Protocol of the Session on April 24, 2008

Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so festgestellt.

Wir kommen dann zu dem Tagesordnungspunkt 20:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessens Landwirtschaft soll gentechnikfrei bleiben – Drucks. 17/54 –

Mir ist mitgeteilt worden, dass nach Verständigung in den Fraktionen der Antrag zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz überwiesen werden soll.Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag zur abschließenden Beratung überwiesen.

Wir kämen dann zu dem Tagesordnungspunkt 21, dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main weiterentwickeln, Drucks. 17/56. Hierzu liegt mir noch ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main weiterentwickeln, Drucks. 17/100, vor, der auf Ihren Plätzen verteilt wurde. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Punkt 45 der Tagesordnung und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit dem Tagesordnungspunkt 21 beraten werden.

Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 21

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main weiterentwickeln – Drucks. 17/56 –

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 45 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main weiterentwickeln – Drucks. 17/100 –

Hierzu liegen mir bis jetzt keine Wortmeldungen vor.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich fang mal an!)

Frau Sorge. Möchte für die Antragstellerin, die SPDFraktion, jemand reden? – Frau Sorge, Sie erhalten das Wort.

Gern, danke. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist jetzt ein freundlicher Akt,denn ich glaube,der Kollege Grumbach hat nicht mitbekommen, dass wir den einen Tagesordnungspunkt verschoben haben. – Da ist er. Was machen wir jetzt? Willst du doch? Geht das noch?

(Gernot Grumbach (SPD): Mach du es!)

Okay, dann fange ich an.

Meine Damen und Herren, ich zitiere einmal aus einem Kommentar der „FAZ“ von heute. Da schreibt Mechthild Harting:

Vielleicht gibt es den Fonds heute Abend nicht mehr. Oder er nimmt seine Arbeit auf. Vielleicht passiert auch wieder lange nichts mehr. Dass die CDU in der Region nach Monaten der Lethargie gerade in dem Augenblick aktiv wird und einen Geschäftsführer benennt, als der SPD-Antrag eingebracht wird,der die Auflösung des gesamten Vorhabens fordert, ist jedenfalls eine unglaubliche Parallelität der Ereignisse.

Dem kann ich mich nur anschließen.Aber ich muss sagen, dass ich bei diesem Tagesordnungspunkt weder die Posi

tion der CDU noch die der SPD teile. Wir haben diese Diskussion um die Weiterentwicklung und die Zusammenarbeit der Kultur im Rhein-Main-Gebiet und um die Leuchttürme der Kultur im Rhein-Main-Gebiet jetzt schon seit Jahren geführt. Ich muss sagen: Auch wenn wir die Mediation und zuvor die drohende Einführung eines Kulturzwangsverbandes hatten, habe ich heute hier den Eindruck, dass wir keinen Schritt weitergekommen sind. Das ist ausgesprochen schade.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun hat sich die Kulturmediation ungefähr im Mai letzten Jahres darauf geeinigt, einen Geschäftsführer für den in der Kulturmediation neu entstandenen Kulturfonds zu berufen. Hier wollte die Landesregierung auch finanziell unter die Arme greifen.Aber bislang ist nichts geschehen. Das zeigt, dass der Landesregierung bislang nichts an einer Lösung für die Kultur in der Rhein-Main-Region gelegen war.

Aber das Pferd einfach noch einmal neu aufzuzäumen und zu sagen, na ja, die Kulturmediation war eine ganz nette Runde, die sich da getroffen hat, aber wir machen jetzt alles wieder ganz anders und stecken alles in die Kultur GmbH – das wird einer Lösung für die Kultur im Rhein-Main-Gebiet nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist so, dass wir sehr lang und intensiv über dieses Thema gestritten haben. Ministerpräsident Koch wollte damals mit der Androhung eines Kulturzwangsverbandes die Handlungsoptionen noch einmal beschleunigen.Aber er hat im Rahmen dieser ganzen Debatte auch ziemlich viel Unmut in die Region hineingeführt. Ein Zeichen dafür ist, dass inzwischen der damalige Landrat des Hochtaunuskreises Justiz- und jetzt auch Kultusminister ist. Ich glaube, das liegt insbesondere daran, dass er damals in dieser Debatte einer der härtesten Kritiker von Roland Koch gewesen ist.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Banzer hat damals schon genau die Kritik an dem Kulturzwangsverband geäußert, die ich nach wie vor teile, dass nämlich die Kommunen nicht richtig eingebunden sind. Ich glaube, so bekommen wir eine gute Weiterentwicklung der Kultur im Rhein-Main-Gebiet nicht hin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir GRÜNE haben damals einen eigenen Vorschlag in die Debatte eingebracht, der ein großer Wurf gewesen wäre und für den ich heute noch einmal werben möchte, weil ich glaube, dass die Bedingungen heute besser sind denn je.Wie gesagt, wir haben heute im Landtag die Situation, dass wir uns alle zusammensetzen und nach den besten Lösungen ringen müssen, statt nur nach Mehrheiten zu schauen. Wir wollen nämlich vielerlei mit der Neuausrichtung der Kultur im Rhein-Main-Gebiet erreichen. Zum einen wollen wir die Zusammenarbeit fördern. Wir wollen, dass die Rhein-Main-Region endlich zusammenwächst.Was ist da besser geeignet als die Kultur?

Zum Zweiten wollen wir das, was der Ministerpräsident unter den Begriff „Leuchttürme“ gefasst hat. Natürlich wollen wir auch Strahlkraft im internationalen Wettbewerb haben. Denn gerade für die Metropolregion ist die Konkurrenz selbstverständlich nicht Nordhessen oder Südbayern, sondern wir konkurrieren im Rhein-MainGebiet natürlich mit Paris, New York, London usw. Deswegen brauchen wir auch hier diese Strahlkraft. Das im

pliziert aber auch – das hat keine der beiden Lösungen, die hier vorgeschlagen werden, mit berücksichtigt –, dass es eine Neuverteilung der Finanzen im Kulturbereich gibt – sowohl im Bereich des Landes Hessen als auch in der Region. Denn die Finanzierung der Landesmuseen und der Staatstheater ist allein eine Kulturfinanzierung der Städte Kassel, Wiesbaden und Darmstadt, aber die Stadt Frankfurt, die natürlich die Metropolenfunktion in der Rhein-Main-Region hat, wird im Verhältnis benachteiligt. Das sage ich jetzt einmal ganz freundlich. Ich weiß, dass hier mehrheitlich Nichtfrankfurterinnen und -frankfurter sitzen.

(Florian Rentsch (FDP): Das ist auch gut so, Frau Kollegin!)

Ich denke, dass allen klar sein muss, dass es für die Frage immanent wichtig ist, mit wem wir konkurrieren und wie wir die Kulturregion auch für den Wettbewerb zwischen den Regionen gut aufgestellt bekommen. Noch dazu hat das etwas mit dem Thema Gerechtigkeit zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt haben wir hier die Situation, dass fünf Minuten bei diesem Thema nicht ausreichen. Wir diskutieren das seit vier oder inzwischen sogar schon seit über 10 oder 15 Jahren. Denn damit ist natürlich auch die Regionaldebatte verbunden. Aber heute diskutieren wir aktuell dieses Thema, weil die SPD den Antrag eingebracht hat, den Kulturfonds auszusetzen bzw. gar nicht erst zu installieren. Wir lesen heute Morgen in der „FAZ“, dass urplötzlich die CDU oder die Landesregierung einen Geschäftsführer des Kulturfonds berufen will.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich war auch beim letzten Satz.

Wir beantragen, dass wir wenigstens diese Diskussion im Ausschuss noch einmal ausführlich führen, sodass wir einen parlamentarischen Beschluss haben, wohin die Reise geht.Wir beantragen, bis dahin die Einsetzung dieses Geschäftsführers erst einmal nicht vorzunehmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Als Nächster hat für die antragstellende SPD-Fraktion Kollege Grumbach das Wort. Ich will noch ein Versäumnis nachholen: Die Redezeit ist auf fünf Minuten vereinbart.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Wenn man zusammenfassen will, was in der Rhein-Main-Region passiert, dann könnte man gerade in der Kulturpolitik die Überschrift wählen: Zu viel PR, zu wenig Politik. Denn jedes Mal, wenn ein Politiker dieser Region sich profilieren will als jemand, der die Region vorantreibt, dann gründet er eine neue Institution oder schlägt eine neue Institution

vor, oder er schlägt eine Alternative zu einer Institution vor.

Ich glaube, diesen Prozess muss man irgendwann beenden. Solange wir es nicht gemeinsam schaffen, die Region zu dem zu machen, was sie eigentlich sein müsste, nämlich eine zusammengewachsene, in vielen Fragen zusammenarbeitende und durchstrukturierte Region, so lange sollte man, so glaube ich, nicht die Zahl der Teilnehmer und der Veranstaltungen erhöhen, sondern wir sollten relativ kühl an dieser Stelle zusehen, dass wir einen kontinuierlichen Prozess bekommen. Das Spannende ist nämlich, dass die immer neuen Gründungen dazu führen, dass der Prozess diskontinuierlich wird. Da wird eine Kulturgesellschaft gegründet, und dann wird irgendwann etwas anderes angefangen.

Das ist ein Weg der Vernichtung von Geld und Arbeit. Ich glaube, dass dieser Hochmut, der darin steckt, von denjenigen, die jeweils die Initiatoren sind, sie wüssten alles besser als diejenigen, die das vorher gemacht haben, einfach ignoriert, dass die Schwierigkeiten derer, die handeln müssen – ob das in einer GmbH oder sonst wo ist –, mehr mit den Problemen der Region zu tun haben als mit der Frage von anderen Ideen.

Deswegen sagen wir: Lasst uns nicht noch etwas Neues machen. Vor allen Dingen finde ich Folgendes ein bisschen merkwürdig. Das haben wir aber auch schon in der Debatte um die Erklärung der Landesregierung gesagt. Da ging es um den Missbrauch des Wortes Mediation.Mediation hat etwas mit Interessenausgleich zu tun. Das bedeutet einen bestimmten Weg,zu einem Ergebnis zu kommen.

Die Kolleginnen und Kollegen, die an dem Mediationsverfahren beteiligt waren, haben zu nicht geringen Teilen freundlich berichtet,dass das mit dem Interessenausgleich eben nur in Grenzen funktioniert hat und dass das Schlussergebnis sehr viel mit sehr begrenzten Interessen zu tun hatte. Der erste Punkt lautet also: Nicht immer etwas Neues anfangen, sondern lasst uns einmal ein Projekt zu Ende führen.

Zweiter Punkt. Da bin ich bei dem Dringlichen Antrag, den wir eingebracht haben.Wir haben das hier sehr spannend in großer Emphase gehört: Es gibt eine neue Form der Politik in Hessen. Dann beantragt eine Fraktion in einem Teilbereich eine Entwicklung, wie sie sein könnte – und siehe da: statt dass die Landesregierung in die Debatte geht und wir gemeinsam darüber reden können, ob der Weg, den wir vorgeschlagen haben, oder der, den die Landesregierung eingeschlagen hat, auch in anderer Konstellation in diesem Landtag tragfähig ist, wird etwas aus dem Hut gezaubert und gesagt: Hier wird eine Stelle besetzt,die die Landesregierung im letzten halben Jahr nicht interessiert hat. – Damit es kein Missverständnis gibt, will ich an dieser Stelle sagen:Wir haben dort eine Besetzung, wo ein guter Mann auf einem schlechten Job verheizt wird. Ich finde, das sollten wir nicht machen, sondern wir sollten dafür sorgen, dass hier Kulturpolitik zusammengeführt wird.

Da bin ich dann nicht nur bei der Frage des Standortes.Da bin ich nicht nur bei der Frage, dass das längst ein harter und kein weicher Standortfaktor mehr ist. Es geht auch ein Stück um die Frage von Identität. Eine der Kernauseinandersetzungen der Landespolitik der vergangenen Jahre war, dass die Anforderungen, die sie an die Kommunen gestellt hat, bedeuten, dass das, was vor Ort eine Gemeindeidentität bildet, sozusagen abgebaut werden

muss, damit das, was in der Region Identität bilden soll, aufgebaut werden kann. Das ist jedenfalls der falsche Weg.

Der richtige Weg ist,beides gemeinsam wachsen zu lassen. Dafür sind wichtige Wege eingeschlagen worden. Wir haben mit der Kultur GmbH einen ganz richtigen Weg gefunden. Unsere Auffassung ist – wir können im Ausschuss ganz entspannt darüber diskutieren, ob es weitergeht –, dass es klüger ist, auf dem aufzubauen, was an Arbeit geleistet ist, statt wieder von vorne anzufangen, so wie es die Landesregierung hier versucht hat.

Ich wünsche mir eine spannende Beratung im Ausschuss. Es geht um ein bisschen mehr als nur um eine Nebensache. Ich wünsche mir aber auch eine Landesregierung, die ihre Geschäfte so führt, dass das Parlament in der Rolle bleibt, die es hat, dass es nämlich in Ruhe zu Ende beraten kann und wir dann einen gemeinsamen Weg finden können. Vielleicht schaffen wir es ja mit fünf Fraktionen. Wir werden es sehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)