Protocol of the Session on April 22, 2008

Wenn die Verfassung eine bestimmte Form des Zusammenlebens unter besonderen Schutz stellt, diskriminiert sie damit nicht andere Lebens- und Gemeinschaftsformen, die nicht in jeder Hinsicht an besonderen Schutz- und Fördermaßnahmen teilhaben.

Das heißt übersetzt schlicht: Die Nichtgleichbehandlung in der Privilegierung ist nicht automatisch Diskriminierung. – Das ist der entscheidende Punkt, und darüber ist zu diskutieren. Herr Dr. Jürgens, an der Stelle unterscheiden wir uns.

(Beifall bei der CDU)

Ehe und Lebenspartnerschaft sind eben für uns nicht das Gleiche. Deswegen wollen wir diese beiden Fragen auch unterschiedlich behandeln – unterschiedlich, ohne dass wir deswegen Lebenspartnerschaften benachteiligen oder diskriminieren wollen. Aber die Wertentscheidung des Grundgesetzes in Art. 6 bezieht sich eben auf die Ehe.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Minister Jürgen Banzer: Ja!)

Herr Dr. Jürgens.

Herr Minister,teilen Sie meine Auffassung,dass jedenfalls aus der Sichtweise der Betroffenen genau der Satz, den Sie vorgelesen haben, nur belegt, dass gelegentlich die Sichtweise von Juristen auf die Frage, was eine Diskriminierung ist, vonseiten der Betroffenen durchaus unterschiedlich gesehen und bewertet wird?

Einverstanden. Der Standort des Diskussionsbeteiligten prägt natürlich seine Meinung. Das wissen wir auch aus anderen Erkenntnisprozessen. Ich bin bisher immer ganz gut damit gefahren, wenn man sich daran orientiert, wie das Bundesverfassungsgericht in einer etwas abgehobenen Form solche Fragestellungen beurteilt.

Für mich ist das schon spannend: Gibt es einen Unterschied, der die Entscheidung des Grundgesetzes rechtfertigt, Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft ungleich zu behandeln? Ich glaube, das ist gerechtfertigt. Diese Unterscheidung ist nicht nur wegen des Zusammenhangs mit der Familie gerechtfertigt. Ich glaube, dass es nicht richtig ist, von einem Lebensentwurf Ehe zu sprechen. Man kann von einem Lebensentwurf eingetragene Partnerschaft sprechen. Bei der Ehe würde ich von einem gesellschaftlichen Leitbild sprechen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Wolfgang Grei- lich (FDP))

Das ist der Unterschied.Wir sollten mit aller Gelassenheit und auch mit einer gewissen Zufriedenheit feststellen, dass es heute nicht mehr um Diskriminierungen, negative Urteile und Vorurteile geht. Wie Sie gesagt haben, ist das gesellschaftlich anerkannt,gesellschaftlich akzeptiert,und das ist auch richtig. Trotzdem besteht die Frage, ob man das genau so privilegieren soll wie die Ehe. Ich glaube, das sollten wir nicht tun.Wir sollten hier unterscheiden.

Bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs sollten wir all jenen Fragestellungen, die sich aus der besonderen Verbindlichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft ergeben, Rechnung tragen. Natürlich sind Befangenheiten zwischen Lebenspartnern genauso denkbar wie zwischen Eheleuten. Deswegen halte ich alle Konsequenzen daraus für das juristische Verfahren für richtig.

Aber bei den anderen Fragen, bei denen es um die Auswirkungen der Übernahme der Privilegierung der Ehe durch das Grundgesetz auf Lebenspartnerschaften geht, habe ich Bedenken.

Ich finde, das sollten wir offen und gelassen austragen. Diese Diskussion wird dem ganzen Landtag guttun.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Damit ist diese Aussprache beendet. Die erste Lesung ist vollzogen.

Wir überweisen den Gesetzentwurf Drucks.17/38 zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss, federführend, und an den Innenausschuss, beteiligt. – Dem wird nicht widersprochen. Damit ist das beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung

rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunk- änderungsstaatsvertrag) und zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften – Drucks. 17/45 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Das Wort hat Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat dem Landtag den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.

Der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll am 1. September 2008 in Kraft treten. Im Wesentlichen umfasst er drei Regelungsbereiche. Zum einen betrifft er die Strukturreform der Landesmedienanstalten, zum Zweiten die bundesweite Zuordnung und Zuweisung von drahtlosen Übertragungskapazitäten und drittens die Plattformregulierung.

Zum Problem einer Änderung der Struktur der Landesmedienanstalten wurde in der Zwischenzeit durch die Länder festgelegt und Ihnen zur Zustimmung vorgelegt, neue Kommissionen im Bereich der Landesmedienanstalten zu bilden. Demgemäß verpflichtet dieser Staatsvertrag die Landesmedienanstalten, eine neue Kommission für die Zulassung und die Aufsicht, kurz ZAK genannt, zu gründen. Sie besteht aus den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten, das sind in der Regel die Direktoren derselben. Diese Kommission entscheidet über alle materiellen Fragen der Zulassung und der Aufsicht bundesweiter Rundfunkveranstalter verbindlich und abschließend. Lediglich der Vollzug dieser Entscheidungen ist weiterhin von derjenigen Landesmedienanstalt zu erledigen, bei welcher der Rundfunkveranstalter den Zulassungsantrag gestellt hat.

Ebenso wie bei der Zulassung und Aufsicht ist auch bei der Ermittlung der Konzentration im Medienbereich eine Veränderung vorgenommen worden. Die KEK – so wird diese Kommission genannt – hat eine neue Zusammensetzung und besteht künftig aus sechs Sachverständigen und sechs Vertretern der Landesmedienanstalten; der Vorsitz liegt immer bei einem Sachverständigen, der dann auch den Stichentscheid hat.

Mit all diesen Veränderungen versucht man eine stringentere und einheitlichere Struktur bei den Landesmedienanstalten, bei den Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen, aber auch bei der Ermittlung des Konzentrationsbedarfs vorzunehmen.

Die zweite Änderung betrifft die bundesweite Zuordnung und Zuweisung von drahtlosen Übertragungskapazitäten. Eine solche Zuordnungsgemeinschaft im Sinne einer bundesweiten Ländergemeinschaft gab es bisher nur bei terrestrischen Satellitenkanälen. Im Zuge der Digitalisierung insbesondere der terrestrischen – d. h. der sendergebundenen – Übertragungskapazitäten wurde es zwischenzeitlich notwendig, auch bei anderen neuen Rundfunkübertragungstechnologien, etwa dem digitalen terrestrischen Fernsehen oder dem sogenannten Handy-TV, eine länderübergreifende Zuordnung von Übertragungskapazitäten zu ermöglichen. Hierbei betrifft die Zuordnung der Übertragungskapazitäten die Frequenzoberverwaltung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Landesmedienanstalten. Sie wird von den Ministerpräsidenten durch einstimmigen Beschluss wahrgenom

men. Dieser Beschluss orientiert sich bei Einvernehmen der betroffenen Bedarfsträger an deren Verständigung.

An dieser Stelle will ich sagen,dass im Hinblick darauf gerade jetzt von mir in Hessen die Zuordnungsentscheidung für das Handy-TV getroffen worden ist, im Einvernehmen mit allen Betroffenen,also den öffentlich-rechtlichen Anbietern und den Landesmedienanstalten sowie der Mobile 3.0, von der Sie alle wissen, dass dies das ausführende Unternehmen für Handy-TV ist. Insofern gab es hier eine Verständigung. Auch hier werden nur notarielle Funktionen wahrgenommen.

Die dritte Änderung betrifft die Plattformregulierung. Hier ist eine Anpassung an neuere technische Entwicklungen notwendig gewesen. Regelungsanliegen ist es hier, zu gewährleisten, dass die Grundsätze zur Sicherung der Meinungsvielfalt auch bei Nutzung der neuen Technologien, soweit Rundfunkprogramme oder vergleichbare Telemedien über digitale terrestrische, kabelgebundene oder satellitenbezogene Plattformen verbreitet werden, gewahrt werden.

Dies sind die wesentlichen Änderungsgegenstände des Ihnen vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsvertrags. Dazu liegt Ihnen noch eine Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes vor. Diese Änderungen dienen, wie üblich, der Anpassung dieses Gesetzes an die neuen Staatsvertragsregelungen. Beim Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag fallen sie vergleichsweise umfangreich aus, da dieser Staatsvertrag mit der Vergemeinschaftung von Zulassung und Aufsicht über die bundesweiten privaten Rundfunkveranstalter erstmals auch die materiellen Zulassungsvoraussetzungen und die Aufsichtsinstrumentarien einheitlich regelt.

Bezogen auf bundesweite Sachverhalte ist insofern der Anwendungsbereich des Hessischen Privatrundfunkgesetzes insgesamt zu reduzieren. Ebenso ist bei der Regelung der Frequenzzuordnung klarzustellen, dass – soweit es sich um einen bundesweiten Versorgungsbedarf handelt – künftig nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags zu verfahren ist.

Ich denke, bei den Beratungen im Hauptausschuss können wir weitere Einzelheiten intensiv diskutieren. Ich hoffe, der Landtag gibt diesem Zustimmungsgesetz seine Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Das erste Wort zur Aussprache hat Abg. Siebel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist der Erste von dreien, die sich derzeit in der Warteschleife befinden.

Soweit ich es überblicke, hat es Staatsminister Grüttner korrekt dargestellt. Er ist in den wesentlichen Punkten nicht umstritten, sondern er behandelt die regelungsbedürftigen Fragen.

Die wesentlichen hat Herr Grüttner genannt: die Digitalisierung, auch die Organisationsformen in der ZAK, also der Kommission für Zulassung und Aufsicht, der Gremienvorsitzendenkonferenz, der KEK, der Kommission

für den Jugendmedienschutz, derer sich die Landesmedienanstalten bei der Vorbereitung ihrer Entscheidungen bedienen können. Es ist richtig, das zentral zu organisieren.

An der einen oder anderen Stelle könnte man eine andere Auffassung haben, etwa bei der Frage der Zusammensetzung dieser Kommissionen. Aber wir wissen, Rundfunkstaatsverträge sind immer ein Gesamtkunstwerk unterschiedlicher Abwägungen, und deshalb ist das so vertretbar.

Einen Bereich will ich noch nennen,der vielleicht nicht zu den zentralsten gehört, den ich aber durchaus für erwähnenswert halte: den § 8a zur Regelung der Gewinnspiele. Die dort getroffenen Regelungen sind richtig.

Wir wissen, dass es an der einen oder anderen Stelle – ich will es einmal sehr vorsichtig sagen – zu Ungereimtheiten gekommen ist. Da müssen die Landesrundfunkanstalten in die Situation versetzt werden, dass sie, wenn es dort tatsächlich zu Dingen kommt, die mit dem Verbraucherschutz nicht mehr kompatibel sind, entsprechend eingreifen können.

Nun zur vorgeschlagenen Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes. Ich begrüße es, dass es jetzt zu einer Regelung gekommen ist, die die Namensnennung nach Beiträgen im offenen Kanal anbelangt. Es ist, so glaube ich, ein Entgegenkommen in Bezug auf das grundgesetzliche Recht auf informelle Selbstbestimmung. Im Falle dessen, dass dort eine oder einer einen Beitrag gemacht hat, wird nur noch der Name genannt, nicht aber die Adresse. Diese kann bei den Landesmedienanstalten jeweils abgefragt werden, sofern seitens des Rezipienten das Bedürfnis besteht, mit denjenigen Kontakt aufzunehmen, die einen Beitrag verfasst haben. Alles andere ist – Sie können dies in der Begründung nachlesen – sehr häufig mit dem Terminus belegt, dass es dabei um „Umsetzungen“ bzw.„Anpassungen“ gehe.Das ist im Kern in vielen Bereichen auch der Fall.

Lassen Sie mich noch zu dem, was in den Beratungen nicht so sehr hervorgehoben wird, eine Bemerkung machen. Das sind die Protokollnotizen. Es gibt derer zwei Gruppen. An der einen Gruppe hat sich auch das Land Hessen beteiligt.Ich halte es für richtig,was das Land zum Thema Fensterprogramme in der Protokollnotiz niedergeschrieben hat.

Die zweite Protokollnotiz bezieht sich auf einige andere Länder, die es offensichtlich als notwendig erachtet haben, als Protokollnotiz zum Zehnten den Gegenstand des Elften aufzurufen – nämlich die Frage, welche Anforderungen sie an eine bestimmte Gebührenstruktur haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu will ich nichts sagen,weil in diesem Zusammenhang die Eier noch nicht richtig ausgebrütet worden sind. Ich will aber etwas zum weiteren Verfahren in Bezug auf die Rundfunkänderungsstaatsverträge sagen, insbesondere im Hinblick auf den Zwölften.

Erstens. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es für dringend geboten – gerade in der neuen Konstellation, in der wir im Hessischen Landtag zusammensitzen –, dass wir im Hinblick auf die Staatsverträge und insbesondere auf die Rundfunkstaatsverträge zu einer neuen Verständigung kommen. Ich halte es für dringend geboten,dass der Hessische Landtag regelmäßiger und intensiver über die einzelnen Schritte, die die Hessische

Landesregierung, die Staatskanzlei, in den Verhandlungen geht, informiert wird.

Wir haben dies im Rahmen eines Obleutegesprächs von Herrn Staatsminister Grüttner durchaus zugesichert bekommen. Das halte ich für richtig, weil es letztlich ein hohes Risiko ist, wenn eine Landesregierung einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhandelt, jedoch das Parlament nicht entsprechend einbindet, sodass sie möglicherweise beispielsweise beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag damit konfrontiert wird, dass dieser im Landtag keine Mehrheit findet. Deshalb richte ich an die Landesregierung den Appell, in weiteren Verfahren – insbesondere im Hinblick auf den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag – sehr eng auch mit den Interessensphären dieses Hessischen Landtags und seiner Fraktionen zusammenzuarbeiten.Ich halte das für notwendig,um auch das neue Verhältnis im Hessischen Landtag entsprechend zu berücksichtigen. Das ist meine Bitte an die Landesregierung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)