Protocol of the Session on May 14, 2008

Ein Staatsvertrag ist notwendig, weil wir hoheitliche Befugnisse übergeben wollen. Wir wollen nämlich ein gemeinsames Prüfungsamt in Nordrhein-Westfalen errichten, damit wir nicht selbst mit den Prüfungen beauftragt sind und damit wir die Vergleichbarkeit der Prüfungen sicherstellen können. Dafür wollen wir die Prüfungen in einem einheitlichen Prüfungsamt organisieren. Das ist Inhalt dieses Staatsvertrags sowie auch die Neuorganisation der Ausbildung.

Sie werden sich sicherlich wundern, warum dieser Staatsvertrag, den ich schon im Oktober 2006 unterschrieben habe, Ihnen erst im Mai 2008 vorgelegt wird. Der Grund liegt darin,dass einige Bundesländer – es sind nicht alle 16 in der Liste der Teilnehmer zu finden,weil eben auch nicht alle Länder Amtsanwälte haben – erst im Herbst des vergangenen Jahres diesen Vertrag unterzeichnet haben und wir dann – Sie erinnern sich an die erhebliche Arbeitsbelastung des Landtags in der zu Ende gehenden Wahlperiode – auch wegen der drohenden Diskontinuität davon abgesehen haben, diesen Vertrag noch im alten Landtag einzubringen. Deswegen wird er heute im Mai eingebracht.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abg. Dr. Jürgens.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bewährtes beizubehalten und weiterzuentwickeln macht zweifellos Sinn, dafür einen Staatsvertrag zu schließen ebenfalls, wenn es um eine überschaubare Anzahl von Personen geht, die ausgebildet werden. Dass sich da mindestens 13 von 16 Ländern zusammenschließen und ein gemeinsames Ausbildungsverfahren regeln, ist durchaus vernünftig. Auch ein gemeinsames Prüfungsamt einzurichten ist vernünftig.

Dieses gemeinsame Prüfungsamt trägt dann die schöne Bezeichnung – ich zitiere –: „Gemeinsames Prüfungsamt der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung“. Das ist ein großer Name für ein kleines Prüfungsamt.

Ich habe mir überlegt: Ein Mitarbeiter dieses Prüfungsamts wird von jemandem gefragt: „Was machst du eigentlich?“ Der muss dann sagen: „Ich bin beim Gemeinsamen

Prüfungsamt der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung.“ Spätestens beim Saarland ist, glaube ich, der Gegenüber entweder eingeschlafen oder laut schreiend davongelaufen.

Aber es bestehen gute Chancen,dass dieses Wortungetüm noch ein bisschen ungetümer wird. Denn es gibt Regelungen darüber, dass auch andere Länder diesem Staatsvertrag beitreten können. Natürlich hat das dann auch Auswirkungen auf den Namen des gemeinsamen Prüfungsamts. Ich zitiere § 16 Abs. 3:

Im Falle des Beitritts eines Landes wird die Bezeichnung des gemeinsamen Prüfungsamtes um den Namen des beitretenden Landes ergänzt.

Also um ein Beispiel zu wählen: Der Freistaat Sachsen würde dieser Vereinbarung beitreten. Dann hieße das gemeinsame Prüfungsamt nicht mehr: „Gemeinsames Prüfungsamt der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung“, sondern es hieße dann: „Gemeinsames Prüfungsamt der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung“. Wenn sich das Land Thüringen noch entschließen würde, beizutreten,

(Heiterkeit)

können Sie sich vorstellen, wie der Name dann lauten würde.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sag das doch noch mal!)

Das wird für meine Fraktion kein Anlass sein, diesen Staatsvertrag abzulehnen, aber vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass man sich bei künftigen Gestaltungen vor solchen Wortungetümen hütet. Das passt ja nicht einmal auf ein Dienstsiegel und macht jeden Briefkopf so voll, dass nichts Gescheites mehr auf den Brief passt.

Wir werden den Gesetzentwurf im Ausschuss beraten und zügig, denke ich, zu einem Ergebnis führen. Dann wird es vielleicht auch künftig nicht mehr zu solchen Wortungetümen kommen. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Jürgens. – Das Wort hat Frau Kollegin Hofmann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses weitreichende Gesetz sieht in der Tat vor, die Amtsanwaltsausbildung im theoretischen Teil neu zu strukturieren und ein gemeinsames Prüfungsamt zwischen verschiedenen Bundesländern zu errichten. Meine Vorredner haben das

schon gesagt. Die Stoßrichtung des Gesetzes wird von der SPD-Landtagsfraktion ausdrücklich begrüßt.

Der Minister hat selbst schon ausgeführt: Wenn man sich die Gesetzesunterlagen des Staatsvertrags anschaut, dann ist erstaunlich, dass dieser Staatsvertrag schon vom 2. Oktober 2006 datiert. Es stellt sich in der Tat die Frage: Warum sind wir erst jetzt im Gesetzgebungsverfahren? Der Minister hat schon einiges dazu gesagt. Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass andere Bundesländer schon jetzt nach der nun erst zu reformierenden Ausbildung ausbilden, also Hessen sehr spät dran ist.

Vielleicht liegt dies auch daran, dass das Land Hessen im Jahr 2007 keine Anwärter eingestellt hat, obwohl wir hier in Hessen insbesondere bei der Amtsanwaltschaft eine Belastungsquote von 160 % haben.

Aber, meine Damen und Herren, es ist sinnvoll, dass durch die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamts verschiedener Bundesländer Synergien erzeugt und Steuergelder gespart werden.Deswegen begrüßen wir das ausdrücklich. Ich denke, dass wir uns als SPD-Landtagsfraktion an der Beratung des Gesetzentwurfes konstruktiv beteiligen werden. Vielleicht reicht ein schriftliches Anhörungsverfahren,um dem Gesetz noch etwas näher auf den Grund gehen zu können.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf die Änderung der Amtsanwaltsausbildung eingehen, zu der im theoretischen Teil eine Veränderung vorgesehen ist. Wir halten diese Änderung,die mit dem Gesetz beabsichtigt wird,für sinnvoll, denn sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Amtsanwaltschaft nach der OrgStA nicht nur die kleinen Ladendiebe verfolgt, sondern auch im Bereich der mittleren Kriminalität Strafverfolgung betreibt und erhebliche Aufgaben der Staatsanwaltschaften insgesamt erfüllt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, insofern ist dieses Gesetz längst überfällig. Wir werden uns als SPDLandtagsfraktion konstruktiv am Gesetzgebungsverfahren beteiligen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Blum für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle in diesem Raum einig, dass die Amtsanwaltschaften in Hessen einen wichtigen und wesentlichen Beitrag zur Strafrechtspflege in unserem Land leisten und dass es deswegen natürlich richtig, sinnvoll und auch notwendig ist, dass wir eine qualitätvolle Ausbildung der Amtsanwältinnen und Amtsanwälte in unserem Land gewährleisten.

Aber – Herr Staatsminister Banzer hat schon darauf hingewiesen – die Ausbildung von Amtsanwälten ist keine Massenveranstaltung, sondern es geht dabei um einen sehr begrenzten Personenkreis von Beamtinnen und Beamten, die sich für diese Laufbahn entscheiden und die diese Laufbahn einschlagen. Deswegen ist es richtig, dass wir hier nach Wegen suchen, wie wir diese Ausbildung effizient und in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, die die gleichen Probleme haben, gestalten.

Da ist der vorliegende Gesetzentwurf zu dem Staatsvertrag inhaltlich genau der richtige Weg. Es ist sinnvoll, den Weg, den man in der Vergangenheit ohnehin schon beschritten hat, durch einen Staatsvertrag und die Einrichtung eines gemeinsamen Prüfungsamts zu verstetigen.Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf sehr wohlwollend und zustimmend gegenüberstehen.

Ich hoffe sehr, dass wir bei den Beratungen im Ausschuss vielleicht sogar etwas zügiger zum Abschluss kommen, als wir das jetzt hier tun.Wenn der Kollege Jürgens dann darauf verzichtet, sämtliche Bundesländer, die sich diesem Ausbildungsverbund angeschlossen haben, mehrfach zu zitieren, haben wir dazu eine echte Chance.

In diesem Sinne, Herr Staatsminister: Die FDP unterstützt diese Initiative und wird sie sehr positiv begleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Honka für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben es kurz und knackig gemacht, und ich möchte es bei dem vorliegenden Staatsvertrag genauso machen.

Das Sprichwort sagt: Was lange währt, wird endlich gut. – In diesem Fall ist es aber ein bisschen anders.Es ist bereits angeklungen: Seit Anfang der Siebzigerjahre praktizieren wir in Hessen diese Art der Amtsanwaltsausbildung, gemeinsam mit den anderen Bundesländern – bisher ohne Staatsvertrag, künftig mit Staatsvertrag, weil wir das Prüfungsverfahren ändern.

Wir stehen dem Ganzen daher positiv gegenüber. Ich denke, das kann zügig zu einem Abschluss geführt werden, genauso wie meine Rede jetzt, damit die folgenden Tagesordnungspunkte zügig behandelt werden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Zur Vorbereitung der zweiten Lesung überweisen wir diesen Gesetzentwurf dem Rechtsausschuss. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Landessozialberichterstattung in Form eines Armuts- und Reichtumsberichts – Armuts- und Reichtumsberichtsgesetz (ARBG) – Drucks. 17/123 –

Gemeinsam damit wird Tagesordnungspunkt 52 aufgerufen:

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Armuts-Reichtums-Bericht – Drucks. 17/175 –

Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion der GRÜNEN Herr Dr. Jürgens. Frau Schulz-Asche ist stimmlich so verhindert, dass sie ihm gute Dienste leisten, aber nicht reden kann.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) veranlasst das Niederfahren des Rednerpults.)

Frau Schulz-Asche, gute Besserung.

Herr Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Auch in einem reichen Land wie Hessen existiert Armut. Nach Informationen des Hessischen Statistischen Landesamtes stehen rund 13 % der hessischen Bürgerinnen und Bürger am Rande der Armut oder sind bereits von ihr betroffen. Besonders stark davon betroffen sind Familien zu 26 % sowie Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, ebenfalls zu rund 26 %.

In den letzten Jahren ist der Anteil der Menschen mit einem Armutsrisiko ständig gestiegen. Insbesondere die für den Zusammenhalt des demokratischen Staates so wichtige Mittelschicht wird im Augenblick immer kleiner, und zwar hauptsächlich durch sozialen Abstieg und ganz selten durch sozialen Aufstieg. Dies ist die Erkenntnis der Armuts- und Reichtumsberichte, die inzwischen auf Bundesebene und in einigen Ländern bereits regelmäßig erstellt werden.

Unser Anliegen mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf ist, dass auch Hessen endlich einen Armuts- und Reichtumsbericht, eine Sozialberichterstattung bekommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)