Der Haushaltsausschuss ist in seiner Sitzung am 1. Juni 2005 einstimmig zu dem genannten Votum gelangt, also unverändert anzunehmen.
Dann lasse ich abstimmen.Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen kann, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Somit einstimmig beschlossen. Damit ist der Gesetzentwurf zum Gesetz erhoben.
Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Gesetz über die Errichtung eines Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UK-Gesetz) – Drucks. 16/4117 zu Drucks. 16/4103 und zu Drucks. 16/3758 –
Frau Kollegin Sorge, Berichterstattung dann, wenn ich alles aufgerufen habe. Sie können noch ein bisschen zuhören.
Hierzu der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/4119, und der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/4120.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP betreffend Fusion der Universitätskliniken Gießen und Marburg – Drucks. 16/4118 zu Drucks. 16/4109 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf mit folgender mündlich eingebrachten Änderung in dritter Lesung anzunehmen:
„Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2005 in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft.“
Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, federführend, und dem Sozialpolitischen Ausschuss, beteiligt, in der 70. Plenarsitzung am 7. Juni 2005 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung zurücküberwiesen worden.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst und der Sozialpolitische Ausschuss haben sich in einer gemeinsamen Sitzung am 7. Juni mit dem Gesetzentwurf befasst.
Zuerst wurde der mündliche Änderungsantrag der CDUFraktion mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen in getrennten Abstimmungen in beiden Ausschüssen angenommen.
Sodann hat der beteiligte Sozialpolitische Ausschuss mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der FDP dem federführenden Ausschuss für Wissenschaft und Kunst vorgeschlagen, dem Plenum zu empfehlen, den Gesetzentwurf mit der bereits aufgeführten Änderung in dritter Lesung anzunehmen.
Schließlich ist der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst mit demselben Stimmenverhältnis dem Beschlussvorschlag des Sozialpolitischen Ausschusses gefolgt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Vereinbarte Redezeit: zehn Minuten. Ich erteile Herrn Abg. Dr. Spies von der Fraktion der SPD das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren Abgeordneten der CDU, nutzen Sie noch einmal die Gelegenheit, einen Augenblick über das nachzudenken, was Sie nachher vorhaben, und nutzen Sie die Gelegenheit, einen Augenblick darüber nachzudenken, was Sie nicht vorhaben und was vielleicht doch die allerdings ernst zu nehmende Alternative für Mittelhessen wäre.
Meine Damen und Herren, natürlich könnte man für Mittelhessen ein Konzept umsetzen, das eine medizinisch, eine wissenschaftlich, eine didaktisch, eine versorgungspolitisch sinnvolle Struktur darstellt. Ich gehörte diesem Hause ungefähr ein halbes Jahr an, als der seinerzeitige Fraktionsvorsitzende der SPD und ehemalige Sozialminister Armin Clauss darauf verwies: Es wird noch zehn Jahre dauern, dann haben wir in Deutschland sechs Krankenhausketten, aber wahrscheinlich werden es nur fünf: drei private, eine evangelische, eine katholische, und die sechste war die öffentliche. – Aber selbst Armin Clauss hatte nicht wirklich die Hoffnung, dass es gelingt, die Krankenhausstruktur im öffentlichen Bereich in eine Form zusammenzubinden, die zukunftsfähig und wirtschaftlich ist.
Genau das wollen Sie mit dem heutigen Beschluss und mit den sich daraus ergebenden Plänen tatsächlich verhindern. Ein sinnvolles Konzept für Mittelhessen wäre eine Einbindung der gesamten regionalen öffentlichen Krankenhausstruktur in einen Verbund öffentlicher Krankenhäuser in Mittelhessen. Sinnvoll wäre, daraus eine qualitätsorientierte abgestufte Struktur für die Region zu entwickeln. Sinnvoll wäre, gerade und insbesondere angesichts der geriatrischen Herausforderung des demographischen Wandels, mit einer solchen Struktur auch die kleinteilige Flächendeckung abzusichern. Sinnvoll wäre eine völlig neue Dimension der Qualität der praktischen Ausbildung zukünftiger Ärzte am Patienten in einer solchen Struktur, direkt den Erfordernissen der Medizin angepasst. Sinnvoll wäre, die ärztliche Weiterbildung koordiniert in der Spitzen- und in der Breitenmedizin durchführen zu können. Sinnvoll wäre eine wirtschaftliche Struktur für die Gesamtheit der öffentlichen Krankenhäuser in Mittelhessen und darüber hinaus in einem wirtschaftlichen Verbund, der sie größer machen würde als jede der privaten Ketten, der sie konkurrenzfähig machen würde gegenüber allen anderen Krankenhausstrukturen, ohne jeden Zweifel, und mittendrin als Kristallisationskerne die beiden Universitätsklinika.
Meine Damen und Herren, das ist ein Modell für Hochschulmedizin. Das ist eine Chance für die strukturschwache mittelhessische Region. Das ist allerdings ein sinnvolles Konzept.Aber das wollen Sie nicht.Was Sie wollen,ist, ein politisches Problem zu lösen, indem Sie die kleinstmögliche Lösung wählen, nämlich die Fusion der Uniklinika. Und was wir von der technischen Umsetzung halten, haben wir vorgestern hinreichend deutlich gesagt.
Meine Damen und Herren, was die Rechtsform der Universitätsklinika und eigentlich eines solchen Komplexes der regionalen Versorgungs-, Forschungs- und Ausbildungsstruktur angeht, reicht offenkundig – darüber besteht, glaube ich, gar kein Streit – die gegenwärtige Handlungsfähigkeit der beiden Anstalten öffentlichen Rechts nicht aus, auch wenn eine bislang in der Lage war und ohne Zweifel auch in Zukunft in der Lage sein wird, schwarze Zahlen zu schreiben. Dass wir allerdings über die Rechtsform in der Frage der Handlungsfähigkeit
nachdenken müssen, auch das ist ja gar nicht streitig. Dass wir Investitionsmittel brauchen, und das in Mittelhessen insbesondere für Gießen, und dass dafür ein PPP-Modell der richtige Weg wäre, der all die in der Anhörung aufgezählten Probleme vermeidet, auch daran besteht kein Zweifel.Aber auch das wollen Sie nicht.
Der Ministerpräsident hat vor ungefähr eineinhalb Stunden in diesem Raum gesagt: Jeder Abgeordnete hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass er nichts zerstört, was nicht wieder hergestellt werden kann. – Meine Damen und Herren, mit dem Verkauf, den Sie anstreben, werden Sie eine Struktur zerstören, die nicht wiederbringlich sein wird. Darüber brauchen wir uns keine Vorstellung zu machen. Deshalb werden wir dem in seinem ersten Satz völlig richtigen Antrag der FDP, nämlich dass man es, wenn man es denn unbedingt so machen möchten, wie Sie es tun, jedenfalls nicht so schnell, nicht so übereilt, nicht so undurchdacht machen kann, nicht zustimmen können, weil die Konsequenz, die die FDP darin ausdrückt, nämlich das Verkaufen der Uniklinika, von uns nicht geteilt wird.
Meine Damen und Herren, wenn Sie ein solches Konzept, eine solche Struktur, eine solche Perspektive für Mittelhessen nicht wollen, sind wir durchaus bereit, zu respektieren, dass Sie 56 von 110 Stimmen in diesem Hause haben, und wir wissen, dass Sie mit Ihrer Mehrheit das heute beschließen werden. Aber was nicht angeht, ist, ein verfassungswidriges Gesetz zu beschließen.
§ 5 dieses Gesetzes – daran kann kein ernsthafter Zweifel bestehen – ist mit Art. 5 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Wenn dann seitens der Mehrheit argumentiert wird, die Verfassungswidrigkeit würde ja erst beim praktischen Verkauf irgendwann eintreten, muss ich sagen: Nein, meine Damen und Herren.Was ist denn offenkundiger als die unmittelbare Absicht, das irgendwann zu tun und es natürlich möglicherweise ohne erneute gesetzgeberische Regelung zu tun? Das zeigt sich an der Tatsache, dass schon vor Beschluss des Gesetzes die Ausschreibung in der Zeitung stand. Mehr Beweis brauchte es dafür nicht. Dieses Gesetz ist verfassungswidrig.
An der Stelle liegt auch ein grundsätzlicher Mangel demokratischer Legitimität vor. Eine solche Veränderung, wie Sie sie planen – ohne den Gesetzgeber, als tägliches Handeln der Verwaltung –, durchzuführen, ist nicht hinnehmbar. Das sollten auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, sich nicht bieten lassen.
Meine Damen und Herren, es gab den Einwand aus Rheinland-Pfalz – wir haben das am Dienstag auch im Ausschuss angesprochen –, dass möglicherweise doch die Verfassung erforderlich mache, dass das Land die Mehrheit im Aufsichtsrat habe. Ich danke Ihnen, Herr Minister, für die Stellungnahme,die Sie uns zukommen ließen,auch wenn es nicht einer gewissen Pikanterie entbehrt, dass dort die Aufsichtsratsmehrheit des Landes, abgeleitet aus der demokratischen Struktur, vom Parlament über die Weisungsfähigkeit der Regierung – also der Universitätspräsident als weisungsabhängiger Beamter – sichergestellt wird. Das ist eine diskussionswürdige Überlegung.
Meine Damen und Herren, es gibt einen zweiten Punkt, der nicht geht. Mit der Formulierung zur Personalüberleitung gehen Sie ein erhebliches, ein massives finanzielles
Risiko für das Land ein, und zwar ohne Not. Das hat sehr komplexe und sehr detaillierte Folgewirkungen. Ich verweise auf die Ausführungen von Frau Beer in der letzten Sitzung. Das muss man hier nicht alles wiederholen. Sie kann das auch viel genauer sagen als ich. – Am Ende wird mit dem Verkauf eine nicht rücknehmbare Situation geschaffen.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist falsch, und Sie sollten es lassen.Aber das ist eine politische Entscheidung. Das müssen Sie mit Ihrer Mehrheit verantworten. Aber es ist nicht rechtens, so mit der Verfassung, so mit Forschung und Lehre und so mit den Rechten und Pflichten des Parlaments umzugehen.
Deshalb fordere ich Sie eindrücklich auf, unserem Änderungsantrag auf Streichung des § 5 zuzustimmen.
Es ist auch nicht recht, ohne irgendeine Notwendigkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Land dem Risiko dieser völlig undurchdachten Personalüberleitung auszusetzen. Deshalb fordere ich Sie auf, auch unserem zweiten Änderungsantrag zuzustimmen.
Die Klinika, die Hochschulen, die Beschäftigten und das Parlament selbst haben einen ein bisschen respektvolleren Umgang von Ihnen verdient. Deshalb appelliere ich noch einmal eindrücklich an Sie: Stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu. Ihr Gesetz wird damit nicht gut. Aber es ist dann vielleicht keine Katastrophe mehr. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der hier in dritter Lesung vorliegende Gesetzentwurf enthält ganz erhebliche inhaltliche, rechtliche und finanzielle Risiken. Allein die finanziellen Risiken – ich habe es am Dienstag schon ausgeführt – liegen bei ungefähr bei 1 Milliarde c und sind für sich ein guter Grund, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der zuständige Minister und die CDU-Fraktion argumentieren, der Gesetzentwurf regele nur die Fusion und nicht die Privatisierung. Das ist aber nicht wahr. § 5 des Gesetzentwurfs erlaubt der Landesregierung vielmehr, sowohl eine formelle als auch eine materielle Privatisierung vorzunehmen. Wenn Sie das selbst nicht erkennen oder es mir nicht glauben, dann glauben Sie wenigstens den Experten, die wir extra zu einer Bewertung dieses Gesetzentwurfs in der Anhörung eingeladen haben.
Diese Regelungstechnik hat zur Konsequenz, dass der parlamentarische Gesetzgeber die Grundsatzentscheidung für die Errichtung des Klinikums treffen und zu der materiellen Privatisierung ermächtigen soll, ohne dass die durch beide Vorgänge aufgeworfenen Rechtsfragen auch nur annähernd beantwortet sind.