Ich finde, auch der Beitrag von Kollegen Rhein hat es gezeigt: Wir sollten alle gemeinsam jetzt dafür sorgen, dass wir einen Weg finden, diesen Begriff aus dem Gesetz zu entfernen.
Wir müssen es uns alle anheften,dass wir in der Anhörung zur Änderung des HSOG seinerzeit bereits Hinweise auf diesen Begriff gehabt haben. Ich erinnere daran, dass der Kollege Al-Wazir das in der Anhörung angesprochen hatte. Denn wir alle hatten über die Kanzlei einen Brief erhalten, in dem gerade auf diesen Punkt hingewiesen worden war. Im Eifer des Gefechts, und weil die Schwerpunkte bei der Änderung des HSOG andere waren – beispielsweise haben wir über die DNA-Analyse bei Minderjährigen diskutiert, über die Kennzeichenkontrollen, über den finalen Rettungsschuss –, blieb das unbeachtet. Diese Debatte war vielschichtig, und wir müssen uns alle zurechnen lassen,dass uns das in dieser Debatte nicht aufgefallen ist und wir diesbezüglich nicht tätig geworden sind. Für meine Fraktion muss ich sagen: Wir sind auch deswegen nicht tätig geworden, weil wir von vornherein
gesagt haben, wir werden diesen Änderungen im HSOG nicht zustimmen und den gesamten Gesetzentwurf ablehnen.
Ich glaube, wir sollten uns jetzt gemeinsam darüber verständigen und im Innenausschuss eine Anhörung dazu abhalten. Ich meine auch, wir sollten die Debatte mit den Kommunalen Spitzenverbänden suchen, ob es einen anderen Begriff gibt. Das war der Vorschlag des Kollegen Rhein. Ich finde, wir sollten an diesem Punkt auch keine Frankfurt-Debatte führen. Die Frankfurter haben auf diese öffentliche Debatte relativ schnell reagiert und das geändert. Deshalb sollten wir jetzt alle gemeinsam möglichst schnell in einem geordneten Verfahren diesen Begriff, der hoch belastet ist, aus dem HSOG wieder verschwinden lassen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als innenpolitischer Sprecher möchte ich für die FDP-Fraktion gerne auf diesen Gesetzentwurf und auf die Diskussion eingehen. Ich bitte alle, diese Diskussion angemessen zu führen. Angemessen heißt in meinen Augen: nicht überhöht.Wir sollten diese Diskussion wirklich so führen, wie es sachlich und natürlich unter Beachtung der Geschichte unseres Landes notwendig ist. Deshalb glaube ich schon, dass der Zwischenruf des Kollegen Rudi Haselbach – der von anderen Kollegen sofort abgewehrt worden ist – schon wichtig ist. Für eine ruhige, sachliche Betrachtung der Diskussion muss man sich fragen: Seit wann gibt es diesen Begriff?
Nicht derjenige,der diese Frage stellt,hat das Thema nicht verstanden, sondern derjenige, der es ablehnt, sich damit auseinander zu setzen, macht nach meiner Auffassung einen Fehler.
Ich sage ganz offen: Ich kann mich nicht daran erinnern. Wenn Tarek Al-Wazir sagt, wir hätten ein Schreiben bekommen, dann haben wir eines bekommen. Das unterstelle ich als wahr. Ich habe es nicht zur Kenntnis genommen – vielleicht habe ich es in der Hand gehabt. Die Debatte darüber ist jedenfalls nicht geführt worden, als wir das HSOG zuletzt abschließend novelliert haben. Niemand von uns hat von diesem Pult aus etwas dazu gesagt. Das scheint mir relativ unstreitig zu sein.
Warum haben wir es möglicherweise gar nicht aufgenommen? Möglicherweise wissen manche von uns, dass der Begriff „Ordnungspolizei“ keine Erfindung des unsäglichen Dritten Reiches ist. Dieser Begriff „Ordnungspolizei“ hat im preußischen Polizeirecht eine wichtige Rolle gespielt. Er hat dort mehrfach verschiedene Bedeutungen angenommen. Sicherlich haben wir uns alle in den letzten Tagen damit beschäftigt und wissen, dass er gerade nach dem Ersten Weltkrieg von einer demokratischen Regierung wieder neu eingeführt wurde. Er wurde sogar auf Wunsch der damaligen Alliierten wieder eingeführt. Denn sie wollten nicht das, was nach dem Ersten Weltkrieg zunächst an Polizei eingeführt wurde. Die Weimarer
Republik hat eine neue Organisation der Polizei vorgenommen. Eine Teilmenge dieser neu organisierten Polizei war die Ordnungspolizei.
Ich sage das jetzt nicht, um in irgendeiner Weise zu kaschieren, was unter dem Namen der Ordnungspolizei an Schlimmem und Unsäglichem im Dritten Reich passiert ist. Aber ich glaube, wir sollten diese Diskussion entspannt führen. Dazu gehört nun einmal, und das finde ich auch gut, dass wir uns mit diesem Begriff ernsthaft auseinander setzen – aber nicht irgendwann im Dritten Reich beginnend, sondern dort, wo dieser Begriff zum ersten Mal in das deutsche, in das preußische Polizeirecht aufgenommen wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir diese Anhörung durchgeführt haben, können wir möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, das umzusetzen, was die GRÜNEN und die Sozialdemokraten hier beantragt haben. Aber bitte nicht nach dem Motto: „Wir wissen es schon jetzt“. Ich habe mit Michel Friedman zusammen studiert,ich kenne ihn also lange und gut genug.Wenn Michel Friedman in der „Bild“-Zeitung etwas sagt – was ich übrigens in hohem Maße als unsolidarisch gegenüber anderen Politikern und Journalisten empfinde:wie er das gesagt hat; aber das ist sein Problem –, dann haben wir das sicherlich auch mit aufzunehmen. Aber es ist für mich nicht das einzig Ausschlaggebende.
Ausschlaggebend ist: Wie ist der Begriff „Ordnungspolizei“ im Polizeirecht Deutschlands eingesetzt worden? Das ist der eine Punkt. Der andere ist: Was ist unter diesem Namen an Schlimmem, Unsäglichem passiert? Nach der Anhörung wägen wir das ab und kommen zu einem Ergebnis – entweder kann der Begriff im Gesetz verbleiben, oder wir werden ihn streichen, weil er zu sehr belastet ist. Kollege Frömmrich, aber bitte nicht von Anfang an gleich wissen, wie das läuft.
Zweite Bemerkung, und die ist jetzt sehr, sehr kurz. Der Kollege Rudolph hat das Motto: „Nur wo Polizei drauf steht, ist auch Polizei drin“ wieder in die Diskussion gebracht. Ich finde, das passt nicht. Denn auch im Begriff „Hilfspolizei“ kommt das Wort „Polizei“ vor.
Wir sind uns doch darüber einig, dass diese Menschen in irgendeiner Weise im Rahmen des Polizeirechts tätig sind. Das muss ich Ihnen nicht erzählen, Sie haben das vielleicht sogar noch intensiver studiert und gelehrt, als ich das studiert und gelehrt habe. Die Ordnungspolizei ist ein Teil der gesamten Polizei. Mir kann doch niemand erzählen – da kann ich gleich die Thematik, wie ich das schnell und plakativ rüber bekomme, abräumen –, dass Ordnungspolizei in den Augen der Menschen etwas anderes ist als Hilfspolizei. In den Augen der Menschen ist das genau dasselbe. Die Einzigen, die den Wunsch hatten, das zu ändern, waren die Hilfspolizisten. Wir müssen doch ganz offen miteinander umgehen. Ich denke, Volker Bouffier wird das auch bestärken: Es war der Wunsch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter der Kommunen,nicht mehr „Hipos“ zu heißen,sondern einen in ihren Augen etwas wertvolleren Namen zu bekommen.
Jetzt kann man sich darüber streiten, ob das gelungen ist. Die GRÜNEN und Sozialdemokraten sagen jetzt, das ist nicht geglückt. Das testen wir jetzt einmal aus. Aber bitte nicht nach dem Motto: Das eine enthält das Wort „Poli
zei“, das andere nicht. – So ist es nicht. Beide Male ist das Wort „Polizei“ enthalten. Das wollte ich hier noch einmal sehr deutlich machen.
Natürlich ist die FDP-Fraktion dabei, wenn wir uns qualifiziert von hohem Sachverstand über die Geschichte informieren lassen, die mit dem Wort „Ordnungspolizei“ in Deutschland verknüpft ist, nicht erst am 31. Januar 1933 beginnend, sondern dann, als dieses Wort zum ersten Mal in die Rechtsgeschichte der Polizei aufgenommen wurde.
Am Ende sind wir vollkommen offen. Wenn die Abwägung lautet, die Belastung dieses Wortes ist zu groß, dann werden wir sicherlich für die Änderung stimmen. Wenn wir im Abwägungsprozess zu dem Ergebnis kommen, dieser Begriff ist korrekt, dann bleibt es dabei. Aber diese Debatte bitte nicht überhöht und gleich mit Tränen in den Augen führen, sondern sich schon der Verantwortung bewusst sein, die wir haben – aber bitte auch nicht mehr. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Landesregierung begrüße ich ausdrücklich die – wie ich finde – sehr sachliche Debatte zu diesem Thema. Ich kann mich kurz fassen; denn Herr Kollege Rhein und Herr Kollege Hahn haben bereits auf viele Punkte hingewiesen, die ich nachdrücklich unterstreichen will. Ich will einige wenige aufklärende Bemerkungen machen.
Als wir seinerzeit die Novelle diskutierten, fand diese Begrifflichkeit keine Aufmerksamkeit. Sie fand auch keine kritische Würdigung. Gleichwohl haben wir uns mit diesem Begriff auseinander gesetzt, bevor wir Ihnen diesen Gesetzentwurf zugeleitet haben, weil es in der Tat so war, wie Herr Kollege Hahn sagt, dass diejenigen, die diese Tätigkeit wahrnehmen, nämlich die Hilfspolizeibeamten der Kommunen, in breiter Form seit Jahren darum gebeten haben, dass diese Begrifflichkeit geändert wird. Dem haben sich die kommunalen Verbände angeschlossen. Sie hatten den Vorschlag unterbreitet, das Ganze „kommunale Polizei“ zu nennen. Dem bin ich nicht gefolgt, um die Diskussion darüber zu vermeiden, dass wir den Begriff der kommunalen Polizei einführen.
Dann wurde der Vorschlag unterbreitet, das Ganze „Ordnungspolizei“ zu nennen. Das haben wir geprüft. Diesbezüglich haben wir uns auch historisch kundig gemacht. Dabei kamen wir zu dem Ergebnis, dass der Begriff der Ordnungspolizei eine im deutschen Polizeirecht bis in preußische Zeiten zurückgehende Bedeutung hat und vielfache Verwendung gefunden hat.
Das Polizeirecht ist materiell-rechtlich immer Gefahrenabwehrrecht. Deshalb sprechen wir von der Baupolizei, der Feuerpolizei usw. In der modernen Entwicklung hat sich die Vollzugspolizei von der eigentlichen Ordnungsbehörde getrennt. Diesen Begriff hören wir an jeder Ecke. Ich begrüße ausdrücklich, dass wir uns in einer Anhörung einmal vertieft darüber auseinander setzen werden, ob dies geglückt ist.
Ich will noch auf zwei Gesichtspunkte hinweisen. Das Gesetz sieht ausdrücklich die fakultative Möglichkeit vor. Nicht wir, sondern die Kommunen entscheiden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kommunen – auch nach der öffentlichen Debatte – eine ganz unterschiedliche Position dazu eingenommen haben.
Ich habe das zum Anlass genommen, mich schriftlich an die Kommunalen Spitzenverbänden zu wenden. Ich habe sie um ein Gespräch gebeten und um Vorschläge, wie sie damit umgehen wollen. Die Stadt Frankfurt am Main ist von der Begrifflichkeit abgerückt, andere Städte aber nicht. Offenbach, Hanau, Bad Homburg und andere Städte haben ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass dies richtig sei.Ich teile das diesem Hause deshalb mit,damit deutlich wird, dass auf kommunaler Ebene – wie ich finde, nachvollziehbar – unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Deshalb sollten wir die Gelegenheit nutzen,die kommunalen Verbände hierzu nicht nur zu hören, sondern auch ihre Motivationslage aufzunehmen.
Ich will eine zweite Bemerkung machen. Herr Kollege Rudolph hat, wie ich finde, sehr richtig gesagt, dass wir dafür sorgen müssen, dass alle Begriffe, die während der NSDiktatur missbraucht wurden, aus dem Polizeirecht entfernt werden. Das ist im Prinzip sehr gut und richtig. In diesem Bereich haben wir wie in manchen anderen Bereichen auch das Problem, dass Einrichtungen und Organisationen, die es seit vielen Jahren gibt, durch die Diktatur – übrigens nicht nur in Deutschland – missbraucht wurden.Bei der Polizei gibt es eine Fülle von Namen und Einrichtungen, die während der NS-Diktatur benutzt und dadurch auch beschmutzt wurde.Gleichwohl haben sich diejenigen, die unsere Verfassung geschrieben und die Grundlagen des Polizeirechts geschaffen haben, die noch viel dichter an dieser Zeit dran waren als wir – man kann das nachlesen; seinerzeit gab es sehr interessante Diskussionen –, für die Beibehaltung dieser Begrifflichkeit entschieden. Bei der Kriminalpolizei gibt es vielfältige derartige Begriffe: Polizeiführer, Ortspolizeibehörde, Kreispolizeibehörde. Das sind Begriffe, die von Himmler verwendet und missbraucht wurden, sodass ich dankbar bin, dass wir die Debatte nicht nur auf die eine Begrifflichkeit beziehen.
Ich habe die Debatte so verstanden, dass wir, wenn wir uns um diese Problematik kümmern wollen – was ich begrüße –, das nicht nur bei der einen Begrifflichkeit tun sollten, sondern dass wir das ganze Feld aufrollen sollten. Dann werden Sie sehr schnell merken, dass gerade der Begriff der Hilfspolizei ein besonders belasteter Begriff ist. Es gibt keine Organisation, die so vielfach missbraucht wurde, wie die Hilfspolizei. Göring und Himmler haben aus der SS und der SA über Nacht Polizeieinheiten gemacht – mit all den Schrecken, die die Diktatur mit sich gebracht hat.
Unter dem Strich ist die Landesregierung – ich schließe mich persönlich ausdrücklich ein – sehr daran interessiert, dass wir in diesen Fragen einen offenen Diskurs führen.In dieser Hinsicht gebe ich Herrn Kollegen Hahn Recht: mit einem offenen Ergebnis. Ich denke, das ist richtig; denn erst dann, wenn wir gehört haben, was uns dazu im Einzelnen vorgetragen wird, werden wir zu entscheiden ha
ben,wie wir mit Ihrem Gesetzentwurf umgehen.Es ist unter dem Strich aber nicht so, dass wir ertappt worden sind, sondern es war eine Entscheidung nach der Abwägung verschiedener Gesichtspunkte. Ob diese Gesichtspunkte tragen, werden wir in Ruhe miteinander besprechen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Neuntes Gesetz zur Änderung des HSOG abgeschlossen.
Wenn Sie einverstanden sind, wird der Gesetzentwurf an den Innenausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen. – Vielen Dank.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung – Drucks. 16/4616 zu Drucks. 16/4132 –
Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden. Als erste Rednerin rufe ich Frau Kollegin Hofmann von der SPD auf.
Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Ich habe das Vergnügen, die Beschlussempfehlung vortragen zu dürfen.
Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.
Der Gesetzentwurf und der Änderungsantrag waren dem Rechtsausschuss in der 73. Plenarsitzung am 12. Juli 2005 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.
Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 9. November 2005 eine öffentliche mündliche Anhörung durchgeführt und im Anschluss daran mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP bei Stimmenthaltung der SPD die dargelegte Beschlussempfehlung gefasst. Der Änderungsantrag wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP abgelehnt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte den Spruch benennen, den wir vielleicht schon oft gehört haben,der aber am treffendsten die hervorragende Arbeit der Schiedsstellen in Hessen beschreibt: Schlichten ist besser als richten.