Ich zitiere: „Eine Alternative sehen wir in dem Sozialismus, für den Marx die hinreißende Formulierung gefunden hat: ,An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation’“.
Sie haben lediglich die Bezeichnung von Karl Marx für diese Assoziation weggelassen, er bezeichnet sie nämlich selbst als Kommunismus, als kommunistischen Endzustand.
Meine Damen und Herren, dass der reale Sozialismus, der in der Sowjetunion schon den Status des Kommunismus erreicht hatte und der auf die Lehren von Karl Marx zurückgeht, tatsächlich zusammengebrochen und gescheitert ist, das ist bei Ihnen anscheinend noch nicht angekommen. Sie sind nicht nur populistische Antieuropäer, sondern im Geiste marschieren Sie immer noch in den Reihen der Kommunistischen Internationalen, und Sie schwärmen vom Endzustand der marxschen kommunistischen Utopie.
Salopp nennt man das „politische Leichenfledderei“, wenn man ein untergegangenes System als zukunftswürdig preist. Oder, um es noch einmal abschließend und etwas gehobener zu formulieren: Sie sind nichts anderes als die letzten Reaktionäre. – Vielen Dank.
Danke, Herr Lenz. – Herr Al-Wazir, Sie haben das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Redezeit beträgt noch sieben Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Lenz, auch die Linkspartei im Hessischen Landtag wird es nicht schaffen, den Kommunismus in Hessen einzuführen. Daran sind, glücklicherweise, schon ganz andere gescheitert.
Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich an einem einzigen Punkt – an einem einzigen Punkt; regen Sie sich nicht auf – der Linkspartei im Hessischen Landtag ein bisschen dankbar bin. Durch ihren völlig verquasten Antrag hat sie immerhin dazu beigetragen, dass die Hessische Landesregierung in einer Debatte zum Thema Europa endlich einmal wieder über den positiven Geist von Europa und über die Größe der europäischen Idee geredet hat.
Denn in der Vergangenheit haben wir oft erlebt, dass sich die Europapolitik der Landesregierung auf den Kampf gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie oder auf den Kampf gegen die Chemikalienrichtlinie oder Sonstiges konzentriert hat, und der eigentliche Grund, warum es so etwas wie die Europäische Union gibt, ein wenig untergegangen ist. Deswegen kann ich es nur ausdrücklich begrüßen,dass die Landesregierung heute mit der europäischen Idee angefangen hat und nicht mehr auf Bananenkrümmungsrichtlinienniveau diskutiert hat.
Zweitens finde ich es ausdrücklich gut, dass über die Frage debattiert wird, dass man sich sehr genau anschauen muss, wer für und wer gegen den Vertrag von Lissabon ist. Ich finde es völlig richtig, dass man der Linkspartei „ordentlich eins auf die Ohren gibt“ – um es im übertragenen Sinne zu sagen. Aber ich finde, es ist auch kein Zufall, dass nicht nur Oskar Lafontaine, sondern auch Peter Gauweiler diesen Vertrag ablehnt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt noch einmal, wie richtig es ist, ihm zuzustimmen.
Der Vertrag von Lissabon ist ein großer Fortschritt für die Europäische Union. Deswegen ist es so wichtig, dass er in allen 27 Mitgliedstaaten ratifiziert wird. Natürlich ist er nicht perfekt. Es kann auch gar nicht sein, dass 27 verschiedene Staaten mit 27 verschiedenen Regierungen und 27 unterschiedlichen Interessen etwas Perfektes hinbekommen.Aber die Frage ist doch: Ist es ein Fortschritt? – Wir sagen: Ja, ausdrücklich, es ist ein riesiger Fortschritt. – Ich finde, die Tatsache, dass sich nicht alle Interessen durchgesetzt haben, zeigt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, diesem Vertrag zuzustimmen. Ich weiß, manchem fehlt der Gottesbezug. Den anderen fehlt der Sozialismus.
Am Ende ist es ein Kompromiss. – Elmar Brok sagt, er habe den Gottesbezug nicht hinbekommen. SylviaYvonne Kaufmann sagt, sie habe den Sozialismus nicht hinbekommen. Aber Sylvia-Yvonne Kaufmann, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei,stimmt am Ende zu. Das unterscheidet sie von der Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag.
Ich finde, die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE wären gut beraten, zurückzublicken und sich zu überlegen, welche Positionen sie in der Vergangenheit vertreten haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Willi van Ooyen gegen den Binnenmarkt war. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gesagt hat, er will kein Europa der Konzerne, sondern ein Europa der Menschen.
Ich bin mir ziemlich sicher,dass Willi van Ooyen gegen die Europäische Währungsunion war. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gesagt hat: Ich bin dagegen, dass nur das Kapital fließen kann. Ich möchte, dass auch die Menschen grenzenlos unterwegs sein können.
Manchmal ist es sinnvoll, wenn man zurückblickt und sich überlegt: „War meine Position in der Vergangenheit richtig?“, und daraus dann für die Positionierung in der Gegenwart lernt.
Insofern kann ich nur sagen: Wer sich betrachtet, welch ein Friedensprojekt die Europäische Union in den vergangenen 60 Jahren ist, der kann nicht davon reden, dass die EU ein Projekt der Militarisierung ist. Das ist einfach hanebüchen.
Als ich angefangen habe, im Landtag zu arbeiten, und im Petitionsausschuss war, war es ein ständiges Problem, wenn Klassen auf Klassenfahrt gegangen sind und diejenigen,die nicht Deutsche waren,nicht mitfahren konnten, weil sie keine Visa bekommen haben. Das ist kein Problem mehr, seitdem es den Schengener Vertrag gibt – außer wenn man auf die Idee kommt, nach London zu fahren. Vielleicht ist die Konsequenz daraus, nicht zu sagen: „Die EU ist falsch“, oder „Der Schengener Vertrag ist falsch“, sondern vielleicht ist das die Werbung dafür, dass
Als ich auf die Welt kam, war ich dank eines vorsintflutlichen deutschen Staatsangehörigkeitsrechts ein Drittstaatenangehöriger, wie man heute sagen würde. Um einmal um den Bodensee zu fahren, brauchte man zwei Visa. Das ist heute kein Thema mehr, weil auch Nicht-EU-Mitglieder wie die Schweiz Mitglied des Schengener Vertrages geworden sind.Was für ein riesiger Fortschritt, gerade in einem Land wie Deutschland, in dem die evangelische Kirche immer noch in den Grenzen des Deutschen Bundes organisiert ist. Daran kann man sehen, welche Kleinstaaterei wir hier einmal betrieben haben. Was für ein Fortschritt, dass man inzwischen vom Nordkap bis nach Ljubljana und von Sizilien bis nach Estland, und zwar ohne Passkontrolle, fahren kann. Was für ein Fortschritt. Wie kann man das nicht als großes Friedensprojekt, als großes Projekt von Zusammenarbeit betrachten?
Ich finde, gerade wenn man sich betrachtet, wie die Europäische Union in den Neunzigerjahren auf dem Balkan versagt hat, wenn man sich betrachtet, dass im Jahre 1995 der Vertrag, der am Ende dazu geführt hat, dass der fürchterliche bosnische Bürgerkrieg beendet wurde, mit allen Unzulänglichkeiten, nicht der Vertrag von Petersberg, sondern der Vertrag von Dayton war: was für eine Schande für Europa. Das ist genau der Grund dafür, dass wir auch eine gemeinsame Außenpolitik benötigen.
Am Sonntag waren Wahlen in Serbien. Die sind sehr knapp ausgegangen. Das zeigt, wie gespalten dieses Land immer noch ist.Aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ohne die Beitrittsperspektive zur Europäischen Union niemals die Hälfte der Serben für Europa gestimmt hätte, sondern dass es höchstens ein Drittel, wenn nicht sogar weniger gewesen wären.
Deswegen finde ich, dass die Linkspartei sich bei aller – Willi van Ooyen ist sich in diesem Punkt leider treu geblieben – Gleichförmigkeit der politischen Argumentation beim Blick in die Vergangenheit überlegen müsste,ob die heutige Position noch richtig ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigten des Landes Hessen beim Bund betreffend „Vielfalt in der Einheit – Chance und Notwendigkeit des Vertrages von Lissabon“. Die Aussprache ist beendet.
Wir hatten dazu drei Anträge aufgerufen. Ich gehe davon aus, dass darüber abgestimmt wird, obwohl in einzelnen Redebeiträgen etwas anderes mitgeteilt wurde. Es war Abstimmung vorgesehen. Ich komme damit zur Abstimmung. – Dem wird nicht widersprochen.
Ich lasse zuerst abstimmen über den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend das Abstimmungs
verhalten der Mitglieder des Landes Hessen im Bundesrat anlässlich der Abstimmung über den „Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 – Drucksache 928/07“, Drucks. 17/66. Wer diesem Dringlichen Antrag zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Dringliche Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP abgelehnt.
Ich rufe dann auf: den Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Vertrag von Lissabon – transparentere, demokratischere und handlungsfähigere EU verwirklichen, Drucks. 17/88, und zwar in der etwas geänderten Fassung. Der erste Satz lautet dann: „Die Landesregierung wird gebeten,...“ Wer dem Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dieser geänderten Form zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen.– Das sind CDU,SPD,FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.Wer ist dagegen? – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Vertrag von Lissabon auf, auch hier die etwas geänderte Fassung. In dem Antrag heißt es unter Punkt 2: „Der Landtag bittet die geschäftsführende Landesregierung,...“ Wer dem Antrag der SPD in dieser geänderten Form zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD.Wer ist dagegen? – DIE LINKE. Damit ist auch dieser Antrag mit großer Mehrheit angenommen.Vielen Dank.
a) Landesjugendhilfeausschuss – Mitglieder nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Änderung von Vorschriften der Kinder- und Jugendhilfe vom 18. Dezember 2006 wählt der Landtag sechs in der Jugendhilfe erfahrene Personen als Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur Zusammenführung und Änderung von Vorschriften der Kinder- und Jugendhilfe ist für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied vorzusehen.
Der Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/150, liegt Ihnen vor. Werden weitere Vorschläge gemacht? – Das ist nicht der Fall. Es ist abgesprochen, dass die Wahl offen erfolgen kann. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall.Dann können wir zur Abstimmung kommen.
Wer diesem Wahlvorschlag, Drucks. 17/150, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit einstimmig so angenommen.