Protocol of the Session on January 27, 2005

Über die Energiepolitik diskutieren wir weiß Gott kontrovers, und wir werden auch weiterhin kontrovers darüber diskutieren. Aber ein Punkt kann von uns allen nicht infrage gestellt werden: Erstens ist Energiesparen die beste Energiepolitik, und zweitens ist das, egal wie

man es angehen und lösen will, eines der wichtigsten Themen überhaupt.

Zweiter Punkt. Wie der Rechnungshof feststellt, hat das viel Geld gekostet. Herr Dietz, dabei ist es mir egal, ob diese Entwicklung schon in den Neunzigerjahren begonnen hat und ob andere genauso viel Schuld trifft. Seit sechs Jahren ist die CDU dafür verantwortlich.Wir waren vier Jahre lang mit dabei – allerdings nicht in diesem Haus. Seit zwei Jahren trägt die CDU alleine die Verantwortung.

Das allein ist schon ein Skandal. Ich bin bei der Verwendung des Begriffs „Skandal“ zurückhaltend. Aber in diesem Zusammenhang kann man davon sprechen.

Aber viel schlimmer oder genauso schlimm ist, dass das Land selbst die bautechnischen Richtlinien zur Einsparung von Energie nicht einhält. Überlegen Sie, was das heißt.Wir verlangen von dem Bürger ein bestimmtes Verhalten. Das ist in den Richtlinien vorgegeben. Das wird kontrolliert. Wenn er die Vorschriften nicht einhält, bekommt er eine Auflage oder eine Strafe – was auch immer. Aber das Land als Ordnungsgeber hält sich selbst nicht daran. Das darf doch nicht wahr sein.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Es handelt sich um drei unmögliche Vorgänge. Der dritte Punkt ist – das habe ich eingangs gesagt –, wie man mit dieser Feststellung umgeht. Wir müssen dem Rechnungshof dankbar dafür sein, dass er das deutlich festgestellt hat. Die Kritikpunkte sind zum Teil schon angesprochen worden.

Herr Dietz, wenn Sie sagen, all das stimme nicht, antworte ich Ihnen, dass ich in der Stellungnahme der Landesregierung nur Folgendes lese: „Die Empfehlungen des Rechnungshofs werden umgesetzt.“ Das heißt, die Empfehlungen werden nicht infrage gestellt, sondern die Landesregierung sagt, dass sie sie umsetzen werde.

Die Empfehlungen des Rechnungshofs sind sehr deutlich. Wie alle diejenigen wissen, die sich einschlägig damit befasst haben, umfassen diese Empfehlungen mehr als zwei Seiten. Die Landesregierung stellt jedoch lediglich dazu fest, dass sie sie umsetzen werde.

Ein solcher Vorgang muss hier erörtert werden. Deshalb ist es richtig, dass die GRÜNEN diesen Antrag hier gestellt haben. Der CDU-Abwiegelungsantrag dagegen zeugt von einer unmöglichen Haltung diesem Thema gegenüber.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb werden wir den CDU-Antrag ablehnen. Unter dem Strich kann ich Ihnen nur sagen:Wer die Energiepolitik nicht ernster nimmt, als sich das hier darstellt, und wer als Vertreter der Landesregierung weder seine eigenen Richtlinien noch die des Bundes ernst nimmt, kann von seinen Bürgern kein vernünftiges Verhalten erwarten. Eine sehr schwere Aufgabe liegt vor uns.

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Finanzminister Weimar das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kündige schon jetzt an,dass ich etwas länger als fünf Minuten sprechen werde, denn die Landesregierung kann sich das, was Rot und Grün hier gesagt haben, eigentlich nicht gefallen lassen. Es ist unerträglich, dass Sie offensichtlich weder den Bericht richtig gelesen noch sich sachkundig gemacht haben – obwohl Anfragen dazu vorliegen,die wir auch beantwortet haben. Sie stellen hier Behauptungen auf, die mit der Realität nichts zu tun haben.

(Zuruf von der CDU: So sind sie!)

Ich will Ihnen zwei kleine Geschichten erzählen,damit Sie sehen, an welchem Punkt wir eigentlich stehen.

(Zuruf von der SPD: Märchenstunde, Herr Wei- mar!)

Ich habe im Jahr 1999 das Finanzministerium übernommen. Das ganze Gebäude des Finanzministeriums war mit einlagigen Fenstern aus Stahl ausgestattet. Die meisten von Ihnen kennen das Haus; Sie wissen, dass die Wand zum Innenhof praktisch nur aus Fenstern besteht. Die Heizung hatte zwei Aggregatzustände: heiß oder kalt. Dieses Haus war, ökologisch gesehen, in einem unsagbar schlechten Zustand. Wir haben es inzwischen saniert und renoviert. Wir hätten im Innenhof Palmen pflanzen können.

Dazu ist es unter Rot-Grün gekommen. Obwohl wir aufgeräumt haben, kommen Sie uns mit solchen Behauptungen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Punkt. Wir haben vorgeschlagen, neben dem Gefängnis in Hünfeld eine Holzschnitzel-Feuerungsanlage zu errichten, weil es ökologisch vernünftig gewesen wäre, sie zusammen mit dem Bundesgrenzschutz zu betreiben. Das Land Hessen wäre bereit gewesen, Geld dafür zur Verfügung zu stellen – auch für den erhöhten Investitionsbedarf zu Beginn.Wir haben ein Dreivierteljahr lang mit dem Bund verhandelt, sowohl mit der linken als auch mit der rechten Hand. Das Ergebnis war, dass der Bund keine müde Mark für diese Maßnahme gegeben hat, obwohl er sie, da er davon profitiert hätte, hätte mitfinanzieren müssen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Das stimmt so nicht!)

Doch, das stimmt so. – Diejenigen, die ständig darüber schwätzen, müssen nämlich an ihren Taten gemessen werden. Tatsächlich sind aber diejenigen, die ständig über regenerative Energien sprechen – dabei hätte man wirklich etwas Gutes daraus machen können, sowohl unter dem Gesichtspunkt der Energiepolitik als auch unter dem der Werbung für diese Technologie –, nicht mehr bereit, solche Maßnahmen zu unterstützen, wenn es hart auf hart kommt.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das sind doch verbale Holzschnitzel, die Sie hier bieten!)

Zu den Fakten. Die 22 Millionen c, die in dem Antrag der GRÜNEN ausdrücklich genannt werden, beziehen sich nicht, wie es in der Begründung heißt, auf die untersuchten 23 Neu- und Erweiterungsbauten sowie auf die 134 Umbau-, Sanierungs- und Bauunterhaltungsmaßnahmen, sondern das ist – Stand heute: 108.000 im Jahr; dazu sage

ich noch etwas – eine auf alle Gebäude des Landes extrapolierte Größe, die sich aus einer theoretischen Umrechnung ergibt.

Nur, damit kann man nicht rechnen. Wir haben jede Menge denkmalgeschützte Gebäude und eine Vielzahl von Gebäuden, die zwischenzeitlich saniert worden sind. Das, was Sie in dem Antrag schreiben, geht von einer fiktiven Größenordnung aus. Wir reden jetzt davon – das ist umstritten –, dass neue Energieeinsparmaßnahmen möglich werden.

Ich will Ihnen sagen, worüber gestritten wird, damit Sie das wissen.Es wird über die Richtlinien gestritten.Es wird darüber gestritten, welche Berechnungsgrundlage der Rechnungshof und die Fachverwaltung für Bezugsgrößen und Berechnungsverfahren festgelegt haben. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, um das von der elenden parteipolitischen Ebene auf die Sachebene herunterzuheben.

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Bei der Verwaltungsfachhochschule Rotenburg geht es um die Richtlinien. Ursprünglich war der Wärmeverlust von Trinkwasser in Toilettenkästen zu berücksichtigen. Dieser Wärmeverlust entsteht, wenn sich Kaltwasser mit einer Temperatur von 10 °C auf 20 °C erwärmt und dann dem Ablauf zugeführt wird. Diese akademische Berechnung wurde nach mündlicher Rücksprache mit dem Verfasser des Leitfadens aufgegeben, denn die Trinkwasserablaufverluste sind in der Gesamtwärmebilanz so gering, dass sie vernachlässigt werden können.

Auf dieser Ebene bewegt sich die Diskussion. 1992 wurde eine Richtlinie für den Wohnungsbau erlassen, die der gesamten Hochbauverwaltung des Landes Hessen ohne jede weitere Extrapolierung übergestülpt wurde. Da man gemerkt hat, dass das nicht klappt, hat man im Laufe Neunzigerjahre begonnen, das zu ändern.

Zum Thema Luftwechsel im Klinikum Frankfurt. Würde nach dem Leitfaden der hygienisch notwendige Luftwechsel im Operationssaal in den energetisch wirksamen Luftwechsel einbezogen, könnte der Energiesparnachweis nur mit extremen Dämmstärken oder mit Wärmeerzeugungsanlagen, die ausschließlich auf der Basis regenerativer Energien arbeiten, geführt werden, was aus baupraktischen und bauphysikalischen Gründen in einem Klinikum nicht umsetzbar ist.

Sie können hier nicht von Richtlinien reden, die sich irgendjemand einmal für den Wohnungsbau ausgedacht hat, woraufhin sie dem Hochbau übergestülpt worden sind, und dann von hinten mit der Rechnung beginnen und sagen:Wir haben viel Geld verloren.

Im Übrigen geht es in dem Zusammenhang auch um ein Investitionsproblem. Deswegen haben wir uns mit dem Rechnungshof über diesen Punkt gestritten. Zwischenzeitlich ist die Frage dahin gehend beantwortet worden, dass die Landesregierung eine neue Richtlinie zur Energieeinsparung herausgeben wird, die der Rechnungshof ausdrücklich anerkennt und die einen Praxisbezug hat. Das ist keine dieser theoretischen Lösungsmöglichkeiten. Wenn ich Ihnen sage, an welchem Punkt wir praktisch etwas unternehmen können, ist z. B. die Bundesregierung nicht dabei.Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Wenn Sie jetzt von 22 Millionen c reden, ist das schlichter Unsinn. Das muss ich an dieser Stelle zurückweisen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das ist der Bericht des Rechnungshofs!)

Ja, an diesem Punkt widerspreche ich dem Ergebnis des Rechnungshofs. Es muss zulässig sein, dass die Landesregierung an einer Stelle anderer Meinung ist, dass sie nicht mit dem übereinstimmt, was dort theoretisch gemacht worden ist.

(Norbert Schmitt (SPD): Wir werden eine Diskussion darüber führen,dass Sie „Unsinn“ zum Bericht des Rechnungshofs sagen!)

Wie gesagt,es ist fahrlässig,solche Zahlen in den Raum zu stellen, nur um damit politisch Wind zu machen. Ich sage es noch einmal: Bei diesen 22 Millionen c handelt es sich um eine extrapolierte Zahl, die sich ergibt, wenn man die Zahlen für die untersuchten Immobilien hochrechnet und so auf die Beträge für die tatsächlich vorhandenen Immobilien kommt. An der Stelle ist das nicht okay. Ich verwehre mich dagegen, weil es sich auch gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Verwaltung richtet.

Ein weiterer Punkt in dem Zusammenhang. Eines der großen Probleme war, dass die Ressorts aufgrund der bisherigen Struktur der Landeshaushaltsordnung überhaupt kein Interesse am Energiesparen hatten. Auch das muss man sehen. Das haben wir inzwischen abgestellt, in dem wir das Vermietermodell in die Landesverwaltung eingeführt haben.Sie müssen jetzt ihre Nebenrechnungen,spitz abgerechnet, an das Finanzministerium oder an das HI zahlen.

Meine Damen und Herren, Sie glauben gar nicht, dass plötzlich darüber nachgedacht wird, wie Energie konkret eingespart werden kann, weil es jetzt den Ressorts Geld kostet. Es hätte auch schon vorher einmal jemand darauf kommen können, dass ein Mieter, der seine Nebenkosten nicht bezahlt, auch im Winter, wenn er Luft braucht, natürlich das Fenster aufmacht. Ihm ist es egal, weil er die Heizung nicht zu bezahlen braucht. Das war in einem anderen Teil unseres Landes ein großes Problem. Dort ist es so gehandhabt worden, und in der Verwaltung ist es ebenso so gehandhabt worden. Das haben wir abgestellt.

Mit dem Energie-Contracting haben wir bisher 3,1 Millionen t C02-Minderung per anno erreicht, während RotGrün dieses Projekt erst im Jahre 2004 auf Bundesebene umgesetzt hat. Wir haben mit dem Energie-Contracting schon 3,1 Millionen t C02 eingespart. Wir haben bei den Contractinganbietern die JVA Frankfurt, die JVA Darmstadt-Weiterstadt, die Bereitschaftspolizei Kassel und die Polizeischule Wiesbaden. Dort werden feste Einsparziele garantiert. Die TU Darmstadt ersetzt die alte Heizzentrale mit ebenfalls 40 MW Leistung durch ein modernes Heizwerk auf der Lichtwiese.

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, ich könnte das weiterführen. Nächste Woche wird das erste Bürgersolarkraftwerk in Kassel auf dem Gebäude des Justizzentrums eröffnet.

(Norbert Schmitt (SPD): Hessen-Energie abgestoßen! – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Anteile dieser Solaranlage werden unter dem Gesichtspunkt an Dritte verkauft, dass bürgerliches Engagement durch Geldspenden für ökologische Projekte gefördert wird.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Weiter so!)

Das kann sich doch alles sehen lassen.Wir machen doch in dieser Frage unendlich viel.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben im Bundesrat dagegen gestimmt!)

Wir reden vielleicht auf Parteitagen nicht so viel darüber; es ist uns wichtiger, dass es gemacht wird.Wir sind in diesem Bereich gut, und ich lasse es nicht zu, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Form hingestellt werden, als würden sie sich keine Gedanken machen und nicht nach den Richtlinien arbeiten. Gerade die hessische Bauverwaltung ist aus der Sache heraus – übrigens auch aus rot-grünen Zeiten – in dieser Frage sehr sensibilisiert.

(Norbert Schmitt (SPD): Das Problem ist die Ministeriumsspitze! – Reinhard Kahl (SPD): Wir kritisieren nie Ihre Mitarbeiter, sondern wir setzen uns mit der Landesregierung auseinander!)