Protocol of the Session on April 28, 2005

Herr Kollege Walter.

Liebe Frau Kollegin, wir haben in der SPD eine Vorgehensweise, wonach für Fragen von landespolitischer Relevanz der Landesparteitag zuständig ist.Der Landesparteitag kommt zu einem Ergebnis. Bei zentral wichtigen Fragen ist es so, dass wir diese Position vertreten. Das heißt, wir vertreten hier die Position des Landesparteitages.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen dazu meine ganz persönliche Position. Ich sage – nicht aus politischen Gründen; wenn dieses Projekt scheitern würde, dann brächte das für diese Landesregierung größte Probleme mit sich –: Bei der Zahl von 40.000 Arbeitsplätzen – jetzt können wir darüber streiten, aber die Zahl 40.000 ist eine,die im Wesentlichen unstrittig sein müsste –,

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

wenn es um mindestens 40.000 Leute geht, um diese wirtschaftliche Perspektive für unser Bundesland, dann stelle ich mein persönliches Wunschdenken, denen ein Bein zu stellen, hinten an. Deshalb sage ich das hier ohne Rhetorik. Ich hoffe, dass dieser Flughafen eine Entwicklungschance erhält, die im Interesse unseres Landes und im Interesse der Menschen in unserem Lande ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Staatsminister Dr. Rhiel, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Walter,ich bin recht froh,dass ich aus Anlass Ihrer Frage dazu noch einmal kurz Stellung nehmen und deutlich machen kann, wie sich die Beteiligung des Landtags in diesem Verfahren aus unserer Sicht darstellt.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir im letzten Jahr eine zeitliche Projektion mit dem Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2007 vorgelegt haben. In meiner Rede habe ich eben deutlich gemacht,dass es sehr wohl möglich und auch sinnvoll ist, dass sowohl die Änderung des Landesentwicklungsplanes wie auch der Vollzug des Planfeststellungsverfahrens parallel erfolgen können.Aber bevor der Planfeststellungsbeschluss gefasst werden kann, müssen die Änderungen des Landesentwicklungsplans – in diesem Falle durch das Parlament – vollzogen werden. Das ist der entscheidende Punkt.

Wenn wir diese Zeitstrahlen nebeneinander sehen, dann wissen wir, dass wir für die Beratung des Landtags zur Beschlussfassung über den Verordnungsentwurf des Kabinetts zur Änderung des Landesentwicklungsplans ausreichend Zeit zur Verfügung stellen müssen. Aber nicht wir müssen diese Zeit zur Verfügung stellen, wir müssen sie in unserem Verfahren einkalkulieren. Der Landtag ist der Souverän. Sie werden alle Unterlagen in ausreichender Art und Güte von uns erhalten. Ob Sie auch die Gutachter nochmals bitten, Stellung zu nehmen, das bleibt Ihrem Ermessen vorbehalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, der Zeitraum ist dann ausreichend. Man darf unterstellen, dass Sie keine Verhinderungsstrategie fahren wollen. Ihre Mitwirkung wird sicherlich eine Anstrengung erfordern. Aber wir wollen Ihnen nicht mehr zumuten, als wir uns selbst zumuten.In einem ausreichenden Zeitraum werden Sie zu einer Bewertung und dann hoffentlich zu einer positiven Beschlussfassung kommen.

Die zeitliche Projektion, die wir in Bezug auf die Änderung des Landesentwicklungsplans vorgelegt haben, wird sich dadurch allerdings ändern. Ursprünglich war bei dem, was ich im Sommer vorigen Jahres vorgelegt habe, die Zustimmung des Landtags nicht enthalten und dieser Beratungs- und Entscheidungsprozess nicht notwendig. Jetzt gehört er dazu und verlängert damit diesen Zeitstrahl, Stichwort: Landesentwicklungsplan. Der soll vor dem von uns avisierten Zeitpunkt zum Planfeststellungsbeschluss enden. Ich denke, diese zeitliche Projektion, so geändert, ist nach wie vor in sich schlüssig und ermöglicht eine breite Beratung und dann – hoffentlich – eine breite Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank,Herr Staatsminister.– Das Wort hat der Kollege Kaufmann.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Er soll aber zur Sache reden! – Gegenruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Lieber soll er gar nicht reden!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte jetzt keine Hassgefühle. Ich

weiß, dass es schon spät ist. Aber solange die Ausführungen des Ministers aus seiner eigenen Sicht stets ergänzungsbedürftig bleiben, so lange bestehen für uns auch das Recht und die Notwendigkeit, dazu noch etwas zu sagen. Ich will mich auf ganz wenige Bemerkungen konzentrieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als das Raumordnungsverfahren durch die landesplanerische Stellungnahme zum Abschluss kam, haben wir in diesem Hause auch heftig darüber diskutiert. Damals bin ich für meine – zugegebenermaßen scharfe – Kritik am damals zuständigen Verkehrsminister und auch am Regierungspräsidenten sehr angegangen worden, die ja für die Erarbeitung des Werkes zuständig waren, und zwar in dieser Reihenfolge. Damals habe ich gesagt, dass in nie gekannter Weise mindestens an den Zielsetzungen des Rechts vorbei argumentiert worden ist. Denn ein Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens steht nie für sich, sondern ist immer nur so gut, wie es die tatsächlichen Probleme löst.

Mittlerweile wissen wir, dieses Raumordnungsverfahren hat keine Probleme gelöst. Eindeutiges Beispiel ist das Vertragsverletzungsverfahren bei der EU. Diese Probleme hätten im Raumordnungsverfahren gelöst werden können und müssen – wenn man sie denn für lösbar hält. Das ist nicht geschehen. Deswegen besteht dieses Problem immer noch.

Wenn man jetzt glaubt,innerhalb kürzester Frist im Nachgang diese Probleme ersatzweise über den Landesentwicklungsplan zu lösen, dann steht man möglicherweise vor der gleichen Problematik.Wir werden uns das im Detail anschauen.

Mein Informationsstand ist jedenfalls nicht der, dass dies alles schon so weit vorbereitet ist, dass man davon ausgehen kann, dass dann z. B. das Verfahren in Brüssel problemlos endgültig zu den Akten gelegt werden kann. Sie wissen, auch die Bundesregierung hat die Landesregierung bereits angemahnt, hierbei sorgfältig zu sein und nicht Vorabentscheidungen zu treffen.

Letzte Randbemerkung.Der Kollege Walter meinte eben, angesichts der von ihm mit 40.000 bezifferten Zahl weiterer Arbeitsplätze habe er nicht die Absicht, in der Flughafenfrage der Landesregierung ein Bein zu stellen. – Wir betreiben das Thema Flughafenausbau nicht unter dem Aspekt, der Landesregierung ein Bein zu stellen,

(Zurufe von der CDU: Ah! – Alfons Gerling (CDU):Alles Ausreden!)

sondern wir betreiben das Thema Flughafenausbau unter dem Aspekt, den Ausbau tatsächlich verhindern zu können, weil dies die bessere Lösung für die Region und langfristig auch die bessere Lösung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus ist. Sie wissen, was wir immer vorgeschlagen haben – eine Kooperation mit bestehenden Flughäfen,um auf diese Weise die Probleme zu lösen, aber nicht im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet mit der dann zu erwartenden Schädigung der Wirtschaftsstruktur und damit der Einkommenssituation für viele. Einen Flughafen kann man nicht über alle Grenzen immer weiter wachsen zu lassen.Das ist die falsche Strategie.Es ist auch keine nachhaltige Strategie. Deswegen verfolgen wir eine andere.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wir wollen die Sache verhindern. Wenn bei der Gelegenheit die Landesregierung mit über die Wupper geht, dann würden wir ihr keine Träne nachweinen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Das Wort hat Herr Kollege Posch, FDP-Fraktion.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Über die Wupper gehts wahrscheinlich im Mai!)

Herr Kollege Kaufmann, weil Sie noch einmal die Bedeutung der Arbeitsplätze angesprochen haben, will ich in aller Deutlichkeit sagen: Es geht erst einmal nicht um 40.000 neue Arbeitsplätze, sondern es geht um den Bestand der Arbeitsplätze, die wir heute an diesem Flughafen haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es geht auch um die Arbeitsplätze,die nicht am Flughafen selbst sind, sondern bei all den Unternehmen, die mit dem Flughafen zu tun haben. Tun Sie doch nicht immer so, als ginge es isoliert um die Frage der Erweiterung.Es geht um wesentlich mehr. Es geht darum, das, was wir haben, zu sichern und darüber hinaus die Chancen zu schaffen, überhaupt neue Arbeitsplätze in dieser Region anzusiedeln. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Ich bin Herrn Minister Rhiel und auch Herrn Kollegen Walter recht dankbar, dass wir die Frage angesprochen haben, welche Bedeutung es hat, den Hessischen Landtag in die Willensbildung einzubeziehen. Ich glaube, dass dies von substanzieller Bedeutung ist und dass es nicht nur darum gehen kann, dass der Landtag ein politisches Bekenntnis zum Flughafen abgibt, sondern dass er in den Willensbildungsprozess einbezogen wird. Herr Kollege Boddenberg, dann sollten wir uns – deswegen sage ich das an dieser Stelle noch einmal – darüber im Klaren sein, dass dies Zeit kostet, zumindest Zeit kosten kann.

Das war der Grund, warum ich immer gesagt habe: Versprecht nicht, etwas zu bestimmten Zeitpunkten in Aussicht zu stellen, weil das möglicherweise nicht realisierbar ist.Kollege Walter,deswegen will ich darauf eingehen.Wir haben ein Problem, nämlich die Tatsache, dass wir zunächst ein Landesplanungsgesetz verabschieden müssen. Meine Kritik ist: Das hätte schon verabschiedet werden können, denn das Landesplanungsgesetz beinhaltet den Zustimmungsvorbehalt durch den Hessischen Landtag. – Es ist durchaus denkbar, dass so manche Kommune sagt: Was geht das denn den Landtag an? Ich sehe mich in meinem Selbstverwaltungsrecht beeinträchtigt; das gehe ich an.

Das heißt, aus der Großen Anfrage ergibt sich, dass wir Rechtswegemöglichkeiten für das geänderte Landesplanungsgesetz haben. Solange das Landesplanungsgesetz nicht geändert ist,und zwar bestandskräftig,so lange habe ich keine Möglichkeit, das Änderungsverfahren zum Landesentwicklungsplan zu Ende zu bringen. In der Beantwortung der Großen Anfrage wird dargestellt, welche Rechtswegemöglichkeiten es gibt. Ich will darauf nur hinweisen. Ich halte es für richtig, dass wir diesen Weg gehen, weil die Einbeziehung des Parlaments sinnvoll ist.Aber es führt dazu, dass wir uns damit auseinander setzen müssen, dass andere die Rechtswegemöglichkeiten beschreiten.

Deswegen muss man sich darüber im Klaren sein, welche Konsequenz das hat. Ich halte das deswegen für richtig, weil es nicht nur um ein politisches Bekenntnis des Landtages geht, sondern damit auch die Bestandschancen für das Verfahren insgesamt erhöht werden.Aber es zeigt damit auch die gesamte Problematik. Herr Minister Rhiel hat darauf hingewiesen,dass wir als Landtag in dieses Verfahren eingebunden werden. Ich weiß nicht, ob man so weit gehen muss, dass wir zusätzliche Gutachtenaufträge erteilen müssen – das glaube ich nicht –, sondern es geht um die Frage, die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar für den Hessischen Landtag darzustellen.

Das kostet Zeit – einschließlich der damit verbundenen Rechtswegemöglichkeiten. Darauf wollte ich hinweisen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns darüber im Klaren sind, welches große Projekt wir tatsächlich zu bewältigen haben. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege Posch. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende dieser Debatte. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP ist besprochen

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir überweisen an den Ausschuss!)

und wird, wie vereinbart, an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 60 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend Würdigung von 40 Jahren deutsch-israelischer Beziehungen – Drucks. 16/3899 –

Das Wort hat der Abg. Kartmann, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor 40 Jahren haben die Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen. 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, 20 Jahre nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem endgültig Sichtbarwerden der Unglaublichkeit des Holocaust war und ist es ein besonderes Datum in der Geschichte Deutschlands.

Mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag aller im Landtag vertretenen Parteien wird deutlich, dass die besonderen Beziehungen zum Staat Israel zu den grundlegenden Bestandteilen der Politik der Bundesrepublik Deutschland gehören. Dabei geht es nicht sosehr um eine außenpolitische Debatte, obwohl die politische Situation dieser Region nicht auszublenden ist und uns natürlich fast alltäglich begegnet und beschäftigt. Mir scheint es heute und in Bezug auf den vorliegenden gemeinsamen Antrag darum zu gehen, dieses Ereignis im Kontext der besonderen Verantwortung Deutschlands in Bezug auf das jüdische Volk zu würdigen.

Wir Deutsche wissen, dass es eine mutige Entscheidung der Mehrheit der Abgeordneten in der Knesset war, diesen Schritt der damaligen Regierung zu billigen. Dies war

ein Zeichen der Versöhnung und der Anerkennung der damaligen Entwicklung unserer Bundesrepublik. Dass die damalige DDR den Staat Israel mit dem gesamten Komplex der besonderen deutschen Verantwortung ignorierte, muss erwähnt werden, ohne hier näher darauf einzugehen.

Nach der Gründung des Staates Israel und der Bundesrepublik Deutschland gab es zunächst nur spärliche Kontakte zwischen den beiden Staaten. Ein erster Meilenstein war das Wiedergutmachungsabkommen im Jahre 1952. Ich erinnere auch an das historische Treffen zwischen Ben Gurion und Adenauer am 14.März 1960 in New York.Der millionenfache Mord an Jüdinnen und Juden,der im deutschen Namen begangen wurde,verbietet es,von normalen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zu sprechen. Es werden immer besondere Beziehungen bleiben. Konrad Adenauer sagte 1966: