Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat im März dieses Jahres eine Vorschrift im Hessischen Rundfunkgesetz für verfassungswidrig erklärt.Wir haben jetzt August.Wir gehen derzeit daran, diesen verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Herr Hahn, ich bin ein Freund davon, verfassungswidrige Zustände möglichst zügig zu beseitigen. Man muss Fristen, die gesetzt werden, nicht ausschöpfen.
Dass eine Fraktion im Hessischen Landtag nicht unbedingt auf diejenigen wartet, die es schon einmal versemmelt haben, die nur ein verfassungswidriges Gesetz hinbekommen haben, ist doch wohl nahe liegend.
Man muss doch einmal den Kern der Sache festhalten. Die CDU/FDP-Mehrheit der 15. Wahlperiode hat gegen die Verfassung verstoßen. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt: Sie sind im Eifer des Gefechts, in Ihrem Kampf gegen politisch Andersdenkende, über das Ziel hinausgeschossen. Sie haben gegen die Rundfunkfreiheit verstoßen, Sie haben gegen die Eigentumsfreiheit und gegen die Freiheit der Parteien verstoßen. Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, wenn das Bundesverfassungsgericht sagen muss: Auch in Hessen gelten die Grundrechte – auch für die CDU und für die FDP.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)
Ich habe mir den Vorgang noch einmal angeschaut.Es war im Jahr 2002, als zwischen der zweiten und der dritten Lesung des Änderungsgesetzes zum HPRG plötzlich ein Änderungsantrag auf den Tisch kam, mit dem den anderen Fraktionen innerhalb weniger Minuten diese Regelung präsentiert wurde, die das Bundesverfassungsgericht dann aufgehoben hat. Ich habe mir die Debatte in der dritten Lesung noch einmal angeschaut. Da hat der damalige Abgeordnete Volker Hoff eine, wie ich sagen möchte, pointierte Rede gehalten. Das Protokoll vermerkt mehrfach Zwischenrufe des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden, der ihn viermal einen „Schmierfink“ nannte, was der Präsident ursprünglich nicht gehört hat, was dann aber zu einem Ordnungsruf führte. In dieser Rede sagte der Abg.Tarek Al-Wazir:„Herr Hoff,die Rede wird Ihnen noch einmal leidtun.“ Ich glaube, heute ist es soweit. Wenn Herr Hoff feststellt, dass er mit Schaum vor dem Mund einen Gesetzentwurf verteidigt hat, der den Makel der Verfassungswidrigkeit getragen hat, wird ihm diese Rede sicherlich leidtun.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)
In der Sache geht es um die Frage, in welchem Umfang Parteien eine Beteiligung an Rundfunkunternehmen gestattet sein soll. Es ist völlig unstreitig – das stand auch in der ursprünglichen Fassung des HPRG –, dass eine Partei selbst keinen Rundfunk betreiben darf.Das entspricht der
Die Parteien sind zwar nicht unmittelbar mit dem Staat gleichzusetzen, aber sie befinden sich doch in einer gewissen Staatsnähe, weil sie zu einem Gutteil darauf ausgerichtet sind, staatliche Macht zu erringen. Insoweit ist das völlig in Ordnung und völlig unstreitig.
Auch dann, wenn eine Partei einen bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen hat, wäre das nach meiner Beurteilung und auch nach der des Bundesverfassungsgerichts nicht zulässig.
Aber Sie sind darüber hinausgegangen und haben das auf jede auch nur irgendwie geartete Beteiligung bezogen.Ich glaube, es ging damals um eine 2-prozentige Beteiligung an dem Radiosender FFH. Dass dies nicht ausreicht, um in die Eigentumsrechte einzugreifen, hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt.
Wir werden jetzt im Hauptausschuss, auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen, sehr intensiv darüber reden müssen, ob das, was uns die SPD-Fraktion vorgelegt hat, der richtige Weg ist. Sie beziehen sich, nach dem Aktiengesetz, auf die Unternehmen, die von einer Partei beherrscht werden.
Ob das der richtige Maßstab ist oder ob es zwischen diesen zwei Positionen noch etwas gibt, darüber werden wir sicherlich sehr genau reden müssen. Aber dass wir zügig darangehen und nicht unbedingt warten, bis die Frist, die zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands in Hessen gesetzt ist, abgelaufen ist, halte ich für richtig und notwendig. Dieses Verfahren ist jetzt eingeleitet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es besteht in diesem Haus überhaupt kein Zweifel daran, dass die Parteien keinen Einfluss auf den Rundfunk nehmen dürfen. Ich habe auch von Herrn Siebel nichts in dieser Richtung gehört.
Herr Weinmeister,Sie haben das Problem ganz anders beschrieben. Sie haben wörtlich gesagt: „Wir haben das so in das Gesetz geschrieben, weil es unser Wille war.“ Diesen Willen hat das Bundesverfassungsgericht wieder einmal kassieren müssen. Ich frage hier nochmals, wo der Wille der CDU und der CDU-geführten Landesregierung in der Vergangenheit eigentlich seine Grenzen hatte.
Herr Hahn, wenn Sie sich hierhin stellen und die Korrektur einer vom Verfassungsgericht als nicht korrekt bewerteten Passage als „Peanuts“ bezeichnen, möchte auch ich Sie fragen, wo eigentlich das Verständnis von Rechtmäßigkeit innerhalb der FDP-Fraktion in diesem Hause ist.
(Beifall bei der LINKEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Steht im Urteil drin! Die Rede wird Ihnen noch einmal leidtun!)
Uns geht es ganz sicherlich darum, Transparenz auch in Bezug auf die Mittel und das Eigentum der Parteien herzustellen. Aber, sehr verehrter Herr Kollege, mit Ihrer Aufzählung haben Sie niemandem in diesem Hause – zumindest niemandem in meiner Fraktion – etwas Neues gesagt. – Danke sehr.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat spannend, sich mit der Wortwahl des Gesetzentwurfs, den die SPD-Landtagsfraktion vorgelegt hat, zu beschäftigen. Überschrieben ist er mit „Gesetz zur Neuregelung der Beteiligung von Unternehmen im Hessischen Privatrundfunkgesetz“. Wenn man ihn liest, stellt man aber fest,dass sich der Gesetzentwurf keineswegs auf Unternehmen bezieht, sondern ganz speziell und ausschließlich auf die Zulässigkeit von mittelbarer und unmittelbarer Parteienbeteiligung am privaten Rundfunk. Eigentlich müsste dieser Gesetzentwurf mit „Gesetz zur mittelbaren und unmittelbaren Beteiligung der SPD oder von Unternehmen mit SPD-Beteiligung am Privatrundfunk in Hessen“ überschrieben werden.
Es ist nach wie vor das Gleiche – das ist genau der Punkt, an dem auch der Kollege Weinmeister und der Kollege Hahn angesetzt haben –: Man muss einfach noch einmal Revue passieren lassen, warum es zu dem Gesetzentwurf im Jahr 2000 gekommen ist. Zum damaligen Zeitpunkt hat die SPD in der Tat versucht, mittelbar Einfluss auf den hessischen Privatrundfunk zu nehmen: über Unternehmensbeteiligungen, die wiederum gleichzeitig Gesellschafter bei FFH waren. Herr Kollege Weinmeister hat es mit der Klaus Lage GbR schon angedeutet.
Interessant ist, dass Klaus Lage nur 0,84 % an dieser GmbH hielt; dafür aber hielt die von der SPD dominierte dd_vg insgesamt rund 91 %.Warum hat man zum damaligen Zeitpunkt nicht gleich gesagt, dass das eine SPD-Beteiligung ist?
Oder nehmen wir den „Blitz-Tipp“, bei dem sich drei Gesellschafter schlicht und einfach die Beteiligung an FFH aufgeteilt haben, darunter die Beteiligungsgesellschaft „Neue Zeitung“. Wunderschön – das ist zu 100 % eine Tochter von Madsack, die immer noch an der dd_vg beteiligt und damit eine Beteiligung der SPD ist.
Ganz spannend ist auch der Ott-Verlag, an dem die Suhler Verlagsgesellschaft beteiligt war, an der wiederum die dd_vg einen 30-prozentigen Anteil hatte.Als man bei der Auflösung – in der Konsequenz der Umsetzung des Hessischen Privatfunkgesetzes aus dem Jahr 2000 – die Aufteilung der entsprechenden Anteile gesehen hat, konnte man feststellen, dass die Anteile vom Ott-Verlag, die veräußert werden mussten, auf die Schüren Verlag GmbH übergegangen sind. Herr Schüren ist politisch kein unbeschriebenes Blatt. Wir wissen genau, in welcher Partei er gewesen ist und welches Regierungsamt er wahrgenommen hat. Diese Übertragungen sind über Verträge gelaufen, in denen ganze Passagen geschwärzt worden sind, in denen Kaufpreise, die vereinbart worden waren, nicht zu erkennen waren.Wenn man gleichzeitig weiß, dass in die
sen Verträgen ursprünglich auch eine Rückholoption für die dd_vg enthalten war, wird einem klar, dass es der SPD ausschließlich um eine verdeckte Beteiligung am Privatrundfunk in Hessen geht.
Dies hat dazu geführt, dass es im Jahr 2000 zu einer sehr hitzigen Diskussion kam. Herr Kollege Dr. Jürgens hat recht: Herr Armin Clauss hat viermal den Ausdruck „Sie Schmierfink“ in den Mund genommen.Wenn Sie das Protokoll nachlesen – auch ich habe es dabei –, stellen Sie fest, dass er das viermal gesagt hat. Ich habe gesagt, dass er es dreimal in einem Zwischenruf angebracht hat.Aber als ich das Protokoll nachgelesen habe, habe ich festgestellt, dass er es tatsächlich viermal gesagt hat.
Ich kann mich gut an diese Diskussion erinnern. Man hat natürlich schon zum damaligen Zeitpunkt gemerkt, wie hoch die Emotionen geschlagen sind.Herr Dr.Jürgens hat jetzt sagt, das sei zwischen zweiter und dritter Lesung kurzfristig eingebracht worden und dass das parlamentarisch etwas problematisch sei. Ich erinnere ihn an den vor ein paar Monaten eingebrachten Gesetzentwurf der GRÜNEN, in dem es um die Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes ging. Sie haben den Parlamentariern noch nicht einmal die Möglichkeit gegeben,eine Anhörung durchzuführen. Sie haben ihnen dieses Recht verweigert.
Im Hauptausschuss haben Sie den „Gesetzentwurf“ kurzfristig eingebracht,um ihn dann durchzubekommen.Nach der Kurzfristigkeit brauchen wir an dieser Stelle also gar nicht zu fragen.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich nur an dem absoluten Verbot der Beteiligung von politischen Parteien, sei sie mittelbar oder unmittelbar, gestört und das für verfassungswidrig erklärt. Herr Kollege Hahn hat das sehr deutlich ausgeführt.
Aber es hat auch gesagt, dass der Gesetzgeber selbstverständlich die Chance hat, durch gesetzgeberische Maßnahmen zu verhindern, dass ein bestimmender Einfluss auf die Programmgestaltung genommen wird. Explizit hat das Bundesverfassungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung mitgeteilt – ich zitiere –:
Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, sich bei der Begrenzung der Beteiligungsmöglichkeiten der Parteien an Rundfunkunternehmen auf das Verbot einer Beherrschung im Sinne von § 17 Aktiengesetz zu beschränken.
Entscheidend ist nicht allein der nominale Anteil am Kapital oder an Stimmrechten, sondern der tatsächliche Einfluss auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte. Es obliegt dem Gesetzgeber, hierfür geeignete und nachvollziehbare Kriterien zu normieren.
Genau das sieht der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion nicht vor. Er gibt keine Kriterien vor. Entgegen der auch noch in der Begründung des Gesetzentwurfs zitierten Passage einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich der Gesetzentwurf im Text ausschließlich auf § 17 des Aktiengesetzes. Damit soll die mittelbare oder unmittelbare Beteiligung politischer Parteien am hessischen Privatrundfunk in einer Größenordnung von bis zu
49,9 % möglich werden. Das muss man einfach wissen. Es sind schlicht und ergreifend wirtschaftliche Interessen,die für die SPD dabei eine Rolle spielen. Dies ist jenseits der Fragestellung, inwieweit man dann auch auf die Inhalte Einfluss nehmen kann. Wenn dieser Gesetzentwurf zum Gesetz erhoben würde, würde ausschließlich eine Orientierung am Aktiengesetz und damit eine Festlegung auf bis zu 49,9 % erfolgen.
Wir wissen, dass es nur eine politische Partei in Deutschland gibt, die mit verschiedenen Verschachtelungen über ein richtiges Medienimperium verfügt. Sie kann dann entsprechenden Einfluss gewinnen. Dies betrifft schlicht und einfach die SPD. Deswegen müssen Sie ehrlich sagen: Sie wollen Ihre wirtschaftlichen Interessen wahren.
Meiner Meinung nach muss ein weiterer technischer Punkt der Gesetzgebung dringend angesprochen werden.
Herr Kollege Al-Wazir ist in seinem Zwischenruf vollkommen zu Recht auf die Frage eingegangen, inwieweit die SPD wirtschaftlich erfolgreich im Medienbereich gehandelt hat. Nur teile ich seine Auffassung nicht. Er hat Folgendes dazwischengerufen – das werden Sie sicherlich dem Protokoll entnehmen können –: Wäre die SPD doch auch anderen Stellen so erfolgreich, wie sie es mit ihren Medienbeteiligungen ist. – Da gebe ich Ihnen recht. Sie werden mit den Bestrebungen, die Sie da haben, keinen Erfolg haben. Aber mit der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft sind Sie mit einem Imperium von mehreren Hundert mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen wirtschaftlich durchaus erfolgreich. Das kann auch immer wieder den Rechenschaftsberichten der Bundespartei entnommen werden.Es ist gar keine Frage,dass das der Fall ist.
Ich will an der Stelle aber schon sagen, dass es noch einen anderen Punkt in der Gesetzgebungstechnik gibt, den man ansprechen muss. Weil sie verdeckt gewesen waren, waren die Beteiligungen der SPD am landesweit tätigen Hörfunkveranstalter Hit Radio FFH bekanntlich der Grund dafür, warum der hessische Gesetzgeber im Jahre 2000 das Hessische Privatrundfunkgesetz geändert hat. Für den landesweit tätigen Hörfunkveranstalter, also für FFH selbst, regelt § 16 Abs. 2 Satz 2 des Hessischen Privatrundfunkgesetzes seit jeher, dass die Anteils-, Mitgliedschafts- und Stimmrechte eines Einzelmitglieds der Anbietergemeinschaft 15 % nicht übersteigen dürfen.
Damit will ich Folgendes sagen: Mit Annahme dieses Gesetzentwurfs würde eine eklatante Friktion zu den unterschiedlichen Regelungen des Hessischen Privatrundfunkgesetzes verursacht.Vergleichbare Ungereimtheiten ergäben sich auch hinsichtlich der Regelung zur Sicherung der Meinungsvielfalt im regionalen Fernsehen. Das ist in § 17 Hessisches Privatrundfunkgesetz geregelt. Ähnliches gilt auch für die Sendung von lokalen oder regionalen Beiträgen. Dies ist die Regelung in § 18 Hessisches Privatrundfunkgesetz.Warum der Gesetzgeber in allen drei genannten Vorschriften des Hessisches Privatrundfunkgesetzes die Zeitungsverlage deutlich strengeren Vorgaben unterwirft, als es der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion für unmittelbare – das ist das Entscheidende – und mittelbare Parteibeteiligungen vorsieht, bleibt dabei ein Geheimnis. Rational lässt sich das nicht begründen. Dies stellt einen gewichtigen handwerklichen Mangel dieses Gesetzentwurfs dar.
Diese handwerklichen Mängel sind schlicht und einfach damit zu erklären, dass es der SPD darum geht, möglichst