Es kann nicht sein, dass Sie Ihre Politik fortführen, zusätzlich entstehende Kosten auf die Kommunen abzuwälzen. Frau Kollegin Ravensburg, lassen Sie sich das von Ihrem finanzpolitischen Sprecher oder von Ihrem Finanzminister erklären. Das Land hat die Verstärkungsmittel, die im Kommunalen Finanzausgleich in Form von Betriebskostenzuschüsse eingesetzt waren, gestrichen. Dadurch stehen pro Jahr 50 Millionen c weniger zur Verfügung, als es während unserer Regierungszeit der Fall war.
(Beifall bei der SPD sowie den Abg. Frank-Peter Kaufmann und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Auch an dieser Stelle wird die Janusköpfigkeit dieser Regierung deutlich. Auf der einen Seite werden Landesmittel für die dringend notwendigen Betriebskostenzuschüsse gestrichen. Auf der anderen Seite werden Jubelveranstaltungen für die sozialpolitischen Luftschlösser dieser Ministerin durchgeführt.
In einem bin ich mit Ihnen einer Meinung: Um unseren Kindern bestmögliche Chancen für die Zukunft zu geben und alle Kinder mit ihren Schwächen und Stärken frühestmöglich optimal zu fördern, ist es notwendig, einen solchen Plan vorzulegen. – Aber wir wollen nicht, dass es bei der Vorlage bleibt.Wir wollen, dass auch die Rahmenbedingungen geschafft werden, damit das umgesetzt werden kann.
Mit dem bestehenden Personalschlüssel von 1,5 Kräften für 25 Kinder – dabei ist keine Verfügungszeit für Vorbereitungen, Elterngespräche, Fortbildungen und Sonstiges vorgesehen –
kann eine qualitativ hohe Bildung in den Kindertagesstätten nicht realisiert werden. Das Gleiche gilt auch für die Schulen.
Die Umsetzung dieses Bildungs- und Erziehungsplans wird von den Erzieherinnen und Erziehern und den Grundschulpädagoginnen und -pädagogen einen Mehreinsatz an Zeit und Engagement fordern. Deshalb muss man auch ein Wort zu der Verfügungszeit sagen und dazu, wie Sie das finanzieren wollen.
Sie werden das mit der Aussage abtun, das sei nicht finanzier- und realisierbar. Ich empfehle Ihnen: Schauen Sie einmal über den Rhein.
Schauen Sie sich doch einmal das Konzept von Rheinland-Pfalz an. Dort wird nämlich vorgemacht, dass das geht. Dort belässt es Ministerpräsident Kurt Beck nicht bei Luftschlössern.
Schauen Sie sich doch einmal das Projekt „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ an. Dort liegt die Zuständigkeit für die Kindergärten längst – wie wir das fordern – beim Kultusministerium und nicht mehr beim Sozialministerium. Dort wird ab 2006 das beitragsfreie Vorschuljahr für alle Fünfjährigen eingeführt. Das Land übernimmt die Kosten in Höhe von 25 Millionen c, die dadurch entstehen.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sagen Sie einmal, wo das Geld herkommen soll! – Gegenruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD): Die haben einen besseren Finanzminister!)
Dort wird der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Zweijährige umgesetzt werden. Dort stehen 2 Millionen c für Fortbildungsangebote zur Verfügung. Dort gibt es ein Sprach- und Schulvorbereitungsprogramm in Höhe von 8 Millionen c. Das Programm gibt es nicht nur für ausländische Kinder. Das sind die Maßstäbe, an denen Sie sich mit Ihrem Bildungs- und Erziehungsplan messen lassen müssen.
Ich will noch einmal auf Rheinland-Pfalz zu sprechen kommen. Dort hat sich längst herumgesprochen, dass ein gut ausgebautes Bildungs- und Betreuungsangebot ein wesentlicher harter Standortfaktor ist. Rheinland-Pfalz hat ein Gesamtkonzept nicht nur auf dem Papier hinsichtlich der Frage entwickelt, wie die Kinder optimal gefördert, die Eltern in ihrer Verantwortung der Erziehung gestärkt und Kommunen und Träger von ihrer finanziellen Verantwortung für die Kinderbetreuung entlastet werden können. Sie werden aber nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch unterstützt.
Auf unserer Seite des Rheins glaubt Ministerpräsident Koch zusammen mit seinen Ministerinnen immer noch, allein durch schöne Pläne und Ankündigungen könnte man wirkliche Bildungs- und Sozialpolitik machen.
Andere Bundesländer haben das längst unter Dach und Fach gebracht. Dazu zählt auch Bayern, von dem Sie den Plan haben und von dem auch vieles andere übernommen wurde. Während also andere Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern ihr Haus „elementare Bildung“ längst bestellt, das also unter Dach und Fach gebracht haben, bzw. ihr Haus wenigstens im Rohbau fertig gestellt haben, laufen Sie hier noch mit diesem Bildungs- und Erziehungsplan herum, der zugegebenermaßen sehr ordentlich erarbeitet ist, freuen sich über Ihre schönen Pläne, wissen aber, dass diejenigen, die das Fachwissen für einen solchen Plan haben, ihre Zustimmung nicht werden geben können.
Sie haben auch gar kein Finanzierungskonzept, aus dem sich ergeben könnte, wie Sie diesen Bauplan für Ihr Haus „Bildung“ umsetzen könnten.
Was nützt mir der schönste Plan, wenn ich kein Konzept habe, wie ich das Haus realisieren kann? Ich habe den Eindruck: Während andere auf die Zukunft von Bildung
Dass die Kollegin Schönhut-Keil und ich jetzt auseinander gerissen wurden, nachdem wir so schön rot und grün gekleidet sind. Das hat die Kultusministerin erfreut.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Immerhin, nach vielen Monaten – man kann fast sagen: Jahren – des Verschiebens und Wartens hat die Landesregierung jetzt endlich den Entwurf eines Bildungs- und Erziehungsplans vorgelegt.
Er soll Grundlage für die Bildung und Erziehung, Förderung und Unterstützung von Kindern an den unterschiedlichen Einrichtungen und in verschiedenen Bildungsarten sein.Es ist richtig,dieser Erziehungs- und Bildungsplan ist eine Grundlage für die Weiterentwicklung von Bildung und Erziehung in den verschiedenen Einrichtungen.Er ist allerdings – das sagt jedenfalls die Fachpraxis – zu einem guten Teil auch sehr theorielastig und überbordend, sodass er in der Umsetzung in die Praxis hinein schwierig handhabbar sein wird. Von daher werden wir auch streng darauf achten, dass die Rückmeldungen, die aus der Praxis kommen, in der Erprobungsphase auch wieder in den Plan einfließen und dieser vielleicht wirklich auf einen Rahmen abgespeckt wird, der dann in den Einrichtungen selbst ausgeführt werden kann und muss, je nach Gegebenheiten.
Was uns aber an dem Plan besonders beeindruckt hat – das muss ich auch so deutlich sagen –, ist, dass er besonders die Förderung der Mehrsprachigkeit von Kindern herausstellt.
Das ist etwas, was diese Landesregierung ja über Jahre eigentlich vehement wegschieben wollte, nämlich dass es eine Kompetenz von Kindern ist, mehrsprachig aufzuwachsen. Die Landesregierung hat nur auf die deutsche Sprachförderung gesetzt, und da sind wir nun ganz gespannt, wie diese Förderung von Mehrsprachigkeit künftig auch in der Praxis umgesetzt werden soll und wie die Landesregierung dies unterstützen will.
Meine Damen und Herren, zwei Punkte sind aus meiner Sicht auch noch besonders in die kritische Sichtweise der Ausgestaltung des Bildungs- und Erziehungsplans zu nehmen.
Einmal ist die wirkliche Vernetzung unterschiedlicher Einrichtungen wie Krippen, Krabbelstuben, Tagespflege, Elternschule, Familienbildungsstätte und Schulen selbst
aus meiner Sicht nicht ausreichend geschehen. Also die Verbindungs- und Nahtstellen sind noch nicht ausdrücklich und gut ausformuliert. Ich denke einmal – das wird hoffentlich in der Erprobung noch stattfinden –, dass man dazu entsprechende Hinweise erhält.Problematisch unter diesem Gesichtspunkt ist aber wiederum die Ausschreibung für Tandems,weil diese Tandemausschreibung in wesentlichen Teilen Kindergärten und Grundschulen, die nebeneinander liegen, mobilisierte und dies suggerierte; aber Netzwerkbetreuung ist, wenn man wirklich vom Kind aus denken will, nicht in den Blick genommen worden. Das müsste auf jeden Fall noch nachgeholt werden.
Ein weiterer Punkt, der im Bildungs- und Erziehungsplan eigentlich ausgesprochen mager vorkommt, und das bei dem sonst recht dicken Konvolut, ist der Anteil, den die Schule einzubringen hat. Der schulische Prozess, wie eigentlich Kinder abgeholt werden sollen, wie Schule sich verändern muss, ist sehr mager dargestellt. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass hier das Land selbst die Kompetenzen hat,etwas zu verändern.Da müssten personelle und materielle Ressourcen in die Hand genommen werden.
Meine Damen und Herren, wesentlicher als diese fachlichen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Bildungs- und Erziehungsplans sind allerdings die Rahmenbedingungen, unter denen dieser Bildungs- und Erziehungsplan eingeführt werden soll. Da kann ich eigentlich nur zustimmen. Die Rahmenbedingungen sind das A und O. Ein Bildungs- und Erziehungsplan ist nur so gut, wie er auch erprobt und eingeführt werden kann. Dafür braucht es bestimmte Voraussetzungen, und die Landesregierung kann sich meines Erachtens nicht darin erschöpfen, Papier zu bedrucken und den Trägern, Einrichtungen und Schulen zu sagen: Jetzt macht mal schön. – Das funktioniert so nicht. Dann wird dieser Bildungs- und Erziehungsplan ein Papiertiger bleiben.Wenn sich die Landesregierung tatsächlich der frühkindlichen Bildung verschreibt, wenn sie mehr Qualität will, eine bruchlose Erziehung und Bildung von Kindern von Anfang an, eine individuelle Förderung von Anfang an, dann muss sie diese Aufgaben auch materiell und personell unterstützen. Das ist wirklich Pflicht des Landes. Das ist nicht Kür, sondern das ist aus unserer Sicht Pflicht. Hier gibt es Nachholbedarf.