Herr Al-Wazir, ich muss Sie unterbrechen. Entschuldigen Sie bitte. – Herr Hoff, ich lasse den Ausdruck „Rotzlöffel“ nicht zu. Für diesen Zwischenruf rüge ich Sie nach unserer Geschäftsordnung ausdrücklich.
(Volker Hoff (CDU): Ich nehme das ausdrücklich nicht zurück! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Er hat gesagt, dass er ihn nicht zurücknimmt!)
Sehen Sie,Herr Klein,genau das habe ich gemeint.Es ist schön, dass der Kollege Hoff diesen Ausdruck ausdrücklich nicht zurücknimmt. Bitte sehr. Jeder, wie er will.
Wir haben uns mit der Situation auseinander zu setzen. Ich kann mich daran erinnern, dass wir früher vor Europadebatten teilweise gesagt haben: Oh je, das wird wieder langweilig, weil alle dasselbe sagen werden. – Heute war es nicht langweilig. Das hat etwas damit zu tun, dass es Absetzbewegungen von den Gemeinsamkeiten gibt, die 40 Jahre lang die Politik der Bundesrepublik Deutschland geprägt haben.
Genau das empfinde ich als schwierig an der Debatte, die wir gerade erlebt haben. Ich weiß, es ist Wahlkampf. Ich weiß auch, dass es bei bestimmten Leuten bestimmte Ängste gibt, dass man also sozusagen wieder absagt, nachdem man schon den Möbelwagen bestellt hatte.Aber all das ist kein Grund, an einem Punkt, über den sich Politikerinnen und Politiker der Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang einig waren – sogar schon lange vor der Gründung meiner Partei –, eine solche Show abzuziehen, wie es der zuständige Minister des Landes Hessen gerade getan hat.
Herr von Hunnius hat sicher einen anderen Begriff vom gemeinsamen Markt als wir. Aber die Tatsache, dass Sie sich zuerst darüber beklagen, die Menschen hätten das Gefühl, es gebe eine Überbürokratisierung, und dann von irgendwoher irgendwelche Beispiele zitieren, um genau diese Vorurteile nochmals anzuheizen, zeigt, dass Sie wirklich nicht verstanden haben, was die eigentliche Aufgabe ist.
Herr Europaminister, zu den Beispielen, die Sie genannt haben: Wir reden darüber, dass es einen gemeinsamen Markt gibt.Wir reden darüber, dass Deutschland Exportweltmeister ist. Wir reden darüber, dass Deutschland einen großen Teil seiner Produktion in die Länder der Europäischen Union exportiert. Wir reden darüber, dass es beispielsweise einen Konzern wie die Metro gibt,der mittlerweile über die Hälfte seines Umsatzes nicht in Deutschland, sondern in anderen Ländern der Europäischen Union macht. Natürlich ist es für solch einen Konzern wichtig,dass er sich,wenn er seine Produkte verkauft – auch wenn er sie nicht selbst herstellt –, nicht auf 25 verschiedene Vorschriften berufen muss.Es macht doch Sinn, bestimmte Vorschriften zu vereinheitlichen.
Herr Riebel, wenn Sie Ihre Rede noch einmal nachlesen, sollten Sie sich überlegen, ob Sie eigentlich der richtige Mann am richtigen Platz sind. – Vielen herzlichen Dank.
Danke, Herr Al-Wazir. – Herr Bökel Sie haben als Nächster das Wort.Auch für Sie: fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern hat Landtagspräsident Kartmann uns Männern erlaubt, ohne Jackett hier zu sitzen, aber er hat uns gebeten, wenn wir nach vorne gehen, das Jackett wieder anzuziehen. Das kann ich nicht, weil ich es nicht hier im Saal habe.
Aber lieber Europaminister, lieber Jochen Riebel, wenn ich das Jackett angehabt hätte, diese Rede hätte es mir ausgezogen.
Die Aufgeregtheit, mit der hier über die Situation in Frankreich diskutiert wurde. Ich will überhaupt nicht darüber diskutieren, warum Cohn-Bendit nicht mehr in Frankreich, sondern in Deutschland kandidiert. Ich habe das sehr genau verfolgt.
Ich weiß auch, dass es in der Sozialistischen Partei Frankreichs – der ich angehöre – eine offene Diskussion gegeben hat. Fabius, sehr populistisch, war einer, der gegen die europäische Verfassung argumentiert hat. Das weiß ich. Das finde ich auch nicht gut.
Ich weiß auch, dass es in vielen anderen Ländern, auch in der Bundesrepublik Deutschland, viele kritische Anmerkungen gibt. Ich kann nicht alles wegdiskutieren.
Aber, in der zweiten Phase, im größeren Teil Ihrer Rede, Herr Minister, Europa so darzustellen, mit diesen vielen Negativbeispielen? Die gibt es. Die gibt es in der Landespolitik, der Kreispolitik, der Bundespolitik, auch in Europa. Da gibt es viel Unsinniges. Aber wenn man in einer solch entscheidenden Phase Europa mit solchen Beispielen nur negativ darstellt, dann ist das der europäischen Idee nicht angemessen.
Lieber Jochen Riebel, warum ich mich aufgeregt habe – und ein Minister hat mehr Redezeit als alle anderen, er kann ein bisschen länger reden –: In solch einer Situation ist darzustellen, dass Europa nach wie vor ein Erfolgsmodell ist.
Meine Damen und Herren, ein Satz: Was war denn nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Erzfeinde zusammengefunden haben? – Lieber Herr Klein, de Gasperi, Adenauer, Schumacher und all die anderen, die die Europäische Union zustande gebracht haben: Kann man das nicht einmal positiv darstellen,
was die für uns bedeutet, wirtschaftlich, ökonomisch, kulturell, insbesondere auch für eine friedliche Entwicklung in Europa und dieser Welt?
Ich glaube, in einer solchen Regierungsdarstellung hätte man darauf ein paar Sätze verwenden sollen. – Ich bedanke mich.
Danke sehr, Herr Bökel. – Ich möchte mich sonst an das, was Herr Präsident Kartmann über die Kleiderordnung sagt, durchaus halten. Aber diesen kleinen Zwischenruf wollen wir auch so gestatten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nicht auf den Beitrag des Ministers Bezug nehmen, sondern auf den Beitrag des Kollegen Al-Wazir.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer Europa will, der muss endlich aufhören, über die Probleme Europas zu schweigen.
Wer Europa will, der muss endlich aufhören, Tabus aufrechtzuerhalten. Wir müssen sie einreißen, damit wir sehen, wo die Probleme liegen. Denn wer Europa will, der muss die Menschen mitnehmen.
Herr Kollege Al-Wazir, Sie stellen sich hierhin und ziehen wieder Zäune hoch, errichten Mauern – nichts darf diskutiert werden; Europa ist schön, Europa ist Klasse. Meine
Ein Liberaler ist aber auch dafür da – Roland von Hunnius hat es in hervorragender Art und Weise hier deutlich gemacht –, zu zeigen, wo denn die Probleme liegen.