Die hatten es zwar nicht so nötig.Trotzdem sind wir in der Lage, zu schauen, was sich in dieser Welt verändert. In den letzten dreieinhalb Jahren hat sich, was das Freizeitverhalten und das Einkaufsverhalten anbetrifft, einiges verändert. Ich muss gestehen, Ihre Argumentation, warum Sie das Feiertagsgesetz ändern wollen, finde ich insgesamt krude.
Danke. – Wir haben Ladenöffnungszeiten, die rund um die Uhr gehen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine wesentliche Beschränkung der Freiheit ist – damit argumentieren Sie immer –, wenn man am Sonntag keine Videos ausleihen kann. Herr Hahn, Sie stellen sich hier hin und sagen, wir stellten Menschen vor Automaten. Gerade da kommen wir zu einem Punkt, wo ich frage:Wollen Sie als Nächstes die Zigarettenautomaten abschaffen, sollen die Tabakläden auch öffnen?
Gerade Sie, die Sie immer darauf bestehen, dass es Entbürokratisierung gibt, dass es einfache Regeln gibt, müssten mir erklären, wo da die Grenze dessen ist, was Sie sonntags öffnen wollen.
Sie argumentieren mit der Schlechterstellung im Vergleich zu allen Arten der Unterhaltung und nennen z. B. Kinos und Theater. Der wesentliche Unterschied zwischen einem Videofilm und einem Kinofilm ist,dass ich zu einem Kinofilm ins Kino gehe, wo ganz viele andere Menschen dieses Angebot annehmen. Den Videofilm gucke ich mir im Wohnzimmer mit den Leuten an, mit denen ich ihn mir angucken will. Das ist eine private Veranstaltung.
Wenn wir jetzt anfangen wollen, den Menschen für ihre private Sonntagsveranstaltung neue Ladenöffnungsoptionen zu eröffnen, dann können Sie die Sportgeschäfte öffnen und alle anderen Geschäfte, die irgendwelche Arten von Freizeitartikeln verkaufen, die Buchläden sowieso, Spielwarenläden usw. Dann können Sie alle aufmachen. An dieser Stelle ist es uns wichtig, dass man über den Schutz des Sonntags nachdenkt.
Nein, ich werde Sie nicht unterstützen. Sie sollten meiner letzten Passage folgen: zum Schutz des Sonntags.
Den Schutz des Sonntags gibt es nach wie vor.Wir halten ihn nach wie vor hoch. Und wir sind der Überzeugung, es gibt viele Menschen, die sonntags arbeiten müssen, aber das sollte man auf das notwendige Maß beschränken. Das Öffnen von Videotheken am Sonntag ist das, was wir als jenseits des notwendigen Maßes erachten.
Im Regelfall haben die Leute inzwischen über 100 Fernsehprogramme, die sie sich sonntags angucken können.
Ich finde, das könnte reichen, statt einen dringlichen Bedarf zur Erfüllung der Freiheit aus Ihrer Sicht zu definieren. – Dann nennen Sie gerne noch Tankstellen, Apotheken und Videotheken in diesem Zusammenhang. Dazu sage ich: Apotheken sind für Notfälle zuständig. Tanken kann man manchmal auch nicht einkalkulieren. Aber ein Video gehört auf keinen Fall zu den Notfällen dieses Lebens. Von daher könnten wir diesen Gesetzentwurf eigentlich auch ohne Anhörung ablehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller. – Für die Fraktion der CDU erhält Herr Kollege Möller das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollegen von der FDP, es war der zweite Versuch, eigentlich schon der dritte Versuch; denn der erste war 2005 mit Videotheken. Damals waren die Waschanlagen noch mit dabei. Dann hatten wir die Diskussion zu den Ladenöffnungszeiten. Damals herrschte eigentlich Konsens, werktags zu öffnen und sonntags und feiertags geschlossen zu lassen. Es war ein breiter Konsens im Hause.
Ich kann für uns sagen, an dieser grundsätzlichen Entscheidung hat sich nichts geändert.Selbst wenn Sie in zwei Jahren noch einen Baustein herausbrechen sollten, die Grundposition bleibt.
Ich verstehe, dass Unternehmen und Verbände Wünsche haben,dass für ihren eigenen Bereich möglichst viele Ausnahmen gemacht werden. Aber ich befürchte – da schließe ich mich meinen Vorrednern an –, dass das ein Anfang sein könnte, nach und nach die Öffnung verschiedener Unternehmensformen sonntags zuzulassen. Dann kommen wir in die Diskussion, wie wir damit umgehen, dass Sonntage und Feiertage Verfassungsrang haben. Im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung steht eine Errungenschaft dieser Gesellschaft:Der Sonntag ist in der Regel arbeitsfrei. – Er soll es auch bleiben.
Ich persönlich habe meine Zweifel, ob die Umsatzaussichten, die in den Raum gestellt werden, nachher eintreffen; denn die Mehrheit der Bevölkerung dürfte die Sonntage klassischerweise für etwas anderes nutzen – das hoffe ich zumindest –, als sich auch am Sonntag Videos oder Ähnliches zu holen und den Tag primär vor dem Fernseher zu verbringen.
Wir jedenfalls sind anders großgezogen worden. Sonntags war die Familie beisammen. Da wurde nicht gearbeitet, sondern man hat gemeinsam etwas unternommen, sei es kulturell, sei es sportlich, sei es vereinsmäßig, möglichst sinnvoll – das kann man relativ sehen.Aber man hat etwas getan, um privat, seelisch, familiär einen Ausgleich zu schaffen für die Werktage.
Deshalb wird es Sie nicht überraschen.Anhand Ihrer Reaktion merke ich, dass Sie das selbst nicht so richtig ernst nehmen oder dass Sie mittlerweile die Aussichtslosigkeit ihres Gesetzentwurfes sehen;denn es scheint sich ein breiter Konsens in der Frage abzuzeichnen, den Sonntag auch zukünftig freizuhalten von etwaigen Unternehmungen, den Sonntag auch in Zukunft im Verfassungssinne frei zu halten von Arbeit.
Freie Sonntage und freie Feiertage sind ein wichtiger Baustein unserer Gesellschaft und ihrer Struktur. Ich sehe keine wirkliche Notwendigkeit, hiervon abzuweichen. Ich denke, dass diese Positionierung im Ausschuss entsprechend bestätigt wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Möller. – Für die Landesregierung erhält Herr Staatsminister Bouffier das Wort.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Für die Landesregierung will ich nicht aus Einfallslosigkeit, sondern weil es so war, darauf hinweisen: Ich habe im Jahr 2005 auch für die Landesregierung gesprochen. Ich kann es kurz halten: Ich kann mich hier einigen Debattenbeiträgen anschließen. Die Landesregierung ist auch zurzeit der Auffassung,dass man diesem Gesetzentwurf nicht beitreten sollte.
Der Kollege Möller hat darauf hingewiesen, dass es eine verfassungsrechtliche Grundentscheidung gibt, die bereits in Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung, in Art. 140 Grundgesetz und auch in Art. 53 der Hessischen Verfassung verankert ist und besagt,dass Sonn- und Feiertage Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung sind.
Herr Kollege Hahn, Sie haben recht, es gibt natürlich veränderte gesellschaftliche Umstände. Aber diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung, von der ich ausgehe, dass niemand sie in Zweifel zieht, hat eine Grundbedeutung. Das heißt, dass an Sonn- und Feiertagen gerade nicht geöffnet wird und dass eine Ausnahme ganz besondere Bedingungen braucht.
Diese besonderen Bedingungen kann die Landesregierung beim Thema Videotheken wirklich nicht erkennen. Sie haben die Beispiele schon gehört. Sie können sich natürlich sonntags Videofilme anschauen. Das ist kein Problem. Das werden wir niemanden verbieten wollen und können.
Der Unterschied zur Freizeitgestaltung – ich weiß nicht, wer es gesagt hat – besteht in der Tat.Wenn Sie eine Theatervorführung oder was auch immer haben, dann ist das ausdrücklich ein Angebot zur Freizeitgestaltung, das nur unmittelbar so stattfinden kann.
Aber was mir viel wichtiger ist,ist Folgendes:Wir glauben, dass wir, wenn wir in diesem Bereich öffnen, die Debatte nicht einfach beendet haben, sondern dass man dann die Debatte weiterführen muss. Herr Kollege Hahn hat darauf hingewiesen. Ich glaube, das war sein zentrales Argument. Er sagte: Hier findet eine Wettbewerbsverzerrung statt. Das kann und will ich gar nicht bestreiten. Aber dann müssten Sie das für eine Vielzahl anderer Umstände auch anerkennen.Das Beispiel Buchhandlung ist erwähnt worden. Das gilt für vieles andere mehr. Ich glaube, dass
Deshalb kann ich im Ergebnis aus Sicht der Landesregierung hier wie im Jahr 2005 nur vortragen: Wir halten die verfassungsrechtliche Grundentscheidung nicht nur für uns für verpflichtend, sondern auch bei veränderten gesetzlichen Umständen für entscheidend. Der gesellschaftliche Wandel zwingt jedenfalls dann nicht zu einer Ausnahmeregelung, wenn die persönliche Freizeitgestaltung mit oder ohne Videofilme ohne Probleme so gestaltet werden kann, dass am Sonntag die Videotheken zu bleiben. Die Landesregierung wird sich deshalb nicht einer entsprechenden Initiative anschließen. – Vielen Dank.
Vielen Dank,Herr Staatsminister.– Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit hat die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Feiertagsgesetzes, Drucks. 17/456, stattgefunden. Es wird empfohlen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Neuregelung der Beteiligung von Unternehmen im Hessischen Privatrundfunkgesetz – Drucks. 17/503 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat ein Gesetz zur Neuregelung der Beteiligung von Unternehmen im Hessischen Privatrundfunkgesetz vorgelegt. Der Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 12. März 2008 festgelegt hat, dass das absolute Verbot für politische Parteien, sich an privaten Rundfunkanstalten zu beteiligen, verfassungswidrig ist.