Protocol of the Session on February 24, 2005

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sagen nicht die Wahrheit!)

Wer so agiert wie Sie, der will den gesamten Flughafen nicht. Der schafft nicht nur keine neuen Arbeitsplätze, sondern der vernichtet auch vorhandene.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Bevor ich auf den Antrag der GRÜNEN eingehe und dazu einige Worte sage, möchte ich zunächst einmal die Landesregierung fragen, verehrter Herr Grüttner, ob es ihre zukünftige Praxis sein wird, parlamentarische Initiativen nicht fristgerecht zu beantworten. Sagen Sie uns das bitte, dann stellen wir immer Dringliche Anträge. Unsere Große Anfrage ist erst nach sieben Monaten am 23. Februar 2005 beantwortet worden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)

Es kann sein, dass es Ihnen Leid tut. Das nehme ich gerne zur Kenntnis. Aber das ist eine Art und Weise, mit dem Parlament umzugehen, die unvertretbar ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Geschäftsordnung sieht vor, dass Sie dann, wenn Sie eine Große Anfrage nicht beantworten können, um eine Fristverlängerung bitten.Auch das haben Sie nicht getan. Dieser Umgang mit dem Parlament ist angesichts des Problems,über das wir hier diskutieren,wirklich unanständig.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

In diesem Fall will ich Ihnen das auch begründen. Es wäre besser gewesen, sich über die Antworten zur Großen Anfrage zu unterhalten, als über ein solch polemisches Gesocks, wie es in dem GRÜNEN-Antrag enthalten ist.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kauf- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das machen wir dann das nächste Mal!)

Ich sage Ihnen ganz offen,ich würde mich schon heute lieber darüber unterhalten, welche konkreten Aufgabenstellungen abzuarbeiten sind, als über ein Konglomerat aus Unwahrheit und Polemik. Das ist beim besten Willen dem Problem, um das es geht, nicht angemessen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn er so schlecht wäre, würden Sie sich nicht so ärgern!)

Wozu führt das? Doch nur dazu, dass wir demnächst die gleiche Diskussion erneut haben werden.

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs gesagt und will es wiederholen: Die FDP-Fraktion hat in der vorvergangenen Legislaturperiode über eine Große Anfrage dafür gesorgt, dass das Thema Ausbau des Frankfurter Flughafens hier im Hessischen Landtag Gegenstand der Diskussion wird. Die FDP-Fraktion war die erste Fraktion, die dieses Thema zur parlamentarischen Diskussion gebracht hat.Wir stehen zu diesem Ausbau, weil wir glauben, nur durch diesen Ausbau kann es Realität bleiben, dass wir z. B. über den Finanzstandort Frankfurt überhaupt diskutieren können.Wenn dieser Flughafenausbau, dieser Flughafen nicht gefördert wird, dann brauchen wir uns um den Sitz der Börse – worüber wir gestern diskutiert haben – überhaupt keine Sorgen mehr zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Dann wird alles in diesem Land zweitklassig. Meine Damen und Herren, verehrter Herr Kollege Kaufmann, ich glaube, bei diesem Genehmigungsverfahren, das wir hier zu bewältigen haben, handelt es sich um eines der schwierigsten,wenn nicht sogar das schwierigste Genehmigungsverfahren in Deutschland. Sie haben es angesprochen: In dieser Frage maßen Sie sich eine Kompetenz an, die unerhört ist.

Da spielt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu Genehmigungsfragen überhaupt keine Rolle. Da spielen Aufsätze zu diesen Problemen in der Fachliteratur überhaupt keine Rolle: Frank Kaufmann weiß das alles, der Oberguru der Genehmigungspraxis. Meine Damen und Herren, es ist unglaublich, wie Sie sich in dieser Weise aufspielen.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich sage das deswegen so emotional, weil dahinter ein Rechtsstaatsverständnis steht, das für ein Mitglied einer demokratischen Partei unmöglich ist.

(Beifall bei der FDP – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was?)

Ja, meine Damen und Herren, bei einem Genehmigungsverfahren steht das Ergebnis nicht am Anfang, sondern am Ende. Es ist ein schwieriger Abwägungsprozess, der hier vorzunehmen ist. Die Herausforderung, die wir hier zu bewältigen haben, ist ein faires und transparentes Verfahren,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das glauben Sie doch selber nicht!)

in dem alle Belange abgewogen werden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du liebe Zeit! Es steht doch alles schon fest!)

Dann geht es nicht an, dass Sie sich hierhin stellen und ex cathedra so tun, als sei das alles überhaupt kein Problem und alles falsch.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Jürgen Wal- ter (SPD) und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich sage Ihnen das sehr deutlich: Es ist eine Unverfrorenheit gegenüber denjenigen, die ernsthaft prüfen müssen, ob die Genehmigungsunterlagen vollständig sind.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind es nicht!)

In einem solchen Verfahren gibt es nur sehr bedingt Zwischenergebnisse. Es gibt solche Zwischenergebnisse beispielsweise beim Thema Landesentwicklungsplan und Ähnlichem mehr.Aber es gibt eben nicht die Möglichkeit, so zu argumentieren, wie Sie das hier tun.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich gibt es die!)

Sie haben nur eines im Sinn: Sie instrumentalisieren dieses Thema aus schlicht und ergreifend parteipolitischem Interesse, nichts anderes.

(Beifall bei der FDP – Zurufe Abg. Frank-Peter Kaufmann und Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will Ihnen das anhand einiger Beispiele zeigen – Herr Boddenberg hat das bereits getan und in vergleichbarer Weise Herr Riege. Da sagen Sie beispielsweise:

Der Landtag stellt fest, dass in den Unterlagen... eine methodisch einwandfreie Ermittlung der Fluglärmbelastungen auf der Grundlage der Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung, dem Stand der Rechtsprechung und dem Entwurf des Fluglärmschutzgesetzes der Bundesregierung...

Meine Damen und Herren,es gibt überhaupt noch keinen abgestimmten Fluglärmgesetzentwurf der Bundesregierung. Das Bundesverkehrsministerium und das Bundesumweltministerium haben sich bisher noch nicht auf Werte einigen können. Sie tun so, als würde hier gegen etwas verstoßen, was es in Berlin schon gibt. Herr Kollege Kaufmann, das ist überhaupt nicht wahr.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Michael Boddenberg (CDU), an Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gewandt: Zeigen Sie doch einmal den Entwurf!)

Sie erwecken hier den Eindruck, als spielten Sie mit den Ängsten der Menschen. Sie sagen, die Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung würden keine Rolle spielen.

Natürlich spielen die Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung in den Gutachten eine Rolle. Das wird in den Gutachten abgearbeitet und muss danach entschieden werden.Tun Sie doch nicht so, als handele es sich hier um eine Schar von Ignoranten, die die Probleme der Menschen nicht ernst nehmen. Die Probleme der Menschen werden ernst genommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie stellen sich hierhin und sagen in Ihrem Antrag, die Rechtsprechung werde nicht berücksichtigt. Meine Damen und Herren, natürlich werden die Ergebnisse der Rechtsprechung in diesem schwierigsten Verfahren, das es überhaupt gibt, berücksichtigt.

Ich halte das für eine Art und Weise, in diesem Parlament eine Diskussion zu führen, die wirklich der Aufgabenstellung des Problems, um das es geht, beim besten Willen nicht würdig ist.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Deswegen komme ich auf das zurück, was ich eingangs gesagt habe. In der Tat würde ich lieber darüber diskutieren, wie dieses Parlament dort eingebunden wird. Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion – in Person des Kollegen Hahn und ich – hat am 23. Juni 2001 eine Pressekonferenz abgehalten, auf der wir die Frage gestellt haben: Ist es nicht richtig, den Gesetzgeber – nämlich den Hessischen Landtag – bei der Verabschiedung des Landesentwicklungsplans einzubinden? Denn wir wissen natürlich, dass es sich hier um eine Maßnahme handelt, die über den Verantwortungsbereich zwischen Vorhabensträger einerseits und Genehmigungsbehörde andererseits weit hinausgeht.

Diese Frage muss jetzt diskutiert werden. Ich ersehe aus der Antwort auf unsere Große Anfrage – der Ministerpräsident hat das bei der Haushaltsdebatte im November oder Dezember des vergangenen Jahres bereits angekündigt –, dass so etwas gemacht wird, dass darüber diskutiert wird, wie das tatsächlich vonstatten gehen soll. Natürlich habe ich die Frage, warum das Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans noch nicht eingeleitet ist.

Uns geht es darum, eine sachliche Diskussion darüber zu führen, wie dieses Verfahren transparent und rechtsstaatlich einwandfrei tatsächlich abgearbeitet werden kann.

Was soll diese Doppelbödigkeit in der Moral? Sie beantragen die Aussetzung des Verfahrens. Meine Damen und Herren, wer die Aussetzung des Verfahrens beantragt, der hat eigentlich die Intention,die Genehmigungsunterlagen zu komplettieren und das Vorhaben dann tatsächlich erfolgreich zu Ende zu führen.

Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie nicht die Aussetzung des Verfahrens beantragen, sondern den Mehrheitsgesellschafter Land Hessen auffordern, im Aufsichtsrat darauf hinzuwirken, dass das gesamte Vorhaben abgeblasen wird. Meine Damen und Herren, das aber trauen Sie sich nicht.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Feiglinge!)

Denn natürlich ist in allen wichtigen Fragen die Bundesregierung, einschließlich des grünen Koalitionspartners, hier eingebunden. Nirgendwo in Berlin habe ich gehört, dass grüne Minister – beispielsweise bei der Frage der Erstellung des Flughafenkonzeptes – nicht mitgestimmt hätten. Joschka Fischer hat bei der Erstellung des Flughafenkonzeptes mitgestimmt.

Wenn es darum geht, dass die Bundesregierung das Flughafenkonzept in Brüssel durchbringen muss, dann ist dies eine Maßnahme der gesamten Bundesregierung. Meine Damen und Herren, Herr Kaufmann, hier vor Ort versuchen Sie,den Eindruck zu erwecken,als seien Sie die Gegner. Aber Sie verschweigen, dass die Bundesregierung diese Maßnahme in gleicher Weise will, wie das die Hessische Landesregierung und die Mehrheit der Fraktionen hier im Hessischen Landtag wollen.