Protocol of the Session on February 24, 2005

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ohne Zweifel ist das Personal einer der großen Kostenfaktoren.Aber wir fragen uns, warum es dann keine Konzepte gibt, die den Einsatz effektiver machen, z. B. durch eine Verbesserung eben dieser technischen Ausstattung oder durch die Anwendung der Kontrollen direkt vor Ort bei den Produzenten und bei der Einfuhr. Denn das bedeutet, dass man das so genannte Flaschenhalsprinzip beachten würde. Das würde bedeuten, dass man die Kontrollen, die in der Breite erfolgen müssen, möglicherweise noch stärker reduzieren könnte.

Mit der Beantwortung der Fragen zur Einführung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmenüberwachung, kurz AVV RÜb, durch die Bundesregierung sind wir absolut einverstanden. Das hätten wir nicht besser beantworten können. Hier geht es nämlich darum,Transparenz für zielgerichtetes, präventives Handeln zu schaffen, sowie um die Aufrechterhaltung des bisherigen Leistungsniveaus und die Nutzung von unterschiedlichen Potenzialen der Bundesländer in verstärkter Kooperation.

Das alles ist wunderbar, denn es dient der größeren Sicherheit in der Lebensmittelkontrolle und führt zu einer größeren Effektivität. Aber leider – das wissen Sie selbst, Herr Minister – hat die Hessische Landesregierung genau diese Richtlinie im Bundesrat blockiert. Da kommen Sie schon in Erklärungsnöte,wenn Sie sich hierhin stellen und behaupten, der Verbraucherschutz liege der Hessischen Landesregierung besonders am Herzen. Dann hätten Sie wirklich dieser Richtlinie zustimmen müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erhellend ist, dass die Landesregierung in dieser Anfrage noch nicht einmal bestätigt, dass sie ein Gesamtkonzept für den Verbraucherschutz und für die Lebensmittelüberwachung für notwendig hält. Sonst tut sie immer so, als hätte sie dieses Gesamtkonzept. Sie haben aber keines, und Sie wollen auch keines. Dies haben wir mit der Antwort auf die Große Anfrage nun auch schriftlich. Dabei wäre genau das Ihre originäre Aufgabe, die Sie auch über die Kommunalisierung nicht abschieben können.

Dieses Manko hat sich im letzten Jahr bedauerlicherweise gezeigt. Da kreiste ein halbes Jahr das Gespenst der Ämterzusammenlegung plus Kommunalisierung über den Köpfen der Mitarbeiter. Da wurde schon über Amtsleiter diskutiert, und Immobilienfragen wurden besprochen – das alles natürlich ohne jede inhaltliche Begründung, worin der Sinn und Zweck dieser Maßnahme liege.Just im Dezember wurde die Ämterzusammenlegung einfach unter den Tisch fallen gelassen – natürlich auch wieder ohne jegliche Begründung. Auch dies zeigt wieder die komplette Konzeptlosigkeit dieses Ministeriums.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elisabeth Apel (CDU): Glauben Sie das alles?)

Frau Apel, dass Sie sich an dieser Stelle wieder melden würden, war mir klar.Aber das ändert leider nichts an der Tatsache, dass hier ein Konzept fehlt.

Zum Schluss stellt sich noch einmal die Frage, warum das Ministerium im Falle der Privatisierung Interessenkonflikte sieht,aber nicht beim Thema Kommunalisierung auf die Landräte.

Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme zum Ende. – Dabei ist doch ganz klar, dass die Landräte viel näher an den Produzenten und den Unternehmen sitzen. Die Beispiele aus Rheinland-Pfalz haben deutlich gemacht, dass es hier zu Interessenkonflikten kommt. Sie sollten darüber nachdenken, ob Sie hier wirklich den richtigen Schritt unternommen haben.

Es wird wild an den Strukturen herumgedoktert. Hören Sie damit auf.Legen Sie ein vernünftiges Konzept vor.Wir GRÜNE haben Ihnen schon oft gesagt, was sich ändern muss.

Ein letzter Satz. An einigen Stellen sind Sie schon darauf eingegangen. Hören Sie auf das, was von Frau HölldoblerHeumüller vorgelegt wurde. Halten Sie sich daran. Dann kriegen wir auch ein vernünftiges Konzept hin. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner für die Fraktion der SPD ist Herr Grumbach.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben es bei dieser Großen Anfrage im Prinzip mit der Vorbereitung eines Antrages zu tun, denn im Kern geht es darum, dass die FDP versucht hat, eine Position herauszuarbeiten,von der aus sie Privatisierung fordern kann.Das ist der eine Sachverhalt. Dann lautet die spannende Frage: Wie weit bringt uns das? – Ich bin in der für einen Oppositionsangehörigen durchaus eigentümlichen Lage, dass ich in dieser Frage die Position der Landesregierung teile. Ich möchte das auch sehr deutlich sagen.

Es gibt zwei zentrale Bedenken, die nicht ausdiskutiert sind. Das eine ist – Herr Heidel hat es angesprochen – der Interessenkonflikt. Glauben Sie denn, dass irgendeiner dieser Sachverständigen allein von den Gutachten leben kann, die er zur Kontrolle macht? Wenn er das nicht tut, muss er auch Kontrollen für die Firmen machen. Dann muss er Kontrollen für diejenigen machen, die er hinterher wieder kontrollieren soll. Das wird nicht funktionieren.Wenn Sie das verhindern wollen, muss das Land Hessen eine Datenbank aufbauen, in der gespeichert wird, welcher Gutachter zu welchem Zeitpunkt für welches Unternehmen gearbeitet hat, damit nie die Gefahr besteht, dass er sich selbst kontrolliert. Die Konstruktion, alles zu privatisieren, führt also zu einem Interessenkonflikt. Da teile ich die Meinung der Landesregierung. Es ist gut, wenn wir das Modell ausweiten wollen, das Ganze auch über solche Gutachter zu machen, aber es muss einen harten Kern an staatlicher Kontrolle geben. Sonst wird die Kontrolle nicht funktionieren. Wenn sie nicht funktioniert, wird sie sinnlos.Wie gesagt, wir brauchen einen harten Kern an staatlicher Kontrolle.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt, den Herr Heidel, so glaube ich, überhaupt nicht zu Ende gedacht hat, ist die Frage, wer die Kosten trägt.Wenn ich ihn richtig verstehe, geht er davon aus, dass der Staat alle Kosten übernimmt.An Ihrer Stelle würde ich das einmal zu Ende überlegen. Wenn Sie das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes privatisieren wollen, dann bedeutet das auch, dass diejenigen, die Gutachten in

Auftrag geben, sie auch zahlen. Das heißt:Wenn Sie wirklich privatisieren wollen, kommen auf diejenigen, die ihre Lebensmittel verkaufen wollen, Kosten zu, die sie heute überhaupt nicht kalkulieren können. Ich glaube, an dieser Stelle leisten Sie sich einen Bärendienst. Wir haben gute Gründe, eine gute Kontrolle unter staatlicher Aufsicht und mit einer teilstaatlichen Finanzierung zu fordern. Sie ist unabhängig, und sie belastet nicht diejenigen, die Sie normalerweise vertreten. Ich glaube, da haben Sie einen Fehler gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber die Anfrage bzw. Ihre Antwort ist natürlich auch in einer gewissen Weise entlarvend für die Landesregierung. Da steht: Es gilt, das „Gleichgewicht zwischen ausreichenden Kontrollen einerseits und Finanzierung dieser Kontrollen andererseits herzustellen“. Was heißt das denn? – Man könnte sagen, das bedeutet, es gibt ausreichende Kontrollen, und diese sind gut finanziert. Das steht da aber nicht. Die Realität ist, dass es keine ausreichenden Kontrollen gibt, weil die Finanzierung reduziert worden ist.

Die Landesregierung hat nach einem ersten Schritt – Frau Apel, ich habe Ihnen das im Dezember schon einmal gesagt – etwas korrigiert, wo wir andere Prioritäten gesetzt haben. Diese Debatte müssen wir nicht führen. In der alten Koalition haben wir in der Tat im Sozialbereich investiert und konnten aus diesem Grund diese Stellen nicht besetzen. Das ist im Nachhinein keine ausschließlich kluge Entscheidung gewesen. Darüber muss man hier nicht lange debattieren.

Aber jetzt kommt der nächste Punkt. Der EU-Überwachungsansatz „vom Feld zum Teller“ erfordert eine Dichte an Kontrollen,die uns vorgegeben ist,die mit dem, was wir haben, überhaupt nicht zu leisten ist. Sie haben die Mittel bei der Kommunalisierung faktisch eingefroren und überhaupt nicht realisiert, dass wir in der Situation sind, dass der Verbraucherschutz bei Lebensmitteln so angehoben worden ist, dass wir gesunde Lebensmittel in Zukunft nur dann garantieren können, wenn der Staat in der Lage ist, die nötigen Mittel für die Kontrolle bereitzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Das tun Sie nicht, und das ist Ihr Fehler.

Über die Probleme der Kommunalisierung ist schon geredet worden. Ich möchte meine Redezeit hier nicht ausnutzen. Ich glaube, Sie sollten sich zu dieser Frage einmal mit Ihrem Kollegen Innenminister unterhalten. Wenn ich mir nämlich ansehe, was für Ämterstrukturen inzwischen auf der kommunalen Ebene geschaffen werden, dann stelle ich fest, dass die Feuerwehr die einzige Institution sein wird, die bei einer großen Krise wie beispielsweise einer Schweinepest in der Lage ist, das Ganze noch zu managen. Da werden Sie ganz andere Probleme haben. Ich glaube, dort ist eine Form von Dezentralisierung so weit getrieben worden,dass Sie sich die Notfallpläne neu überlegen müssen und ihnen ein Rückgrat geben müssen. So, wie Sie das vorgeschlagen haben, wird das nicht gehen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Union hat Frau Apel das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Hammann, das, was Sie hier im Auftrag der Kollegin Hölldobler-Heumüller vorgetragen haben, ist genau das, was wir immer von der Fraktion der GRÜNEN hören, wenn es um Lebensmittelsicherheit geht:

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Wahrheit!)

keine Substanz, kein Konzept, sondern nur Panikmache.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Zusammenfassung der selektiven Wahrnehmung angesichts des Desasters, welches wir vom Hinz-und-KunzMinisterium hinterlassen bekommen haben – –

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was soll das schon wieder? – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben eben angeführt, dass die Lebensmittelkontrolleure nicht über Handys verfügen. Vielleicht können Sie dem hohen Haus einmal erklären, wie die Lebensmittelkontrolleure Handys bedienen sollen, wenn Sie gegen alle Mobilfunkanlagen Sturm laufen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oh! Das tut ja weh! – Zuruf von der SPD: Das ist doch ein solcher Unsinn! – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Kontrolle von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen ist ein hoch sensibler Bereich, da der menschliche Körper über die Nahrung und Hautkontakt unerwünschte Stoffe aufnehmen kann, die die Gesundheit des Verbrauchers schädigen können. Zentrales Element eines Kontrollsystems für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände ist daher die Arbeit der amtlichen Kontrolleure vor Ort, die im Auftrag des Staates nach festgelegten Kriterien und Kontrollintervallen mögliche Schwachstellen erkennen und gegebenenfalls abstellen.

Die amtlichen Lebensmittelkontrolleure sind gut ausgebildete Spezialisten, die die hygienischen Verhältnisse vor Ort ebenso kritisch überprüfen wie die Qualität der Produkte und die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften.Verbraucherinnen und Verbraucher wissen,dass sie sich auf die Arbeit dieser Spezialisten verlassen können und dass hier kein Interessenkonflikt zwischen dem staatlichen Untersuchungsauftrag und privatwirtschaftlichen Motiven vorliegt. Umso wichtiger ist, dass eine ausreichende Anzahl solcher Spezialisten vor Ort tätig ist,um einen vorsorgenden Verbraucherschutz zu gewährleisten.

Die CDU/FDP-Landesregierung hat daher unverzüglich und mit großer finanzieller Kraftanstrengung zunächst einmal dafür gesorgt, dass nicht nur der Einstellungsstopp der rot-grünen Vorgängerregierung auch für Lebensmittelkontrolleure rückgängig gemacht wurde, sondern sie hat auch innerhalb weniger Jahre die Zahl der amtlichen Lebensmittelkontrolleure in Hessen von weit unter 100 um fast die Hälfte aufgestockt.

Gleichzeitig wurden Tiergesundheitsaufseher neu und zusätzliche Amtstierärzte eingestellt. Denn nur mit gesunden Tieren können hochwertige Lebensmittel erzeugt werden. Allein damit hat Hessen in Deutschland schon eine Vorreiterrolle eingenommen.

Wir wissen, dass der Verbraucherschutz ein dynamischer Prozess ist und dass man Krisen am besten dadurch meistert,dass man ihnen zuvorkommt.Wir haben uns deshalb für diese Legislaturperiode vorgenommen, mit einem modernen Verbraucherschutzprogramm völlig neue Akzente zu setzen. Dazu gehört, dass wir nicht nur das hohe Niveau an Personal halten wollen. Vielmehr wollen wir sowohl die Arbeit der amtlichen Lebensmittelkontrolleure wie auch die Untersuchungen der Labore noch effektiver und zielgerichteter einsetzen. Der Landesbetrieb Hessisches Landeslabor wurde zu Anfang dieses Jahres gegründet. Das wird in ein aufeinander abgestimmtes Konzept an Schwerpunktlaboratorien münden. Damit wollen wir den steigenden Anforderungen bei analytischen Fragestellungen fachlich gerecht werden. Außerdem sollen die knappen Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Hessen ist unter dieser Landesregierung bundesweit Vorreiter bei der Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems in der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

(Beifall der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) und Judith Lannert (CDU))

Neben Nordrhein-Westfalen haben inzwischen auch andere Bundesländer großes Interesse an der Einführung des bei uns entwickelten Qualitätsmanagementsystems. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben also die amtliche Lebensmittelüberwachung gestärkt. Dabei vernachlässigen wir aber nicht, dass Reihenuntersuchungen von privat geführten Laboren unter Umständen wesentlich kostengünstiger als von staatlichen Laboren durchgeführt werden können. So konnten inzwischen durch die Vergabe der BSE-Routineuntersuchungen an ein privates Labor erhebliche Mittel eingespart werden. Denn die von Privaten durchgeführten Untersuchungen können teilweise um bis zum Faktor fünf billiger durchgeführt werden, als das in staatlichen Laboren der Fall ist. Dabei bleibt die Qualität gleich, und es geschieht unter der Aufsicht des Staates.

(Beifall bei der CDU)

Die Einrichtung eines Internetportals, über das tagesaktuelle,wissenschaftlich fundierte und umfangreich recherchierte Verbraucherschutzinformationen am heimischen Computer abgerufen werden können, ist neben den etablierten Beratungsstellen vor Ort ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen Verbraucherinformationssystem.