Protocol of the Session on May 15, 2008

Meine Damen und Herren, was erklären Sie denn eigentlich? Dann kommen Sie doch einmal hierher. Ich bin ja ganz interessiert, und viele sind daran interessiert, Ihre

konkreten Vorschläge zu hören, wie Sie dieses strukturelle Defizit abbauen wollen. Darum geht es doch.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nicht ein einziger Satz ist von Ihnen beiden, den Fraktionen der GRÜNEN und der SPD, gefallen,

(Norbert Schmitt (SPD): Jetzt hören Sie einmal auf, andere zu beschimpfen!)

außer dass Sie sich rückwärtsgewandt hingestellt haben und mit dem Finger darauf gezeigt haben, wer schuld an dieser Verschuldung ist.

(Beifall bei der FDP)

Damit das nicht ganz zu kurz kommt – es ist leider so, und ich scheue mich auch nicht,noch einmal zu einfachen Dingen zu greifen. Einfache Dinge sind erst einmal so, wenn wir von der Einnahme- und Ausgabeseite reden, dann bleibe ich dabei, dann bleibt die FDP dabei, und dann werden wir immer dabei bleiben, wie die eine Grundregel ist: Der Staat und die Politik haben in dieser Republik noch nie einen einzigen produktiven Arbeitsplatz geschaffen. Das ist die erste Grunderkenntnis.

(Beifall bei der FDP)

Der Staat zahlt Personen, wo wir hoffentlich in großer politischer Gemeinsamkeit gesellschaftliche Aufgaben – Sicherheit, innere und äußere, Bildung, Erziehung usw. – erledigen wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Und Lehrer sind nicht produktiv? Das wollte ich einmal wissen!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal eine grundsätzliche, wirkliche Selbstverständlichkeit ökonomischer Art in Erinnerung rufen. Es geht schlicht und ergreifend, und das wird auch keine noch so große politische Diskussion außer Kraft setzen können, im volkswirtschaftlichen Bereich darum, dass jeder Euro in der Hand eines privaten Menschen nur drei Verwendungen zugeführt werden kann. Er kann entweder gespart werden, er kann konsumiert werden, oder er kann investiert werden. Diese Grundregel wird dieses Haus auch durch noch so viele Diskussionen nicht außer Kraft setzen können. Und das ist genau so das Konzept der FDP.

Ich möchte nicht die Diskussion von gestern über Steuern beginnen. Aber wenn Sie permanent die Staatsquote erhöhen, dann werden Sie am Ende permanent weniger Einnahmen haben.

(Beifall bei der FDP)

Nun aber zu der Frage des strukturellen Defizits. Ich möchte wenigstens noch einmal auf meinen Vorgänger, den Kollegen von Hunnius, eingehen, weil das gefordert worden ist. Er hat Ihnen auch das gesagt, was ich Ihnen jetzt sage: Es wäre den Schweiß der Edlen in diesem Hause wert, einmal intensiv darüber nachzudenken, wie sich die Reduzierung der Verschuldung erreichen lässt und wie sich z. B. das Ziel erreichen lässt, auf eine Nettoneuverschuldung von null zu kommen. Dazu gehört natürlich, dass dies nur schrittweise erreicht werden kann. Unser Konzept dazu ist ziemlich einfach. Es geht auch nicht darum, dass sich der Staat zu Tode sparen soll, sondern es geht darum, dass wir in diesem Hause – genau das beinhaltet der hier gestellte gemeinsame Antrag – endlich einmal Präferenzbereiche festlegen, die umgesetzt werden sollen und bei denen es möglicherweise sogar Mehrausgaben geben kann und sollte. Ein solches Thema ha

ben wir in diesem Hause. Deswegen sind die Vorwürfe auch ungerechtfertigt. Das ist das Thema Bildung und Lehrerversorgung.

(Beifall bei der FDP)

Da ist es natürlich richtig, dass man mit breitem Konsens dort die Ausgaben erhöht.Aber alles andere auf der Ausgabenseite sollte einmal sorgfältig untersucht werden. Es sollte untersucht werden, wie sinnvoll die Dinge sind. Es sollte untersucht werden, wie sie gewirkt haben. Da sind all die Instrumente, die wir hier auf den Lippen führen, aber zu denen ich bis jetzt in dieser Debatte noch nicht einen einzigen Satz gehört habe, wer aus welcher Ecke des Hauses dazu bereit ist, diese Dinge auch in der Praxis umzusetzen. Das ist die Debatte, die wir heute zu führen haben, und nicht die, ob der Entwurf des Landeshaushalts im September oder im Dezember vorgelegt wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Da kann man doch wirklich nur mit Recht feststellen – das ist für meine Begriffe eine Selbstverständlichkeit –, dass es hier genau darum geht. Selbst die GRÜNEN sind auf die Idee gekommen, dass sie mehr Informationen haben müssten,indem sie den Berichtsantrag gestellt haben,dass sie Konsequenzen und Auswirkungen zum Thema Wegfall der Studiengebühren von der Landesregierung erläutert haben wollen. Wenn Sie solche Anträge stellen, dann bin ich der Auffassung, dass Sie Informationen haben wollen, die Sie für die Gestaltung eines neuen Haushalts einsetzen wollen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie sich vorstellen, wenn Sie den Haushaltsentwurf im September haben wollen.

Wir sehen das auch so. Natürlich ist es sinnvoller, auch über das Thema des strukturellen Defizits zu diskutieren. Ich kritisiere das, und zwar als Person und als FDP zur gleichen Zeit. Da soll kein Missverständnis aufkommen. Pauschal globale Mehreinnahmen und Minderausgaben einzustellen – ist keine besonders solide Finanzpolitik.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da sollten wir auch alle gemeinsam den Finger darauflegen.Wenn das für Sie eine Überraschung ist,die sogar beifallswürdig ist,dann bin ich der Auffassung, dass Sie in der Vergangenheit der FDP nie richtig zugehört haben. Das ist der Punkt.Aber gleichzeitig ist es wünschenswert, dass zu diesem Thema von Ihnen nicht nur die Lippen gespitzt werden, sondern dass auch mal gepfiffen wird. Das wollen wir.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Aber das ist doch im Prinzip und in der Realität so. Erklären Sie mir das einmal mit dem, was hier zu Recht als strukturelles Defizit dargelegt worden ist. Dann verstehe ich unter seriöser Planung etwas anderes. Ich verstehe darunter eine bessere Vorbereitung, mehr und zu Recht angeforderte Informationen von der Landesregierung, was sie im Übrigen erklärt hat, und gleichzeitig die Erfüllung der Zusammenarbeit und der Auswirkungen von ausgabenwirksamen Anträgen. Dann ist es nur logisch und selbstverständlich, dass man sich für diese Vorbereitungen auf beiden Seiten die entsprechende Zeit lässt, nämlich auf der Seite des Hessischen Landtags und aufseiten der Landesregierung.

Insofern sehen wir darin keine großartige Geschichte, wenn der Haushaltsplanentwurf vielleicht erst im Dezem

ber vorgelegt wird.Da kann man natürlich sehr intensiv in den Krümeln suchen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie suchen nicht nur in den Krümeln, sondern – leider Gottes muss ich das für GRÜNE und SPD sagen – Sie haben hier mehrfach öffentlich erklärt, Sie wollten die Landesregierung vor sich hertreiben.

Was Sie bis heute veranstaltet haben – das gilt insbesondere für diese Debatte –, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und der SPD, ist nichts anderes, als dass Sie diesen Hessischen Landtag und diesen Haushalt in eine noch höhere Verschuldung treiben wollen. Lassen Sie sich Zeit.Arbeiten Sie gemeinsam mit uns an der Veränderung und an einem echten Paradigmenwechsel, und lassen Sie es, mit solchen Pauschalvorwürfen, die in die Vergangenheit gerichtet sind, nach Schuldigen zu suchen, die die heutige Situation verursacht haben.

Landauf, landab werden wir in jedem Parlament feststellen, dass das überwiegend gemeinsam geschehen ist.Also ist der Blick nach vorn zu richten.Wir als FDP richten den Blick nach vorn. Wir tun das aber nicht im Sinne einer Einnahmenerhöhung, sondern im Sinne der Durchleuchtung – –

Herr Kollege Krüger, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Wir tun das im Sinne der Aufgabendurchleuchtung und der Beseitigung dieses strukturellen Defizits,um dem Ziel einer Nettoneuverschuldung von null näherzukommen – da reden wir noch nicht über Altschulden –, und das machen wir Schritt für Schritt. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Krüger. – Das Wort für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Koch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Debatte so verfolgt, kann man den Eindruck bekommen, es bestünde eine kleine Gefahr, in alte Rahmenbedingungen zurückzufallen.Ich glaube,dass uns das gemeinschaftlich nicht guttut.Ich werde jedenfalls den Versuch unternehmen, bei der Rollenaufteilung zu bleiben, die wir in der augenblicklichen Situation haben.

Deshalb würde ich mich zunächst gern mit der Frage beschäftigen, die in den Anträgen angesprochen wurde, wann der Haushaltsplan eingebracht wird. Der Regelgrundsatz, der aus dem Verwaltungsrecht kommt, wo steht, wann diese Dinge eingebracht werden sollen, besagt, dass das in einer normalen Situation der Anspruch und auch die Verpflichtung ist.Zu behaupten,dass die ersten vier Monate des Jahres 2008 eine normale Situation gewesen seien erscheint mir allerdings ziemlich verwegen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Herr Kahl, das kann man deshalb doch auch sehr ruhig und nüchtern erklären. Der Aufstellungserlass vom 18. Dezember, der von Ihnen zitiert wurde, besteht wie jeder andere Aufstellungserlass auch aus zwei Teilen, nämlich einem, in dem die technischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, und einem, in den die politischen Zielvorgaben eingearbeitet werden müssen. Das ergibt sich im Haushaltserlass aus dem Punkt „Ergänzende Hinweise, – Budgetierungskalender“:

Für die automationsgestützte Erstellung der Haushaltsvoranschläge wird ein verbindlicher Zeitplan... erstellt und den Ressorts übermittelt; dieser wird für die zweite Stufe des Haushaltsaufstellungsverfahrens zu gegebener Zeit ergänzt.

Schon aus diesem Punkt können Sie sehen: Wie in jedem Jahr gibt es am Ende jenseits des Themas der Überrollung das Thema Präzisierung der Vorgaben. Sie werden jetzt auch in den nächsten Tagen in dem entsprechenden Haushaltsaufstellungserlass im Amtsblatt und an den sonstigen Stellen, wo dies zur Kenntnis gebracht wird, sehen, wie diese Präzisierung etwa für die Frage der globalen Minderausgaben aussieht.

Diese Möglichkeit, politische Schwerpunktsetzungen für den Haushalt vorzunehmen, hätte normalerweise natürlich bis zum 28. März bestanden. Jetzt aber einmal allen Ernstes: Ich habe zwischen dem 27. Januar und den Tiefen des März bis zu einem gewissen Tag, den Sie durch Pressekonferenzen garniert genau kennen, keinem meiner Kabinettskollegen geraten, irgendeine politische Schwerpunktsetzung vorzunehmen.

Vielmehr haben wir im Kabinett sehr ruhig darüber gesprochen, dass es klug ist, davon auszugehen und das auch zu kommunizieren, dass diese politischen Setzungen bis Mitte/Ende Mai eingegeben werden müssen, um Ressortkollegen – ich war eine gewisse Zeit lang der Meinung, es könnte andere Ressortkollegen geben – die Chance zu lassen,ihre politischen Setzungen in das Haushaltsaufstellungsverfahren hineinzunehmen.

Hätten wir es anders gemacht, dann hätten Sie im März die ersten Presseerklärung über die Arroganz der Macht veröffentlicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

So ist es nun einmal im System der Haushaltstechnik: In der Struktur eines sehr komplizierten Haushaltsplanwesens, das wir heute mit der doppischen Buchhaltung haben, sind verlorene Monate nicht einfach einzuholen. Deshalb ist der Zeitplan so, dass der Haushaltsaufstellungsplan, der in den nächsten Tagen bekannt gemacht werden wird, die Vorlage in der Plenarsitzung am 9. Dezember vorsieht. Ich bitte sehr um Verständnis.

Im Übrigen ist es ja auch nicht so, dass die Haushaltsaufstellung im luftleeren Raum und unabhängig von Beschlüssen des Landtags geschieht. Darüber habe ich noch gar nicht geredet, sondern nur von der Präzisierung des Haushaltsaufstellungsverfahrens, in dem bei einer mandantenorientierten Buchhaltung von unten nach oben geplant wird. Wir müssen jetzt eingeben, welches Ressort wie viel von den globalen Minderausgaben zu tragen hat, welche anderen Rückstellungen zu machen sind, um das aufzulösen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das müssen Sie jetzt eingeben?)

Selbstverständlich wird das verfahrensmäßig so gelöst, und zwar wird es im Monat Mai genauso gelöst werden, wie wir das im März verabredet haben.

Ich gebe zu:Im Monat März hätten wir eher erwartet,dass es dann andere betrifft,nicht uns.Aber es wird von uns genauso abgewickelt werden, wie es andere getan hätten. Es gehört eigentlich ein Stück politische Gelassenheit dazu, das ruhig anzugehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns an, wann aus Gründen verspätet eingeleiteter Haushaltsplanung mit vorläufiger Haushaltsführung gearbeitet wurde. In Hessen war das 1983, 1984, 1985, 1996, auch im Jahr 2006. Wie oft geschah das im Bund? Das war 1981, 1982, 1991, 1995, 1999, 2003, 2004, 2005, 2006. Man muss das nicht gut finden, aber ich glaube, man muss dennoch keine parteipolitische Schlacht aus diesem Problem machen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ein anderes Thema ist die Sorge, die berechtigte Sorge von Beteiligten, ob das einen Verein trifft, einen Zuwendungsgeber oder einen anderen. Da darf ich den Kollegen von SPD und GRÜNEN einfach vorschlagen: Im Haushaltsvollzugserlass, der für die ersten Monate notwendig werden wird, werden wir exakt die Formulierungen benutzen, die die rot-grüne Regierungskoalition in Hessen im Jahr 1996 benutzt hat. Sie hat allen Vereinen alle Möglichkeiten gegeben.