Protocol of the Session on March 29, 2006

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir das BVG-Urteil umgesetzt hätten, wären wir heute besser dran, als wir es sind.

(Beifall bei der FDP)

Damals waren wir alle noch auf Herrn Kirchhofs Seite.Inzwischen ist er bei bestimmten Damen und Herren in Verruf geraten. Herr Kirchhof hat damals an einem Urteil mitgewirkt, das bahnbrechend war. Nur, es gelang nicht, das, was in diesem Urteil stand, in die Tat umzusetzen. Dabei sind wir letztlich stecken geblieben.

(Norbert Schmitt (SPD): Kirchhof! Ausgerechnet!)

Es war Kirchhof, natürlich war er es. – Herr Kollege Milde, ich will es einmal vorsichtig formulieren: Es gab schon stärkere Anträge der CDU-Fraktion – wenn auch nicht viele.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist die zurückhaltende Art des Kollegen!)

In Punkt 1 des Antrags raten Sie dazu, die Tendenzen zur Aufweichung der festgelegten Neuordnung mit Sorge zu betrachten. Die Sorge teilen wir; das ist überhaupt keine Frage. Es kann nicht sein, dass zwei Bundesländer, zudem völlig überschuldete Stadtstaaten – nein, eines davon ist das Saarland, aber das ist auch fast ein Stadtstaat –, versuchen, sich zulasten des Restes zu sanieren.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dreist!)

Darin sind wir uns völlig einig. Nur, das kollektive Schimpfen hilft uns auch nicht.Was bringt dieser Antrag? Was bringt es,wenn wir alle hier erklären,es müsse einmal gesagt werden, wie schlimm das ist? Wir sind der gleichen Meinung. Das ändert aber nichts.

(Beifall bei der FDP)

In Punkt 2 des Antrags heißt es: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, diesen Tendenzen entgegenzutreten...“ Das machen wir nachdrücklich, auch ohne diese Aufforderung. Was macht die Landesregierung denn? Wie tritt sie diesen Tendenzen entgegen? Das wäre eine interessante Frage.Vielleicht wird uns der Herr Minister noch etwas darüber aufklären.

(Beifall bei der FDP)

Ob wir den Antrag stellen oder in China ein Reissack umfällt – dazwischen besteht im Grunde genommen kein großer Unterschied.Wir werden den Antrag akzeptieren. Man kann überhaupt nicht dagegen sein.Aber er bewirkt natürlich nichts.

Zu Punkt 3 des Antrags hat Herr Kollege Kahl schon ausdrücklich Stellung genommen. Hier werden Fragen gestellt, die längst beantwortet sind. Man kann einen Berichtsantrag stellen. Wenn einem das zu viel Mühe macht oder es zu lang dauert, auf die Ergebnisse von Berichtsanträgen zu warten, kann man auch in das Internet schauen.Aber das ist ebenfalls völlig wirkungslos.

(Zuruf von der SPD: So viel Zeit muss sein!)

Man kann den Antrag akzeptieren. Er wird nichts verändern.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der SPD)

Wenn mithilfe dieses Antrags aber ein Fanal von Wiesbaden ausgehen soll, nach dem Motto: „Der Hessische Landtag verwahrt sich mit Entschiedenheit gegen Tendenzen, den Länderfinanzausgleich aufzuweichen, und dagegen, die Umsetzung eines Urteils, die gerade eben dem Wortlaut des Urteils entspricht,zu verwässern“,dann ist natürlich das alles in Ordnung.

Gehen wir auf die einzelnen Punkte ein, die hier genannt worden sind. Noch einmal:Wir sind wie Sie der Meinung, dass das Saarland und Berlin völlig zu Unrecht eine Veränderung zu ihren Gunsten beanspruchen. Dafür gibt es keine Grundlage, keine Frage. Weiterhin sind wir uns sicherlich darin einig, dass der Länderfinanzausgleich grundlegend neu geregelt werden muss.

Das wird eine Aufgabe sein, die man sich bei der famosen Föderalismusreform pikanterweise überhaupt nicht mehr vorgenommen hatte, weil man sie nicht schaffen wollte. Wir sind der Meinung, eine Föderalismusreform ergibt nur dann einen Sinn,wenn parallel dazu eine Neuordnung

der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern einerseits sowie zwischen den Ländern andererseits herbeigeführt wird.Alles andere würde heißen, dass wir das entscheidende Problem überhaupt nicht anpacken.

(Beifall bei der FDP)

Wir unterstützen die Landesregierung darin, dass sie alles unternimmt. Aber wir hätten gern gewusst, was sie zu unternehmen gedenkt.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie eine Auflistung der Zahlungen brauchen, können Sie kurz bei der FDP-Fraktion anrufen.Wir haben sie auch erst kurz zuvor herausgesucht. Das heben wir Ihnen gern auf.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Erschreckend ist nicht nur die Tatsache, dass 2001 keine bessere Einigung herbeigeführt wurde, die dem Urteilstenor mehr entsprochen hätte. Das eigentlich Erschreckende ist, dass die Nehmerländer diese Einigung blockiert haben, weil sie den Gedanken im Hinterkopf hatten:Wir werden immer Nehmerländer bleiben. – Sie wollen keine Anreizfunktion haben, die sie für den Fall, dass die Steuereinahmen höher ausfallen, in die Lage versetzen würde, mehr von dem Geld zu behalten.

Länder wie Thüringen, die durchaus in einer etwas besseren Position sind, haben es sich im Länderfinanzausgleich sehr bequem eingerichtet und gehen davon aus, immer zu kassieren – und auch immer kassieren zu wollen. Das macht das Strukturproblem des Länderfinanzausgleichs deutlich.Wir sehen,er ist offenbar so angelegt,dass keiner Spaß daran findet, etwas besser zu werden, als er im Augenblick ist.

Nur warne ich davor, zu sagen – Herr Kollege Milde, mit Verlaub, das klang in Ihren Ausführungen ein bisschen so an –: In Hessen sind wir paletti. Das einzige Problem ist der Länderfinanzausgleich. – Wir sind sehr dafür, über den Länderfinanzausgleich zu sprechen. Das ist gar keine Frage. Darin sind wir uns zum allergrößten Teil einig. Nur, das darf keine Alibidiskussion werden und nicht dazu dienen, die Haushaltssanierung wegzuschieben. Die Aufgabe, den Haushalt zu sanieren, ist nicht gelöst. Um sie zu lösen, müssen wir tiefer gehen.

(Beifall bei der FDP)

Wer immer sich vorgaukelt, ein neuer Finanzausgleich könne unsere Probleme in Hessen strukturell lösen, liegt sicherlich verkehrt. Wir müssen tiefer gehen, und dabei müssen wir auch über Ziele diskutieren.

Es wird sicherlich noch ein wichtiger Punkt sein, dass wir über Ziele diskutieren und nicht über einzelne Elemente dessen, was wir ausgeben oder einnehmen. Wir brauchen also beides: Erstens brauchen wir eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Ländern und Ländern. Zweitens brauchen wir – das ist ganz entscheidend – eine Sanierung des hessischen Landeshaushalts.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Im letzten Jahr haben wir, offenbar sehr zur Überraschung des Finanzministers, ein Vierteljahr später festgestellt, dass viel mehr Geld eingegangen ist, als wir vermutet hatten.Wenn wir das für einen großen Erfolg halten,ist das okay.Es ist aber keine Sanierung.Von einer Sanierung

können wir erst dann sprechen, wenn wir keine steigenden Schulden einplanen, wie sie jetzt im Haushalt stehen, Herr Kollege Kahl. Von einer Sanierung kann erst dann die Rede sein, wenn wir gar keine Neuverschuldung mehr einplanen.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Das muss das Ziel sein. Das wird aber in der mittelfristigen Finanzplanung bedauerlicherweise nicht einmal angerissen.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Der Job der Haushaltssanierung ist leider nicht so einfach, dass man sagen könnte:Wir versuchen, ein bundesstaatliches System anders auszutarieren, und dann ist der Job gelöst. – Vielmehr müssen wir an die Strukturen herangehen und eine Aufgabenkritik machen. Davor hat sich diese Landesregierung bisher bedauerlicherweise gedrückt.

Es hilft nicht, mit dem Zeigefinger auf Berlin oder auf Saarbrücken zu zeigen. Beides ist berechtigt. Beides ist nachvollziehbar. Beides ist sympathisch. Gleichzeitig muss aber auch der Haushalt in Ordnung gebracht werden. Dabei ist für meinen Geschmack ein bisschen zu viel vom Länderfinanzausgleich die Rede und ein bisschen zu wenig von der Haushaltssanierung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abg. Erfurth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Milde, ich habe Ihnen heute Morgen sehr aufmerksam zugehört, weil ich herausfinden wollte, wo die verborgenen Tiefen dieses Antrags stecken. Ich habe immer gedacht, es muss irgendetwas dahinter sein, wenn uns die Regierungsfraktion zu dieser frühen Stunde einen solchen Antrag vorlegt und uns auffordert, uns mit den Zahlen des Landes zu beschäftigen.

Ich muss feststellen,dass ich nichts übersehen habe,als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe. Wie die Kollegen Kahl und von Hunnius schon heute Morgen ausgeführt haben, steckt nichts anderes dahinter, als dem Finanzminister noch einmal die Gelegenheit zu geben, seinen Haushalt zu bejubeln und möglicherweise – –

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wenn das der Antrieb für Ihr Handeln ist, meiner ist es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es der Grundgedanke Ihrer Anträge ist, der Regierung die Möglichkeit zu geben, sich darzustellen, mag das für Sie ausreichen.Wir würden gern ein bisschen tiefer gehen.

Ich möchte für meine Fraktion erst einmal Folgendes feststellen: Wir haben in diesem Haus Anträge und Berichts

anträge gestellt, die den Minister und das Finanzministerium sicherlich mehr ins Schwitzen gebracht haben.