Protocol of the Session on November 24, 2005

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Nein!)

Wir müssen einen erheblichen Aufwand darauf verwenden, den kommunalen Vertretern in den Arbeitsgemeinschaften zu helfen, damit sie ihre Arbeit machen können. Sie sind genauso engagiert wie alle anderen.

Sie sind auch hoch kompetent, genauso wie alle anderen. Sie arbeiten genauso mit großem Elan daran, arbeitslosen Menschen wieder zu Arbeit zu verhelfen,weil das das Ziel ist.Aber die Rahmenbedingungen, die sie vorfinden, sind schlechter als die in den optierenden Kommunen, weil dort die Zuständigkeiten klar sind, weil dort das Knowhow gebündelt ist und weil man dort die Flexibilität und die unbürokratische Regelungskompetenz hat, die notwendig sind, um zu einem Ergebnis zu kommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Rentsch, wir freuen uns für die Begleitung. Wir freuen uns über das Lob, und wir freuen uns über den Ansporn, den Sie uns geben.

(Florian Rentsch (FDP): Über den Antrag – wenn Sie das noch gesagt hätten!)

Über den Antrag freue ich mich deshalb, weil er uns Gelegenheit gibt, hier über dieses wichtige Thema zu diskutieren.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir sehen im Moment keine Notwendigkeit und keine Möglichkeit, eine Bundesratsinitiative einzubringen. Sie haben heute Morgen in der Debatte das Interview des Ministerpräsidenten zitiert. Das ist einer dieser Punkte. Hier ist mit den Kollegen der Sozialdemokraten nicht zu einer gemeinsamen Überzeugung zu kommen.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es! – Florian Rentsch (FDP): Das ist erschreckend!)

Die Sozialdemokratie sieht nach wie vor in dem gefundenen Organisationsmodell die bessere Lösung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie müssen schon richtig zitieren!)

Herr Rentsch, insofern ist der Koalitionsvertrag kein Rückschritt. Nach dem alten Koalitionsvertrag war die Option als Versuch befristet. Wie Herr Boddenberg glaube ich nicht, dass wir nach der Evaluation zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich am Ende der Evaluation zeigen wird, dass die kommunale Vermittlung die erfolgreichere Vermittlung ist. Das werden die Zahlen zeigen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Immer diese Glaubenssätze!)

Denn auch die sozialdemokratischen Kollegen haben ein großes Interesse daran, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu reduzieren. Da sind wir uns im Ziel einig.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Es ist schön, dass Sie das auch einmal sagen! – Reinhard Kahl (SPD): Das ist richtig! Aber wir arbeiten nicht mit Glaubenssätzen!)

Wir streiten über den richtigen Weg. Wir sind uns aber über das Ziel einig. Darüber sollten wir Konsens erzielen.

Aber angenommen, wir kämen nicht dazu, dann wäre danach die Option verfristet, weil das Projekt ausgelaufen wäre. Die Verlängerung dieser Frist im Koalitionsvertrag sorgt dafür, dass auch bei einer unterschiedlichen Bewertung in der nächsten Legislaturperiode neu nachgedacht werden kann. Es liegt an uns, die Menschen gegebenenfalls davon zu überzeugen, dass wir auch hier gemeinsam die richtige Überzeugung haben, lieber Herr Kollege Rentsch.

Wir hätten uns mehr erwünscht, als im Koalitionsvertrag festgehalten wurde. Daraus haben wir keinen Hehl gemacht. Die Hessische Landesregierung hat mit dem Existenzgrundlagengesetz einen Entwurf vorgelegt, der eine wirklich tief greifende und alle Aspekte umfassende Reform des Arbeitsmarktes angepackt hätte, bis hin zu den Kombilöhnen und bis hin zu der Frage, ob es sinnvoll ist, Menschen dafür zu bezahlen, dass sie nicht arbeiten, oder ob es gescheiter ist,den Menschen zu helfen,wenn sie wieder Arbeit finden, und diese Arbeit gegebenenfalls zu unterstützen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

weil sie auf dem freien Markt nicht so gut bezahlt werden kann. Dann können die Menschen davon leben, und es wird ihnen ein Ausweg aus einer steuerfinanzierten Existenz ermöglicht. Das war ein Teil unseres Existenzgrundlagengesetzes.

Aber wir bleiben ganz fest dabei, dass die richtige Antwort zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit eine kommunale Lösung ist, weil auch die Arbeitsmärkte regional sind und die Flexibilität nur in den Kommunen gegeben ist. Im Moment gibt es dafür keine politische Mehr

heit. Wir sahen es deshalb als unsere Aufgabe und Verpflichtung an, zumindest diesen Systemwechsel über den Tag einer neuen Bundestagswahl hinaus zu retten, falls es nicht gelingt, in der Zwischenzeit die Sozialdemokraten aufgrund der Ergebnisse davon zu überzeugen, dass die kommunale Lösung die bessere ist. Ich bin optimistisch, dass uns das gelingen wird und auch die Sozialdemokraten am Ende sagen: Derjenige, der in Deutschland will, der soll optieren. – Sollte das am Ende der Evaluation wider Erwarten aber nicht der Fall sein, dann wird kein Schaden angerichtet, sondern dann sorgt der Koalitionsvertrag dafür, dass die gute Lösung in Deutschland erhalten bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Rentsch das Wort.

Herr Staatssekretär, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Wir haben heute Morgen eine sehr heftige Diskussion geführt. Ich fand nicht immer, dass wir über den Antrag der FDP gesprochen haben. Frau Fuhrmann, ich bin gar nicht so weit von dem entfernt, was Sie gesagt haben,

(Petra Fuhrmann (SPD): Das wundert mich jetzt!)

weil auch ich sehe,dass es bei den Optionskommunen und bei den ARGEn verschiedene Problemlagen gibt.Wir erkennen aus den Zahlen aber einen Trend. Dieser Trend heißt für uns, dass die Optionskommunen die bessere Lösung sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, Herr Kollege Boddenberg, da sind wir uns einig. Das unterscheidet uns etwas von den Kollegen von Rot und Grün, die etwas anderes wollen. Dafür habe ich aber Verständnis. Es ist völlig legitim, das zu fordern.

Herr Krämer, zum Abschluss will ich aber ganz kurz noch sagen, dass es doch nicht sein kann, dass Sie hier eine Lobeshymne auf die Optionsidee halten.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wir geben Ihnen völlig Recht hinsichtlich der historischen Herleitung der Optionsidee.Aber ist es nicht ein bisschen wenig für eine Partei, die sich gerade bei dem Thema Arbeitsmarkt eine besondere Kompetenz zuweist,die immer darauf achtet, vorzugeben, dass sie dort – gerade die hessische Union – die innovative Partei ist,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

die viele Erfolge zu verzeichnen hat, zu sagen: „Das konnten wir mit der SPD nicht machen“?

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Nach dieser Debatte frage ich mich noch mehr, was die Union in diesem Koalitionsvertrag überhaupt durchsetzen konnte.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe mittlerweile wirklich das Gefühl, dass sich die SPD an allen Ecken und Enden durchgesetzt hat. Mein Respekt vor der SPD an dieser Stelle.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir bedanken uns für das Lob!)

Meine Damen und Herren,Herr Kollege Boddenberg,wir – das sage ich auch als Bürger dieses Landes – hätten uns mehr von der Union erhofft. Wir hätten uns erhofft, dass sie sich in diesen Fragen, bei denen sie mit der FDP auf einer Linie liegt, mehr durchsetzt. Schade, dass es nicht so gekommen ist, Herr Kollege Boddenberg.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Michael Bod- denberg (CDU))

Meine Damen und Herren, zur Redezeit. Frau Fuhrmann hat noch Redezeit aus eigenständigem Recht der Fraktion.Herr Bocklet,bei Ihnen wäre es nur dann zuzulassen, wenn die Regierung ihre Redezeit überschritten hätte. Sie hat sie aber unterschritten.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, fünf Minuten nach der Regierung immer!)

Dann stimmt unsere gedruckte Geschäftsordnung immer noch nicht.Das haben wir irgendwann im Ältestenrat nachentschieden.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, ich möchte Sie bitten, dass die parlamentarischen Geschäftsführer noch einmal darüber reden, was in § 73 der Geschäftsordnung steht.

(Nicola Beer (FDP):Abs. 2!)

Bitte klären Sie es in der Zwischenzeit. – Frau Fuhrmann, Sie haben das Wort.

Es wird sich irgendwann einschleifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, vielen Dank für das Lob. Aber ich glaube, dass Sie nicht begriffen haben, was eine Koalition ist. Der Politikansatz von FDP und CDU mit den marktradikalen Vorstellungen ist jedenfalls von der Bevölkerung nicht gewählt worden. Die CDU konnte sich die FDP auch nicht dreimal klonen, damit es für eine Mehrheit reicht. Was macht man in solchen Fällen? Eine Koalition. Dann gibt es einen Koalitionsvertrag. Das ist weder das CDU-Parteiprogramm, noch ist es das SPD-Parteiprogramm, sondern es ist an allen einzelnen Stellen ein Kompromiss, den man schließen muss. Meine Damen und Herren, so geht Politik.