Protocol of the Session on July 13, 2005

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Al-Wazir, ich habe Ihnen relativ entspannt zugehört, obwohl es manchmal nicht so spannend war. – Als weiteren Punkt wollen wir eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hans Eichel – ich glaube, es war Joseph Martin Fischer, der ihn in diesem Haus einmal eine „bebrillte Büroklammer“ genannt hat – arbeitet in der ihm eigenen Art ganz ordentlich.Er hat die Schatzkammer bereits besenrein gefegt. Für künftige Regierungen ist kein Cent mehr drin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen. Das ist der Skandal in der Politik, die Sie in Berlin zu verantworten haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Haushalte müssen endlich konsolidiert werden. Das können wir nur,indem wir einen mutigen Schritt des Dreiklangs vornehmen. Wir müssen unverzüglich Hand in Hand eine Steuerreform, eine Reform der Gesundheitspolitik und eine Reform der Rentenpolitik in Angriff nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Nur wenn wir das alles Schritt für Schritt, aber gemeinsam lösen, statt in Trippelschritte zu verfallen, können wir die Haushalte konsolidieren.

Natürlich hat der Kollege Al-Wazir Recht, wenn er die Staatsverschuldung des Landes Hessen anspricht. Da sind wir Hand in Hand. Nur, lieber Kollege Al-Wazir, ich habe von den GRÜNEN in diesem Hause noch keinen einzigen Einsparvorschlag gehört, keinen Hinweis darauf, wie Sie den Hessen-Haushalt konsolidieren wollen.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben irgendetwas zu dem Thema Schloss Erbach gesagt. Aber ansonsten habe ich noch keinen einzigen konstruktiven Vorschlag gehört.

(Beifall bei der FDP)

Wir,die neun Köpfe starke FDP-Fraktion in diesem Haus, sind die Einzigen, die ein umfassendes Konzept zur Sanierung des Haushalts des Landes Hessen vorgelegt haben. Deshalb hören Sie doch auf, hier Sprüche zu klopfen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das überlassen wir Ihnen gerne!)

Natürlich ist das ein Ausgabenproblem. Darüber streiten wir immer wieder mit demjenigen – mit wem auch immer –, der an der Regierung ist. Es ist kein Einnahmenproblem. Ich bin dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Christian Wulff, sehr dankbar, dass er am Sonntag bei „Sabine Christiansen“ gesagt hat – es ist das erste Mal, dass ich das von einem Ministerpräsidenten gehört habe –:Wir wissen in Niedersachsen, dass wir unser Haushaltsproblem auf der Ausgabenseite lösen müssen, nicht auf der Einnahmenseite.– Recht hat er.Er befindet sich ja auch in einer Koalition mit den Liberalen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn der Kollege Al-Wazir in diesem Zusammenhang erklärt, dass die Ökosteuer schon immer von allen gewünscht worden sei und dass wir sie deshalb fortführten, irrt er.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schafft ihr sie ab?)

Hören Sie doch einfach ganz entspannt zu.Warum denn immer sofort wie ein Pawlow reagieren? Herr Kollege AlWazir, Sie sind der Prototyp eines Pawlow in diesem Hause, sozusagen der kleine Pawlow. Hören Sie einfach zu.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie uns eine solche Haushaltssituation hinterlassen – ich habe sie beschrieben; Hans Eichel ist derjenige, der gerade die Schatzkammer besenrein fegt –,müssen wir die Finanzierungssysteme zunächst übernehmen. Genau das Gleiche haben wir in diesem Lande auch schon einmal gemacht. Ich darf daran erinnern, dass die Grundwasserabgabe 1999 auch nicht unverzüglich abgeschafft werden konnte, sondern dass man dazu mehrere Schritte benötigt hat. Das ist sehr vernünftig. Genau dasselbe muss mit der Ökosteuer in Berlin geschehen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn über das Thema Ehrlichkeit diskutiert wird, muss man sich wirklich wundern.Der Kollege Al-Wazir will uns ungestraft weismachen, dass die alte Regierung unter Kohl und Kinkel in der Rentenpolitik nichts geleistet habe.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Al-Wazir, nachdem wir dreimal laut dazwischengerufen haben, mussten Sie immerhin zur Kenntnis nehmen, dass Sie von diesem Pult aus zunächst einmal die Unwahrheit gesagt haben. Es stimmt einfach nicht, dass unter der Regierung von CDU, CSU und FDP – unter Bundeskanzler Helmut Kohl und Vizekanzler Klaus Kinkel – das Problem mit den Renten nicht angegangen worden ist. Entgegen der billigen Polemik von Herrn Schröder, Herrn Lafontaine und anderen ist der demographische Faktor in die Berechnung der Renten eingeführt worden.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben, gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner, 1998 davon profitiert, dass die Sozialdemokraten, auf eine platte Polemik zurückgreifend, das Thema ausgenutzt haben. Jetzt hören Sie auf, zu weinen und sich zu beschweren, dass der Koalitionspartner derjenige gewesen sei, der den demographischen Faktor nach der Bundestagswahl wieder herausgenommen habe. Sie waren doch dabei. Oder war Joseph Martin Fischer gerade in der Ukraine unterwegs, um zu sehen, wie es um die Visa steht?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Hören Sie auf, Unwahrheiten in die Geschichtsbücher zu schreiben. Erst als Sie gemerkt haben, dass es überhaupt nicht mehr geht, den demographischen Faktor außen vor zu lassen, haben Sie ihn – nach der Bundestagswahl 2002 – wieder eingeführt. Das ist wie bei der Echternacher Springprozession.Das ist das,was die Menschen in diesem Land nicht mehr ertragen können. Deshalb brauchen wir einen Regierungs- und Politikwechsel.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen – ich sage das ganz offen – keine Mehrwertsteuererhöhung, um das Steuersystem, wie wir Liberale es uns vorstellen, zu finanzieren. Wir halten es auch nicht für klug, dieses Thema jetzt hochzuziehen, weil jeder, der sich für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausspricht, all jenen Argumentationshilfe leistet, die nicht bereit sind, die Sozialsysteme in diesem Land mutig zu verändern.

(Beifall bei der FDP)

Das ist die zentrale Botschaft. Es soll doch allen gesagt werden: Freunde, nach dem 18. September ist es mit dem Spaß zu Ende. Es ist zu Ende damit, nur Versprechungen zu machen. Vielmehr müssen die Systeme von Grund auf renoviert und restauriert werden. Das geht nicht nach dem Motto: „Ich habe 16 oder 18 Milliarden €“ – wie viel auch immer – „und daher braucht ihr nicht mehr zu reformieren.“ Das ist die zentrale Auseinandersetzung, wenn es um die Erhöhung der Mehrwertsteuer geht.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen – ich merke, die Redezeit läuft ab – das Kartell im Tarifrecht abschaffen. Wir müssen dieses Kartell schlicht aufbrechen. Die Verbandsmacht darf nicht über den Interessen der Beschäftigten eines einzelnen Betriebs stehen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn 75 % aller Beschäftigten eines Betriebs sagen, dass sie eine vom Tarifvertrag abweichende Lösung bevorzugen, kann es nicht sein, dass Herr Peters oder andere vom 10. Stock der Frankfurter Zentrale aus sagen: So geht das aber nicht.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben Angst vor dem einzelnen Arbeitnehmer in den Betrieben. Deshalb wollen Sie, dass das Kartell der Gewerkschaften zusammen mit den Arbeitgeberverbänden das Sagen hat. Wir dagegen wollen mehr Freiheit in den Betrieben.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass ein mittelstandsfreundliches Kündigungsschutzrecht eingeführt wird. Auch hierbei geht es darum, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, und es geht darum, zukünftig weniger Arbeitslose zu haben. Das schaf

fen Sie nicht mit den verkrusteten, mittelstandsfeindlichen, unübersichtlichen Regelungen, die Sie uns jetzt im Kündigungsschutzrecht hinterlassen haben. Es muss – ich will das einmal sehr vereinfacht sagen – jedem in diesem Land wieder Spaß machen, einen Arbeitsplatz zu schaffen. Es darf nicht sein, dass er erst 100 Gesetze lesen und mehrere Anwälte fragen muss, bevor er weiß, ob er in einem Betrieb, der zwölf Mitarbeiter hat, noch jemanden einstellen kann. Das ist mittelstandsfeindlich, und das muss weg.

(Beifall bei der FDP)

Um zu dem Thema Bildungspolitik zu kommen: Wir wollen einen Wettbewerb der Bildungsreinrichtungen und die Autonomie der Hochschulen garantiert wissen. Bei der Bundestagswahl geht es hauptsächlich um die Arbeitsplätze, die Wirtschaft und die Finanzen. Es geht aber auch um die anderen Themen, deren Behandlung in den letzten sieben Jahren in dieser Republik verschlafen wurde.

Das ist ein Wettbewerb der Bildungseinrichtungen auf hohem Niveau, und das ist die Autonomie der Hochschulen. Reden wir doch nicht immer nur sonntags davon, dass die wichtigste Ressource unseres Landes die Bildung und das Wissen unserer Kinder sind. Tun wir endlich etwas dafür. Frau Bulmahn hat diese Entwicklung sieben Jahre lang verschlafen.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte noch zwei oder drei Sätze zu dem Thema Innenpolitik sagen. Wir wollen trotz der verheerenden Terroranschläge keine Verschärfung der Gesetze in unserem Land mehr haben. Ich lese mit Erstaunen, Verärgerung und Verbitterung,dass Herr Schily bereits heute,spätestens aber nächste Woche „Schily III“ – einen Gesetzentwurf für ein neues Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit in unserem Land – einbringen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann die Freiheit auch durch Gängelung gefährden.

(Beifall bei der FDP)

Freiheit muss gesichert werden. Ich glaube, jeder im Raume,der um meine politische Biografie weiß,weiß,was ich damit meine. Auf der einen Seite muss der Einzelne vor dem Staat geschützt werden. Auf der anderen Seite muss der Staat die Möglichkeit haben, den Einzelnen vor Dritten zu schützen. Diese Balance hat etwas mit vernünftiger Innen- und Rechtspolitik zu tun. Meine sehr verehrten Damen und Herren von Rot-Grün, ich spreche besonders Sie an, weil Sie immer das Bild aufstellen, Sie wären bürgerfreundlich.Was Sie in den letzten Jahren getan haben, ist genau das Gegenteil.

(Beifall bei der FDP)