Wir appellieren an Sie, die Haushaltspolitik zu konsolidieren. Das ist der Grundstein dafür, die anderen Aufgaben, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben, ebenfalls zu erfüllen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden in etwa sechs Wochen mit etwa vierfacher Redezeit – jeder der Beteiligten, inklusive mir – Gelegenheit haben, wieder über diese Fragen zu diskutieren.
Daher ist es so, dass es in einer solchen Debatte, die wir früher, entsprechend unserer Tradition, nach zwei Jahren führten, jetzt aber logischerweise – dankenswerterweise auf Antrag der CDU-Fraktion – nach zweieinhalb Jahren ansetzen und die wir auch bei den Haushaltsberatungen in wenigen Wochen wieder erleben werden, keine völlig neuen Argumente geben wird. Es ist auch klar, dass die Interessenlagen immer unterschiedlich sind.
Die Fraktionsvorsitzenden der SPD und der GRÜNEN wollen gerne wieder an die Regierung kommen – die einen ganz nach vorne, während die anderen wenigstens daran beteiligt sein möchten. Möglicherweise wollen sie ein Team bilden, wobei die SPD nicht genau weiß, ob sie lieber mit den GRÜNEN oder doch mit jemand anders zusammengehen möchte. Die GRÜNEN wissen auch nicht mehr so genau, ob sie lieber mit der SPD oder mit wem auch immer zusammenarbeiten möchten.
Allerdings wird es sich auch immer wiederholen, dass die Kolleginnen und Kollegen von der FDP dem Wähler erklären, es sei besser, wenn sie beim nächsten Mal wieder dabei sind – wohl wissend, dass wir über vieles reden, was wir gemeinsam durchgeführt haben, indem wir das beendet haben, was unter Rot-Grün begonnen worden ist. Die FDP hätte selbstverständlich ein Interesse daran gehabt – ich verhehle nicht: die CDU auch –, die Zusammenarbeit der ersten vier Jahre fortzusetzen. Jetzt ist die FDP natürlich daran interessiert, dem Wähler zu erklären, dass sie beim nächsten Mal dabei sein sollte.
Was kann einen daran überraschen? Deshalb sind wir auch nicht überrascht. Ich verweise auf die Rede, die Herr Dr. Jung hier gehalten hat. Damit es hier keine Missverständnisse gibt: Ich teile übrigens die Auffassung, dass er im Verteidigen prima ist.
Aber ich habe für die Regierung zu erklären – was Sie nicht verwundern wird, weil wir, da wir mit absoluter Mehrheit regieren, nicht andere dafür verantwortlich machen können, wie wir regieren –, dass wir mit dem, was wir die letzten zweieinhalb Jahre gemacht haben, zufrieden sind. Ich gehe sogar ein Stück weiter, zu sagen: Wir sind ein bisschen stolz auf das, was wir als Landesregierung in den letzten zwei Jahren geleistet haben. Auch das kann niemand bestreiten.
Nun gibt es die nächste Diskussion über die Frage:Wieso könnt ihr darauf stolz sein? Es gibt doch auch Probleme. – Nun kenne ich niemanden – jedenfalls solange ich mich politisch engagiere –, der die Regierungsverantwortung trägt und in der Lage ist, von einer problemlos verlaufenden Regierungstätigkeit zu berichten. Wahrscheinlich hat es das auch zu anderen Zeiten nicht gegeben.
In Berlin werden wir jetzt darüber diskutieren, wer bei wem und warum aufräumt.Wenn diejenigen,die mit dafür verantwortlich waren, meinen, es müsse nicht aufgeräumt werden, wird die Diskussion natürlich noch schwieriger. Das macht die Schwierigkeit einer Koalition aus.
Hier ist alles einfacher. Es ist einfacher, weil sich die Denkrichtung, die Prinzipien und die Arbeitsweise, was die grundlegenden Fragen betrifft, in den letzten sechseinhalb Jahren nicht geändert haben. Herr Kollege Hahn hat, unabhängig davon, ob er mit dem Baustellenmanagement zufrieden ist oder nicht, den Flächennutzungsplan mit beschlossen.
Wenn man sich an dieser Stelle um Koordination bemüht, steht man auch nicht auf so unterschiedlichen Standpunkten.
Da ich nun schon einmal über Baustellen spreche, will ich darauf hinweisen, dass wir, wenn wir in diesem Land über aktuelle Daten im Wettbewerb reden, nach wie vor auch darüber sprechen müssen, dass wir Rückstände haben.
Deswegen sage ich Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN,die Sie von 1991 bis 1999 die Verantwortung getragen haben, dass ein paar Fragen Sie weiter begleiten werden. Es gab wahrlich keinen sachlichen Grund, die Debatte über die Erweiterung des Frankfurter Flughafens erst aufgrund eines Gesprächs, das eines Abends mit Herrn Weber in der Binding-Brauerei stattfand, beginnen zu lassen, nachdem Sie als Regierungsfraktionen vorher ideologisierteste Koalitionsverträge geschlossen hatten, in denen es um die Bedeutung eines zufällig in den Wald gepflanzten Zaunes ging. Das war das Ergebnis von Politik.
Die Tatsache, dass Sie in den Koalitionsverhandlungen so inbrünstig um jenen Zaun gestritten haben, zeigt, dass Sie in diesen Jahren schon darüber nachgedacht haben und
Sie haben eine Entscheidung getroffen, indem Sie nicht entschieden haben. Deshalb sage ich Ihnen ganz klar:Was die Länge der Verfahrensdauer betrifft, so stimmen wir durchaus mit Ihnen überein. Möglicherweise haben CDU und SPD in Zukunft die Möglichkeit, eine ganze Reihe dieser Zeiten zu verringern. Herr Kollege Posch und andere haben in der letzten Zeit mit Mitgliedern unserer Regierung diskutiert. In den nächsten Tagen werden sie darüber sprechen. Wir haben eine ganze Menge Ideen, wie man die Zeitspannen wesentlich verringern kann.
Egal um wie viele Jahre es geht: Hätten Sie in den Jahren 1992, 1993, 1994 oder 1995 – es ist mir ganz egal, wann – damit begonnen, diese Diskussion zu führen, die Sie erst Ende 1998 angeregt haben,nachdem Herr Weber Sie dazu gedrängt hatte, wären wir heute unstreitig bei der Einweihung der Landebahn und nicht erst beim Planfeststellungsverfahren angelangt.
Ich schätze auch sehr, dass Herr Kollege Eichel die A 44 kurz vor der Einweihung mit dem Fahrrad befahren hat. Aber dabei darf nicht verkannt werden,was passiert wäre, wenn wir in den Jahren 1989 und 1990, als die Verkehrsprojekte deutsche Einheit aufgelegt worden sind, mit der Planung begonnen hätten. Es gab nur neun Projekte in Deutschland. Sieben davon sind sofort in Planung gegangen. Das achte Projekt – in Schleswig-Holstein – ist mit Verzögerung in Planung gegangen, und unseres kam zuallerletzt.
Wäre Herr Kollege Dieter Posch nicht 1999 zum Bund gegangen und hätte gesagt: „Bitte, bitte, gebt uns nachträglich das Recht, diesen Schwachsinn zu beenden, dass wir nach einem langsameren Planungsverfahren planen müssen, als es bei allen anderen Verkehrsprojekten deutsche Einheit der Fall ist“, wären wir heute nicht einmal dabei, den ersten Abschnitt fertig zu stellen.
Aber wir könnten mehr haben. Für den hohen Wohlstand des Landes Hessen bleibt die Frage der Verkehrsinfrastruktur existenziell. Was die Verkehrsinfrastruktur betrifft, so sind wir dabei, eine Aufholjagd zu betreiben und das wettzumachen, was Sie während eines Dreivierteljahrzehnts aus politischen Gründen nicht wollten. Es handelt sich um nichts, was Sie nicht gekonnt oder gewusst hätten. Vielmehr haben Sie aus politischen Gründen entschieden, in Hessen das zu verhindern, was in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland möglich war.
Deshalb sage ich Ihnen auch:Verschonen Sie uns mit Diskussionen über den Wettbewerb. Ich werde Ihnen gleich sagen, auf welchen Plätzen wir jeweils stehen. Wir haben kein Problem damit,darüber zu diskutieren.Aber dass Sie sich hierhin stellen und darüber sprechen, auf welchem Platz Hessen steht, obwohl Sie ein Dreivierteljahrzehnt damit verbracht haben, die Wettbewerbsbedingungen schlechter zu machen, als sie hätten sein können, delegitimiert Sie für eine ganz schön lange Zeit, hier eine solche Diskussion mit uns zu führen.
Auch was Bildung und Wissenschaft betrifft, hat ein Land viel zu fordern. Das bezieht sich auch auf den gemeinsamen Flächennutzungsplan. Gehen Sie mit offenen Augen
durch das Land, bevor Sie über andere Sachen diskutieren.Vielleicht gibt es auch gar nicht immer Gründe, darüber zu streiten. Die Sozialdemokraten und die GRÜNEN haben mit dem Kauf des I.G.-Farben-Hochhauses den Grundstein für den Campus Frankfurt gelegt. Wir haben dann die ersten Planungen gemacht. Die Kollegen Weimar und Corts planen jetzt die wirtschaftliche Verwertung der alten Gelände und zugleich den Bau der neuen Gebäude. Wir werden allein an dieser Stelle sehr schnell 1 Milliarde c verbauen.
Wir sind dabei, mehr Geld – absolut, in Prozenten, oder wie auch immer Sie rechnen – für einen Universitätsstandort aufzuwenden, als es irgendjemand anders in dieser Republik macht. Das bezieht sich auf die Physik und das Innovationszentrum Biotechnologie, das inzwischen läuft und über seinen zweiten Bauabschnitt nachdenkt. Auf dem Gelände der Universitätsklinik in Frankfurt befindet sich die größte Baustelle, die wir in der Bundesrepublik im Universitätsbau zurzeit haben. Das ist die Politik, die wir heute machen.
Reisen Sie jetzt einmal durch Europa, und reden Sie über Autonomie. Versuchen Sie, jemanden zu finden, für den das, was in der Technischen Universität Darmstadt als Modellprojekt aufgelegt worden ist, inzwischen als das Kriterium dafür gilt, ob es der deutschen Universitätspolitik der Zukunft gelingt, für mehr Autonomie zu sorgen. Das reicht von dem, was wir begonnen haben, damit die TU Darmstadt zur Modelluniversität wird, bis zu dem, was diese Landesregierung jetzt unternimmt: kein zwangsweiser Beamtenstatus für Professoren mehr, die Möglichkeit für die Universität, Unternehmen zu gründen,keine Beteiligung mehr an der Berufung,eigene Bauund Personalhoheit. Das findet in Darmstadt – in Hessen – statt; es ist von uns geschaffen.
Nehmen Sie die Diskussion zur Kenntnis, die in diesen Tagen geführt wird. Es kann durchaus politischen Streit geben. Das ist in Ordnung; Streit gehört zu unserem Geschäft. Aber bei dem, worüber wir im Augenblick in den Universitätskliniken diskutieren und was in Marburg und Gießen passiert, handelt es sich um das entscheidende Modell, wenn es um die Frage geht: Können wir in einer Zeit, in der Universitätskliniken sterben, weil wir uns leider Gottes in der Situation befinden, dass wir all das nicht halten können, einen Standort, der schwerpunktmäßig von der Medizin abhängig ist, durch privatwirtschaftliche Einflüsse retten, statt ihn zu schwächen? Kann man es schaffen – diese Debatte führen wir im Landtag –, privatwirtschaftliche Interessen, die Sicherung der Qualität und die Freiheit von Forschung und Lehre zusammenzubekommen? Alle wissen, dass, was Universität und Medizin angeht, die Krankenhäuser nicht auf die Dauer staatlich bleiben können. Das wissen auch alle Sozialdemokraten. In allen sozialdemokratisch regierten Ländern wird darüber diskutiert.
Einzelfälle ausgeschlossen. – Das weiß jeder. Diese Diskussion findet in Hessen statt. Wir werden die Vorreiter dabei sein. Wir hätten uns auch bequem zurücklehnen und sagen können: Das soll jemand anders ausprobieren.
Ob Sie nach Darmstadt, nach Marburg/Gießen oder nach Frankfurt gehen: Wir wissen, dass, neben der Infrastruk
tur, die zweite Herausforderung für dieses Land und seine Gestaltung Wissen, Wissensentwicklung und Wissenstransfer sind. Wir befinden uns in der Situation, dass der Rest der Bundesrepublik Deutschland auf unser Land schaut, nicht umgekehrt. Das ist einer der Gründe, warum wir sagen:Wir sind stolz auf unsere Arbeit und auf die Politik, die wir machen.
Es war lieb, dass der Kollege Al-Wazir hier vorne die Charts gezeigt hat. Ich behaupte – es hat nie jemand bestritten –, dass es meine Erfindung ist, vom Rednerpult des Hessischen Landtags aus Charts zu zeigen.Das ist also durchaus nichts, was ich kritisiere. Ich bin deshalb auch mit der Technik vertraut,wie man,wenn man die Zahl von 50.000 Lehrern darstellen will,es so einrichten kann – z.B. indem die letzten 200 mithilfe von Balken gekennzeichnet werden –, dass der Eindruck entsteht, die Hälfte der Lehrer sei weggefallen.
All das ist okay.Wir empfehlen Ihnen, beim nächsten Mal die Seitenstriche etwas dicker zu machen; denn nicht einmal der Kollege Hoff – der ist in dem Alter, in dem man eine Brille braucht, und er hat sogar eine – konnte sie erkennen.