrn Simitis völlig überein, der davor gewarnt hat. Er hat gesagt:Vergessen – –
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich finde, er hat recht, wenn er sagt, all die Scheinaktivitäten, wie etwa eine Änderung des Grundgesetzes, würden überhaupt nichts bringen.Solange die Menschen nicht bereit sind, sich damit auseinanderzusetzen, dass man solche Daten am besten überhaupt nicht preisgibt, ist das, was wir hier machen, sicherlich gut gemeint, wahrscheinlich kann es aber bestenfalls ein Reparaturbetrieb sein.
Ich denke, wir werden während der Ausschussberatung Gelegenheit haben, uns darüber näher auszutauschen. Für die Hessische Landesregierung möchte ich abschließend noch einmal darauf hinweisen: Mir scheint insbesondere eine Änderung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zielführend zu sein. – Alles andere wird die Diskussion zeigen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu dem verabscheuungswürdigen Verbrechen gegenüber dem Mädchen habe ich bereits vorhin Stellung genommen. Das will ich jetzt nicht noch einmal tun, sondern das nur in Erinnerung rufen.
Herr Kollege Al-Wazir hat am Schluss darauf hingewiesen,dass das, worum es hier geht, wahrscheinlich nicht nur mit Polizei, Justiz, etc. bekämpft werden kann. Ich will dem ausdrücklich beipflichten.Wenn wir die Debatte, die wir hier gelegentlich geführt haben, zurückverfolgen, muss man sagen, dass wir uns immer einig waren, dass jegliche Form des Extremismus entschieden bekämpft werden muss – mit den Mitteln des Staates, die wir zur Verfügung haben, aber vor allen Dingen, indem wir Flagge zeigen und versuchen, die Köpfe dieser Menschen zu erreichen, die dafür gelegentlich anfällig sind.Wir waren dabei nicht ohne Erfolg. So schlimm dieser Vorfall auch ist, warne ich aber davor, einen solchen Vorfall mit dem Ganzen gleichzusetzen. Ich will auch darauf verzichten, die Debatte, die wir vorhin geführt haben, zu wiederholen.
Frau Abg. Schott, Sie haben eben im Grunde genommen noch einmal ausdrücklich das gemacht, was ich vorhin im Zusammenhang mit dem Verhalten des Abg. Schaus gegeißelt habe. Als der Abg. Greilich Ihnen eben vorwarf, dass Sie erneut den Versuch unternommen haben, hier vorzutragen, man hätte dies verhindern können, wenn man denn nur gewollt hätte, haben Sie genickt.
Jetzt nicken Sie wieder. Sehen Sie. – Ich bedauere das sehr. Denn es gibt ganz offenkundig keine Brücken bis zu Ihnen. Sie müssen doch begreifen, dass es einen Unterschied macht,festzustellen,dass wir alle uns an allen Fronten sehr bemühen müssen, wie wir solchem Treiben generell ein Ende machen können und dem erfolgreich entgegentreten können, und Ihrem Vorwurf, den Sie jetzt zum vierten Mal wiederholt haben, hier sei bewusst und willentlich durch staatliche Organe nicht so gehandelt worden, wie man hätte handeln müssen.
Das ist genau das,was Sie immer wieder tun.Deshalb sage ich es Ihnen mit aller Deutlichkeit: Es wird jedenfalls mit dieser Landesregierung und Ihnen keine Gemeinsamkeit geben können. Die Gemeinsamkeit der Demokraten erfordert auch eine gemeinsame Grundlage für diese Demokratie. Ich bleibe dabei: Wer solche Vorwürfe erhebt, der muss Ross und Reiter nennen.Das haben Sie nicht getan. Nach allem, was mir bekannt ist, können Sie dies auch nicht.
Ich will ausdrücklich die Gelegenheit nutzen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des hessischen Verfassungsschutzes zu bedanken, aber auch – das wurde noch nicht erwähnt – bei der hessischen Polizei, die sich gerade dem Rechtsextremismus und seiner Bekämpfung in außergewöhnlicher Weise widmet.
Unsere Projekte wie z. B. IKARus oder das Beratungsnetzwerk Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus sind Dinge, die in der hessischen Polizei und dem hessischen Verfassungsschutz entwickelt wurden – nicht auf irgendwelchen Kongressen oder von irgendwelchen Betroffenheitsadressen, sondern das ist von dort gekommen. Ich bin dankbar dafür und begrüße das. Ich unterstütze das seit Jahren. Daraus können Sie entnehmen, dass es nicht noch der Anstöße irgendwelcher Art bedarf, dass diese Behörden das sehr ernst nehmen. Das tun sie seit Jahren. Sie sind hoch engagiert. Ich kann nur meine Anerkennung dafür aussprechen.
Die Kollegen Beuth und Greilich haben dazu einiges vorgetragen. Das will ich nicht wiederholen. Ich will das ausdrücklich begrüßen und mich dafür bedanken. Aber ich will auch einmal auf Folgendes hinweisen: Es ist schon richtig, dass das eine Daueraufgabe ist und dass wir das auch nicht relativieren dürfen. Jeder Vorfall ist einer zu viel. Aber wahr ist auch, dass wir in Hessen sehr erfolgreich gegen diese Umtriebe angegangen sind. Das sind nicht einmal statistische Ausreißer. Wenn Sie sich das anschauen, sehen Sie, dass wir seit Jahren, was den Bereich des Gewaltrechtsextremismus angeht, wenn man die Einwohnerzahl berücksichtigt, immer auf dem letzten Platz aller Länder der Bundesrepublik Deutschland sind. Das ist ein Erfolg.
Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Schluss. – Das ist ein großer Erfolg unserer Arbeit. Darauf sollten wir stolz sein, und das dürfen wir nicht kleinreden.Aber das ist natürlich auch keine Begründung dafür, sich jetzt zurückzulehnen. Ich darf mir erlauben, Sie auf Folgendes hinzuweisen.Wenn ich die Halbjahreszahlen für 2008 anschaue – bei aller Zurückhaltung –, dann stelle ich fest, wir haben bei den rechtsextremistisch motivierten Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland eine zweistellige Steigerung,während es in Hessen ein zweistelliger Rückgang ist. Ich will das alles nicht überbewerten. Aber wir befinden uns in einer guten Verfassung.
Was bleibt, wenn Sie diesem Treiben mit Erfolg gegenübertreten wollen? – Sie werden sich vielleicht daran erinnern, dass die Rechtsextremisten versucht haben, Gladenbach als einen Teil ihres Bewegungsnetzes zu etablieren. Dort sind wir mit einer sehr großen Polizeimacht erschienen. Ich habe mich gelegentlich des Vorwurfs aus Gewerkschaftskreisen erwehren müssen, wir würden dort mit zu viel Personal erscheinen. Damit Sie wissen, wie das gelaufen ist, darf ich Ihnen das einmal schildern. Im Internet wurde angekündigt, dass sich alle Rechtsextremisten
treffen sollen. Die Voraufklärung hat ergeben, dass man nicht genau weiß, wie viele das sein werden, aber dass wir vielleicht mit 50 rechnen müssen. Dann kam die Gegenbewegung von den Linksextremen und Autonomen. Das würden wahrscheinlich 200 sein. Wir sind mit 800 Polizisten dort erschienen, um von vornherein zu verhindern, dass sich dort Rechtsbrecher und Extremisten austoben können. Das war ein großer Personaleinsatz. Die Beamtinnen und Beamten, die ihn leisteten und die Samstag für Samstag dort gefordert waren,waren auch nicht glücklich. Aber das war richtig. Das war der erste Schritt. Deshalb gehören Repression und frühzeitiges staatliches Einschreiten gegen jede Form des Extremismus zur unverzichtbaren Kulisse dessen, was wir tun müssen.
Dann kam ein zweiter Punkt. Das will ich sehr deutlich machen. Dann haben alle Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt sich zusammengetan und deutlich gemacht, dass sie einen solchen Spuk in ihrer Stadt nicht dulden wollen. Das haben sie friedlich, aber sehr überzeugend gemacht. Genau das ist der Weg. Wir werden hier noch bis zum Gehtnichtmehr diskutieren können.Wenn wir nicht in die Köpfe kommen und nicht die Bereitschaft von Menschen finden, die dann auch aufstehen und sagen: „Wir verniedlichen nichts, und wir wollen auch nicht relativieren aber wir haben keinerlei Anlass, dass Extremisten irgendwelcher Art in unserem Land unbehelligt ihr Unwesen treiben“, dann genügt das nicht. Deshalb seien Sie versichert: Wir werden genauso engagiert wie in der Vergangenheit gegen jede Form des Extremismus antreten, und das gilt insbesondere auch für den Rechtsextremismus. Hessen kann sich in dieser Situation sehr gut sehen lassen. Das ist kein Grund zum Zurücklehnen, sondern das spornt uns an, damit diese gute Situation so bleibt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Bei solchen Grundfragen, die hier diskutiert werden, möchte die Regierung nicht zurückstehen. Um aber den Kolleginnen und Kollegen noch einen Rest von Mittagspause zu gönnen, gestatten Sie mir zwei kurze Bemerkungen.
Zunächst will ich meine Zurückhaltung gegenüber einer Ausweitung plebiszitärer Elemente nicht verhehlen. Andererseits gibt es eine Reihe von Ansätzen, die ich durchaus für erwägenswert halte.
Aus der Sicht der Landesregierung ist es wichtig – ich greife das auf, was Frau Kollegin Dr. Pauly-Bender gerade gesagt hat –, dass man, wenn man an Verfassungsänderungen herangeht,diese mit einem möglichst breiten Konsens vornehmen soll. Es ist im Übrigen Staatspraxis, dass das zunächst Angelegenheit des Landtags ist. Die Landesregierung wird die Erörterung in den Ausschüssen, vor allen Dingen im Hauptausschuss, intensiv begleiten, sodass Sie mir bitte nachsehen, dass ich zu Einzelheiten jetzt nicht Stellung nehme. Wenn Sie das allerdings wünschen, kann ich das gerne tun.