Protocol of the Session on September 22, 2005

Herr Präsident! Herr Kollege Reißer, Sie haben zwar angekündigt, Ihr Beitrag werde keine Fragen offen lassen, aber in Wirklichkeit hat Ihr Beitrag eine Menge neuer Fragen aufgeworfen. Viele der wesentlichen Fragen wurden nicht beantwortet. Deswegen möchte ich Ihnen mit meiner Kurzintervention noch einmal ganz konkret Gelegenheit geben, auf zwei Fragen zu antworten, unter anderem gerade deshalb, weil Sie am Ende das Beispiel Kassel angesprochen haben.

Frage eins: Vor welchem Hintergrund hat der Oberbürgermeisterkandidat der CDU in der Stadt Darmstadt im Wahlkampf gebührenfreie Kindergärten versprechen können – angesichts der Verschuldung der Stadt Darmstadt und angesichts des Erlasses, der von Innenminister Bouffier in der Sommerpause erlassen wurde und über den wir die ganze Zeit diskutieren?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Wir reden über Kassel! – Weitere Zurufe von der CDU)

Frage zwei:Innenminister Bouffier hat in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ folgenden Satz gesagt:

Gerade für die kleineren der 426 Städte und Gemeinden in Hessen sind die Kosten für Kindergärten der Hauptdefizitfaktor im Haushalt.

Ich fordere Sie auf, an dieser Stelle zu erklären, wie die Kommunen in der Lage sein sollen, ihre Haushalte zu sanieren, ohne den „Hauptdefizitfaktor Kindergärten“ anzugehen, ohne dass das Land eine entsprechende Unterstützung bereitstellt, gerade für die kleineren und kleinen Städte und Gemeinden dieses Landes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Reißer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Frau Kollegin Schulz-Asche, das ist relativ leicht erklärt. Im Oberbürgermeisterwahlkampf in Darmstadt hat der Kandidat der CDU mit kostenlosen Kindergartenplätzen geworben. Er hatte ein schlüssiges Konzept.Das Konzept war darauf angelegt,innerhalb von acht Jahren die Finanzierung über Umstrukturierungen zu sichern. Ihr Fraktionskollege im Darmstädter Stadtparlament hat angeboten, allein im Verwaltungshaushalt über 13 Millionen c einzusparen. Das wäre möglich, wenn man nur die Hälfte der Mittel einsetzen würde.

Der zweite Punkt,an dem man einsparen könnte,wäre natürlich die Abwahl der rot-grünen Mehrheit in Darmstadt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Allein das würde eine Menge Kosten sparen und die Stadt erheblich weiterbringen. Dafür wird es höchste Zeit.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben ganz klare Vorstellungen davon, wie wir das Thema in einer hervorragenden Zusammenarbeit mit den Kommunen, den freien Trägern und auch den Unternehmen in dieser Stadt behandeln können.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die CDU, möglicherweise in einer Koalition mit der FDP, in meiner Heimatstadt an die Regierung kommt, werden die Dinge auch in Darmstadt ein Stück weit besser.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird immer flacher!)

Das Wort hat Herr Kollege Walter zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss die Kollegin von den GRÜNEN ein wenig korrigieren: Es sind keine neuen Fragen aufgeworfen worden, sondern es war schlicht Stuss, den Sie da geredet haben, Herr Reißer.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was passiert mit den Kindergartengebühren? Zunächst sagen Sie: Wir regen an, die Kindergartenplätze sollen in Zukunft kostenfrei werden. – Dann sagen Sie: Da wir momentan aber eine schwierige Haushaltssituation haben, müssen wir uns halbwegs ordentlich anpassen, also müssen die Kindergartenplätze teurer werden. – Zum gleichen Zeitpunkt sagen Sie aber: Niemand will, dass die Kommunen gezwungen werden, die Gebühren zu erhöhen. – Lieber Herr Kollege, nur eines geht von den dreien.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Die Frage ist:An wen richtet sich diese Richtlinie? Sie sagen, das habe mit den Kommunen überhaupt nichts zu tun,

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil sich die Richtlinie an die Aufsichtsbehörde richte. Das ist auf den ersten Blick gar nicht falsch, aber was macht die Aufsichtsbehörde? Ich verstehe eine Richtlinie für die Aufsichtsbehörde so, dass diese, wenn die Kommunen nicht das tun,was die Richtlinie vorschreibt,tätig wird und den Kommunen sagt: Ihr müsst die Kindergartengebühren erhöhen, liebe Kommunen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Erklärungsversuche sind ziemlich abwegig. In Wahrheit sagt die Richtlinie etwas relativ Einfaches aus: Wenn die Kommunen die Kindergartengebühren nicht erhöhen, obwohl sie einen defizitären Haushalt haben, dann gibt es was auf die Ohren. – Genau das kritisiert die SPD, und diese Regelung akzeptieren auch die Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Partei vor Ort nicht. Herr Innenminister, Sie werden mit Ihren Ausführungen, dass das eigentlich gar nicht so gemeint ist, nicht darüber hinwegtäuschen können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Innenminister, Staatsminister Bouffier.

(Michael Siebel (SPD): Ist der Erlass eigentlich von Ihnen? – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern ein paar Feststellungen treffen und komme dann auch gleich auf die Ausführungen von Herrn Walter zu sprechen, denn diese bedürfen ein paar Anmerkungen.

Zunächst einmal will ich festhalten: Die Landesregierung steht für eine hervorragende Betreuung unserer Kinder, und wir arbeiten gemeinsam daran, dass diese immer besser wird.

(Günter Rudolph (SPD): Und die Erde dreht sich weiter! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir sind kommunalfreundlich, und jede Kommune entscheidet selbstständig darüber, wie sie ihre Gebühren gestaltet.

(Petra Fuhrmann (SPD): Warum machen Sie dann einen Erlass? – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Walter, Sie haben eben versucht, die Debatte zu retten.Das ist doch eine vordergründige Debatte.Es wird ein Popanz hochgezogen.Wie sieht die Wirklichkeit aus?

(Michael Siebel (SPD):Ausgangspunkt war ein Erlass, den Sie gemacht haben!)

Genau. – Realität ist, dass die Aufsichtsbehörden gebeten worden sind, eine einheitliche Verwaltungspraxis niederzuschreiben, die in Hessen seit vielen Jahren gehandhabt wird. Das hat sich also an die Aufsichtsbehörden gerichtet. Herr Kollege Walter, diese Information sollten Sie mitnehmen, damit Sie das in Zukunft richtig erklären können. Die kommunale Finanzaufsicht betrifft nicht die Gestaltung der kommunalen Haushalte,sondern den Vollzug der Gesetze.Wenn Sie in das Gesetz geschaut hätten, dann könnten Sie sich nicht hierhin stellen und so platt argumentieren. Alles, was Sie gesagt haben, war falsch.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Ihre Erregung zeigt doch – –

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie es den Herrn Minister doch erklären.

Herr Kollege Klemm, Sie wissen es doch besser. Sie brauchen sich doch gar nicht so zu erregen.

(Jürgen Walter (SPD): Was bedeutet das für die Kommunen, die kein Geld haben? – Lothar Klemm (SPD):Tauchen Sie doch nicht weg!)

Warum regen Sie sich denn so auf?

(Petra Fuhrmann (SPD):Weil Sie Unsinn reden!)

Wir können das jetzt auf zweierlei Weise machen. Entweder brüllen Sie, oder wir reden gemeinsam über die Sache. Ich bin für die zweite Möglichkeit.

(Zurufe von der SPD)

Seit Jahren – auch schon vor meiner Amtszeit – werden bei der Genehmigung von Haushalten Auflagen und Bedingungen formuliert. Das ist also überhaupt nichts Neues.

(Zurufe von der SPD)

Schon immer war das gesamte Spektrum vorhanden. Sie reden hier immer nur von Erhöhungen. Man kann auch von Kostenminderungen reden. Man kann von einer anderweitigen Finanzierung reden. Man kann von Verbundfinanzierung reden.All das steht in vielen Erlassen.Wenn Sie sich einmal um die Sache kümmern, dann werden Sie feststellen, all das steht da drin.