Drittens. Überlastungen im Pflegebereich sind auch nach Angaben von ver.di durch die Unterfinanzierung der Krankenhäuser zu erklären. Eine Gewerkschaftssprecherin erklärte in der „FR“ vom 23.09., bezogen auf GießenMarburg, in der nicht privatisierten Uniklinik Frankfurt am Main sei es kaum besser. Pflichtgemäß fügte sie hinzu – ich will es vollständig zitieren –, es scheine wohl in privatisierten Kliniken etwas schlimmer zu sein, ohne dies aber zu belegen.
Viertens. In einer Publikation der BKK, 6/2008, S. 344 ff. – ich kann Ihnen das auch gerne geben – wird die Frage reflektiert: Sparen gewinnorientierte Träger durch Reduktion der Personal- und Sachausstattung an Behandlungsqualität, um profitabler zu werden? Die Antwort ist zusammengefasst im Krankenhausrating-Report 2008:
Krankenhäuser mit einer besseren Wirtschaftlichkeit weisen keine schlechtere Qualität auf, tendenziell eher eine bessere.
Werter Herr Kollege, zudem ist gerade in der Onkologie eine optimale Behandlung nur in Zentren möglich, damit die Betroffenen vom medizinischen Fortschritt profitieren können. Ein onkologisches Zentrum benötigt dringend die Zusammenarbeit mit privaten Geldgebern,sei es über Stiftungsprofessuren, weltweit angelegte Medikamentenstudien mit teuren Biologicals, PPP-Projekte bei Großgeräten für bildgebende Verfahren oder Bestrahlungstherapien.
steht vielmehr der durch Oskar Lafontaine gezüchtete Reflex, dass alle Privatisierungen schlecht und gefährlich seien. Festzuhalten bleibt, dass die anonymen Strippenzieher dieser Kampagne unverantwortlich gehandelt haben.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Bartelt. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Rentsch das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bewundere Herrn Kollegen Dr. Bartelt, der das mit sehr viel Contenance vorgetragen hat. Herr Kollege Dr. Spies, ich muss sagen, Ihnen ist in diesem Haus nichts zu billig.
Ich habe viel Verständnis dafür, dass wir uns hier politisch auseinandersetzen, dass wir über Sachverhalte streiten. Aber die SPD ist mittlerweile an solch einem Tiefpunkt angelangt, dass Ihnen wirklich kein Antrag zu billig und geschmacklos ist, um ihn in diesem Landtag zu stellen.
Herr Kollege Dr. Spies, ich weiß noch, wie Sie uns gemeinsam mit Ihrer Fraktion in den vergangen Monaten hier erklärt haben, was man in einer Aktuellen Stunde nicht thematisieren darf und soll. Sie thematisieren das Schicksal einer 62-jährigen Patientin in fünf Minuten und wollen damit einzig und allein Effekthascherei nach dem Motto betreiben: Die Privatisierung in Marburg ist schlecht gelaufen. – Es ist eine gnadenlose Unverschämtheit, was hier passiert.
Herr Dr. Spies, ich habe keine Lust mehr auf Ihre politischen Geplänkel nach dem Motto: Wir ziehen einen Einzelfall, ein Schicksal einer Frau hoch, um ein politisches Taktikspielchen zu betreiben.
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Ich habe die Presseberichterstattung zu diesem Fall gelesen.Wenn Sie den Sachverhalt komplett zitiert hätten, hätten Sie sagen müssen, dass der Sachverhalt mittlerweile aufgeklärt ist. Herr Kollege Dr. Bartelt hat das wunderbar gemacht.Wenn man hier einen solchen Sachverhalt schildert, dann muss man ihn vollständig und nicht nur teilweise schildern.
Außerdem versuchen Sie, hier den Tatbestand zu konstruieren, dass durch die Privatisierung der Uniklinika Gießen und Marburg und den Verkauf an die Rhön-Kliniken ein Sachverhalt eingetreten sei, dass Patienten schlechter versorgt seien, dass dadurch mehr Krankheits- und Todesfälle einträten. Das war übrigens Ihr Vorwurf schon damals, als die Privatisierung im Raum stand. Damals haben Sie den Leuten in Gießen und Marburg prognostiziert, es werde mehr Todesfälle geben. – Ich muss sagen, das ist für einen Politiker dieses Landes, für ein Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und vor allem für einen Arzt absolut indiskutabel.
Es ist schön, dass einige Kolleginnen und Kollegen in Ihren Reihen jetzt den Kopf schütteln. Aber ich muss Sie wirklich fragen:Ist das die Sozialdemokratische Partei der Zukunft, die im Niveau noch weiter heruntergeht, der nichts zu billig und nichts zu peinlich ist? Frau Kollegin Ypsilanti, Sie schütteln gerade den Kopf.
Meine Damen und Herren, der Sachverhalt zeigt eindeutig, dass in jeder Klinik unseres Landes Fehldiagnosen passieren können. Ich sage das aus eigener Erfahrung. Meine Mutter ist vor einigen Jahren in einer öffentlichen
Klinik durch Behandlungsfehler gestorben. Sie können sich vorstellen, dass solche Sachverhalte für jeden in irgendeiner Weise Traumata auslösen, dass so etwas mit Sicherheit in keiner Weise akzeptabel ist, dass bei Angehörigen und Betroffenen Wut über behandelnde Ärzte und Kliniken ausbricht. Aber den Vorwurf zu konstruieren, eine private Rechtsform sei für so etwas verantwortlich, ist einfach unterirdisch, Herr Kollege Spies.
Ich glaube, wir können nicht mehr von Ihnen erwarten. Wir haben das in den letzten Tagen gesehen, wie sich die SPD hier aufstellt. Aber vielleicht sollten Sie irgendwann einmal an die Betroffenen und an die Angehörigen denken, wenn Sie hier solche Sachverhalte hochziehen.
Die FDP ist der festen Überzeugung, dass die Privatisierung richtig war. Der Investitionsstau an diesen beiden Klinika ist endlich aufgelöst worden. Wir haben durch viele Gespräche vor Ort vieles erfahren. Es gibt unterschiedliche Meinungen, aber es gibt sicherlich keine überwiegende Meinung, dass die Privatisierung schlecht war.
Die Investitionen in beide Häuser waren dringend notwendig. Die Rhön-Klinken haben ein anderes Behandlungskonzept, aber sie haben ein Behandlungskonzept, das aus meiner Sicht für die Patienten sehr nachhaltig und sehr gut ist.
Herr Kollege Dr. Spies, sollten Fälle auftreten, wo es zu Fehldiagnosen oder Fehlbehandlungen kommt, dann sind wir als Landtagsabgeordnete gemeinsam aufgefordert, diese Sachverhalte aufzuklären.Dafür steht Ihnen der Sozialpolitische Ausschuss jederzeit mit einer Sondersitzung zur Verfügung. Die Ministerin steht Ihnen als Fachaufsicht an dieser Stelle genauso zur Verfügung, Herr Dr. Spies.Aber ich sage Ihnen ganz klar: Für politische, taktische Schauspielereien in diesem Haus ist ein solcher Fall wirklich zu schwerwiegend.
Herr Grumbach, ich muss sagen, dass ich vom Kollegen Spies nicht mehr gewöhnt bin. Das ist richtig.Aber Sie haben sich durch Ihre Zwischenrufe gerade wieder einmal absolut disqualifiziert. Sie müssen sehen, der Boden hört hier auf. Dass Sie immer noch einen Stock heruntergehen, ist nicht mehr zu übertreffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen solche Kaspereien nicht mit. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, im Sozialpolitischen Ausschuss den Sachverhalt ordnungsgemäß mit uns zu diskutieren. Dafür stehen wir gerne zur Verfügung. Wir stehen gemeinsam mit der Ministerin auch für Sondersitzungen zur Verfügung, wenn Sie das wollen.Wenn Sie Kaspereien wollen,dann machen Sie nur so weiter. Die SPD ist mittlerweile an einem Tiefpunkt angelangt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte, ehrlich gesagt, allen Vorrednern und allen Fraktionen der Vorredner raten, in dieser Diskussion ein bisschen abzuschichten.
Herr Dr. Bartelt, Sie waren in der letzten Legislaturperiode, als die Privatisierung von der Mehrheit hier im Landtag beschlossen wurde, noch nicht im Hause. Ich kann Ihnen sagen, dass einige der Argumente, die Sie genannt haben, absolut nicht wahr sind. Das Argument war nie, dass wir generell gegen Privatisierungen wären, sondern wir sind und waren ganz definitiv gegen die Privatisierung einer Uniklinik, weil ein ganz deutlicher Unterschied zu „normalen“ Krankenhäusern besteht.
Unikliniken haben neben dem Auftrag der Gesundheitsversorgung den Auftrag, die Freiheit von Forschung und Lehre zu wahren. Genau hier sahen und sehen wir nach wie vor ein Problem. Wir sagen Nein zur Privatisierung von Unikliniken.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNEN haben das in der Debatte zur Privatisierung der Unikliniken in Hessen immer sehr differenziert betrachtet. Wir haben auch immer gesagt, dass wir nicht auf der Seite derjenigen stehen wollen, die mit dem Argument in die Debatte treten, Privatisierung sei Mord.
Wir sind nach wie vor gegen die Privatisierung der Unikliniken in Mittelhessen.Wir glauben, dass es eine falsche Entscheidung war, und wir schauen sehr genau hin. Es gibt kritische Stimmen gerade beim Thema Freiheit von Forschung und Lehre.
Aber wir haben ein generelles Problem der Krankenhäuser. Das hat nichts mit Unikliniken und dem Thema Privatisierung von Unikliniken zu tun,sondern mit der Krankenversorgung generell. Deswegen gehen heute in Berlin auch, so vermute ich, mehrere Tausend Menschen auf die Straße, und das mit Recht.
Aber ich finde, dass diese Debatte an eine andere Stelle gehört. Lieber Kollege, Herr Dr. Spies, ich muss sagen, dass ich Ihnen als Vertreter einer Partei, die inzwischen auf Bundesebene schon mehrere Jahre die Bundesgesundheitsministerin stellt, raten würde, hier nicht die Ängste zu schüren, sondern tatsächlich an richtigen Lösungen interessiert zu sein.
Auch die Finanzierung von Unikliniken hat mit der Diskussion auf Bundesebene zu tun. Sie hat mit der Umstrukturierung in Richtung DRG zu tun. Und sie hat auch damit zu tun, dass man nach wie vor überlegen sollte, ob nicht Unikliniken bei diesen DRGs noch einmal gesondert behandelt werden, weil sie einen besonderen medizinischen Auftrag und besonders schwere Fälle zu behandeln haben. Diese Diskussion steht schon lange im Raum, aber eine Lösung ist noch nicht in Sicht.
Aber ich habe gesagt, dass ich mit den Argumentationen der drei Vorredner unzufrieden bin. Ich muss sagen, wenn wir in der Zeitung lesen, dass die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Unikliniken inzwischen Angst haben, Missstände überhaupt aufzuzeigen, wenn Kranke in dieses Krankenhaus gehen und das Gefühl haben, dass sie nicht richtig versorgt werden, und wenn die Pflegerinnen und Pfleger sagen,dass sie so überlastet sind,dass sie nicht mehr in der Lage sind, die Kranken ordentlich zu versorgen,