Ich halte es auch für falsch – man wird sehen, was dabei herauskommt –, dass Abgeordnete überhaupt nicht mehr teilnehmen sollen.Wenn dies eine Entscheidung des Landes ist, dann sitzen hier die berufenen Vertreter, die auch in einer solchen Situation durchaus – wie ich finde – angemessen beteiligt werden sollten.
Herr Staatsminister, halten Sie es als Vertreter der zweiten Gewalt für angemessen,dem Landtag als erste Gewalt Ratschläge darüber zu erteilen, ob er von der ihm in Art. 80 GG eingeräumten Ermächtigung zum Weg der Gesetzgebung Gebrauch macht oder nicht?
Ja. Es ist sogar meine Pflicht, den Landtag zu beraten. Nach fast zehn Jahren im Amt, zu diesem Thema täglich gefordert, kann ich eine Menge zur Sache beitragen. Es wäre verfehlt, wenn ich dem Landtag diese Erkenntnisse nicht vortragen würde.
Ich will auf einen zweiten Punkt hinweisen. Herr Dr. Jürgens, Sie müssten mir eigentlich recht geben. In § 6 Ihres Gesetzentwurfs ordnen Sie quasi einen Abschiebestopp an. Das ist nach meiner festen Überzeugung rechtswidrig und von der Verfassung nicht gedeckt. Wenn Sie sich anschauen: § 23a Aufenthaltsgesetz gibt dem Gesetzgeber Hessischer Landtag ein solches Recht nicht. Es ist in keinem Land vorgesehen. Es geht auch nicht. Die Ermächtigung zur Gesetzgebung durch das Land umfasst ausdrücklich dieses nicht.
Deshalb möchte ich nicht unwidersprochen lassen, dass Sie den Menschen erklären, wenn sie einen Antrag an die Härtefallkommission stellen würden, damit – selbst wenn ein Gesetz beschlossen ist – sei zu unterstellen, dass dann ein Abschiebestopp in Kraft tritt. Dieses ist rechtlich falsch und nach meiner festen Überzeugung auch verfassungsrechtlich nicht zu halten.
Es kommt ein Nächstes hinzu, wo ich Sie bitte, einfach noch einmal nüchtern darüber nachzudenken. Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf keinen einzigen Ausschlussgrund vorgesehen, und offensichtlich auch ganz bewusst.
Meine Damen und Herren, nun frage ich einmal insbesondere die Sozialdemokraten. Es kann doch nicht sein. Eine solche Regelung gibt es in keinem Land der Republik. Alle halten eine Ausschlussregelung bei Straftätern für sinnvoll. Das wollen Sie offenkundig nicht. Das erschließt sich mir nicht. Alle halten eine Ausschlussregelung für sinnvoll, wenn jemand seine Ausreise mit Tricks, mit Untertauchen und mit allem Drumherum bewusst verzögert.
Diesen Ausschlussgrund soll es auch nicht mehr geben. Ich kann das nicht verstehen. Sie belohnen Menschen, die bewusst mit allen Tricks versuchen, dieses System zu umgehen. Dann sage ich, das halte ich nicht für verantwortbar, insbesondere nicht gegenüber denen, die auch gerne hier bleiben möchten, die aber schweren Herzens in ihr Heimatland ausreisen. Meine Damen und Herren, so kann das nicht gehen.
Das Nächste, was mir auffällt und worauf ich hinweisen möchte,ist,dass Sie hier doch nicht großzügige Beschlüsse fassen können, die die Kommunen bezahlen müssen. Fast alle, von denen wir hier reden, leben aus öffentlichen Mitteln, und diese öffentlichen Mittel werden von den Kommunen aufgebracht. Ich finde, dass man darüber diskutieren kann, in welcher Weise man damit umgeht. Dass Sie aber von vornherein einen Gesetzentwurf bringen,in dem
Dass die Sozialdemokratie, die es viel besser weiß, weil sie auch sehr viel kommunale Verantwortung hat, bei einem solchen Gesetzentwurf mitmachen würde, konnte ich mir bisher jedenfalls nicht vorstellen. Deshalb habe ich die Hoffnung, dass wenigstens in den Ausschussberatungen doch noch etwas Realismus einzieht.
Meine Damen und Herren, aus der Sicht der Landesregierung ist dieser Gesetzentwurf nicht nur inhaltlich mit erheblichen Fehlern behaftet, sondern er ist meines Erachtens auch der falsche Weg.
Aber ich will Sie abschließend über Folgendes unterrichten – ich habe das dem Innenausschuss bereits vorgetragen –: Wir haben ja eine geltende Regelung. Wir haben aber zurzeit keine Härtefallkommission.Deshalb habe ich dem Innenausschuss vorgetragen, dass ich dem Herrn Präsidenten des Hessischen Landtags einen Brief schreiben werde, in dem ich den Hessischen Landtag bitte, dass die Fraktionen diejenigen Mitglieder benennen, die nach der bisher geltenden Rechtslage für die Härtefallkommission zur Mitarbeit vorgesehen sind, damit wir, was auch immer aus diesem Gesetzentwurf wird, in der Zwischenzeit nach gültigem Recht in der Härtefallkommission arbeiten können. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Bouffier. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission abgeschlossen.
Der Gesetzentwurf soll zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch. Dann können wir so verfahren.
Ich erinnere an das Wort des Staatsministers Bouffier von vorhin und zweifle nicht, dass Sie dem Appell folgen werden. Er sagte: „Bleiben wir nüchtern.“