Protocol of the Session on December 15, 2004

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war wie die Rede Erich Honeckers zum 7. Oktober 1989! – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Herr Al-Wazir hat geklatscht!)

Herr Abgeordneter, ich möchte, dass Sie alleine in diesem Saal reden. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Demut!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich melde mich jetzt in Demut zum Thema Verbraucherschutz zu Wort.

(Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir von der FDP sind der Meinung, dass das Thema Verbraucherschutz auch in Zukunft eine wichtige Aufgabe sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich denke, dass das, was hinsichtlich des Themas Lebensmittelüberwachung angegangen worden ist, grundsätzlich richtig ist.Das betrifft die Überwachung der Lebensmittel ab dem Acker, bis sie auf den Teller kommen. Das betrifft auch die Zusammenlegung der Lebensmittelkontrolle mit der Futtermittelkontrolle in einem Ministerium. Ich glaube, auch das war der richtige Schritt. Das will ich an dieser Stelle ausdrücklich anerkennen.

(Beifall bei der FDP)

Die daraus resultierenden Synergieeffekte sind von der Landesregierung zu nutzen und müssen auch genutzt werden im Sinne eines weiterführenden Verbraucherschutzes.

Bei all den Diskussionen, die wir an dieser Stelle führen, müssen wir uns über eines im Klaren sein:Wir können das Restrisiko nur weiter verringern. Ganz ohne Risiko wird es nie gehen. Was in der EU an Kontrollketten, an Kontrollmechanismen festgeschrieben worden ist, die Verpflichtungen für Hersteller, Importeure und Händler, das gilt es zu kontrollieren, um das Restrisiko für den Verbraucher möglichst auszuschließen oder, da das nicht möglich ist, möglichst gering zu halten. Deshalb war es richtig, dass die personelle Seite von der Landesregierung auch unter Mitwirkung der FDP seinerzeit aufgestockt worden ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das soll und darf man auch vonseiten der Opposition anerkennen. Das tun wir auch ausdrücklich. Ein Problem haben wir mit dem, was mit den Veterinärämtern geschieht. Die Verunsicherung der Mitarbeiter in den letzten Monaten ist nicht gerade hilfreich gewesen. Gestern haben wir auch wieder im Ausschuss gehört, dass ein Stück zurückgerudert wird. Es gab auch die Begründung, warum das so ist. Es hat eine Verhandlung mit der kommunalen Seite gegeben nach dem Motto „Gibst du mir das, gebe ich dir das“. Das war das Spiel, und die Veterinärämter sind dabei auf der Strecke geblieben.Sie bleiben jetzt da,wo sie jetzt sind.Das kann man vertreten,aber die Diskussionslage war lange Zeit ganz anders.

Deshalb meine ich, es wäre richtig und wichtig, dass wir zu einem Gesamtkonzept für die Gestaltung der Lebensmittelüberwachung für die Zukunft kommen. Dabei muss auch darüber nachgedacht werden – das will ich ausdrücklich einfordern –, inwieweit es gelingen kann, freiberufliche oder private Kontrolleure, private Gesellschaften und Labore einzubeziehen,Aufgaben auch nach außerhalb zu verlagern, um Kontrollen vermehrt durchführen zu können.

(Beifall bei der FDP)

Denn uns muss eines klar sein: Jede Kontrolle mehr, die gemacht wird,birgt die Möglichkeit,höhere Sicherheit für den Verbraucher herzustellen. Ich glaube, das muss das oberste Ziel sein.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Punkt an dieser Stelle. Natürlich wird auch das nur wenig Sinn haben, wenn es uns nicht gelingt, die Bürger zum einen über ihre Rechte zu informieren und zum anderen auch darüber, wie sie sich vernünftig ernähren können. Schon den Kindern und Jugendlichen sollte eine vernünftige Ernährung anerzogen werden. Auch das ist ein gewichtiger Auftrag, der unter dem Thema Verbraucherschutz zu verbuchen ist.

(Beifall bei der FDP)

Zum Thema Information gehört auch, dass dieses Parlament informiert wird. Ich will das noch einmal anmahnen. Eine Große Anfrage der FDP hat von April bis heute gebraucht, bis sie beantwortet worden ist. Die Antwort ist erst in den letzten Tagen bei uns eingetroffen. Ich glaube, man hätte versuchen können, es etwas schneller zu handeln.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Unerhörte Schlamperei! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Er hat keinen Sprit für die Zustellung gehabt!)

Darauf komme ich gleich noch. – Ich will einen vorletzten Punkt ansprechen, das Internetportal, über das wir in diesem Hause schon einmal sehr kontrovers diskutiert haben. Ich gebe zu, mein Besuchstermin bei der Uni in Gießen musste leider abgesagt werden. Aber nach dem, was ich bisher gehört habe, wird dieses Internetportal sehr gut angenommen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, wir gucken immer wieder hinein!)

Ich gehe davon aus, dass es daran liegt, dass gute Inhalte darin sind und der Verbraucher etwas mitnehmen kann. Es kann natürlich auch sein, dass alle noch auf das Bild der Frau Apel hoffen. Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber ich gehe einmal davon aus, dass der Verbraucher sich dort Informationen abholen will.

Ein letzter Punkt, und damit bin ich bei den GRÜNEN. Das ist das beliebte Spiel, das immer dann stattfindet, wenn etwas vermeintlich zu skandalisieren ist. Das ist das Thema Angstpolitik, das Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, an jeder Stelle immer wieder fahren. Ich frage mich, was es beweisen sollte, dass Frau Hölldobler-Heumüller sich als Chauffeurin bei einem Lebensmittelkontrolleur angeboten hat und dann mit ihm eine Tagestour gemacht hat.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hatte keinen Sprit mehr!)

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, hier sollen bei der Bevölkerung wieder Ängste geschürt werden, die es eigentlich nicht gibt.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss,Herr Präsident,und verweise nur noch einmal darauf:Diese Intensität würde ich von Ihnen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, einmal erwarten, wenn Sie die Diskussion mit Ihrer Verbraucherschutzministerin in Berlin führen. Hier muss aus meiner Sicht vieles aufgearbeitet werden, statt Klein-Klein in Hessen zu versuchen, Ängste zu säen, wo es keine Angst zu haben gilt.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Denn ich stelle jetzt für mich fest, auch aus Gesprächen mit den zuständigen Ämtern: Der Verbraucherschutz in Hessen war immer aktionsfähig, und von daher gilt die Panikmache, die Sie hier betrieben haben, nicht.

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ein letzter Satz. Ich will aber noch ganz deutlich sagen, dass es hier noch Arbeit zu verrichten gilt. Deshalb werden wir dem CDU-Antrag auch nicht zustimmen. – Danke schön.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP – Ni- cola Beer (FDP): Bravo-Rufe von der FDP-Fraktion!)

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Abg. Grumbach, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In tiefer Demut trete ich vor Sie und bekenne mich schuldig.Auch ich habe daran mitgewirkt, Sozialarbeiter, Drogenberater, Sozialhilfeeinrichtungen statt Veterinäre zu fördern.Auch ich habe dazu beigetragen, die Verschuldung des Landes Hessen nicht ansteigen zu lassen durch höhere Personalkosten.Auch ich habe dazu beigetragen,dass in dem einen oder anderen Bereich Entscheidungen, die richtig gewesen wären, nicht getroffen werden konnten, weil sie bedeutet hätten, dass in anderen Bereichen Dinge nicht stattfinden.

Ich habe gelernt, diese Landesregierung macht es umgekehrt. Sie setzt Veterinäre ein und streicht dafür Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Drogen- und Schuldnerberater. Das ist eine Wertentscheidung. Die treffen Sie für sich.

Ich will die Demut auch so weit fortsetzen, dass ich mich durch alle Internetangebote durchwählen werde, bis ich wieder ein Bild der demütigen heiligen Elisabeth finde.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber im Kern hört der Spaß auf. Wenn man so etwas ins Schaufenster hängt, dann muss man dafür sorgen, dass die Ware einwandfrei ist.

(Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Die Ware bedeutet gewissermaßen: Wir wollen endlich dafür sorgen,dass die Menschen ordentlich durch Beamte geschützt werden. Man muss aber feststellen, dass die Beamten nicht in der Lage sind, den Schutz durchzuführen, weil sie erst einmal Geld suchen müssen, und das in einer Zeit, in der Sie die Situation verschärfen. Schließlich ist es demnächst so,dass alle Proben,die am Flughafen gezogen werden, durch Hessen gekarrt werden müssen, um in Gießen oder in Kassel untersucht zu werden. Das heißt, Sie schaffen erst den Unsinn, der dazu führt, dass den Beamten das Geld ausgeht. Ich glaube, an der Stelle muss man schon ein bisschen besser planen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke schon, dass wir hier immer noch darüber reden, was Sie unter Verbraucherschutz verstehen. Ich sage es Ihnen, so oft Sie es hören wollen. Sie haben im Kopf,Verbraucherschutz bestehe aus Beamtinnen und Beamten. Dass Sie diejenigen, die Verbraucherschutz als Verein, als Berater, als Helfer für die Verbraucherinnen und Verbraucher betreiben, in die Situation stellen, dass sie mit

dem Geld nicht auskommen, können Sie dadurch nicht wieder gutmachen.Vielmehr werden Sie an der Stelle ein ausgewogenes Verhältnis herstellen müssen. Das bedeutet, Sie werden dafür sorgen müssen, dass nicht nur die Beamtinnen und Beamten Geld haben, sondern auch diejenigen, die in Verbraucherzentralen allüberall in Hessen dafür sorgen, dass die Leute eine Wahlmöglichkeit haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, an der Stelle haben Sie Nachholbedarf in Zivilgesellschaft. Ich finde, an der Stelle können Sie es lernen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann sind wir ganz schlicht an dem Punkt – ich glaube, das ist angebracht –: An den Taten sollt ihr sie erkennen. Die Worte über den Verbraucherschutz hören wir. Wenn aus diesen Worten Taten werden, wenn dafür gesorgt wird, dass in Hessen Verbraucherinnen und Verbraucher die Chance haben, selbst frei zu entscheiden, wenn sie die Möglichkeit bekommen, beraten zu werden, wenn sie in die Lage versetzt werden, selbst der Marktmacht, der Werbung ein Stück eigene Information entgegenzusetzen, dann haben Sie etwas für den Verbraucherschutz getan. Dann haben wir nicht nur ein Ministerium mit dem Etikett „Verbraucherschutzministerium“, sondern wir haben eines, in dem es wirklich geschieht.

Ich glaube, die CDU versucht mit ihrem Antrag eine schlechte Werbekampagne.Wir sollten uns darin üben,die Realitäten zu verbessern und dafür zu sorgen, dass das bleibt, was Sie richtig gemacht haben, aber dass das korrigiert wird, was Sie falsch gemacht haben, sodass der Verbraucherschutz in den Verbraucherzentralen verbessert wird. Das ist eine Position, bei der wir alle zusammen gut fahren. – Ich bedanke mich.