Protocol of the Session on August 28, 2008

Immer daran denken: In diesem Punkt können Sie von Kuba lernen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bauer. – Für die Fraktion der FDP erhält Herr Kollege Rentsch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege, die FDP wird sich sehr viel Mühe geben, dass Sie etwas von uns lernen.

Frau Kollegin Schott, zunächst einmal: Ihr Antrag ist ja sehr überraschend gekommen. Nachdem Sie ihn im Juli in Sachsen als Antrag in den Landtag eingebracht haben,haben Sie ihn wörtlich übernommen. Nachdem ich das Protokoll dieser Sitzung nachgelesen habe, will ich Sie auf zwei Dinge hinweisen.

Erstens. Der Kollege Bauer hat das sehr gut ausgeführt: Sie haben die Fehler dieses Antrags gleich mit übernommen, auch die Unschlüssigkeiten, die er enthält. Ich glaube, da hätte man sich die Mühe machen können, die herauszunehmen. Denn in der Debatte dort haben Sie die zugegeben. Das wäre also sinnvoll gewesen.

Zweitens. Die Debatte in Sachsen hat das wie die heutige auch relativ gut gezeigt:Wo fangen wir an? Wo endet das, was Sie wollen? – Das ist eigentlich die Grundsatzfrage.

Wir haben Problemlagen, und ich glaube, wir stimmen darin überein, dass es die gibt. Aber ich frage Sie: Welche Leistungen werden wir noch durch einen Fonds finanzieren? Und wer hat einen Anspruch, aus diesem Fonds finanziert zu werden? – Das ist für mich die Grundsatzfrage.

Ich glaube, es sind viele Bürgerinnen und Bürger hier, die diese politische Diskussion verfolgen. Darunter sind viele Steuerzahler. Ich frage mich: Wann werden denn eigentlich der Mittelstand und die Steuerzahler in irgendeiner Form vom Staat berücksichtigt, die ein kleines Einkommen haben? Die Kinder in der Schule haben? Wann machen wir denn denen einmal ein Angebot, dass sie kostenlos einen Schulranzen, ein Mittagessen bekommen?

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Kollegin Fuhrmann,ich will jetzt einmal aus der Ausschusssitzung zitieren. Dort haben wir uns als FDP, gemeinsam mit der CDU, dafür eingesetzt, dass der Mittagessensfonds sehr unbürokratisch gehandhabt wird und dass Kinder, die Hunger haben, davon profitieren. Da haben Sie gesagt – ich will es nochmals zitieren –, dass das nur für Hartz-IV-Kinder gelten soll

(Petra Fuhrmann (SPD): Nur für Geringverdiener!)

und nicht für Kinder von Besserverdienenden. Das war Ihre Aussage.Das ist Ihre Sozialpolitik – nach dem Motto: Wenn jemand Hunger hat, und er ist vielleicht aus einer Familie, die es sich leisten kann, dann soll der nichts bekommen.

(Beifall bei der FDP – Wortmeldung der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das ist abstrus. – Sie können sich die Frage sparen. So war es. Wir haben das damals auch pressetechnisch vermarktet, weil wir wissen, dass auch einmal in die Öffentlichkeit getragen werden muss, wie Sie Ihre Sozialpolitik anlegen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist zu billig! Wo endet denn bei Ihnen der Staat?)

Zweitens. Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Schott von den LINKEN, die Frage vom Grundsatz her lautet:Welches sind die Bedarfslagen? Was muss der Staat leisten?

An dieser Stelle haben die Vorredner sehr ausführlich ausgeführt, dass der Staat natürlich dann in der Verantwortung ist, wenn es darum geht, Sozialleistungen so anzupassen, dass man davon leben kann. Das halte ich für unbestritten. Dazu hatten wir einige Initiativen im Bundesrat, die auch schon beschlossen worden sind.

Übrigens, Frau Kollegin Fuhrmann, auch das ist falsch: Es gibt dort – Frau Schulz-Asche hat es relativ dezidiert ausgeführt – Gott sei Dank bereits Initiativen, und wir hoffen,die Bundesregierung setzt das auch dementsprechend um. Denn es ist klar, die Regelsätze, die es hier gibt, reichen nicht aus. Ich glaube, darüber müssen wir uns nicht streiten. Da sind wir einer Meinung. An dieser Stelle ist der Bund in der Pflicht.

Ich teile auch die Argumentation des Kollegen Bauer, zu sagen, man muss unterscheiden, was wirkliche Not- oder Bedarfslagen sind, bei denen wir einspringen müssen. Das war beim Mittagessen der Fall; ich denke, das ist unbestritten. Aber aus unserer Sicht können wir nicht noch weiter gehen. Denn wo ziehen wir die Grenze?

Ich will das Beispiel aus der Sitzung der Kolleginnen und Kollegen aus Sachsen aufgreifen.Dort wurden sie gefragt, ob sie demnächst auch noch Jugendweihen, Hochzeiten und Beerdigungen durch einen Fonds finanzieren wollen.

Es stellt sich erstens die Frage, wo Sie es begrenzen wollen. Es gibt natürlich Anspruchshaltungen sowie Ansprüche, die gut begründbar sind. Das ist unbestritten. Irgendwann müssen Sie aber auch sagen, wie das Ganze finanziert werden soll.

Zweitens muss es in irgendeiner Form gerecht zugehen, denn die Mitte in diesem Land, die Steuern zahlt, möchte auch irgendwann einmal dafür entlastet werden, dass sie letztendlich Steuern bezahlt. Es geht nicht nur um die Gruppe, die Sie vertreten, nämlich die sozial Schwachen. Ich bin der Meinung, dass wir alle Gruppen vertreten müssen, statt unser Augenmerk nur auf eine bestimmte Gruppe zu richten, Frau Kollegin Schott.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kollegin Fuhrmann, es ist für Sie immer wieder schmerzlich, zu beobachten, dass es in diesem Hause viele Parteien gibt, die Sozialpolitik machen. Wir wissen, dass die SPD, nur weil sie ein S in ihrem Namen trägt, nicht die einzige ist, die Sozialpolitik macht.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir wissen auch, dass sie für bestimmte Bevölkerungsgruppen eine Präferenz haben. Frau Kollegin Fuhrmann, daher ist die SPD eindeutig eine Klientelpartei.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das stimmt nicht!)

Das ist nicht schlimm, aber es wäre bei dieser Debatte vielleicht gut, wenn Sie einfach einmal zuhören würden. – Vielen Dank.

(Norbert Schmitt (SPD): Die FDP ist die Partei der Besserverdiener!)

Nun zu meinem nächsten Punkt. Frau Kollegin Schott, es geht um das widersprüchliche Verhalten der LINKEN beispielsweise in Berlin. Dort koalieren sie mit den Sozialdemokraten. Herr Wowereit ist der Regierende Bürgermeister, und Herr Sarrazin ist der Finanzsenator. In diesem Zusammenhang wundert es mich sehr, dass Sie dort die Regierungsverantwortung tragen, obgleich Herr Sarrazin vor Kurzem sagte: „Wenn es den Menschen kalt ist, dann sollen sie einen Pullover anziehen“.

Ich warte geradezu auf den Moment, dass sie dort, wo sie die Verantwortung tragen, auch irgendwann unter Beweis stellen, dass sie verantwortlich handeln, denn das, was Sie hier machen, ist APO im Parlament. Sie versprechen den Leuten alles. Doch wenn es schwarz auf weiß darauf ankommt, zu handeln, dann kneifen die LINKEN. Es ist wirklich schade, dies immer wieder feststellen zu müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Hieraus kann man lernen, dass für jeden Partner eine wie auch immer geartete Kooperation mit Ihnen sehr gefährlich ist, da Sie sehr unberechenbar sind und sich in populistischer Manier immer wieder Themen herausgreifen, um dann nach außen so tun, als hätten Sie mit politischen Veranstaltungen nichts zu tun, obwohl auch Sie gewählte Parlamentarier sind. Frau Schott, Sie tragen nun Verantwortung und können sich nicht immer wegducken. Daher sage ich Ihnen: Übernehmen Sie dort, wo Sie Verantwortung tragen, auch welche, statt nur davon zu reden, denn dann könnten Sie von dem, was Sie in Ihrem Programm haben, schon sehr viel umsetzen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir werden uns als FDP gemeinsam mit den Kollegen dafür einsetzen, dass die Regelsätze angepasst werden, aber wir werden nicht dafür sorgen, dass wir weitere Fonds bekommen. Wir wollen keinen Jugendweihe- oder Beerdigungsfonds, das wäre völlig abstrus. Da Sie Anträge übernehmen, wäre es gut, dazu überzugehen, sich zu fragen, was es im Land bereits gegeben hat, denn dann würden Sie feststellen: Da haben wir in Hessen etwas geschafft.

Ich will nun nicht darauf hinweisen, wer in diesem Zusammenhang die Urheberschaft hatte. Dennoch finde ich es schön, dass einige Parteien vorgeprescht sind, da dies richtig und wichtig war, und dass diese dort Druck ausgeübt haben. Es ist gelungen, gemeinsam ein Problem zu lösen. Daher halte ich fest: Wir brauchen DIE LINKE im Hessischen Landtag wirklich nicht, um bestehende Probleme anzugehen. Diese haben wir bisher seriös gelöst, und das sollten wir auch in Zukunft derart beibehalten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, vielen Dank. – Für die Fraktion DIE LINKE erhält nochmals Frau Kollegin Schott das Wort.

Herr Rentsch, wenn Sie schon unseren Antrag aus Sachsen zitieren, dann sagen Sie bitte auch dazu, was die dortigen Kollegen in Bezug auf die Höhe des Fonds gefordert haben. Vielleicht ist das ja angemessen. Es spricht überhaupt nichts gegen eine interfraktionelle Zusammenarbeit, oder? Ich weiß nicht, was hier das Problem sein soll. Da Sie gesagt haben, dass wir Verantwortung übernehmen sollten, muss ich feststellen, dass Sie sich selbst vor der Verantwortung wegducken. Sie tragen nämlich auch die Verantwortung für die 75.000 Schulkinder, die nichts dafür können, dass ihre Eltern nicht die Mittel haben, ihnen alles Notwendige zu kaufen, was man für die Schule braucht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Kollege Bauer, aufgrund der Art und Weise, wie Sie vorhin über die betroffenen Kinder und Eltern gesprochen haben, habe ich es sehr bedauert, dass die obigen Ränge leer waren, denn in Ihrer Tonlage lag eine Verachtung, die den Impetus hatte:Wenn die Eltern zu faul sind, zu arbeiten, dann sollen die Kinder von uns auch keine Unterstützung bekommen. – Das war die Tonlage Ihrer Rede. Das finde ich empörend, und es handelt sich um einen Schlag ins Gesicht derer, die sich in diesem Lande um Arbeit bemühen oder sogar arbeiten, welchen aber trotzdem so wenig übrig bleibt, dass sie von dem Entgelt ihrer Arbeit nicht leben können und aufstocken müssen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Auf welcher Funktionärsschule waren Sie denn?)

Es gibt eine steigende Anzahl von Vollzeiterwerbstätigen, die nicht mehr von dem leben können, was sie verdienen. Genau um diese Menschen geht es in diesem Antrag. Es geht nicht darum, Erwerbslosigkeit immer weiter zu alimentieren,sondern darum,Kinder zu befähigen,an dieser Gesellschaft teilhaben und lernen zu können, um zu verhindern, dass sie die Erwerbslosen der nächsten Genera

tion werden. Es geht darum, ihnen Chancengerechtigkeit zu geben, damit sie in der Lage sein werden – vorausgesetzt, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind gegeben –, für sich selbst zu sorgen.

Es steht einem Abgeordneten nicht an, in dieser Art und Weise, wie Sie über diese Eltern und Kinder gesprochen haben, zu reden. Es handelt sich um arrogantes Verhalten den Menschen gegenüber, die in diesem Lande jeden Tag ordentlich darum kämpfen, ihr Leben zu regeln. Ich finde dies empörend.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Frau Kollegin Schott, vielen Dank. – Für die Landesregierung erhält Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schott, ich gebe zu, dass mich Ihr Beitrag sehr überrascht hat, denn ich habe Herrn Kollegen Bauer sehr genau zugehört, sodass ich Ihnen lediglich sagen kann: Für mich war das, was Sie hier vorgetragen haben, eine totale Verdrehung der Tatsachen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will erst einmal eine Bemerkung dazu machen, über welches Thema wir überhaupt sprechen. Ich denke, dass wir uns bei diesem Thema alle unserer Verantwortung bewusst sind, sodass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, dass hier eine Fraktion den anderen abspricht, erkannt zu haben,dass es auch in Deutschland Kinderarmut gibt und dass wir in unserem Land Eltern und Kinder haben, die auch zukünftig Unterstützung brauchen. Das haben wir im Hessischen Landtag bereits sehr verantwortlich diskutiert.