Protocol of the Session on June 5, 2008

Berichterstatter ist Abg. Görig.

(Zuruf von der SPD:Verzichtet!)

Ich habe kein Problem, wenn Sie sagen: „Darauf wird verzichtet.“ Dann mache ich das gerne. Da gewinnen wir Zeit. Einverstanden? – Ich sehe Nicken bei allen.Wir verzichten auf Berichterstattung.

Ich eröffne die Aussprache.Als Erster hat sich Herr Kaufmann zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte schon einmal vorab um Nachsicht. Sie werden mich jetzt zweimal hier als jemand erleben, der dafür mitverantwortlich ist, dass wir diese beiden Tagesordnungspunkte noch beraten. Aber wir müssen sie beraten. Denn worum geht es?

Die Landesregierung schlägt vor – der Haushaltsausschuss ist dem mit Mehrheit gefolgt, und wir hoffen, dass sich heute die Mehrheit verändert –, ein Grundstück zu verkaufen, und zwar in Neuhof, und zwar an die Firma Kali + Salz. Das wäre als solches noch kein Vorgang, der besonderer Debatte bedarf. Meine Damen und Herren, aber Sie alle, zumindest die Umweltpolitiker vorneweg – wir haben uns im Plenum schon mehrfach damit befasst –, wissen um die Problematik der Firma Kali + Salz, ihre Abraumhalden und die salzigen Abwässer, die dabei entstehen, und deren mangelhafte Entsorgung. Das ist ein Streit, der über viele Jahre läuft.

Wir haben uns über die Fraktionsgrenzen hinweg bemüht, hier zu einer vernünftigen Regelung zu kommen. Sie wissen, es ist ein runder Tisch eingerichtet worden, der auch begonnen hat, zu tagen. Uns ist bekannt, Ihnen sowohl von der SPD als auch von der CDU ist bekannt, ja allen, die sich um dieses Thema kümmern, ist bekannt, dass die Kali + Salz AG – man darf es so sagen – ein äußerst harter Brocken ist. Das heißt, dass sie keineswegs bereit ist, von sich aus im Umweltschutz mehr zu tun, als unbedingt notwendig ist, sondern im Gegenteil darauf pocht, alles, was formal einmal genehmigt war, auszunutzen, auch wenn es den Erkenntnissen, die man heutzutage hat, überhaupt nicht mehr entspricht.

Meine Damen und Herren, das mag der Grund sein – ich weiß es nicht –, dass die Firma Kali + Salz natürlich ein ausgesprochen gutes Investment ist. Es steht davor, in den DAX aufgenommen zu werden. Die Gewinnprognose für 2008 ist eine Vervielfachung des Gewinnes des letzten Jahres und bewegt sich in die Richtung von 1 Milliarde c.

Meine Damen und Herren, wir haben es also wahrlich nicht mit einer kleinen und offensichtlich nicht mit einer schlecht geführten Firma zu tun, aber mit einer, die zumindest in Verdacht steht, ihre Geschäfte auch in nicht unerheblichen Umfang zulasten der Umwelt zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir haben das Problem, weil man mit anderen Lösungen, die vorhanden wären – wir haben durch mehrere Kleine Anfragen in der Vergangenheit und Diskussionen das auch erforscht, und die Landesregierung hat das auch zugestanden –, anders operieren könnte, als die Abraumhalde in Neuhof ständig zu vergrößern.

Warum ist das Vergrößern ein Problem? – Es ist deshalb ein Problem, weil die Menge des anfallenden salzigen Wassers, je größer die Halde ist, umso größer wird. Genau damit sind wir wieder an dem Punkt. Die Entsorgung dieser Salzwasser ist nicht geklärt. Deshalb geht es um die Einleitungsproblematik.

Wir hatten im Ausschuss darüber diskutiert, dass es Klagen gibt. Es gibt formal keine Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss. Das ist insoweit richtig. Aber es gibt Klagen einer ganzen Reihe von Kommunen, und zwar interessanterweise von Kommunen, die sowohl sozialdemokratische als auch christdemokratische Bürgermeister bzw. Bürgermeisterinnen haben, die sich genau dagegen verwahren und dagegen vorgehen, dass immer mehr Salzwasser in die Werra eingeleitet wird. Sie kennen die Problematik aus unseren Diskussionen sehr gut.

Meine Damen und Herren, in einer Situation, wo wir feststellen müssen, dass die Firma über weite Strecken nicht bereit ist, noch nicht einmal ihre Zusagen vom runden Tisch einzuhalten, und sich immer wieder gegen die Umwelt – ich nenne es so – versündigt, dann als Land von sich aus auch noch zu sagen: „Wir verkaufen dir das Grundstück, um dir die Möglichkeiten zu geben und zu erleichtern, weiterhin Umweltfrevel zu betreiben“, das halten wir für grundfalsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Deswegen sagte ich Ihnen auch über die Qualität der Firma einiges. Dass die sagen kann, dann gehen die Arbeitsplätze verloren, das ist erkennbar ein vorgeschobenes Argument. Hier geht es um die Frage, ob wir, der Hessische Landtag, anlässlich dieses Grundstückverkaufs

denjenigen, die sich vor Ort am runden Tisch um eine bessere Umwelt und eine vernünftige Regelung bemühen, einen Schlag ins Gesicht versetzen – ja oder nein? Wir sind für Nein, das heißt für eine Ablehnung des Verkaufs. Hierum bitten wir Sie. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr Kaufmann. – Die nächste Wortmeldung kam von Herrn Dr. Herr, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich kann man es kurz machen. Denn das, was jetzt hier geschieht, ist überflüssiges Tamtam. Das könnten wir uns gerade sparen. Herr Kollege Kaufmann, Sie wissen auch, dass die Haldenerweiterung längst beschlossene Sache ist, und zwar seit dem Jahr 2003. Dazu gibt es einen Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Kassel. Er datiert vom 24. April 2003. Das, was jetzt umgesetzt wird, ist eigentlich die dritte Stufe. Die ersten beiden sind bereits umgesetzt.

Der Preis ist angemessen. Das können Sie der Vorlage entnehmen.Es wäre inkonsequent,diese Grundstückseignerangelegenheiten jetzt nicht umzusetzen, also nicht zu übertragen.

Was Sie getan haben und tun wollen, ist nichts anderes, als heute an einer ungeeigneten Stelle eine Diskussion über diese Gesamtproblematik anzufangen – obgleich Sie im vorigen Jahr zusammen mit den anderen Fraktionen selbst eine gemeinsame Initiative angeregt haben; das haben Sie eben bestätigt –, die für diese Umweltbelastung eine Lösung suchen soll und die zum Ziel hat, 6.000 Arbeitsplätze in Hessen zu erhalten. Das muss ich auch einmal sagen. Das ist nicht wenig.

Die Arbeit des runden Tisches hat längst begonnen.Wenn Sie jetzt so argumentieren, dann rücken Sie eigentlich ein Stück von dem ab, was Sie selbst im Jahr 2007 wollten.

Aber mehr noch: Eigentlich ist es auch gegenüber Kali + Salz mehr als eine Politik der Nadelstiche, denn Sie gefährden existenziell 700 Arbeitsplätze mit Familien in Neuhof, ohne die im vor- und nachgelagerten Bereich Betroffenen hinzuzurechnen.Meine Damen und Herren,das wäre ein Desaster für die gesamte Region.

Fazit: Sie tun das auch deshalb, weil Sie wissen, dass es für Ihre Position heute keine Mehrheit gibt. Ihr „Getöse“ bleibt ohne Konsequenz, und deswegen machen Sie das auch. Es handelt sich um eine überflüssige Schaumschlägerei, die Sie hier betreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke,Herr Dr.Herr.– Als Nächster hat Herr van Ooyen das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Wesentlichen stimmt DIE LINKE mit der Argu

mentation überein, die Frank Kaufmann hier vorgetragen hat.

(Michael Boddenberg (CDU): Denken Sie daran, die Russen haben eine Beteiligung!)

Natürlich kann es nicht darum gehen, Arbeitsplätze zu vernichten, sondern es muss darum gehen, Arbeitsplätze zu schaffen, die für die Menschen in der Region tatsächlich sinnvoll und vernünftig sind.

(Dr.Walter Lübcke (CDU):Wie bei Robotron!)

Wenn man der Kali AG jetzt noch ein weiteres Grundstück andient, wird dadurch im Grunde genommen der Versuch, ökologische Prozesse einzuleiten, weiter nach hinten geschoben. Es geht darum, den Druck auf dieses Unternehmen zu erhöhen, ökologisch sinnvolle Tätigkeiten zu entwickeln,

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Enteignung!)

die die Region nicht weiter belasten.

(Beifall bei den LINKEN – Clemens Reif (CDU): Reden Sie doch einmal mit Ihren Freunden, den Russen!)

Bereits jetzt sind vor Ort, vor allen Dingen in Neuhof, eindeutige Initiativen erkennbar. Ich habe jetzt mein Wahlkreisbüro nach Fulda verlegt, das hat die katholische Tradition geprägt. Deshalb sage ich Ihnen auch im Namen dieser Initiativen ganz deutlich, dass diese Belästigung und Beschädigung der Region nicht von uns mitgetragen werden sollte.

Es ist ganz klar: Es geht nicht darum, dass wir hier eine Meinungsmehrheit haben – um das von vorhin nochmals zu zitieren. Aber manchmal fühlen wir uns auch als Minderheit wohl, wenn wir unsere inhaltliche Position klarstellen können. Ich glaube, das sollte man respektieren und anerkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Herr van Ooyen. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Schmitt gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade nach diesem Beitrag der Linkspartei kann man sagen: Wenn es hier eine Partei gibt, die im Hessischen Landtag Arbeitnehmerinteressen vertritt, dann ist das die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir teilen die Kritik an Kali + Salz, die hier vom Kollegen Kaufmann vorgetragen worden ist. Ich darf an den Beschluss des Umweltausschusses vom 2. Juli letzten Jahres anknüpfen, in dem Kali + Salz über die Fraktionsgrenzen hinweg aufgefordert wurde, endlich einen verbindlichen Zeitplan zur Reduzierung der Salzbefrachtung von Werra und Weser vorzulegen. Das ist eine starke ökologische Belastung.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Das hat erhebliche negative Auswirkungen, z. B. auf dem Tourismus im Werratal, und damit sind insgesamt sehr problematische Umweltbedingungen verbunden.

Deshalb sagen wir: Kali + Salz muss sich endlich bewegen und ein Konzept vorlegen, wie die Salzfracht Schritt für Schritt reduziert werden kann. Ich glaube, an dieser Stelle sind wir uns auch einig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren, aber durch die Verhinderung dieses Verkaufs – der in Neuhof notwendig ist, das betone ich – würden wir 750 Arbeitnehmer zu Geiseln machen.