Protocol of the Session on January 31, 2006

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erst einmal will ich feststellen: Durch die Bestätigung der Dringlichkeit ist der Punkt auf die heutige Tagesordnung genommen. Jetzt ist die Frage: Wie kommt er da wieder herunter? Offensichtlich will die Mehrheit das, was sie zu Beginn der Sitzung noch konzediert hat, nämlich dass der Antrag heute behandelt wird, wieder zurücknehmen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!)

Wenn wir ihn auf die nächste Plenarrunde verschieben, gibt es dazwischen einen Antragsschluss. Dann wäre er als Dringlicher Antrag gar nicht aufzunehmen gewesen, weil die Aufnahme nur für heute gelten kann. Das ist geschehen.

Meine Damen und Herren, deswegen stelle ich fest:Wenn Sie jetzt die Geschäftsordnung dafür bemühen, den Tagesordnungspunkt wieder abzusetzen, und zwar gegen den Willen der Antragsteller,nachdem er bereits einmütig in die heutige Tagesordnung aufgenommen wurde, betreiben Sie etwas, was wir hier selten oder, wenn ich mich recht erinnere, noch gar nie betrieben haben, nämlich einer geschäftsordnungsmäßigen Aufnahme eines Antrags gegen den Willen der Antragsteller anschließend zu widersprechen. Nachdem der Antrag, über den eben abgestimmt wurde, abgelehnt worden ist, wäre der normale Ablauf, dass Tagesordnungspunkt 80 heute noch aufgerufen wird, nachdem die anderen Punkte abgehandelt sind, die vorher auf der Tagesordnung stehen. Das wäre der korrekte Ablauf nach der gegenwärtigen Beschlusslage. Eine Änderung sehe ich überhaupt nicht als notwendig an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kaufmann, weil das nur eine Debatte zwischen Ihnen und mir ist, haben Sie, Kollege Wintermeyer, noch nicht das Wort. Ich will nur darauf hinweisen, dass ich mich nicht an der politischen Debatte beteilige, sondern ich stelle nur aufgrund des Prozedere, das ich jetzt seit 1987 im Landtag kenne, fest, dass es nicht der erste Dringliche Antrag wäre, der aufgenommen und dann nach Vereinbarung der Geschäftsführer auf das nächste Plenum verschoben wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das gilt immer. Wenn die Geschäftsführer so etwas nicht vereinbaren, gibt es Abstimmungen, ob so oder so. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Entschuldigung.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Al-Wazir, ich bin noch nicht fertig.

Ich kann hier nur formal erläutern

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, ich habe das Wort –,

(Michael Boddenberg (CDU): Ja!)

wie wir bisher verfahren sind, und zwar unbeschadet der Brisanz oder Bedeutung von Punkten oder der Wahrnehmung von außen. Das ist nicht mein Thema. Deswegen bleibe ich bei meiner Position – die können wir gerne ausdiskutieren –, dass es völlig normal ist, dass eine Fraktion beantragt, einen Antrag, der auf der Tagesordnung steht – da haben Sie Recht, Herr Kaufmann –, ob dringlich oder nicht, jetzt nicht zu behandeln, sondern erst im nächsten Plenum.Das kann man machen.Wir können es auch nachher machen, wenn ich den Tagesordnungspunkt 80 aufrufe. Das ändert nichts an dem Vorgang an sich.

Jetzt kommt noch einmal der Kollege Wintermeyer für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kaufmann, Sie wissen ja selbst, dass wir, wenn wir eine Sitzungswoche haben, jeweils drei Sitzungen haben. Heute ist die vierte Sitzung. Wenn Ihre Argumentation stimmen würde, müssten wir jeden Dringlichen Antrag, den Sie morgens einbringen, zwingend bis abends abgearbeitet haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese vierte Sitzung ist die letzte, wie Sie gerade gesagt haben!)

Sie wissen zum Zweiten, dass wir aus den Januar-Sitzungen, die wir schon letzte Woche gehabt haben, auch noch einige Dringliche Anträge im Februar-Plenum behandeln.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Einvernehmen, Herr Kollege!)

Ansonsten schließe ich mich der Auffassung des Präsidenten an.

Ich möchte nur noch eine Bemerkung loswerden: Am Fernseher sitzt eine große Zahl Menschen aus Mittelhessen, die sich auf eine Debatte freuen, bei der es um das Klinikum Gießen und Marburg geht, während wir uns hier in Geschäftsordnungsdebatten erschöpfen. Damit machen wir keinen guten Eindruck.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Auch hier muss ich eine Anmerkung machen, auch an die Menschen, die draußen zuschauen: Meine Damen und Herren, Geschäftsordnungsdebatten gehören zum normalsten Leben des Parlaments.

(Gerhard Bökel (SPD): Das ist eine schöne Bemerkung!)

Herr Kahl, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst feststellen, dass wir heute keine Sondersitzung haben, sondern dass zu vier Sitzungen eingeladen worden ist. Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Nach § 59 der Geschäftsordnung – Dringliche Beratung – hat der Landtag beschlossen, dass dieser Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Dringlicher Antrag ist und damit in die Tagesordnung aufgenommen worden ist.Wir haben also heute erst einmal formal Tagesordnungspunkte zum Universitätsklinikum,und wir haben formal diesen Antrag selbstverständlich auf der Tagesordnung. Dem haben Sie ja zugestimmt, weil er dringlich ist.

Meine Damen und Herren, jetzt – in dem Moment – beschließen wir: Er ist dringlich, er wird draufgesetzt. – Und im nächsten Moment beantragt die CDU-Fraktion, die Behandlung in einer Tagesordnung, auf die er gesetzt ist und in deren Rahmen wir auch Zeit haben, ihn zu behandeln, wieder abzusetzen. Wenn wir abräumen und einen Punkt auf die nächste Tagesordnung verschieben, haben wir keine Zeit mehr, den zu behandeln. Das beschließen wir dann einvernehmlich. Das gilt aber im Moment nicht. Wir haben genügend Zeit, diesen Antrag heute Nachmittag – wegen mir auch nach dem Universitätsklinikumspunkt – zu behandeln. Meine Damen und Herren, das ist Realität, und dann stellen Sie sich dieser Realität.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber jetzt erst zu sagen: „Er ist dringlich, wir können ihn behandeln, es gibt keine Notwendigkeit, ihn zu verschieben“, und dann auf einmal den Antrag zu stellen, ihn in die nächste Sitzung zu verschieben – das ist weiter nichts als dass man politisch sagen muss:Die Not ist so groß,dass Sie nach diesen Tricks suchen müssen, um den Antrag heute abzusetzen. Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU)

Sonst wären Sie nämlich so ehrlich gewesen und hätten gesagt: Der Antrag ist nicht dringlich. – Dann hätten Sie seine Behandlung mit Mehrheit verhindern können.Aber wenn Sie mit Mehrheit beschließen, dass er dringlich ist, und wir Zeit haben,ihn zu behandeln,suchen Sie nur nach Tricks,sich dieser Diskussion nicht zu stellen.Das ist in Ihrem Verhalten deutlich geworden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist zumindest eine Bestätigung meiner formalen Position. Politisch ist das eine andere Debattenlage. Deswegen lasse ich jetzt über den Antrag der CDU-Fraktion abstimmen, den Tagesordnungspunkt 80 im nächsten Plenum aufzurufen.Wer diesem Antrag der Fraktion der CDU zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme?

(Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Boddenberg, zum zweiten Mal. Ich habe bis jetzt noch nicht das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben. Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Schöner Tag heute draußen.

Dem Antrag wurde zugestimmt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD. Er wird damit auf die Tagesordnung des nächsten Plenums gesetzt.

Jetzt möchte ich bitte feststellen, dass wir eine Tagesordnung haben, nach der wir verfahren können. Bevor wir in diese Tagesordnung einsteigen, darf ich Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Am vergangenen Freitag, dem 27. Januar, verstarb im Alter von 75 Jahren der ehemalige Bundespräsident und frühere Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Johannes Rau. Diese Nachricht hat uns alle betroffen gemacht und erfüllt uns mit Trauer.

Der Hessische Landtag trauert mit vielen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes um einen im In- und Ausland hoch angesehenen und geschätzten Politiker, der unser Land nach innen und außen gut vertreten hat und es sich immer zum Ziel gesetzt hatte, unterschiedlichste Menschen zusammenzuführen.Getragen und motiviert von einem festen christlichen Glauben, verstand Johannes Rau Politik nie als Selbstzweck,sondern als Dienst an den Mitmenschen. Es war ihm immer besonders wichtig, jungen Menschen die Grundlagen und Werte unseres Gemeinwesens nahe zu bringen. Seine hohe persönliche Glaubwürdigkeit öffnete ihm Zugänge auch in schwierigen Situationen.

Unsere Gedanken und unser tief empfundenes Mitgefühl gelten in diesen Tagen seiner Frau, seinen Kindern und all denen, die um ihn trauern.

Johannes Rau hat sich um Deutschland und damit auch um unser Bundesland verdient gemacht. Der Hessische Landtag und das Bundesland Hessen werden ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.

(Schweigeminute)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt – weil es eine Beschlussempfehlung ist – Tagesordnungspunkt 58 auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg; Veräußerung eines Teilgeschäftsanteils in Höhe von nominal Euro 475.000 an der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, mithin 95 % des Stammkapitals der Gesellschaft, an die Rhön-Klinikum Aktiengesellschaft mit Sitz in Bad Neustadt/Saale – Drucks. 16/5187 zu Drucks. 16/5078 –

Dazu ist Herr Kollege Milde Berichterstatter. Wir verzichten auf Berichterstattung und rufen zusätzlich dazu Tagesordnungspunkt 46:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Privatisierung der Uniklinik Gießen und Marburg – Drucks. 16/5146 neu –