Protocol of the Session on April 22, 2008

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt, um ein Beispiel herauszugreifen, Regelungen in den Laufbahnverordnungen,wonach Beamte nicht wegen der Pflege eines nahen Angehörigen unangemessen benachteiligt werden dürfen – ich verkürze das sinngemäß. Es gibt aus unserer Sicht keinen sachlichen Grund, die Pflege eines eingetragenen Lebenspartners anders zu behandeln als die eines Ehegatten. Es ist aus unserer Sicht auch nicht gerecht, wenn eingetragene Lebenspartner zwar inzwischen nach dem Bundesrecht bei der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gleichen Rechte haben und beitragsfrei mitversichert sind wie Ehegatten auch, bei der Beamtenbeihilfe aber nach wie vor leer ausgehen.

Es ist ebenfalls nicht gerecht, dass im Bundesrecht zwar inzwischen bei der gesetzlichen Rentenversicherung Lebenspartner eine Hinterbliebenenrente beziehen können, Beamtinnen und Beamte ihren Lebenspartnern aber keine Versorgung zukommen lassen können. Es ist nicht gerecht, wenn heterosexuelle Beamte Beihilfe und Versorgung für ihre Ehegatten erhalten können, homosexuelle aber nicht. Wir meinen, die homosexuellen Beamtinnen und Beamten sollten ihrem Dienstherrn genauso viel wert sein und genauso viel Fürsorge wert sein wie ihre heterosexuellen Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren,gegenwärtig ist die Rechtslage in Hessen durchaus uneinheitlich. Es gibt verschiedene Rechtsvorschriften, die Rechtsfolgen an den Begriff der Angehörigen knüpfen, und durch die bundesgesetzliche Regelung sind davon automatisch inzwischen auch die eingetragenen Lebenspartnerschaften umfasst. Außerdem gibt es eine Reihe von einzelnen Vorschriften, z. B. das Verwaltungsverfahrensgesetz, bei denen in den letzten Jahren eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Eheleuten stattgefunden hat.Wir wollen das aber systematisch vereinheitlichen und in allen Vorschriften verankern. Das ist der Sinn unseres Gesetzentwurfes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sehen im Übrigen auch weiterhin keine Benachteiligung der Ehe durch eine Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften. Wir sehen uns da in völliger Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2002 – damals gegen die bundesgesetzliche Regelung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden – ich zitiere –:

Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich- oder nahekommen. Dem Institut der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können.

Genau so ist es. Natürlich könnte man darüber streiten, wenn heterosexuelle Partner eine Lebenspartnerschaft eingehen und diese rechtlich mit der Ehe gleichgestellt werden sollte, dass dies eine Benachteiligung der Ehe ist oder ihrem besonderen Schutz nicht gerecht wird.

Bei Menschen, die als Homosexuelle keine Ehe eingehen können, hat das aber nach unserem Dafürhalten nichts mit einer Benachteiligung der Ehe zu tun, sondern es ist, was es immer war: eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Es ist höchste Zeit, dass wir mit dieser Diskriminierung Schluss machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir haben in der letzten Legislaturperiode schon einmal einen Gesetzentwurf zu diesem Thema eingebracht und über ihn debattiert. Der Redner der CDU-Fraktion hat damals gegen eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit Ehen eingewandt, die eingetragenen Lebenspartnerschaften leisteten – ich zitiere – „keinen generativen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft“. Daran ist natürlich so viel richtig, dass eingetragene Lebenspartner, Homosexuelle, keine gemeinsamen Kinder haben können. Das Bestehen einer Ehe ist aber weder eine hinreichende noch eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Kinder geboren werden, wie jeder von uns weiß.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Was ist mit Eheleuten, die gewollt oder ungewollt kinderlos bleiben? Die werden ja auch nicht von den für Ehen geltenden Regelungen ausgeschlossen, obwohl sie keinen „generativen Beitrag“ leisten wollen oder leisten können. Diejenigen,die zwar leisten wollen,aber nicht leisten können, würden doppelt benachteiligt. Das ist nach unserem Dafürhalten kein taugliches Argument, weiterhin eine Ungleichbehandlung aufrechtzuerhalten.

Ich bin guten Mutes und hoffe, dass auch bei der CDUFraktion seit der damaligen Debatte über den Gesetzentwurf ein Lernprozess eingesetzt hat, der dazu führt, gemeinsam für eine Gleichstellung von Schwulen und Lesben einzutreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir sehen uns in unserer Haltung im Übrigen auch in Übereinstimmung mit der jüngsten Entscheidung des Eu

ropäischen Gerichtshofs. Dieser hat mit Blick auf die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen entschieden, dass der Ausschluss von hinterbliebenen Lebenspartnerinnen und -partnern von einer Hinterbliebenenrente gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der sexuellen Identität verstößt. „Niemand darf wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden.“ Dieser Satz ist Bestandteil des europäischen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Meine Damen und Herren, wir in Hessen sollten nicht abwarten, bis der Europäische Gerichtshof dem hessischen Landesgesetzgeber sagt: „Das, was du machst, ist Unrecht.“ Wir sollten von uns aus handeln, eine Gleichstellung herbeiführen und das Unrecht beseitigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir würden damit einen Weg gehen, den andere Bundesländer schon eingeschlagen haben. Es ist ja nichts Neues, was wir hier vorschlagen. Inzwischen konnte in Bremen und in Berlin eine Gleichstellung erreicht werden. Das überzeugt zwar vielleicht noch nicht jeden in diesem Hause, aber auch in Niedersachsen hat der Landtag kurz vor Ende der letzten Wahlperiode einstimmig – mit den Stimmen aller Fraktionen! – beschlossen, dass die dortige Landesregierung aufgefordert wird, einen Entwurf für die Anpassung des niedersächsischen Landesrechts vorzulegen. Ich zitiere einen Satz aus dem Beschluss des Niedersächsischen Landtags:

Das Ziel ist es, Lebenspartner im gesamten niedersächsischen Recht mit Ehegatten gleichzustellen.

Das ist, soweit ich weiß, auch Bestandteil der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP in Niedersachsen.Diese Gleichstellung wollen wir auch im hessischen Landesrecht erreichen.Wir wollen also nichts anderes als das,was in anderen Ländern bereits gemacht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hamburg wurden Lebenspartnerschaften mit Gesetz vom 11. Juli letzten Jahres – also noch vor der schwarzgrünen Koalition – weitgehend gleichgestellt, auch bezüglich der Beamtenbeihilfe. Für Hamburg gilt allerdings die Besonderheit,dass alle Regelungen betreffend Besoldung und Versorgung erst im Zusammenhang mit einer generellen Neuordnung des Besoldungsrechts überarbeitet werden sollen.Aber auch Hamburg ist auf dem Weg zu einer generellen Gleichstellung.

Die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften ist aus unserer Sicht nicht aufzuhalten. Der Drang der Menschen nach Freiheit, nach Toleranz und gegen Diskriminierung ist stark genug und wird sich nach unserer Überzeugung früher oder später sowieso durchsetzen. Wir sollten als hessischer Landesgesetzgeber aber dafür sorgen,dass in Hessen schon jetzt mit der Benachteiligung von Schwulen und Lesben Schluss gemacht wird.Wir sollten das Gesetzgebungsverfahren aus unserer Sicht nicht übereilt, aber durchaus zügig vorantreiben. Ich bitte alle Fraktionen des Hauses um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und um gemeinsame fruchtbare Diskussionen im Ausschuss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Hofmann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDLandtagsfraktion begrüßt den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur gleichberechtigten Anerkennung eingetragener Lebenspartnerschaften auch im hessischen Landesrecht ausdrücklich.

Herr Dr. Jürgens hat bereits angesprochen, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft glücklicherweise zunehmend Akzeptanz gefunden haben. Wir wissen jedoch aus dem tagtäglichen Leben, dass es immer noch Unausgewogenheiten und zum Teil auch Diskriminierungen gibt.

Dass es das Rechtsinstitut „eingetragene Partnerschaft“ seit 2001 gibt, haben wir, das möchte ich hier ausdrücklich sagen, der damaligen rot-grünen Bundesregierung zu verdanken.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Rechtsinstitut wurde auch vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt. Eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet gegenseitige Rechte und Pflichten, begründet eine gemeinsame Fürsorge und Unterstützung, etwa im Hinblick auf lebenspartnerschaftlichen Unterhalt. Ich möchte das ausdrücklich unterstützen, was Herr Dr. Jürgens bereits gesagt hat: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil sehr klar festgehalten, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft eben nicht in Konkurrenz zur Ehe steht, sondern ein eigenständiger Lebensentwurf ist, den zwei Menschen in der freiheitlich-toleranten, offenen Gesellschaft, in der wir leben, für sich gewählt haben. Die eingetragene Lebenspartnerschaft verdient deshalb auch unsere staatliche Unterstützung.

Dieses Rechtsinstitut ist – da hat der Bundesgesetzgeber seine Hausaufgaben zum Teil besser gemacht als der hiesige Landesgesetzgeber – in den letzten Jahren auf Bundesebene weiterentwickelt worden, z. B. im Hinblick auf das Unterhaltsrecht, das Adoptionsrecht und die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Aber es gibt noch zahlreiche Lücken und Ungereimtheiten, etwa im Steuerrecht – man denke z. B. an das Ehegattensplitting – oder bei der Hinterbliebenenversorgung. Herr Dr. Jürgens hat bereits darauf hingewiesen.

Ich möchte eine weitere Gerichtsentscheidung anführen, weil sie ganz gut in die aktuelle Diskussion passt. Der EuGH hat am 01.04.2008 entschieden, dass verpartnerten Beschäftigten im Rahmen ihres Rechts auf gleiches Arbeitsentgelt aufgrund der Gleichberechtigungsrichtlinie Hinterbliebenenrente zustehen kann. Bedauerlich ist nur, dass die Bundesebene, was die Formulierung eines bundesrechtlichen Erweiterungsgesetzes in diesem Zusammenhang anbelangt, nicht so zu Potte kommt, wie sich das der eine oder andere wünscht. Umso wichtiger ist es, dass wir in Hessen endlich unsere Hausaufgaben machen.

Dem trägt der Gesetzentwurf, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vorgelegt hat, in hohem Maße Rechnung. Das muss man anerkennen. Es werden in Bezug auf dieses Rechtsinstitut umfassende Anpassungen im Landes

recht vorgenommen, z. B. im Hessischen Besoldungsgesetz oder in der Beihilfenverordnung. Ich denke, wir haben diesbezüglich gerade im Beamtenrecht in wichtigen und zentralen Bereichen einen Nachholbedarf.

An Schwachstellen des ersten Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde nachgebessert. Man hat in der letzten Legislaturperiode versucht, der Kritik mit einem Änderungsantrag zu begegnen. Ich denke, dass der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir freuen uns schon auf die Anhörung und auf die Beratung im Fachausschuss.Wir erhoffen uns davon zahlreiche Anregungen, etwa auch in der Frage, wie weit man in die einzelnen Verästelungen des Landesrechts hineingehen muss und wie man das im Landesrecht gesetzestechnisch darstellen kann. Hierzu hat Herr Bruns in der damaligen Anhörung einige Gedanken vorgetragen.

Insofern freuen wir uns auch auf die entsprechende Anhörung und die Beratung über das Gesetz. Schließlich können wir schon auf die Gesetzesberatungen zurückgreifen, die wir in der letzten Legislaturperiode in diesem Zusammenhang durchgeführt haben.

Lassen Sie mich neben der Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen für die SPD-Landtagsfraktion noch einmal ausdrücklich feststellen: Es ist für uns ganz zentral und wichtig, dass die Diskriminierung in unserer Gesellschaft keinen Raum findet.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Deshalb ist dieser Gesetzentwurf für eine Gesellschaft, die tolerant, weltoffen und pluralistisch ist, ein Schritt in die richtige Richtung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Honka, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines möchte ich bei der Debatte über dieses Thema kurz vorwegschicken. Zu dem Begriff „Testen der Union“, der heute nicht erwähnt worden ist, müssen wir ganz klar feststellen: Dieses Thema ist einfach nicht dafür geeignet, um von einem parteipolitischen „Test“ zu reden. Vielmehr geht es uns um die Sache. Deswegen möchte ich als Allererstes diesen Punkt in einer kurzen Vorbemerkung zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden – das ist unsere Sache – wie jede andere Partei in diesem Haus auf der Basis unserer Grundwerte entscheiden. Wir werden sachlich, offen und umfassend diskutieren und ohne jegliche Vorfestlegungen in die Ausschussberatung gehen.

Frau Kollegin Hofmann hat es gesagt:Wir werden sicherlich eine neue Anhörung durchführen. Es wird auch darum gehen, was der Fall Maruko für jeden einzelnen Bereich des Landesrechts bedeutet. Zum Beispiel ist im Zusammenhang mit § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Frage zu stellen – Herr Dr. Jürgens hat sie bereits angesprochen –:Welchen Einfluss hat die Angehörigenrege

lung, die bereits im Landesrecht enthalten ist, für unsere Landesgesetze? Inwieweit müssen wir eigene Regelungen schaffen? Wo ist der Regelungsbedarf bereits gedeckt?

Um die Grundlage unserer Argumentation darzustellen, möchte ich ganz kurz einige Sätze aus dem Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands zitieren, das im Dezember 2007 verabschiedet worden ist. Dann sehen alle klar, was wir meinen, wenn wir darüber sprechen. Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:

Das christliche Menschenbild leitet uns auch in Zukunft.Jeder Mensch hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Person. Jeder trägt aber auch Verantwortung für seinen Mitmenschen.