Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich, als Herr Minister Banzer sprach, für eine Kurzintervention gemeldet, da er Herrn Irmer sozusagen an einem Punkt in Schutz nehmen wollte, wo ich das nicht tun kann. Auch wir sind diejenigen, die Herrn Irmers Schriften sehr genau gelesen haben. Wir sind auch Historiker. Daher muss man natürlich eine solche politische Position bewerten, und man muss deutlich machen, dass man fragen darf, ob die Gleichsetzung von braun und rot, die von Herrn Irmer immer wieder gemacht wird, tatsächlich eine solche ist, die der tatsächlichen Situation, der historischen Bewertung gerecht wird. Ich gehe davon aus, dass wir als LINKE, besonders ich als derjenige, der auch für die Friedensbewegung steht, niemals Grenzen bauen wollten.
Wir wollten ein grenzenloses Europa, und das können Sie seit dem Jahre 1968, um den Begriff noch einmal aufzunehmen, in Bezug auf meine Person ausnahmslos nachlesen.Wir haben uns ganz entschieden für Meinungsfreiheit und auch tatsächlich für Internationalität ausgesprochen.
Wir haben uns gegen jeglichen Nationalismus gewehrt, und wir sind diejenigen, die im kommenden Monat dafür sorgen werden, dass die Internationalität der europäischen sozialen Bewegungen tatsächlich wieder eine Stimme bekommt.
Herr Wagner, wir sind dabei, über Unterricht, Bildung und die Frage der Bewertung von Geschichte zu reden. Hierzu möchte auch ich etwas sagen.
Herr van Ooyen, einen kleinen Moment, bitte. – Gut, ich gebe Ihnen nun gern wieder das Wort, ich wollte Ihnen nur Gehör verschaffen.
Es geht mir vielmehr darum, wie man mit Andersdenkenden umgeht. Da haben wir natürlich auch eine historische Erfahrung. Herr Banzer hat noch einmal gefragt, warum wir ihn nicht ausschließen würden. – Dieses Wegdrücken und die Berufsverbotepolitik der Achtzigerjahre sind Punkte, mit welchen im Grunde verhindert wurde, dass Menschen miteinander reden, damit Gewaltbereitschaft, Gewalt und Terror vermieden werden.
Diese Strategie halte ich für ganz wesentlich: dass man miteinander redet und sich nicht ausgrenzt, damit man miteinander die Gestaltung von Politik und Gesellschaft unternimmt, statt Ausgrenzungen vorzunehmen, so wie wir dies in den letzten Monaten in übler Art von Ihrer Seite erfahren mussten.
Herr Kollege van Ooyen, Sie haben erklärt, das mit der Tradition sei alles ein bisschen anders. – Ich muss das vorausschicken, weil es länger her ist, dass ich mich zur Zwischenfrage gemeldet habe. – Wollen Sie damit behaupten, dass das, was ich Ihnen zitiert habe, was im klassischen Gegensatz zu Ihren Äußerungen steht, gefälscht ist?
Nein, das sage ich gar nicht. Aber es gibt Menschen, die nicht unbedingt meiner politischen Position anhängen. Mit denen muss ich mich auch auseinandersetzen. So ehrlich sollten wir miteinander umgehen.
(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie denn Grundsätze in Ihrer Partei? – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Also Diskussion, offene Auseinandersetzung und tatsächlich nicht nur der Versuch, sozusagen stalinistische Apparaturen bei einem Parteitag zu erwarten, von dem alle sagen: Was da passiert, ist doch eine chaotische Angelegenheit.
Ich bin froh,dass wir solch differenzierte,unterschiedliche Positionen haben. Die werden wir Ihnen am Wochenende auch demonstrieren.
Wir sind im Grunde genommen auf einem guten Weg, mit unterschiedlichen Meinungen tatsächlich Politik für dieses Land gestalten zu können. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unterschiedlichen verfassungsfeindlichen Meinungen! Das finde ich schon bemerkenswert!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege van Ooyen hat eben das Stichwort „Berufsverbote“ genannt. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass es in der freiheitlichen Demokratie Bundesrepublik Deutschland keine Form von Berufsverboten jemals gegeben hat.
Das, was Sie meinen, der sogenannte Radikalerlass von Willy Brandt, der aus dem Jahre 1972 stammt, nur zur Erinnerung, bedeutete sehr klar: Es ging um die Frage, ob jemand geeignet ist, aufgrund seiner Qualifikation im öffentlichen Dienst tätig zu werden. Es ist nicht eine Frage der politischen Einschätzung, sondern eine Frage der Qualifikation. Denn es heißt dort: Jeder Beamte muss jederzeit die Gewähr dafür bieten, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv einzutreten.
Dass ausgerechnet Sie von Berufsverboten sprechen, das erstaunt mich schon. Das ist schon Chuzpe. Ich habe das eben ganz kurz angesprochen. Wenn im anderen Teil Deutschlands – ich spreche von meiner eigenen Familie – jemand Polizeibeamter werden wollte, weil er zu dem Beruf eine innere Affinität hatte, dann musste er Mitglied der SED oder der FDJ sein.Es ging vielleicht gerade noch die Mitgliedschaft in der LDPD oder in der Ost-CDU, oder in der Bauernpartei.Das waren Hilfskrücken.Es gab dort welche, die waren auch überzeugt.Aber viele, die damals in dieser Diktatur waren, sind dort hineingegangen, um einen persönlichen Lebensweg machen zu können.
Das ist ein großer Unterschied. Wenn Sie nicht Mitglied waren, durften Sie dieses oder jenes Studium beispielsweise gar nicht aufgreifen. – Das sind Berufsverbote.
Herr Kollege van Ooyen, Sie haben gesagt, Sie seien bekennender Marxist, und die Bezeichnung Kommunist sei für Sie kein Schimpfwort. Ich sage an dieser Stelle: Kommunismus und Marxismus sind unüberbrückbare Gegensätze zur Demokratie. Sie sind mit Demokratie nicht vereinbar.
Deshalb ist auch das, was Frau Kollegin Cárdenas gesagt hat, nicht sonderlich glaubwürdig, wenn der Genosse Wilken keine Probleme mit der DKP hat.Auch Sie selbst haben gesagt, Sie haben keine Probleme, wenn DKPler auf Ihrer Liste kandidieren. Oder: Die Genossin Cárdenas war selbst jahrelang Mitglied der DKP. Der Genosse Schaus zählt sich zur Sozialistischen Linken, und die Genossin Wissler ist Unterstützerin des marxistischen Netzwerks Marx 21. Sie fliegt, von Frankfurt aus, Frau Kollegin, vermute ich, nach Venezuela zu Hugo Chávez, um dort vom Sozialismus zu lernen. „Von Chávez lernen, heißt siegen lernen“,
war in der „Frankfurter Rundschau“ am 03.03.2008 zu lesen. Die Frage nach Ihrer Demokratieglaubwürdigkeit ist doch eine ganz spannende.Wie sieht denn die Politik dieses Herrn Chávez aus? Meine Damen und Herren, dieser Mensch hat beispielsweise die kolumbianische Terrororganisation FARC mit 300 Millionen c unterstützt.
Dieser Herr Chávez hat in Venezuela ein Sicherheitsgesetz verabschieden lassen, wonach Abhörmaßnahmen ohne richterliche Anordnung möglich sind,
wonach Bürger mit bis zu sechs Jahren bestraft werden können, wenn sie sich weigern, mit der Regierung zusammenzuarbeiten.
Herr Chávez war dafür verantwortlich, dass der regimekritische Fernsehsender Radio Caracas Televisión zwangsweise geschlossen wurde. Er hat dazu beigetragen, dass die Erdölindustrie, die Zementindustrie und die Stahlindustrie verstaatlicht wurden.
mit dem Ergebnis, dass die Erdölproduktion um 20 % gesunken ist, die Landwirtschaft um 25 %. Jetzt gibt es wieder Lebensmittelkarten und staatliche Läden – Mangelwirtschaft à la Ostzone, wie wir das kennen.
Werte Frau Kollegin, diese Form von Sozialismus wollen wir in diesem Lande nicht mehr haben. Einmal Sozialismus reicht.