Silke Lautenschläger

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Last Statements

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will drei Punkte festhalten.Zum einen glaube ich,dass es nicht richtig ist, in einer Aktuellen Stunde über tatsächliche Vorwürfe in Einzelfällen bei dem eigentlich wichtigsten Gebiet, das Menschen betreffen kann, zu diskutieren.
Denn wer sich in ein Krankenhaus begibt,der hat zum Teil tatsächlich ganz existenzielle, ganz persönliche Sorgen, Ängste und Nöte. Sie taugen nicht dafür, zum Aufmacher und dadurch auch zum Spielball von Interessen zu werden. Ich glaube, es ist deswegen ganz wichtig, dass wir auf der einen Seite jegliche Beschwerden in Krankenhäusern sehr ernst nehmen.
Frau Kollegin Sorge, dazu möchte ich schon sehr deutlich machen: Egal, aus welchem Krankenhaus oder von wo sonst ein Patient bei uns Sorgen, Nöte, aber auch Missstände vorträgt – es kommt immer wieder vor, dass Patienten das Sozialministerium direkt anschreiben oder wir durch andere Quellen aufmerksam werden –, wir gehen jedem Fall nach. Ich bin froh, dass die anonymen Vorwürfe, die im Raum standen – es ist immer der schlechteste Fall, wenn man über anonym erhobene gegenseitige Vorwürfe sprechen muss –, inzwischen geklärt sind.
Es ist ganz wichtig, dass wir uns gerade im Bereich der Medizin um den Patienten und um den Menschen kümmern, der Vertrauen braucht. Es ist auch im politischen Bereich von uns allen zu erwarten, dass wir dieses Vertrauen nicht aufs Spiel setzen, sondern die Arzt-Patienten-Beziehung sehr ernst nehmen, damit entsprechend umgehen und versuchen, wenn nötig, Aufklärung zu schaffen. Wir müssen zwar jedem Einzelfall nachgehen, aber wir sollten nichts aufbauschen und hoffen,wenn man anonym gegen etwas vorgeht, dann wird schon etwas hängen bleiben.
Das ist nicht im Sinne der Patienten, das ist nicht im Sinne unseres Gesundheitssystems. Ich möchte sehr ausdrücklich sagen, dafür dürfen wir uns nicht missbrauchen lassen.
Wenn wir heute schon über Krankenhäuser diskutieren, kommen weitere Punkte hinzu. Die Patienten wollen in den Kliniken gut versorgt werden. Auf der anderen Seite geht es um die Arbeitsbedingungen in den Kliniken. Es ist zum Glück in einigen Beiträgen angeklungen, dass das relativ wenig damit zu tun hat, ob es sich um einen gemeinnützigen Träger, einen kommunalen oder einen privaten Träger handelt. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, bei allen hinzuschauen.
Interessant war, dass der Kollege Wilken heute Morgen nicht mehr die Forderung erhoben hat, über den Rückkauf von Kliniken zu sprechen.
Man muss schon sehr genau hinhören und hinschauen, wann Sie welche Forderungen stellen und wann Sie versuchen, etwas zu instrumentalisieren.
Der eigentliche Punkt ist, dass Sie mit irgendeinem Dreck werfen und hoffen, dass ein bisschen Dreck schon hängen bleiben wird.
Das ist nicht im Sinne der Medizin, nicht im Sinne der Pflegekräfte, nicht im Sinne der Ärzte und schon gar nicht im Sinne der Patienten.
Ich will sehr deutlich sagen: Wir alle wissen, dass die Frage, wie das Gesundheitswesen in Zukunft finanziert wird und wie hoch die Mittel sind, die an die Krankenhäuser fließen, viele Menschen in unserem Lande umtreibt und deshalb auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kliniken umtreibt. Da will ich sehr deutlich machen, Herr Kollege Wilken: Schauen Sie sich wenigstens zuerst einmal die Zahlen an. Vielleicht gehen Sie auch einmal ins Saarland, wo Ihr Kollege Lafontaine einmal Ministerpräsident war, und schauen Sie in seine Regierungszeit zurück, wie er die Krankenhäuser finanziert hat. Schauen Sie sich dann bitte einmal an, was seit dem Jahr 2000 in Hessen an Mitteln für diesen Bereich aufgewandt worden ist, und versuchen Sie, zu vergleichen.
Ich gebe Ihnen gerne ganz aktuelle Statistiken, nicht vom Hessischen Sozialministerium, sondern bundesweite Vergleiche. Dann werden Sie sehen, dass Hessen zu den Ländern gehört, die ihre Hausaufgaben machen, die sich dieses Bereichs angenommen haben und ihn ausbauen,die es unternommen haben, Investitionsstaus aufzulösen. Das hat aber nichts mit dem zu tun, was Sie hier vortragen. Es ist einfach unanständig, verschiedene Dinge zu vermischen, zu verrühren und dann zu hoffen, dass irgendetwas hängen bleibt.
Ich möchte ganz deutlich machen:Wir haben uns hier immer gemeinsam dafür eingesetzt, dass zum einen der Deckel gehoben wird – was nach langen Verhandlungen in Berlin endlich passieren wird – und dass wir zum anderen endlich wieder zu sachlichen Diskussionen zurückkommen, dass wir Patientenanzeigen ernst nehmen, jeder einzelnen nachgehen. Dabei geht es auch um anonyme, im Internet veröffentlichte Anzeigen. Auch die sollte man ernst nehmen. Man muss jedem Einzelfall nachgehen, darf aber nicht versuchen, irgendetwas aufzubauschen, damit etwas hängen bleibt.
Die Krankenhäuser brauchen transparente Strukturen. Wir brauchen dort Qualität. Auch in diesem Fall ist festzustellen, dass es in den Kliniken Strukturen gibt, die solchen Fällen – unabhängig von uns – nachgehen und sie von Ärzten beurteilen lassen. Wir sollten alles daransetzen, die Gesundheitsversorgung nicht schlechtzureden. Menschen in Not, Kranke brauchen Hilfe.
Wir müssen das Arzt-Patient-Verhältnis ernst nehmen, wir dürfen nicht versuchen, es hier kaputtzureden, sondern wir müssen erkennen, dass es zur Heilung eines Grundvertrauens bedarf. Ich denke, die Politik ist insgesamt gefordert, dafür zu sorgen, dass das auch in Zukunft in unserem Land so bleibt und die Gesundheitsversorgung nicht Spielball politischer Interessen wird. Dafür werde ich mich auch persönlich weiterhin einsetzen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es ganz kurz machen. Die Rechtsvorschriften, die aufgehoben werden sollen, haben sich im Rahmen der Normenprüfung als überflüssig erwiesen. Außerdem soll die Geltungsdauer des Hessischen Krankenhausgesetzes verlängert werden, da gleichzeitig auf Bundesebene noch über die Frage der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser diskutiert wird. Das soll insgesamt angepasst werden.Wir sind daher der Meinung, dass eine Verlängerung Sinn macht.
Für weitere Fragen und die Beratung weiterer Details stehe ich gerne im Ausschuss zur Verfügung. – Vielen Dank.
Frau Abgeordnete, ich möchte Ihre Anfrage wie folgt beantworten. Zum Ersten ist festzustellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung keine Rechte zur Zuerkennung von Abrechnungsziffern besitzt. Ich gehe daher davon aus, dass Sie mit der Zuerkennung von abrechnungsfähigen Ziffern den Ermächtigungsumfang einer Institutsambulanz angesprochen haben.
Anfang 2008 ist bundesweit ein neuer Einheitlicher Bewertungsmaßstab in Kraft getreten. Der bundesweit geltende EBM wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart. In Kap. II sind unter Ziffer 1.8 die Gebührenordnungspositionen für die Substitutionsbehandlung definiert. Die drei dort genannten EBM-Ziffern werden entsprechend ermächtigt, dass Substitutionsambulanzen auf jeden Fall abrechnen können. In Hessen kommt eine zusätzliche Pseudoabrechnungsziffer „Take-Home-Dosis“ als pauschale Vergütung hinzu, die zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen in Hessen vereinbart worden ist.
Zusätzlich muss entweder ein Krankenhaus, eine andere in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassene Einrichtung oder ein einzelner Arzt bei Beantragung der Ermächtigung den Umfang seiner gewünschten Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung benennen. Der von der KVH rechtlich unabhängige Zulassungsausschuss – dort haben wir eine paritätische Besetzung von Vertretern der KVH und den Verbänden der Krankenkassen in Hessen – entscheidet dann über die Ermächtigung und ihren Umfang.
Gegen diese Entscheidung kann Widerspruch vor dem rechtlich ebenfalls von der Kassenärztlichen Vereinigung unabhängigen Berufungsausschuss eingelegt werden. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss gilt als Vorverfahren zu einem Sozialgerichtsverfahren. Weder der Zulassungs- noch der Berufungsausschuss unterliegt der Rechtsaufsicht durch das Land Hessen.
Die Frage kann insoweit nur dahin gehend beantwortet werden, dass offensichtlich einige Institutsambulanzen mit ihrem Ermächtigungsumfang nicht zufrieden sind.Betroffenen Ambulanzen steht aber nur der bereits beschriebene Rechtsweg zur Korrektur dieses Problems zur Verfügung. Weder die Kassenärztliche Vereinigung noch das Land Hessen kann hier andere Entscheidungen des Zulassungs- und Berufungsausschusses herbeiführen.
Frau Kollegin Schulz-Asche, aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juni ist über das Thema Nichtraucherschutz erneut diskutiert worden. Da durch diese Entscheidung verschiedene Handlungsoptionen eröffnet wurden, werden zum Ausloten der Spielräume nach wie vor Gespräche mit Vertretern der Länder auf unterschiedlichen Ebenen geführt. Man will zu einem möglichst ländereinheitlichen Vorgehen kommen.
Frau Kollegin Schulz-Asche, es lagen terminliche Gründe vor. Es finden überall Gespräche statt. Leider ist aber auch anzumerken, dass sich einige Länder schon festgelegt haben, und zwar in sehr unterschiedliche Richtungen, sodass es schwierig ist, eine einheitliche Regelung der Länder zu finden, wie wir sie uns wünschen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an der Zeit, das Thema Agenda wieder aufzurufen und eine Bilanz zu ziehen, denn nach wie vor ist die Agenda in aller Munde. In Deutschland sind in den Jahren 2002 bis 2005 unter der damaligen rot-grünen Regierung rund 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gegangen, täglich ganze 1.000 Arbeitsplätze. Das raubte damals – das muss man sich wieder vor Augen führen – vielen Menschen die Perspektive. Es ruinierte auch die Staatsfinanzen und die sozialen Sicherungssysteme.
Gerhard Schröder hat deshalb in seiner Regierungserklärung am 14. März 2003 erkannt:
Die Lohnnebenkosten haben eine Höhe erreicht, die für die Arbeitnehmer zu einer kaum mehr tragbaren Belastung geworden ist und die auf der Arbeitgeberseite als Hindernis wirkt, mehr Beschäftigung zu schaffen. Investitionen und Ausgaben für den Konsum sind drastisch zurückgegangen... In
dieser Situation muss die Politik handeln, um Vertrauen wieder herzustellen. Wir müssen die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung verbessern.
Das war damals der Ausgangspunkt für die Diskussion über die Agenda. Es hat noch eine ganze Weile gedauert, bis das in Sachpolitik eingegangen ist. Ich will heute daran erinnern, dass die Hessische Landesregierung und mit ihr auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem Hessischen Landtag bereits im Jahre 2001 auf die überfällige Reform der sozialen Sicherungssysteme und vor allem der Arbeitslosen- und Sozialhilfe hingewiesen haben.
Ein Teil der Kolleginnen und Kollegen war damals mit in Wisconsin. Wir haben uns gemeinsam Systeme in Dänemark, in Holland und an anderen Stellen angeschaut, um zu sehen, wie dieser deutsche Arbeitsmarkt wieder in Ordnung gebracht werden kann und welche Maßnahmen überhaupt notwendig sind. Das war 2001.
Im Jahre 2002 haben wir als Land Hessen mit dem OFFENSIV-Gesetz schon erste Gesetze im Bundesrat vorgelegt. Es hat dann immer noch bis März 2003 gedauert, bis die Regierungserklärung von Schröder kam und die Regierung quasi wachgerüttelt wurde; denn die Zahlen am Arbeitsmarkt und damit ganz viele menschliche Schicksale gaben endlich so zu denken, dass man zum Handeln aufgerufen war.
Wenn man sich das heute im Nachgang anschaut, dann weiß jeder, der Begriff Agenda war grundsätzlich falsch; denn er war technokratisch, und die Menschen haben ihn nicht verstanden. Das hat noch weiter unter dem Gesichtspunkt Hartz IV zu mehr Verwirrung geführt; denn nach den persönlichen Verfehlungen von Peter Hartz war auch der Begriff Hartz ein verbrannter Begriff.
Trotzdem war es richtig, an den Inhalten festzuhalten. Die Inhalte haben wir als Landesregierung mit unterstützt, vorangetrieben und immer wieder gemahnt, dass endlich Gesetze vorgelegt werden, die die Misere auf dem deutschen Arbeitsmarkt stoppen und dazu führen können, Menschen wieder Perspektiven zu geben.
Wenn man sich das im Nachgang anschaut – trotz aller Diskussionen, die heute noch geführt werden –, dann war diese Aufgabe eine der wichtigsten, die wir in der deutschen Geschichte bei den Reformen auf dem Arbeitsmarkt hatten. Man kann im Nachgang auch sehen, dass sich das, was uns 2002 bis 2005 täglich 1.000 Jobs in Deutschland gekostet hat, ab 2005 zum Besseren verkehrt hat. Die Regierungszeit Merkel kann seit 2005 bis 2008 auf täglich rund 750 neue Jobs blicken.
Am 01.01.2005 ist das Nebeneinander von zwei staatlichen Fürsorgesystemen mit der sogenannten Hartz-IVReform beendet und in ein soziales Fürsorgesystem eingegliedert worden. Ich habe darauf hingewiesen, wir mussten lange mahnen, dass das tatsächlich kommt, dass es endlich verändert wird. Ob das Wisconsin, Dänemark oder die Niederlande sind:An anderen Stellen in Europa – das will ich deutlich betonen – wurde schneller und konsequenter gehandelt, um Menschen schlichtweg wieder Zukunftsperspektiven zu geben, sie nach vorne schauen zu lassen und nicht in Arbeitslosigkeit verharren zu lassen.
Unser vorrangiges Ziel war dabei immer,das Fördern und das Fordern des Einzelnen in den Mittelpunkt zu stellen. Ich glaube, das ist im Nachgang auch wichtig. Wir disku
tieren heute häufig in den Ausschüssen über die Frage von Organisation oder Statistik – einige der hier im Haus befindlichen Parteien nach wie vor auch eher über innerparteiliche Befindlichkeiten. Aber der Grund, warum wir über all das sprechen, ist, weil die Menschen damals arbeitslos und in einer ausweglosen Situation waren, wo wir wieder neue Maßnahmen brauchten, um sie überhaupt aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen.
Jeder, der vor Ort Arbeitsämter oder heute auch die Jobcenter, die Argen, besucht hat, der sich mit Arbeitsmarktmaßnahmen auseinandersetzt, weiß, dass Arbeitslosigkeit für jeden Einzelnen eine ganz bedrückende Erfahrung ist, eine Erfahrung, die Angst in Familien hervorruft, nicht nur bei demjenigen,der direkt arbeitslos geworden ist und der erst wieder sieht, wie wichtig Arbeit für die Menschenwürde, für das einzelne Schicksal ist, um überhaupt teilhaben zu können; und damit sind wir beim Kernstück sozialer Gerechtigkeit.
Das definiert sich bei fast allen Menschen über die Teilhabe am Arbeitsmarkt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war das eigentliche Ziel, das wir auch unter der Überschrift des Förderns und des Forderns intensiv diskutiert und zu dem wir als Landesregierung selbst Vorschläge unterbreitet haben. Wir sehen heute, dass immerhin von 26 Trägern der Grundsicherung in Hessen 13 die Aufgabe als Arbeitsgemeinschaft und 13 als Optionskommune wahrnehmen, d. h. das, was wir vorgeschlagen haben,in entsprechenden Formen so ausführen,dass Hessen das Optionsland Nummer eins geworden ist. Gleichzeitig findet der Wettbewerb um die Vermittlung von Menschen in Arbeit statt, und es wird dafür gesorgt, dass Menschen wieder Perspektiven eröffnet werden.
Ich möchte ausdrücklich betonen, wenn ich die Anträge der Kollegen vorliegen sehe, dass wir an manchen Stellen noch weiter gehende Vorschläge gemacht haben.Aber wir haben uns immer für einen Kompromiss eingesetzt. Wir haben diese Reformen unterstützt, vor allem selbst mitgetragen und auch in der Öffentlichkeit vertreten. Das ist der große Unterschied zumindest zu einer Fraktion hier im Haus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen heute – das zeigte sich seit 2005 jeden Tag –, dass zusätzliche Arbeitsplätze entstanden sind. Sehr geehrte Frau Vorsitzende der SPD-Fraktion, aber wir wissen auch, dass Sie von Anfang an, schon im Jahre 2003, all das bekämpft haben und nicht dafür eingetreten sind, dass überhaupt Reformen kommen, die Menschen wieder in Arbeit bringen. Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass man in den Jahren von 2000 bis 2005 täglich 1.000 Jobs in Deutschland verloren und damit vielen Schicksalen keinerlei Perspektive mehr eröffnet hat.
Uns war immer wichtig, dass vor Ort entschieden werden kann, ob das in dem Kompromissmodell geschieht, dass es die Arbeitsgemeinschaft oder die Optionskommune macht. Klar ist, wir wollten damals eine komplette Kommunalisierung. Aber wir haben diesen Kompromiss getroffen.
Für uns standen dabei das wirksame Fallmanagement, die Eingliederungsvereinbarung im Vordergrund. Nicht jeder soll über einen Kamm geschoren werden, sondern ein Fallmanager muss vor Ort eine Eingliederungsvereinba
rung mit dem Betroffenen aushandeln, die ihm tatsächliche Arbeitsperspektiven eröffnet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich heute fragt, was die Agenda 2010 tatsächlich gebracht hat, dann muss man anerkennen, dass wir im Jahr 2008 zum dritten Mal in Folge die deutsche Wirtschaft haben wachsen sehen, und zwar um mehr als 2 % – nach einer jahrelangen Stagnation. Diese positive konjunkturelle Entwicklung ist eine Ursache für die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Es dürften aber kaum Zweifel daran bestehen: Nicht zuletzt haben auch die weitreichenden Reformen des Arbeitsmarktes dazu geführt, dass wir auf der einen Seite tatsächlich eine höhere Nachfrage, vor allem aber auch wieder die Chance haben, Langzeitarbeitslose in Arbeit zu vermitteln.
So schwer man sich auch an vielen Stellen der öffentlichen Diskussion im politischen Bereich mit der Umsetzung der sogenannten Agenda 2010 und mit Hartz IV getan hat, so können wir heute doch feststellen: Es hat eine Reformdividende gegeben. Die Reform hat dazu geführt, dass Arbeitslose intensiver betreut werden und mehr Chancen haben, neue Beschäftigungen zu finden.
Der Sachverständigenrat hat das verdeutlicht, indem er sich frühere Aufschwungsentwicklungen angeschaut hat. Heute haben wir eine deutliche Verbesserung,einen überdurchschnittlich hohen Rückgang der Arbeitslosigkeit und eine deutliche Verbesserung im Verhältnis der offenen Stellen zu den Arbeitslosen – und damit eine echte konjunkturelle Belebung.
Ich will auch deutlich machen: Damit haben wir es geschafft, mehr Flexibilität zu erreichen. Diese Flexibilität hat dazu geführt, dass wir bundesweit 27 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt haben. Das entspricht immerhin einer Steigerung von knapp 4 % innerhalb von zwei Jahren und ist der höchste Wert, den die Bundesrepublik je erreicht hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, darum muss es uns auch heute noch gehen, wenn wir uns anschauen, was das bewirkt und wie es in Zukunft weitergeht.
Dabei kann ich nur daran erinnern, dass wir in diesem Hause sehr häufig gerade über die Menschen gesprochen haben, die geringe Qualifikationen haben und lange – nicht einen und nicht zwei Monate, sondern zum Teil über Jahre – in Arbeitslosigkeit waren. Auch wenn es teilweise bestritten wird, etwa von der SPD-Fraktion in diesem Hause, zuletzt in einer Rede von Kollegin Ypsilanti, so haben gerade die gering Qualifizierten vom Aufschwung am Arbeitsmarkt profitiert.
So hat beispielsweise die Anzahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Hilfsarbeiter von März 2006 bis März 2007 bundesweit um knapp 90.000 zugenommen.
Diese positive Entwicklung sehen wir genauso in Hessen. Auch bei uns stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten,anteilig sogar stärker als im Bund.Liebe Kolleginnen und Kollegen, spannend dabei ist aber, dass bei uns vor allem der Raum, der häufig als der benachteiligte hessische Raum galt, nämlich Nordhessen, einen überproportionalen Sprung nach vorn getan hat und dort mehr Menschen in Arbeit gekommen sind. Wir haben dort einen überdurchschnittlichen Anstieg von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.
Herr Kollege Al-Wazir, ich bin Ihnen wirklich herzlich dankbar für diesen Zwischenruf. Das hat alles damit zu tun, dass dort inzwischen Infrastruktur verändert wurde,
dass sich inzwischen Unternehmen auf den Infrastrukturausbau verlassen können und dort Förderungen eingesetzt werden – und selbstverständlich auch damit,dass der Ausbau von Kassel-Calden als ein wichtiges Ziel von dieser Landesregierung vorangetrieben worden ist.
Wenn immer darüber geredet wird, ob das alles schlecht bezahlte Jobs sind,die dazugekommen sind,dann schauen Sie sich das genau an: Gerade in Nordhessen hat sich durch die gute Infrastruktur und durch die neue zentrale Lage, die wir jetzt im vereinigten Deutschland haben, etwas entwickelt. Beispielsweise sind bei Amazon in Bad Hersfeld tatsächlich 1.500 neue Arbeitsplätze entstanden, und zwar für ganz unterschiedliche Qualifikationen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss unser Ziel bleiben. Wir müssen für alle möglichen Qualifikationen Chancen am Arbeitsmarkt eröffnen, für den gering Qualifizierten genauso wie für den gut Ausgebildeten – und das hat sich in Nordhessen entwickelt.
Wir können stolz auf die besonders positive Entwicklung in Nordhessen sein. Betrug der Abstand zwischen den Arbeitslosenquoten in Nord- und Südhessen im Jahr 2000 noch rund 3,3 Prozentpunkte, so haben wir im Jahr 2008 hier nur noch einen Unterschied von 0,7 Prozentpunkten. Wir haben dort also durch regional klar konzentrierte Maßnahmen zukunftsorientiert strukturelle Veränderungen geschaffen, die dem gesamten nordhessischen Raum auf Dauer helfen, anstatt mit der Gießkanne zu arbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will auch deutlich machen: Das hilft vor allem jungen Menschen in Arbeitslosigkeit. Denn durch den Hessischen Pakt für Ausbildung, den wir ganz klar auf den Schwierigkeiten der Jahre 2002 bis 2005 aufgebaut haben, konnten wir 2004 und 2006 jährlich 2.000 neue, zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, 2007 sogar 4.000.
Dort haben die Partner zusammengearbeitet. Die Unternehmen haben sich genauso intensiv in den Pakt mit eingebracht, und dadurch haben wir es geschafft, gerade im nordhessischen Raum auch beim Thema Ausbildung deutlich über dem Bundesschnitt zu liegen: Im Berichtsjahr 2007/2008 betrug die Zunahme der Ausbildungsstellen im Bundesdurchschnitt 1,8 %, in Nordhessen ganze 7,8 %. Das bedeutet für Jugendliche, tatsächlich einen Ausbildungsplatz zu haben, der ihnen Zukunftschancen eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Liste ließe sich an vielen Stellen immer weiter fortsetzen und auch mit ganz harten Fakten untermauern. Wir haben es geschafft, in diesen Jahren – aufbauend auf bundesgesetzlichen Regeln, aber mit klarer Zielsetzung auf Landesebene – die
Benachteiligung des nordhessischen Raumes weiter abzubauen, die jahrzehntelang vorhanden war. Das hat etwas mit Zukunftsprojekten zu tun und damit, dass die Infrastruktur dort vorangetrieben wurde, dass sie nicht blockiert wurde,dass Menschen nicht – wie im Übrigen heute schon wieder – Angst haben mussten, dass Projekte ins Stocken geraten, und dass auch große Ziele wie ein Flughafen Kassel-Calden angepackt wurden, um international agierenden Unternehmen die Chance zu geben, dort tatsächlich aufzubauen und größer zu werden,und zwar auch in Nordhessen, nicht nur im Ballungsraum in Südhessen.
In den letzten Jahren haben wir auch in diesem Hause häufig über die Agenda 2010 gestritten. Ich erinnere mich auch an viele dieser Debatten im Ausschuss: Wird denn jungen Menschen damit tatsächlich geholfen? Wie sieht es mit den Einzelschicksalen aus?
Ich habe auf das Fallmanagement und die Eingliederungsvereinbarung hingewiesen, die in den Arbeitsgemeinschaften, in den Optionskommunen vor Ort immer eine der wichtigsten Voraussetzungen waren. Deswegen will ich Ihnen noch einige Beispiele nennen.
Es ging beispielsweise darum, der Frau – die lange Jahre tatsächlich keine Chance hatte, auf eigenen Füßen zu stehen, weil sie Kinder zu betreuen hatte oder keinen Unterhalt erhielt – die Chance zu eröffnen, über Kinderbetreuung, die sie finanziert bekam, eine auf sie zugeschnittene Einzelfallmaßnahme zu erhalten, an der sie wirklich teilnehmen konnte. Solche Fälle wurden vor Ort durch das Fallmanagement ausgestaltet.
Oder dem Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss wurde die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs auf den Hauptschulabschluss überhaupt ermöglicht.Solche Dinge sind durch die Fallmanager, die sich wirklich eingehend mit den Menschen beschäftigen, in den letzten Jahren tatsächlich gelungen.
Wir können durchaus sehr stolz darauf sein, dass wir – nicht nur in Hessen, sondern bundesweit – ganz an der Spitze liegen, wenn es darum geht, Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Mit einem Anteil von lediglich 10,3 % ausländischer Schulabgänger, die keinen Abschluss aufweisen, hat Hessen bundesweit die niedrigste Quote erreicht. Das sind Maßnahmen der Landesregierung, die sich ebenfalls auszahlen: die Investition in Sprache, ein klares Miteinander. Es geht aber auch darum, die Erfolge gegenüber den anderen Bundesländern zu sehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Fuhrmann hat hier häufig darauf hingewiesen, dass es für alle sozusagen immer schlechter geworden sei. Das versuchen Sie heute wiederum mit einem Antrag deutlich zu machen. Ich rate Ihnen, sich die Zahlen genau anzuschauen und sich zu überlegen: Wie können wir tatsächlich weiteren Menschen helfen? Was kann man dort tun? Was haben wir in den vergangenen Jahren getan?
Mit dem gesunkenen Risiko, arbeitslos oder gar langzeitarbeitslos zu werden, ist in Deutschland auch das Risiko gesunken, sich zu verschulden. Im Jahre 2002 gab es bundesweit noch über 3 Millionen Haushalte, die verschuldet waren. Im Jahre 2006 war es noch immer eine große Anzahl, und zwar 1,6 Millionen Haushalte. Dennoch wird deutlich,dass sich dort etwas verändert hat.Der Aufschwung am Arbeitsmarkt ist natürlich auch dadurch zu spüren, dass nicht noch mehr Menschen in die Schul
denfalle laufen. Die Maßnahmen wirken, und es wird nicht, so wie Sie dies immer beschrieben haben, über Sozialabbau gesprochen, sondern die Agenda hat mit all ihren Schwierigkeiten bei ihrer Durchsetzung, hierzu haben wir immer gestanden, dazu beigetragen, das Armutsrisiko in Deutschland tatsächlich zu vermindern.Das ist ein ganz klarer Erfolg.
Ich will daher den designierten Kanzlerkandidaten der SPD zitieren. Dieser sagt – es ist verwunderlich, dass sich hier so wenige Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion für dieses Thema zu interessieren scheinen; man könnte vielleicht auch sagen, dass man sich hierüber nicht zu wundern braucht –:
Wir haben in einer wirtschaftlich verzweifelten Situation Auswege formuliert, um die Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Das ist in großem Umfang gelungen. 1,6 Millionen Arbeitslose weniger, das sind 1,6 Millionen Menschen mit neuer Zuversicht. Das sind Familien, die wieder eine Zukunftsperspektive haben. Es ist noch immer möglich, dass wir bis zum Jahresende die Zahl von 3 Millionen Arbeitslosen unterschreiten.
Das sagte Herr Steinmeier in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 13.09.2008. – Ich kann dem nur hinzufügen: Damit hat er tatsächlich recht. Das sind Dinge, die wir in den letzten Jahren in einer Großen Koalition weiter fortgeführt haben. Auch im Hessischen Landtag haben wir uns immer wieder in Diskussionen mit dem Widerstand der SPD-Fraktion auseinandergesetzt;und wir haben es in der Tat geschafft, vielen Menschen eine neue Zukunftsperspektive zu bieten, um sie aus der Armut zu holen.
Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es in Hessen weniger bedürftige Kinder gibt – gerade im nordhessischen Raum. Dort gibt es den gravierendsten Rückgang, und zwar in einem Umfang von 5,9 %. Die Regionaldirektion Hessen hat kürzlich wiederum deutlich gemacht, dass dies, gerade was die Kinder betrifft, ein ganz wichtiger Schritt ist. Wir haben auf der einen Seite unser „Paket“ zur Verfügung gestellt, indem wir sagen: Bedürftigen Kindern wird in der Schule geholfen. Sie bekommen über einen Nothilfefonds ein Mittagessen. Auf der anderen Seite haben wir den Ausbau der Kinderbetreuung forciert, damit Eltern arbeiten können und damit die Chance erhalten, dass die Betreuung sichergestellt ist.
In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass in Nordhessen, verglichen mit ganz Hessen, der größte Fortschritt erzielt wurde.Wir wollen an diesem anknüpfen.Ich sage aber auch ganz klar und deutlich: Wir werden unser Ziel nicht aufgeben. Wir werden gerade im Rhein-MainGebiet, wo es zum Teil lange Sozialhilfekarrieren gibt – man kann schon von „vererbten Karrieren“ sprechen –, nicht aufhören, die Fallmanager immer wieder neu dazu zu motivieren, weiterzumachen, damit auch dort weitere Zukunftsperspektiven für Familien und Kinder entstehen.
Ich kann mir vorstellen, dass nun auf der einen Seite wieder einige sagen werden: Wenn wir die Arbeitslosenquoten vergleichen, dann sind wir noch immer nicht zufrieden. Auf der anderen Seite werden manche sagen – das haben wir hier im Hause schon häufiger von linker Seite gehört –, dass es prekäre Beschäftigungsverhältnisse
seien. Hierauf antworte ich ganz deutlich: Im Juli des Jahres 2008 haben wir, was die nordhessische Region betrifft, mit einer Quote von 7,1 % eine lediglich geringfügig höhere Quote, als dies mit einem Schnitt von 6,7 % für ganz Hessen der Fall ist. Nordhessen hat sich aber inzwischen von den umliegenden Regionen abgesetzt. Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen weisen eine Quote von 7,7 bzw. 8,6 % auf. Dort hat sich etwas getan.
Wenn wir uns den gesamtdeutschen Schnitt anschauen, können wir ganz klar feststellen, dass die Sockelarbeitslosigkeit während fast aller Phasen,die konjunkturell besser waren, nicht abgebaut wurde. Zum ersten Mal haben wir nun den Fall, dass die Sockelarbeitslosigkeit gerade dort, wo Männer und Frauen langzeitarbeitslos gewesen sind, um 300.000 Personen gesunken ist, und zwar während des aktuellen Aufschwungs. Das ist eine Situation, die in der Tat eine Trendwende und ein großer Erfolg ist.
Nun gehe ich noch einmal auf die prekären Beschäftigungsverhältnisse ein, denn diese werden hier im Hause häufig erwähnt. Wenn wir uns die Daten genau anschauen, dann ist es richtig, festzustellen, dass wir – laut Statistischem Bundesamt – in den letzten Jahren eine Zunahme der atypischen Beschäftigungsverhältnisse haben. Der Begriff der „atypischen Beschäftigungsverhältnisse“ umfasst gemäß der Definition des Statistischen Bundesamtes Teilzeitarbeit, geringfügige und befristete Beschäftigung sowie die Zeitarbeit. Wir können auch feststellen, dass die Teilzeitarbeit etwas ist, worauf wir in vielen Fällen setzen, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Das ist der eine Anstieg.
Nun zum zweiten Anstieg. Es ist festzustellen, dass die atypischen Beschäftigungsverhältnisse unter den gering Qualifizierten besonders stark zugenommen haben. Jemandem, der über keinerlei Abschluss verfügt, der über Jahre langzeitarbeitslos ist, der keine Chance hat, am Arbeitsleben teilzunehmen, und nicht integriert ist, müssen wir natürlich eine Chance geben. Daher ist es ein ganz großer Erfolg, wenn dieser über solche Beschäftigungsverhältnisse wieder in Arbeit kommt, ein Sprungbrett erhält und über Zeit- bzw. Leiharbeit im Ausleihunternehmen tatsächlich einen Klebeeffekt verspürt oder in einem anderen Unternehmen integriert wird.
Wir haben große Erfolge erzielt, und wir verfolgen das folgende Ziel:Wir wollen Menschen, die mit ihren gesamten Familien jahrelang keinerlei Zukunftsperspektiven hatten, neue Zukunftsperspektiven geben – doch seitens der Fraktion DIE LINKE bekamen wir in diesem Hause lediglich den Ruf zu hören, man müsse nun die Regelleistungen überall anheben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihre Forderungen beruhen nicht auf Datenerhebungen, Warenkörben oder Ähnlichem. Sie sagen einfach: Der Regelsatz muss auf 420 c monatlich erhöht werden. – Dazu kann ich nur sagen: Das kostet in Anbetracht der Anzahl der Leistungsempfänger zusätzlich 10 Milliarden c. Eine höhere Grundsicherung würde zudem das Arbeitsangebot für ca. 200.000 Personen mindern. Dies führte also nicht zu einer zusätzlichen Beschäftigung, sondern zu einer zusätzlichen Abhängigkeit von Menschen.
Das haben wir nicht unter „Fördern und Fordern“ verstanden. Wir wollen die Integration der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt. Das wollen wir weiterhin verfolgen,
indem auf der einen Seite ganz klar gefördert wird. Auf der anderen Seite muss jemand natürlich auch mitmachen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, der in den Reformen angelegt ist. Das hat aber auch dazu geführt, dass das Armutsrisiko in Deutschland inzwischen abnimmt. Man kann erstmals wieder sagen: Seit den Neunzigerjahren haben wir einen Rückgang des Armutsrisikos. Das heißt, wir haben erstmals einen Rückgang der Ungleichheit der Markteinkommen. Genau das, was wir über Jahre kritisiert haben, ist durch diese Anstrengungen geschafft worden. Menschen haben wieder Perspektiven, werden besser vermittelt und erwirtschaften ein eigenes Einkommen.
Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen zur aktuellen Debatte zur Arbeitsmarktreform machen, die momentan ansteht. Wir haben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der es darum geht, wie die Optionskommunen und die Arbeitsgemeinschaften künftig organisiert bleiben.Wir, alle Länder gemeinsam, haben in großer Einigkeit beschlossen, dass wir die Arbeitsgemeinschaften im Grundgesetz verankern und sie erhalten wollen, genauso wie die Optionskommunen. Wir haben einen gemeinsamen Weg vorgegeben, weil wir gerade nicht wieder zum kooperativen Jobcenter zurück wollten und damit zu einer Bundesbehörde, die weit weg ist von den Menschen und den Einzelfall vor Ort nicht gestalten kann.
Aber ich sage auch sehr deutlich:Wir sind dort noch nicht am Ziel angekommen.Wir haben auch dazu als Land Hessen einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, weil wir zeigen wollen, dass das, was alle Arbeits- und Sozialminister beschlossen haben, tatsächlich geht. Es ist nicht so, dass man sich darum herumdrücken kann, sondern wir müssen die Strukturen erhalten, die wir heute haben, damit sie den Menschen dienen. Ich denke, auch hier im Hause hatten wir zu diesem Thema eine große Einigkeit.
Es liegt uns dazu noch nichts aus dem Hause des Kollegen Scholz vor, das diesen Ansatz auch nur weiterverfolgt und nicht wieder alles auseinanderreißt. Aber dazu kommt noch, dass man momentan überlegt: Wie kann man die Möglichkeiten, am Arbeitsmarkt Vermittlungen sicherzustellen, wieder beschränken – bundeseinheitlich vorgegeben von einer Stelle? Das macht schon heute Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen Schwierigkeiten und führt dazu, dass hessische Förderprogramme nicht mehr angenommen werden, weil der Bund die Generalklausel des § 16 Abs. 2 streichen will. Wer so über Einzelschicksale nachdenkt, indem er nur wieder auf solche zentralen Dinge hinweist und anderes nicht mehr möglich macht, der wird dem Einzelfall nicht gerecht.
Ich kann Ihnen viele Einzelfälle in Hessen nennen. Im Main-Kinzig-Kreis haben wir gerade wieder Altenpflegerinnen zusammen mit der AQA vor Ort ausgebildet. Dabei war eine 51-jährige Frau, die nie in Arbeit war, die aufgrund dieser Regelungen eine Ausbildung machen konnte und nun mit einer Ausbildung dasteht und erstmals eine eigenständige Zukunftsperspektive hat. Das gilt auch für
das Thema Nachmachen des Hauptschulabschlusses oder den Besuch eines Integrations- oder Sprachkurses. Sie können von Wiesbaden über Kassel, Marburg-Biedenkopf bis nach Fulda gehen: Alle sind sich einig, dass die Änderungen, die der Bund vorschlägt, so nicht kommen dürfen, weil sie den Einzelschicksalen nicht gerecht werden. Allein uns im Land Hessen würde es 1.300 Ausbildungsplätze kosten, die wir über unsere Qualifizierungsmaßnahmen sicherstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Weg, den wir nicht einschlagen wollen. Wir wollen dabei bleiben, dass die Verantwortung vor Ort ist, dass wir nicht wieder eine Art Bundessozialverwaltung bekommen, wo nicht die Schicksale im Vordergrund stehen. Wir wollen vielmehr auf den Strukturen aufbauen, die zwar die einzelnen Fallmanager viel Kraft und Zeit gekostet haben, die inzwischen jedoch erste Früchte zeigen. Deswegen kann man hier heute nur feststellen:Warum sollte ich eine richtige Politik korrigieren? Die Agenda ist hoch erfolgreich. Wenn man eine Dividende für seine Politik haben will, muss man aber auch bereit sein, zu sagen, dass einem die Aktien gehören. Ich habe Franz Müntefering zitiert,
der diese Agenda mit vorangetrieben hat. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich dem Zitat von Franz Müntefering nur ausdrücklich anschließen: „Agenda wirkt: mehr Arbeit, mehr Chancen. Glück auf!“
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schott, ich gebe zu, dass mich Ihr Beitrag sehr überrascht hat, denn ich habe Herrn Kollegen Bauer sehr genau zugehört, sodass ich Ihnen lediglich sagen kann: Für mich war das, was Sie hier vorgetragen haben, eine totale Verdrehung der Tatsachen.
Ich will erst einmal eine Bemerkung dazu machen, über welches Thema wir überhaupt sprechen. Ich denke, dass wir uns bei diesem Thema alle unserer Verantwortung bewusst sind, sodass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, dass hier eine Fraktion den anderen abspricht, erkannt zu haben,dass es auch in Deutschland Kinderarmut gibt und dass wir in unserem Land Eltern und Kinder haben, die auch zukünftig Unterstützung brauchen. Das haben wir im Hessischen Landtag bereits sehr verantwortlich diskutiert.
Hierzu möchte ich zwei Bemerkungen machen, um zu verdeutlichen, was aus unserer Sicht notwendig war, obwohl die Hessische Landesregierung, wenn sie sich nur auf ihre Zuständigkeit berufen hätte, keinen Hilfsfonds hätte gründen müssen. Wir haben aber einen Hilfsfonds gegründet.Ich bin froh,dass wir uns in diesem Hause über die Gründe, die uns hierzu veranlasst haben, alle einig waren, sodass wir mit diesem Härtefallfonds Kindern, die in der Schule tatsächlich Hunger hatten, geholfen haben.
In diesem Zusammenhang sind wir einen unbürokratischen Weg gegangen, weil ich nach wie vor fest davon überzeugt bin, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die mit den Kindern tagtäglich zu tun haben, am besten erkennen können, welches Kind tatsächlich Unterstützung und Hilfe braucht, und weil wir nicht erst fragen wollten: Wie sieht es im Moment bei den Eltern aus?
Bei den Eltern gibt es nach wie vor große Unterschiede. Daher ist es auch richtig, dass es einige Eltern gibt, die ihren Kindern schlichtweg nicht das mitgeben können, was sie gerne mitgeben wollen, und dass der Regelsatz für Kinder dringend überprüft werden muss. Es gibt aber auch andere, die im Übrigen in der gleichen Lage sind, die es irgendwie hinbekommen – doch mit großen Schwierigkeiten.Das sind die Menschen,die arbeiten gehen und die sich dadurch über den Aufstockergrenzen befinden, weshalb sie aus jeglichen Zuschusssystemen herausfallen.
Diese Menschen gehen jeden Tag von morgens bis abends arbeiten, schaffen es aber möglicherweise trotzdem nicht, ihren Kindern das mitzugeben, was sie gerne wollten. Dennoch sind sie sehr verantwortliche Eltern. Es gibt aber auch Eltern, die durchaus genügend Mittel zur Verfügung hätten, die aber ihr Geld für alles Mögliche einsetzen, nur nicht für ihre Kinder.
Daher haben wir gesagt, dass es an den Schulen verantwortliche Lehrerinnen und Lehrer gibt, die durchaus sehen, was mit einem Kind los ist.Wir haben den Härtefallfonds für Mittagessen an Schulen eingeführt, um unbürokratisch und schnell zu helfen. Das haben wir im Übrigen in Zusammenarbeit mit der Karl-Kübel-Stiftung gemacht, die zusätzliche Beratungsangebote für die Eltern und Familien anbietet. Hierzu haben wir bereits mehrere Gespräche geführt, und ich kann Ihnen sagen: Das wird sehr gut angenommen.
Nun zum Antrag der LINKEN.Frau Schott,es überrascht, das dies nun wieder Thema im Landtag ist. Sie haben nun erstmals eine Zahl genannt, denn normalerweise spielt in Ihren Anträgen Geld grundsätzlich keine Rolle.
Diese Zahl ist richtig, denn auch wir haben es einmal durchgerechnet: Wenn man sehr eng rechnet, dann handelt es sich um 10 Millionen c jährlich, die man über den Landeshaushalt aufbringen müsste, denn das könnte man nicht mit Streichungen, indem man mal da oder dort eine Straße streicht, aufbringen. So funktioniert ein Landeshaushalt nicht.
So könnte man es also nicht machen. Aber Sie sollten auch hinschauen, was Sie im Bund und in anderen Ländern machen. Frau Kollegin Fuhrmann, wir haben im Mai im Bund eine gemeinsame Entschließung gefasst, wie wir sie schon im vergangenen Jahr gefasst hatten – alle Arbeits- und Sozialminister, sowohl des Landes Hessen als auch der Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, alle miteinander.
Sie wissen auch, dass wir im Bundesrat unterschiedliche Gesetzentwürfe hatten, sowohl aus Nordrhein-Westfalen als auch aus Rheinland-Pfalz. Wir haben uns gemeinsam auf die Entschließung verständigt,
auch in den Gesprächen mit der Bundesregierung, dass dort endlich etwas vorgelegt wird.
Ich sage ganz deutlich: Wir warten noch auf diesen Bericht. Denn wir brauchen eine neue Bemessung des Regelsatzes. Das heißt aber auch, dass es dann endlich eine Erhebung geben muss:Wie sieht der Bedarf eines Kindes tatsächlich aus? – Denn heute rechnet ein Kind einfach als Teil eines Erwachsenen. Das ist so eben nicht zutreffend, sondern man muss bewusst Warenkörbe erheben. Vielleicht richten Sie das Ihrem Kollegen Scholz in Berlin doch einmal aus.Auf diese Erhebung warten wir noch.Wir
hoffen, dass sie in der nächsten Arbeits- und Sozialministerkonferenz mit einem Ergebnis vorgelegt wird.
Insoweit finde ich es schlichtweg unredlich, wenn wir im Landtag zusammen sind und auf der einen Seite gefragt werden, was wir als Land Hessen unternommen haben, auch in Richtung Bund, was wir selbst eingerichtet haben. Es kommt noch viel mehr dazu. Das Wichtigste ist doch – darüber sollten wir uns einig sein –, dass wir den Menschen wieder eine Chance eröffnen müssen.
Der Kollege Bauer hat sehr deutlich gesagt, dass wir mit allen Instrumentarien Hilfe leisten müssen, wie z. B. mit SGB II, aber auch mit SGB III und vielen anderen Instrumentarien, die vorgesehen sind, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen.
Auf der anderen Seite müssen aber auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Arbeitsplätze müssen erhalten werden und neue dazukommen; aber auf keinen Fall dürfen Arbeitsplätze vernichtet werden. Das sind die beiden großen Punkte, über die wir reden.
Wir müssen die Kinder in den Blick nehmen und mit dem Härtefonds schnellstmöglich Abhilfe schaffen, damit Kinder nicht hungern müssen. Auf der anderen Seite müssen wir die Anzahl der Betreuungsplätze weiter ausbauen,damit es den Eltern überhaupt möglich ist, einer Arbeit nachzugehen.Wir müssen selbstverständlich aber auch in Richtung Bund deutlich machen, dass dort die Überprüfung des Regelsatzes tatsächlich stattfinden muss.
Frau Kollegin Fuhrmann, eine letzte Bemerkung. Sie haben behauptet, wir hätten irgendein Gesetz im Bundesrat blockiert. Wenn Sie sich näher mit dem Bundesrat befassen, wissen Sie, dass jedes Land seine Gesetze im Bundesrat zur Abstimmung stellen kann. Da gibt es keine Gesetze, die man blockieren kann, sondern dort haben sich die Länder schlichtweg darauf verständigt, einen Antrag zu stellen.Wenn ein anderes Land ein Gesetz zur Abstimmung stellen will, kann es das jederzeit machen.Also bleiben Sie wenigstens beim genauen Verfahren.
Wir haben alle das Interesse, dass Kindern geholfen wird. Wir alle gemeinsam haben einen Blick dafür, dass Kinderarmut abgebaut werden muss. Wir sollten gemeinsam um die Konzepte ringen, aber keine Luftschlösser bauen und auch nicht so tun, als hätte man irgendwo die Gelddruckmaschine stehen und könnte das alles allein in Hessen lösen.
Wir brauchen eine gesamtstaatliche Verantwortung, aber selbstverständlich auch die Rahmenbedingungen, dass Menschen in Arbeit kommen und dass nicht derjenige, der den ganzen Tag arbeitet,sich irgendwann fragen muss: Wo bleibe eigentlich ich bei der ganzen Diskussion? – Das alles gehört zusammen. Das werden wir auch weiter verfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nur etwas richtigstellen. Der Kindergarten ist beim Härtefonds nicht enthalten, weil, wenn ein Kind im Kindergarten ist, automatisch die Pflicht besteht, dass es vom Sozialhilfeträger übernommen und gezahlt wird. Dafür ist schlichtweg eine andere Ebene zuständig.Es ist nicht so,dass die Kinder im Kindergarten hungern müssten, sondern es ist anders geregelt. Deswegen haben wir die Schulkinder in den Fonds hineingenommen. Wer sich damit befasst hat, weiß, dass das auch im außerschulischen Betrieb für Schulkinder möglich ist. Fragen Sie z. B. in der Stadt Frankfurt nach. Dort ist es längst so geregelt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schott, mich hat Ihr Beitrag zugegebenermaßen ein bisschen überrascht. Natürlich streiten wir an vielen Stellen über die Krankenhausfinanzierung und das Gesundheitssystem. Ich gebe zu, das demokratische System bringt es mit sich, dass man Mehrheiten finden muss und man, im Gegensatz zu dem, was Ihre Freunde an einigen Stellen wollen, schlichtweg nicht die Revolution ausruft, sondern viele Jahre lang verhandeln und schauen muss, wie man zu Verbesserungen kommt.
Ich stelle doch fest, dass wir im Hessischen Landtag in der Vergangenheit zum Glück gerade bei der Frage der Krankenhäuser an vielen Stellen durchaus einen breiten Konsens finden konnten. Ich bin froh, dass die heute vorliegenden Anträge noch einmal das unterstützen, was wir in den letzten Jahren insbesondere über den Bundesrat bei der Krankenhausfinanzierung mehrfach deutlich gemacht haben, nämlich dass die Finanzausstattung der Krankenhäuser so, wie sie heute über die Finanzierung des Bundes ist, auf Dauer nicht hinnehmbar ist.
Das war zum einen der Sanierungsbeitrag. Ich will doch noch einmal daran erinnern, dass wir über die Länder massiv Druck gemacht haben. Es stand damals 1 % im Raum. Frau Kollegin Schulz-Asche, es ist richtig, dass wir in Berlin in einer Großen Koalition reagieren. Aber es gibt immer ein Ministerium, das Vorschläge macht. Das war nun einmal das Bundesgesundheitsministerium mit einer SPD-Spitze.
Mit viel Kleinarbeit der Länder – ich sage durchaus: aller Länder, nicht nur der CDU-geführten Länder; wir alle haben großen Druck gemacht – und der Krankenhäuser haben wir es geschafft,den Sanierungsbeitrag zu reduzieren. Unsere hessischen Krankenhäuser waren sehr froh darüber.Aber Sie wissen auch,dass wir alle gemeinsam wollen, dass der Sanierungsbeitrag endgültig wegfällt, was in dem vorliegenden Gesetzentwurf auch vorgesehen ist.
Aber das war ein harter Weg. Zu dem Punkt sind wir nicht einfach so gekommen. Wer sich daran erinnert, wie die Diskussion im Dezember des letzten Jahres über die Finanzierung der Krankenhäuser gelaufen ist: Die Bundesländer haben einstimmig dafür gekämpft, dass eine Änderung im Krankenhauswesen, d. h. vor allem bei der sogenannten Deckelung der Betriebskostenfinanzierung, kommt. – Wir haben die Budgets der Krankenhäuser inzwischen seit 15 Jahren. Wir haben den Landesbasisfallwert. Aber wir haben eben auch nach wie vor die große Problematik, dass Zuwächse bei den Krankenhäusern nur in Höhe der Veränderungsrate, also der Grundlohnsummensteigerung,überhaupt möglich waren.Das ist das Problem, das die Gesundheitsminister der Länder im Dezember vergangenen Jahres einvernehmlich aufgenommen haben.
Ich muss doch einmal sagen: Ich bin zwar froh, dass wir in diesem Hause inzwischen einen Konsens haben. Aber noch im Frühjahr hat sich Herr Staatssekretär Schröder, Staatssekretär bei Frau Ulla Schmidt, massiv dagegen gewehrt, dass im Gesundheitswesen und insbesondere bei der Krankenhausfinanzierung eine Änderung vorgenommen werden soll. Auf der Gesundheitsministerkonferenz in Plön waren wir auch noch nicht so weit, dass wir darüber Einvernehmen mit dem Bund hatten, sondern es mussten die gleichen Anträge beschlossen werden, dass eine Veränderung vorgenommen werden muss.
Nun sind wir endlich so weit, dass Ihre Parteikollegin, Frau Schmidt, den Gesetzentwurf inzwischen auf Referentenebene so vorgelegt hat, dass dort Änderungen absehbar sind. Aber über diese Änderungen müssen wir noch im Detail reden. Denn momentan sind sie in dem Gesetzentwurf so enthalten, dass eine Veränderungsrate durch das Statistische Bundesamt irgendwie berechnet wird und der Bund das ohne Beteiligung der Länder festlegt, ohne dass für die Krankenhäuser auf Dauer eine Planungssicherheit vorhanden ist. Denn das kann dann jedes Jahr anders festgelegt werden, was in diesem Bereich leider meistens heißt, dass es keine Steigerungsraten gibt, dass es sich negativ auswirkt. Deswegen werden wir diesen Punkt sicher noch sehr intensiv miteinander diskutieren.
Ich will aber auch deutlich machen, dass ich durchaus froh bin, dass wir auch hier über das Thema der Personalsituation in den Krankenhäusern miteinander reden. Denn die Investitionsförderung ist das eine. Dort sind wir in Hessen
deutlich besser als alle anderen Bundesländer. Hamburg wurde genannt; Hamburg steht noch vor Hessen. Aber das ist die Sondersituation eines Stadtstaates. Dort stehen wir gut da. Gleichzeitig wissen wir, dass wir in der Finanzierung nicht nachlassen dürfen, weil wir in den Kliniken über viele Jahrzehnte einen Investitionsstau haben. Der Sachverständigenrat hat nicht ohne Grund einen Investitionsstau von rund 5 Milliarden c deutschlandweit festgestellt.
Dazu kommt aber, dass vor allem die Personalausstattung ein ganz wichtiger Bereich ist. Ich denke, man kann erst einmal schlichtweg nur den Hut davor ziehen, was die Pflegekräfte unter sehr schwierigen Bedingungen – Energiekostensteigerungen, Tarifsteigerungen und vieles mehr; auf der anderen Seite wurde an vielen Stellen Personal abgebaut – in den hessischen Krankenhäusern, aber auch bundesweit leisten, wie sich der Einzelne einbringt. Trotz zum Teil äußerst schwieriger Arbeitsbedingungen versuchen sie immer noch, das Beste für den Menschen zu machen.
Der jetzt im Bund vorliegende Gesetzentwurf wird einige Erleichterungen bringen, beispielsweise die zusätzliche Pauschale für die Pflege.Wir haben auch in Hessen solche Fälle, die inzwischen beim Bundesgerichtshof vorliegen, bei denen Krankenkassen und Krankenhäuser darüber streiten, ob der entsprechende Aufwand für die Ausbildung und Pflegeanleitung – damit es zukünftig genügend Pflegepersonal geben wird – überhaupt aufgefangen und finanziert werden kann. Im Gesetzentwurf ist jetzt klargestellt – da waren sich Bund und Länder schon ewig einig, aber es hat trotzdem Verfahren gegeben –, dass das finanziert werden muss. Das halten wir für richtig.
Gleichzeitig ist in dem Gesetzentwurf ein Sonderprogramm Pflege verankert. Da muss man sicherlich noch einmal darüber reden, ob man das nicht ein bisschen einfacher ausgestalten kann. Das bedeutet nämlich sehr viel Aufwand. Das Wichtigste ist: Krankenhäuser stellen dann ein, wenn sie den finanziellen Spielraum dafür haben. Der Wegfall des Sanierungsbeitrags und die Veränderung,dass nicht mehr nur über die Grundlohnsummensteigerung ein Zuwachs stattfindet, damit überhaupt eingestellt werden kann, sind aus meiner Sicht die Grundvoraussetzungen, über die wir reden, wenn es um die Verbesserung der Personalausstattung geht.
Das zweite Thema, das Sie ansprechen, lautet, ob wir Personalstandards brauchen. Wir haben uns im Sozialministerium mit ver.di zusammengesetzt, ein Gespräch geführt und dabei gefragt, wie die Personalstandards aussehen können.Wer die Diskussion in den letzten Jahren mitverfolgt hat, weiß, dass es das alles schon einmal gab. Man hat sie abgeschafft,weil sie zu großen Schwierigkeiten geführt haben.
Auf der anderen Seite haben wir sehr unterschiedliche Situationen.
Herr Kollege Spies, hören Sie mir doch bitte einmal zu. – Aus meiner Sicht ist es ein richtiger und wichtiger Schritt,darüber zu reden,wie man die Situation der Pflege weiter verbessern kann. Wir haben durch den Gemeinsamen Bundesausschuss inzwischen durchaus Qualitätskriterien in einigen Bereichen entwickelt, beispielsweise für
die Neonatologie und die Kinderonkologie. Dort gibt es in den Vorgaben personelle Standards. Gleichzeitig muss man schauen, wie man diese Standards in der Intensivpflege hinbekommt.
Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Frage der Standards auch etwas mit der baulichen Situation und der organisatorischen Situation eines Krankenhauses zu tun hat. Wenn Sie Pflegestationen haben, die durch Treppenhäuser getrennt sind, brauchen Sie deutlich mehr Personal als in einer neu eingerichteten Pflegestation, die nach den modernsten Kriterien der Pflege gestaltet ist. Deswegen sehe ich dort einige Schwierigkeiten, bestimmte Standards festzulegen. Ich kann mir aber vorstellen, dass sie an einigen Stellen funktionieren können,wenn man sie richtig definiert.
Dazu hat der Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e. V. sehr deutlich Stellung bezogen. Er kann sich die Pflegestandards beispielsweise im Bereich der Intensivmedizin vorstellen. Er macht jedoch zur Voraussetzung, dass diese Pflegestandards bundeseinheitlich geregelt werden sollen.Das halte ich auch für einen ganz wichtigen Schritt. Deswegen haben wir Gespräche angeboten – die Krankenhausgesellschaft hat schon ihre Bereitschaft erklärt –, mit den unterschiedlichen Disziplinen, also sowohl mit den Pflegeverbänden, mit ver.di und der Krankenhausgesellschaft und anderen, gemeinsam Vorschläge anzuschauen, was realistisch umsetzbar ist. Aus meiner Sicht ist es der erste Schritt, zu sagen, wir brauchen erst einmal eine bessere Finanzausstattung der Kliniken. Dann stellen Kliniken nämlich wieder ein und werden viel schneller und flexibler reagieren.
Der zweite Punkt ist, dass wir in die Ausbildung investieren müssen. Die Ausbildungskosten müssen refinanziert werden. Die ersten Schritte sind vorgesehen. Wie solche Programme aussehen können, muss sicher auch im Detail diskutiert werden. Bürokratische Regelungen gibt es in Krankenhäusern schon mehr als genug. Es muss ein möglichst einfacher Weg gefunden werden,um das gemeinsam umzusetzen.
Wir werden versuchen, auf Bundesebene die Finanzausstattung zu verbessern und gemeinsam mit den hessischen Kliniken Wege zu finden, die die Kliniken nicht behindern, aber ihnen die Möglichkeit geben, für die Pflege Verbesserungen herbeizuführen. Für uns gehört auf der einen Seite die finanzielle und die bauliche Ausstattung dazu, auf der anderen Seite aber auch die interne Struktur eines Krankenhauses.Da kann man nicht einfach nur Vorgaben machen. Man muss sehen, wie das Betriebsklima ist und wie die hierarchischen Strukturen in der Klinik sind. Das gehört alles mit dazu. Wenn sich dann gemeinsame Positionen finden lassen, sind wir bereit, das anzuschauen.
Ich warne davor, die Hoffnung nur auf das Thema Standards zu setzen.Wir haben es in der Altenpflege lange gemeinsam diskutiert.Die Verbände konnten keine gemeinsamen Ergebnisse finden, weil die Unterschiede sehr groß waren. Wir hatten Institute beauftragt und sehr viel an Qualitätssicherung gemacht, aber ein gemeinsamer Standard ist sehr schwierig zu definieren. Aus diesem Grund sollten wir alle Arbeit dorthinein investieren, aber gleichzeitig dafür sorgen, dass nicht grundsätzlich beim Personal gespart wird. Die finanzielle Ausstattung steht an allererster Stelle. Dann kann sich das Krankenhaus vernünftig finanzieren.
Wir wissen, dass eine Schwester im Pflegedienst dadurch zusätzliche Arbeit hat, dass die Patienten immer kürzer liegen, dass immer schwierigere Fälle vorhanden sind und die Patienten nach kurzer Zeit entlassen werden. Durch die Anzahl der Fälle ist keine Entlastung zu erreichen. Man benötigt dort hoch qualifiziertes Personal, das an der richtigen Stelle eingesetzt werden muss. Das Personal sollte nicht die Tabletts herumtragen, sondern Dienst am Patienten leisten. Das Krankenhaus sollte eine sehr breite Struktur haben.
Dazu werden wir alle Kraftanstrengungen aufwenden,um das gemeinsam hinzubekommen. Aber der erste Schritt geht in Richtung Bund: Er muss die Finanzierung besser ausgestalten. Dann werden die Kliniken wieder aus eigener Kraft die Möglichkeit haben, nicht nur ärztliches Personal, sondern auch Pflegepersonal in notwendigem Umfang einzustellen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Es ist vorgeschlagen, den Antrag der Abg. Fuhrmann, Dr. Spies, Eckhardt, Künholz, Merz, Roth, Yüksel (SPD) und Fraktion betreffend Personalabbau in Kliniken stoppen – Qualität in der Gesundheitsversorgung sichern, an den Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. Ebenso soll der Dringliche Antrag der Fraktion der FDP betreffend Verschlechterung der Krankenhausversorgung durch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt stoppen – Hessens Patienten brauchen lebensfähige Krankenhäuser, an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Dem wird nicht widersprochen, dann ist das so beschlossen.
Verabredungsgemäß rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 41 auf:
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend wirtschaftlicher Aufschwung im Norden Hessens durch eine gut ausgebaute Infrastruktur – Drucks. 17/457 –
hierzu:
Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP – Drucks. 17/571 –
Mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 46:
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kurhessenbahn reaktivieren – modernen ÖPNV realisieren – Drucks. 17/483 –
Mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 85:
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Nordhessens Qualitäten fördern, statt altes Denken in Beton zu gießen – Drucks. 17/568 –
Ebenso wird aufgerufen Tagesordnungspunkt 86:
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend wirtschaftlicher Aufschwung im Norden Hessens – Drucks. 17/569 –
Ich darf Herrn Dr.Wagner von der CDU-Fraktion zur Erläuterung des Entschließungsantrags der CDU und der FDP an das Rednerpult bitten. Herr Dr. Wagner, die verabredete Redezeit beträgt 15 Minuten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift mit diesem Antrag ein Thema auf, das den für die Umsetzung der Bestimmungen des SGB II in Hessen zuständigen Trägern, aber auch der Landesregierung unter den Nägeln brennt, denn die Folgen dessen, was die Bundesregierung, vor allem Bundesminister Scholz und das Bundesarbeitsministerium, in zentralen Fragen der Eingliederung, z. B. beim Nachholen von Hauptschulabschlüssen oder beim Erwerb von Sprachkenntnissen, im SGB II vorsehen, wirken auf die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen an vielen Stellen schlichtweg verheerend.
Das SGB II regelt in seinem § 16 die vom Bund finanzierten sogenannten Eingliederungsleistungen. Es geht also um konkrete Leistungen, die den Langzeitarbeitslosen helfen sollen, schnell zurück ins Erwerbsleben zu gelangen. § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II spricht darüber hinaus von den sogenannten weiteren Leistungen, die für eine Eingliederung erbracht werden können. Das sind also Leistungen, die quasi den Charakter einer Generalklausel haben, um passgenaue Hilfen vor Ort jenen zu bieten, die nicht in das normale Leistungsraster des SGB III passen. Von vielen Rednern ist heute hier schon erwähnt worden, dass es um den Personenkreis geht, der nicht unter die klassischen Instrumente des SGB III fällt, sondern dass es sich um Langzeitarbeitlose mit sehr unterschiedlichen und vor allem multiplen Problemlagen handelt.
Es geht auch nicht darum, dass das besonders innovative Leistungen sein sollen, denn selbstverständlich ist das Nachholen eines Hauptschulabschlusses nichts besonders Innovatives, aber es ist etwas dringend Notwendiges, genauso wie es eine Selbstverständlichkeit ist, dass junge Migranten, denen man eine Chance auf Arbeit geben will, wenigstens die Möglichkeit bekommen müssen, Deutsch zu lernen. Bei Sprachkursen und dem Angebot zum Abschluss der Hauptschule handelt es sich also um Grundvoraussetzung. Es geht aber z. B. auch um Kinderbetreuungsangebote während der Ausbildung, um die betroffenen Menschen wieder in Arbeit zu bringen und solchen Problemlagen gerecht zu werden.
In Hessen werden über die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II sowohl bei den Arbeitsgemeinschaften also auch bei den Optionskommunen im Schnitt ca. 30 % des Eingliederungstitels gebunden. Das zeigt, wie wichtig diese Instrumente sind, um Menschen wieder in Arbeit zu vermitteln.
Wir hatten von Beginn an,als das neue Gesetz in Kraft getreten ist,einen heftigen Streit zwischen den Ländern,den Kommunalen Spitzenverbänden, den Arbeitsgemeinschaften, den Optionskommunen und dem Ministerium für Arbeit und Soziales, da dort versucht wird, die Generalklausel so auszulegen, dass sie nur in ganz wenigen Fällen eine Ergänzung der Maßnahmen des SGB III darstellt. So kommt es dazu, dass Prüffeststellungen des Rechnungshofs gefertigt werden, aber eben nur deswegen, weil das Bundesministerium vorher eine Anweisung gegeben hat, die dem Rechnungshof sagt, dass das Geld so nicht eingesetzt werden darf. Das muss man immer dazusagen. Würde nämlich das Bundesministerium
eine andere Anweisung herausgeben, würde der Rechnungshof überhaupt nicht beanstanden, dass Bundesmittel angeblich falsch eingesetzt werden.
Nach Auffassung des Bundesministeriums ist es so, dass die Instrumente des SGB III vorrangig anzuwenden sind und Ausnahmen nur in ganz wenigen Einzelfällen möglich sind, z. B. bei der Beschaffung eines Anzugs, damit man entsprechend gekleidet ist. Das war aus unserer Sicht und auch aus der Sicht der anderen Länder ganz sicher nicht die Intention des Gesetzgebers, als er diese Generalklausel geschaffen hat, um vor Ort individuelle und sinnvolle Angebote machen zu können.
Das Interessante daran ist auch, dass die enge Auslegung auf Bundesebene zu relativ absurden Situationen führt. Ich kenne ein Schreiben des Bundesarbeitsministeriums, in dem Maßnahmen zur Eingliederung als „sinnvoll und für die Integration auch notwendig, aber rechtswidrig“ bezeichnet werden. Damit sind z. B. Sprachkurse oder Kurse zur Erreichung des Hauptschulabschlusses gemeint.
Ich denke, wir müssen hier schnell zu einer anderen Handlungsanweisung kommen. Die Länder sind sich an der Stelle einig. Ich denke, auch in diesem Hause besteht eine große Einigkeit darüber, dass wir hier keine Einzelregelung brauchen, die vom Bund vorgegeben wird, sondern dass vor Ort geprüft und entschieden werden soll, was notwendig ist. Das hat nichts damit zu tun, dass wir neue Gesetze brauchen, sondern das Bundesministerium muss schlichtweg seine Handlungsanweisungen zurückziehen, muss gemeinsam mit den Ländern zu einer vernünftigen Auslegung kommen, dann ist das Problem gelöst.
Wir brauchen kein langwieriges Gesetzgebungsverfahren, sondern es ist nur erforderlich, dass dort tatsächlich Vernunft einkehrt und dass das SGB III nicht immer weiter als das Instrument der Wahl angesehen wird.
Es ist auch ganz wichtig, zu sehen, dass z. B. die Förderinstrumente im SGB III ursprünglich im Wesentlichen für schwerbehinderte Jugendliche geschaffen wurden und eben nicht für die Problemgruppen, über die wir sprechen. Das sind diejenigen, die aus ganz anderen Gründen keinen Hauptschulabschluss geschafft haben oder etwa einen Sprachkurs nachholen müssen. Es ist eine Grundfehleinschätzung, zu glauben, dass diese SGB-III-Instrumente Vorrang haben, dass ansonsten gar nichts möglich ist und dass man hohe Rückforderungen stellt.
Daran ist vor allem gefährlich, dass der Einsatz der Instrumente deshalb schon in diesem Jahr – nicht erst, wenn man Änderungen vornimmt – zum Erliegen kommt, dass also weniger vermittelt wird.Es ist sicher so:Der Bund bezahlt es, und wenn er Rückforderungen stellte und die Kommune dafür haften müsste, hieße dass, dass keiner, der schon solche Bescheide bekommen hat, weitere Maßnahmen in diesem Bereich auf den Weg bringt, sodass der Einsatz sinnvoller Vermittlungsangebote und Unterstützungsmaßnahmen, um junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, schon in diesem Jahr schlichtweg zum Erliegen käme und den Langzeitarbeitslosen damit überhaupt nicht geholfen wäre.
Vielmehr würde eine absolut andere Richtung eingeschlagen. Somit würde die Langzeitarbeitslosigkeit unter jungen Menschen, mit der das SGB II befasst ist, fast konstant bleiben. Wir könnten viel mehr Erfolg haben, wenn die Mittel weiterhin richtig eingesetzt würden.
Deshalb hat die Sonderkonferenz der Arbeits- und Sozialminister am 8. und 9. Mai einstimmig folgenden Beschluss gefasst:
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder erwarten von der Bundesregierung, dass die restriktive Auslegung des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II aufgegeben und die Rechtssicherheit für den ohnehin schwierigen Umsetzungsprozess des SGB II wiederhergestellt wird.
Ich denke, das war eine eindeutige Aufforderung, die alle, die dort anwesend waren, mitgetragen haben. Es muss jetzt schnell gehandelt werden.Sonst ist ein weiteres halbes Jahr verloren – was den jungen Menschen nicht hilft –, nur weil man auf einer restriktiven Auslegung besteht, die, auch im Interesse der Länder, bei der Gesetzgebung niemals so vorgesehen war.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nachvollziehen, dass die SPD-Fraktion heute sagt:Wir machen einen Setzpunkt zu diesem Thema und versuchen, wieder nach vorne zu kommen.Denn die letzte Forsa-Umfrage,die die SPD immerhin bei 20 % sieht, nur noch 5 Prozentpunkte vor der LINKEN mit 15 %, ist natürlich ein Tiefpunkt gewesen.
Frau Kollegin Müller-Klepper hat schon deutlich gemacht, dass dort dringend Frischzellen notwendig wären.
Herr Kollege Schmitt,es ist besser,wenn ich Ihnen heute nicht sage, was ich den Zeitungen entnehmen konnte. Zu Ihrem eigenen Verhalten hat Ihre Fraktion in den letzten Tagen ja genug gesagt.
Frau Kollegin Ypsilanti, wie ich schon sagte, Frischzellen sind da vielleicht ein Thema. Aber der Demagogie von Herrn Lafontaine als SPD-Fraktion immer weiter nachzulaufen, scheint ja nicht gerade ein erfolgreiches Rezept für die Fraktion dieses Hauses zu sein. Es scheint eher immer mehr zum Absterben von vernünftigen Ideen und zum Anwachsen der LINKEN zu führen, was vielleicht die ganz linke Seite dieses Hauses freut.
Bei Männern ist die Zustimmung zu beiden Parteien schon gleich, bei 17 %.Aber für die Probleme, die Sie auf die Tagesordnung gesetzt haben – darüber wollen wir uns heute eigentlich unterhalten –,haben Sie keine Lösungen. Das Spannende daran ist – auch das haben zwei meiner Vorredner schon angesprochen –, dass wir den Höchststand der Arbeitslosigkeit im Jahr 2005 hatten. Am Ende der rot-grünen Regierung waren dort die größten Probleme vorhanden.Im Übrigen bezieht sich Kollege Scholz mit seinem Armuts- und Reichtumsbericht, den er auf Bundesebene vorgelegt hat, auf genau diese Zahlen im Zeitraum zwischen 2002 und 2005.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN, das müsste Ihnen durchaus zu denken geben. Sie haben damals nicht über das Thema Mindestlöhne gesprochen, weil Sie genau wussten, dass Sie Arbeitsplätze vernichten.
Aber Sie hatten die größte Arbeitslosigkeit.Wenn wir uns den Armutsbericht ansehen, den Sie heute sehr bewusst außen vor gelassen haben, um auf andere Themenfelder abzulenken, dann stellen wir fest, dass Sie auch sehr bewusst die Entwicklung seit dem Jahr 2005 ausgeblendet haben. Denn gleichzeitig haben wir jetzt endlich wieder einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und dort den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.
Wir haben dort also in den letzten Jahren eine ganze Menge erreicht, sowohl in Hessen als auch im übrigen Bundesgebiet. Dazu hat z. B. die Zeitarbeit einen ganz wichtigen Anteil beigetragen. Deswegen finde ich es schon bedauerlich, dass wir dieses Thema im Hessischen Landtag zwar nun zum wiederholten Male auf der Tagesordnung haben – –
Herr Kollege Wintermeyer,das ist zutreffend,weil es der einen Seite dieses Hauses schlichtweg nicht um Problemlösung geht.
Problemlösung würde bedeuten, dass wir anerkennen, dass die Arbeitslosigkeit nach SGB III massiv zurückgegangen ist,
wir aber gleichzeitig nach wie vor ein Problem bei der Langzeitarbeitslosigkeit haben, also nach SGB II, und dort nach wie vor auf einem hohen Niveau verharren.Wir müssen uns hier über die unterschiedlichen Gründe dafür unterhalten und überlegen, wie wir diesen Menschen helfen können, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszukommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu gehört eben auch das Instrument der Zeitarbeit. Denn wie das IAB der Bundesagentur für Arbeit feststellt, spielen beim Thema Zeitarbeit die gering Qualifizierten – und das sind die Langzeitarbeitslosen – die größte Rolle. Diejenigen, die in Zeitarbeit tätig sind, waren zum größten Teil in den letzten Monaten davor arbeitslos und haben durch die Zeitarbeit überhaupt erst ein Sprungbrett in den normalen Arbeitsmarkt bekommen. Gering Qualifizierte erhalten durch die Zeitarbeit eine Chance, auf dem Arbeitsmarkt wieder mitzubestehen, auch wenn zum Teil noch staatliche Zuschüsse fließen müssen.
Aber vielleicht sollten wir an dieser Stelle wieder einmal darauf stolz sein, dass wir ein soziales Sicherungssystem haben, das genau in solchen Fällen Armut verhindert, indem es staatliche Zuschüsse zahlt und den Menschen eine Brücke aus der Abhängigkeit zurück in die Unabhängigkeit schafft. Um das Armutsrisiko zu senken, sind staatliche Zuschüsse notwendig. Die Menschen sollen nicht in Armut bleiben, und wir bauen ihnen eine Brücke aus der Arbeitslosigkeit heraus.
Ich will auch einmal festhalten, dass ungefähr ein Drittel der Leiharbeitnehmer im Anschluss an das Leiharbeitsverhältnis eine unbefristete Beschäftigung erlangt. Das ist durchaus ein großer Erfolg und hat natürlich etwas damit zu tun, dass in den letzten Jahren die Leiharbeit angestiegen ist und dass überhaupt nur in diesem Segment Langzeitarbeitslose wieder eine Chance hatten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPDFraktion, wenn Sie hier heute über den Mindestlohn oder über das Thema Tariftreue sprechen, dann wissen Sie genau:Wir haben letztes Jahr ein Gesetz gemacht, aber dazu hat der Europäische Gerichtshof sehr deutlich gesagt, dass alle in Deutschland bestehenden Gesetze so nicht
möglich sind. Jetzt reden wir darüber: Gibt es Brücken, über die man noch einen Teil davon retten kann, oder gibt es sie nicht? Wie muss man damit umgehen? Auf der anderen Seite haben wir heute schon die Instrumente des Entsendegesetzes und auch der Tarifparteien, wenn sie Anträge auf Allgemeinverbindlichkeit stellen.
Wenn Sie hier immer Gespenster an die Wand malen – was Sie mit dem Thema Zeitarbeit, die Sie auch gerne nur als Leiharbeit bezeichnen, machen –, hat das genau damit zu tun, dass Sie schlichtweg nicht wollen, dass Menschen in diesem Bereich neue Chancen bekommen.
Das lehnen wir ab.Wir wollen, dass dieses Segment bleibt und dass wir weitere Türen öffnen, um Langzeitarbeitslose besser zu fördern.
Interessant ist – das gehört auch zur Wahrheit –, dass Ihre rot-grüne Bundesregierung mit uns als Landesregierung damals die Lösung „Leistung aus einer Hand“ angestrebt hat, die alle für richtig gehalten haben, um besser zu fördern und zu fordern, aber eben auch demjenigen, der Hilfe braucht, allumfassend einen Fallmanager als Ansprechpartner zu geben.
Was passiert nun auf der Bundesebene? Der Kollege Scholz, seines Zeichens SPD, macht Vorschläge, das alles wieder zu trennen, anstatt mit den Ländern gemeinsam vernünftige Modelle zu suchen. Das ist die Rolle rückwärts. Sie hilft keinem einzigen Langzeitarbeitslosen, und da helfen auch Ihre Schaufensteranträge überhaupt nicht weiter.
Natürlich gehört auch dazu, dass wir dort in einem Teilbereich nach wie vor große Probleme haben. Das sind die geringfügig Beschäftigten, die Langzeitarbeitslosen, die jetzt in 400-c-Jobs verharren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Ypsilanti, dazu, wie Sie damit umgehen wollen, habe ich von Ihnen kein einziges Wort gehört. Wir haben dazu längst Vorschläge gemacht. Was das Verharren in diesem Bereich angeht, so ist der Zuverdienst bei den 400-c-Jobs ein Problem. Es lohnt sich für den Betroffenen nicht, das Sprungbrett einer Ganztags- oder einer anderen Beschäftigung anzunehmen. Dort brauchen wir dringend Veränderungen.
Das ist nicht neu, das haben wir schon mehrfach diskutiert.Ich kenne aber keine Initiative der SPD dazu,die genau diese Probleme, die die Wirtschaftsweisen regelmäßig in den Berichten des Sachverständigenrats darstellen,aufgenommen hat. Weder auf Bundesebene noch im Hessischen Landtag ist die SPD bereit, genau über diese Probleme zu sprechen, um Menschen aus der dauerhaft geringfügigen Beschäftigung herauszuführen und ihnen wieder vernünftige Chancen zu bieten.
Selbstverständlich gehört auch mit dazu, wenn wir über unterschiedliche Chancen sprechen, dass wir uns anschauen müssen, für wen es bei der Langzeitarbeitslosigkeit am schwierigsten ist. Das sind die Alleinerziehenden, Familien mit mehr als drei Kindern, die besondere Schwierigkeiten haben, weil das Thema Kinder zu einem erhöhten Armutsrisiko führt. Die Kollegin von der Leyen will auf Bundesebene den Kinderzuschlag genau deswegen umbauen, weil dieses Problemfeld erkannt ist und wir dort zielgerichtet Zuschüsse brauchen, um Familien
mit mehreren Kindern zu helfen. Gleichzeitig müssen wir als Hessische Landesregierung unsere Hausaufgaben machen – im Vergleich mit den anderen westlichen Bundesländern haben wir einen Spitzenwert bei der Kinderbetreuung –
und den Ausbau vorantreiben. Wir müssen Alleinerziehende weiter unterstützen und auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Kollegin Ypsilanti, ich will noch einmal darauf hinweisen: Nur Schaufensteranträge zu stellen, um wieder auf der politischen Bühne präsent zu sein, und Herrn Lafontaine, einem Demagogen, hinterherzulaufen, das bringt unser Land nicht weiter.
Wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, dass für diejenigen Gruppen, für die es in unserem Land immer noch eine sehr schwierige Lage gibt, das sind Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende und die Mehrkindfamilien in ganz besonderem Maß, eine Besserung eintritt.Wir müssen gemeinsame Lösungen für sie finden, um über die Kinderbetreuung, den Familienzuschlag, die unterschiedlichen flexiblen Möglichkeiten wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Aber auch das, was die Landesregierung in den letzten Jahren für Kinder mit Migrationshintergrund auf die Beine gestellt hat, nämlich frühe Sprachförderung, Abbau der Quote der Hauptschulabbrecher, um bessere Bildungsabschlüsse zu erreichen, waren wichtige Schritte. Das alles hat sich in den letzten Jahren sehr deutlich gezeigt und kann sich sehen lassen.
Diesen Weg wollen wir weitergehen. Dazu erwarte ich von Ihnen dezidierte Vorschläge, wie wir uns gemeinsam um die Geringstqualifizierten und die Langzeitarbeitslosen kümmern, und nicht, dass Sie schöne Programme ankündigen, sie nicht finanzieren und gleichzeitig immer noch versuchen,
Arbeitsplätze zu vernichten, entgegen allen Vorhersagen von Sachverständigen, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen.
Eines kann man auch als Fazit ziehen: Interessanterweise glauben Ihnen das die Wählerinnen und Wähler nicht wirklich. Wenn Sie sich das Politbarometer Mitte Mai anschauen und Ihre persönliche Beliebtheit bei allen, dann ist die bei minus 1,2 schon ganz interessant.
Gucken Sie sich einmal Ihre Beliebtheit bei Ihren Wählerinnen und Wählern an. Mit minus 0,4 will ich Ihnen sagen: Nur Lafontaine war einmal mit minus 0,5 unbeliebter;das war,als er die Brocken in der SPD hingeschmissen hat.Vielleicht sollten Sie das einfach auch tun.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete, die Entscheidung konnte aus unserer Sicht in Kenntnis der tragenden Gründe für die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. April 2008 europarechtskonform nur derart getroffen werden, dass der Antrag abgelehnt wurde.Ansonsten hätten wir der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs widersprochen.
Ich kann Ihnen im Detail die Entscheidungsgründe gern noch einmal ausführen. Dennoch ist aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs deutlich geworden, dass er davon ausgeht, dass in den einzelnen Ländern genügend Mechanismen vorhanden sind,um die entsprechenden Möglichkeiten der Tarifpartner auszuhandeln. Diese haben wir auch in Deutschland umgesetzt, wie mit der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen und Ähnlichem. Aus unserer Sicht hat der Europäische Gerichtshof – das betrifft unser eigenes Tariftreuegesetz – sehr deutlich gesagt,dass genau diese Regelungen so nicht gehen.
Frau Hölldobler-Heumüller,wir führen diesbezüglich Gespräche mit den Gewerkschaften. Wir schauen, ob es Möglichkeiten gibt, doch kann ich Ihnen dies heute nicht im Detail beantworten, da diese Gespräche im Moment geführt werden. Es handelt sich um eine schwierige Rechtslage, und wir haben festgestellt, dass es wohl nur sehr geringe Entscheidungsspielräume geben wird.