Protocol of the Session on July 13, 2005

Die soziale Marktwirtschaft à la Ludwig Erhard ist der richtige Weg. Dagegen steht das Modell von Rot-Grün: staatliche Rundumversorgung und Gängelei der Bürger.– Meine sehr verehrten Damen und Herren, Freiheit und Kreativität des Einzelnen müssen wieder Vorrang vor Gleichmacherei haben.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Dr. Jung, wir führen die heutige Diskussion deshalb so, wie wir es tun, weil der Bundeskanzler – Sie haben es zu Recht gesagt – das Auto gegen die Wand gefahren hat. Jetzt benimmt er sich wie ein Fahrerflüchtiger. Er will nämlich aus dem Bundeskanzleramt heraus.Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, helfen wir ihm doch dabei, dass er aus dem Bundeskanzleramt herauskommt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Nach den Redebeiträgen der Kollegin Ypsilanti und des Kollegen Al-Wazir verstehe ich immer mehr,was Gerhard Schröder mit der Formulierung meint, dass er keinen Rückhalt in der Regierungskoalition habe. Frau Ypsilanti hat nämlich ein vollkommen anderes Programm vor Augen als das, was Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 für dieses Land machen wollte.

(Beifall bei der FDP – Andrea Ypsilanti (SPD): Ich habe nur unser Wahlmanifest vor Augen!)

Die Sozialdemokraten in Hessen, aber auch in ganz Deutschland, wollen nicht, dass der Reformstau in unserem Lande aufgebrochen wird. Sie wollen nicht, dass es bei den Arbeitsplätzen wieder vorwärts geht. Sie wollen, dass weiterhin die Gewerkschaftsfunktionäre im 10.Stock das Sagen haben. Das wollen die Bürger in diesem Lande aber nicht.

(Beifall bei der FDP – Andrea Ypsilanti (SPD): Aber Sie wissen, was die Bürger wollen?)

Kollege Al-Wazir hat vollkommen Recht, wenn er sagt, die Menschen haben ein feines Gespür.Die Menschen haben ein feines Gespür, und deshalb wollen zwei Drittel aller Deutschen, dass die rot-grüne Regierung endlich wieder auf die Oppositionsbänke gesetzt wird.

(Beifall bei der FDP)

Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, dass ihnen sieben Jahre lang eine Scheinpolitik vorgegaukelt worden ist, die wie die Echternacher Springprozession funktioniert: zwei Schritte nach vorn, drei Schritte zurück. – Das wollen die Menschen in unserem Lande nicht mehr. Sie wollen eine stringente Politik.

(Beifall bei der FDP)

Diese stringente Politik werden die Liberalen – gemeinsam mit den Unionschristen – nach dem 18. September, wenn der Bundespräsident die Neuwahlen so, wie es die Sozialdemokraten angestoßen haben und wie es fast alle Mitglieder des Deutschen Bundestages wollen, durchführen lässt, in Deutschland auf den Weg bringen.

Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, dass sie sieben Jahre lang, mit Verlaub gesagt, verhohnepipelt worden sind. Sprüche, die vor der Wahl gemacht worden sind, galten wenige Tage nach der Wahl nicht mehr. Wissen Sie eigentlich, was Gerhard Schröder wenige Tage vor der Bundestagswahl 1998, genauer gesagt, am 21. September, gesagt hat? Das ist ein wunderschönes Datum,da habe ich nämlich Geburtstag. Er hat gesagt:

Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, dann haben wir es weder verdient, wieder gewählt zu werden, noch werden wir wieder gewählt.

Jawohl, Gerhard Schröder, das wird am 18. September 2005 geschehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Menschen haben ein feines Gespür dafür,dass sie von den Sozialdemokraten und den GRÜNEN verhohnepipelt werden. Gerhard Schröder sagte am 1. Mai 2000 in Hannover:

Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Zahl der Arbeitslosen auf deutlich unter 3,5 Millionen am Jahresende reduziert wird.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, am Jahresende 2000 hatten wir über 4 Millionen Arbeitslose in diesem Lande. Was ist denn das für eine Politik, die Sie machen? Wie glaubwürdig sind Sie denn? Ich zitiere Wolfgang Clement, damit Sie die Bandbreite der Versprechen – der „hohlen Sprüche“, wie Tarek Al-Wazir gesagt hat – der sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister im Kabinett Schröder sehen. Wolfgang Clement sagte im Deutschen Bundestag am 27. Januar 2003:

Die Zahl der Arbeitslosen wird 2004 um bis zu 100.000 unter dem Durchschnitt des Jahres 2003 liegen.

Das sagte er in einer Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht 2004. Sie lag am Ende des Jahres 2004 um 500.000 höher.Was ist das für eine Politik?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ein letztes Zitat: Am 16. August 2002 – wir erinnern uns daran, das war die Hochzeit des Bundestagswahlkampfes – wurde eines der repräsentativsten Gebäude, das die Reichshauptstadt, die Bundeshauptstadt Berlin – ich sage das bewusst so, wie ich es gesagt habe – zu bieten hat, angemietet. Es wurde ein Event organisiert, wie es Volker Hoff und seine Leute nicht besser organisieren könnten. Dort trat Herr Hartz auf und überreichte ein in Leder gebundenes Papier an Bundeskanzler Gerhard Schröder. Darin versprach er den Abbau von 2 Millionen Arbeitslosen innerhalb von drei Jahren. Das sei das Ziel dieses Gesamtkonzepts. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Menschen in diesem Lande haben ein sehr gutes Gespür dafür, dass diese Sprücheklopfer allesamt auf die Oppositionsbänke zurückgebracht werden müssen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir Liberale sind auf diesen Bundestagswahlkampf inhaltlich gut vorbereitet. Wir haben in den letzten zwei, drei Oppositionsjahren unsere Hausaufgaben gemacht. Sie wissen,dass wir ein rundes,durchgerechnetes Konzept

für eine Steuerreform haben. Wir wollen eine grundlegende Reform unseres Systems.

Es muss einfacher werden, und es muss transparenter werden. Die Einkommensteuer muss niedriger werden. Wir setzen uns für eine unbürokratische Zinsabgeltungssteuer ein, damit das internationale Kapital wieder nach Deutschland fließt und das nationale Kapital nicht ins Ausland flüchtet. Wir wollen eine rechtsformneutrale Unternehmenssteuerreform. Wir sind dafür, dass die Gewerbesteuer und die Vermögensteuer endgültig abgeschafft werden, weil sie nicht dazu dienen, Arbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der FDP – Reinhard Kahl (SPD): Das kann nur eine Partei fordern, die mit kommunaler Politik nichts mehr im Sinn hat!)

Wir sind auch dafür – dazu dient unser Steuerrecht –, dass die Eigenkapitalbildung gestärkt wird.Das ist eine mutige Politik, und ich fordere von dieser Stelle aus unsere Kollegen von der Union auf: Machen wir doch gemeinsam eine mutige Politik. Gehen wir nicht in Trippelschritten voran, sondern machen wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode richtige, grundsätzliche Reformen.

(Beifall bei der FDP)

Hier rufen Leute, wie z. B. der Kollege Kahl aus Vöhl, dazwischen

(Zuruf von der SPD: Nicht aus Vöhl!)

ich wollte jetzt die Solidarisierung der Kollegen organisieren –, dass die FDP kommunalfeindlich sei.

(Reinhard Kahl (SPD):Was denn sonst?)

So weiß der Kollege Kahl,der mit finanzpolitischem Fachwissen etwas belastet ist – als parlamentarischer Geschäftsführer vergisst man ja nicht alles, was man sich vorher jahrelang fachlich erarbeitet hat; das unterstelle ich auch Ihnen, lieber Kollege Kahl –, dass die FDP ein Programm vorgelegt hat, wonach die Kommunen von der sehr riskanten und nicht planbaren Gewerbesteuer nicht mehr abhängig sind.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Es gibt auch immer mehr Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die diesem Konzept der FDP für eine konstante finanzielle Ausstattung der Kommunen das Wort reden. Ich wette, dass die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth auch in diesem Punkt noch zu unserem Programm finden wird.

(Lachen bei der SPD – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

In der Gesundheitspolitik erreicht die polemische Auseinandersetzung ihren Höhepunkt. Meine sehr verehrten Kollegen von den Sozialdemokraten, wir haben in diesem Land derzeit eine Zweiklassenmedizin.

(Beifall bei der FDP)

Diese Zweiklassenmedizin wollen wir gerade durch eine Umstrukturierung der Gesundheitspolitik verändern.Wir möchten eine Ia-Versorgung für alle Patienten haben, nicht nur für die Privilegierten.

(Beifall bei der FDP)

Das leistet die von Ihnen bürokratisch organisierte Versicherung nach dem Motto „Jeder zahlt dasselbe ein, jeder kriegt ein bisschen Mist heraus“ aber nicht.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nein, auch hier ist Mut angesagt, nämlich der Mut, das Gesundheitssystem zu privatisieren und die Restriktionen zu beseitigen.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr solidarisch!)

Herr Kollege Al-Wazir, wenn Sie weiterhin ein bürokratisches System mit einer Zweiklassenmedizin haben wollen, handeln Sie den Menschen gegenüber unsolidarisch. Unsolidarisch sind aber nicht diejenigen, die das ändern wollen.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen Wahlfreiheit statt Zwangsversicherung. Wir wollen soziale Marktwirtschaft statt bürokratischer Staatswirtschaft. Wir wollen – das ist der zentrale Punkt auch in der Gesundheitspolitik – Eigenverantwortung statt Bevormundung. Das ist die Botschaft, wie das Gesundheitssystem wieder konsolidiert werden kann.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))