Protocol of the Session on November 26, 2004

Warum nehmen Ihre rot-grünen Freunde auf Bundesebene nicht endlich die entscheidende Weichenstellung vor,die dahin führen würde,dass die Bahn im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wirklich gestärkt würde, ohne dass es dabei zu neuen Subventionen oder Steuervergünstigungen auf der einen Seite oder die Einführung einer Kerosinsteuer andererseits kommen würde? Darum muss es gehen. Es muss zu einer nachhaltigen Verbesserung der Position der Bahn im Wettbewerb der verschiedenen Verkehrsträger kommen.

Anstatt die Bahn mit Bundesmitteln auszustatten,die helfen würden, die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes zu verbessern, sollen die Investitionen laut der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes nunmehr von 4 Milliarden c, die es im laufenden Jahr dafür gegeben hat, auf 2,2 Milliarden c im Jahr 2008 heruntergefahren werden. Auch das steht im Widerspruch zu der Koalitionsvereinbarung, die vor zwei Jahren abgeschlossen wurde. Damals hieß es noch, dass die Investitionen des Bundes in die Straßen, die Schienen und die Wasserstraßen auf dem erreichten hohen Niveau beschäftigungswirksam fortgesetzt werden sollten. Davon ist nichts mehr übrig geblieben.

Nicht nur das. Die Reform der Bahn muss endlich in die richtige Richtung gebracht werden. Nach zehn Jahren

„Bahnreform“ müsste die Bundesregierung nun eine umfassende Bestandsaufnahme der Reform mit externer Evaluierung durchführen. Gleichzeitig bedarf es einer eingehenden Prüfung der verkehrspolitischen und haushaltspolitischen Voraussetzungen und der Auswirkungen des Börsengangs. Dabei ist der Bundestag frühzeitig zu beteiligen. Der Bund muss zumindest mittelbar alleiniger Eigentümer des Schienennetzes der Deutschen Bahn AG bleiben. Die in der Verfassung verankerte Verantwortung für die Infrastruktur der Schiene muss gewährleistet bleiben.

Mittelfristig muss die Privatisierung des Bereichs Verkehr des Konzerns Deutsche Bahn eingeleitet werden. Der dann noch im Eigentum des Bundes verbleibende Konzern Deutsche Bahn wird auf die Infrastruktur der Schienen reduziert sein. Hinzu kommen die Einrichtungen, auf die alle Wettbewerber Zugriff haben müssen.

Der derzeitigen Bundesregierung ist es insbesondere nicht gelungen, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Eisenbahn auf dem Verkehrsmarkt einen größeren Anteil zurückgewinnen konnte. Wie bei anderen Verkehrsträgern muss auch bei der Schiene dem Prinzip Wettbewerb mehr Geltung verschafft werden.Nur ein umfassender Wettbewerb, der sich nicht nur auf kleine Marksegmente oder Nebenstrecken bezieht, kann gewährleisten, dass das gesamte Potenzial der Bahn erschlossen wird.

Insbesondere ein diskriminierungsfreier Zugang für bereits bestehende und neu auf den Markt tretende Verkehrsunternehmen, die schienengebunden arbeiten wollen, ist notwendig. Damit das erreicht werden kann, ist ein richtiges Konzept erforderlich, das den Wettbewerb auf der Schiene auch in einem größeren, einem europäischen Zusammenhang fördert. Zugleich muss es die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben hinsichtlich der Infrastruktur ermöglichen und gewährleisten.

Einfach einmal die Kerosinsteuer für Inlandflüge im nationalen Alleingang einzuführen und die Mehrwertsteuer für Bahnfahrten zu senken, stellt jedenfalls kein solches Konzept dar. Bei Ihrem Rufen nach Gerechtigkeit in der Energiefrage verlieren Sie das Wesentliche aus den Augen.Es geht nicht darum,in ideologisch geprägter Art und Weise das bestehende System umzustülpen, ohne dabei Rücksicht auf die Menschen und die Arbeitsplätze zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wass dann passiert, haben Sie und Ihre Parteifreunde auf der Bundesebene bereits vorexerziert. Man muss dabei nur an die so genannte Ökosteuer oder das Pfandchaos denken. Ich will hier nur zwei Beispiele nennen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielmehr gilt es,das bestehende System zu nutzen und mit neuen Techniken zu erweitern. Gerade Treibstoffe aus erneuerbaren Energieträgern können hier einen wesentlichen Beitrag leisten, und zwar innerhalb des bestehenden Systems. Damit Biokraftstoffe überhaupt eine Chance haben, aus eigener Kraft im Wettbewerb mit herkömmlichen Kraftstoffen zu bestehen, plädieren wir in unserem Dringlichen Antrag dafür, die steuerlichen Vergünstigungen für Biokraftstoffe so lange fortzuführen, bis diese mit herkömmlichen Kraftstoffen gleichziehen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf: Wa- rum haben Sie dann im Bundestag dagegen ge- stimmt?)

Dazu gehören auch einheitliche Steuersätze für fossile Kraftstoffe auf europäischer Ebene. Gleichzeitig muss die unterschiedliche Besteuerung dieser Art der Kraftstoffe enden. Das würde nicht nur die Umwelt schonen und die Reserven,die wir an fossilen Kraftstoffen haben,erhalten, es würde vielmehr auch neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen. Damit würden für Menschen neue Perspektiven geschaffen,die Sie mit Ihrer durch Ideologie getränkten Politik völlig aus den Augen verloren zu haben scheinen.

(Beifall der Abg.Elisabeth Apel (CDU) – Tarek AlWazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach du lieber Gott!)

Im Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wurde die Biomasse völlig vernachlässigt. Dessen Berücksichtigung konnte erst durch die CDU und die CSU gegen den Widerstand von Rot-Grün durchgesetzt werden.

Was sollen wir also mit Ihrem Entschließungsantrag anfangen? Richtig, wir fangen damit gar nichts an.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ihr Entschließungsantrag ist also abzulehnen. Stattdessen ist unser Dringlicher Antrag, der wirklich zukunftsweisend ist, anzunehmen.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch einen Satz zum Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP sagen.Wir betrachten seinen Inhalt mit Wohlwollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Herr Dietz, wir bedanken uns!)

Meine Damen und Herren, bei diesem Redebeitrag kommt es zu einer Kurzintervention des Herrn Wagner von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist dringend nötig!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dietz, ich muss Ihnen sagen: Ich verstehe jetzt überhaupt nichts mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Ich verstehe da überhaupt nichts mehr. Herr Kollege Dietz, ich glaube, das war eine gute Rede. Allerdings haben Sie zum falschen Tagesordnungspunkt gesprochen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Einzige, was wir GRÜNE, freundlich, wie wir manchmal sind – –

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe)

So wie Sie sich verhalten, fällt es uns manchmal schwer, freundlich zu sein. Das will ich jetzt aber nicht aufgreifen. Manchmal sind wir aber freundlich zu Ihnen. Wir haben das, was Herr Umweltminister Dietzel beschlossen hat, einfach in die Form eines Entschließungsantrags gegossen. Herr Dietz, insofern ist die Philippika, die Sie gerade eben gehalten haben, eine Philippika gegen Ihren eigenen Minister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie meinen, dass das, was Herr Dietzel macht – ich zitiere –, eine „ideologiegetränkte Politik“ ist, dann sind wir sehr erstaunt darüber, dass Herr Minister Dietzel noch im Amt ist.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich möchte es Ihnen einfach erklären. Es gibt in dem Computerprogramm Microsoft Word eine wunderbare Funktion. Die heißt „Suchen und Ersetzen“. Genau das haben wir bei unserem Antrag gemacht. Wir haben einfach den Beschlusstext der Umweltministerkonferenz genommen, haben nach „Umweltminister“ gesucht und das ersetzt durch „Hessischer Landtag“.

Wir würden uns jetzt sehr freuen, wenn Sie diesem Antrag, dem Ihr Minister zugestimmt hat, auch zustimmen können.

(Lebhafter Beifall und Heiterkeit bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Michael Denzin das Wort.

(Volker Hoff (CDU): Alles Super, Michael Benzin!)

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! So ist das mit rein fachlicher Sicht und auch mit Fachministerkonferenzen. Sie beurteilen es immer aus einer bestimmten Sichtweise und aus einem bestimmten Aufgabenschwerpunkt heraus. Genau daran kranken wir in Deutschland, besonders in unserer Politik, und zwar in vielen Aufgabenfeldern. Genau daran krankt auch der Beschluss der Umweltministerkonferenz, wenn man ihn nicht unter die Lupe – das wäre auch wieder sehr fokussiert – nimmt, sondern unter dem Gesichtsfeld der gesamten Notwendigkeiten der Verkehrspolitik betrachtet.

Meine Damen und Herren, wir wenden uns nicht gegen einzelne Vorschläge in diesem Antrag, den die GRÜNEN aus dem Beschluss der Umweltministerkonferenz übernommen haben, sondern wir wenden uns gegen isoliertes Vorgehen aus einer spezifischen Sichtweise. Ich nenne Ihnen einmal zwei Punkte, die das Steuerrecht betreffen.

Wie Sie alle wissen und wie wir schon oft hier erörtert haben, leiden wir im LKW-Verkehr unter enormen Wettbewerbsnachteilen im Vergleich zu den meisten anderen EU-Ländern. Das sind Nachteile von bis zu 10.000 c, was die Steuerbelastung angeht, die ein in Deutschland zugelassener LKW gegenüber dem in Belgien, Luxemburg, Tschechien oder Polen zugelassenen LKW hat. Solange wir diese gravierenden Wettbewerbsnachteile haben,wür

den eine weitere isolierte Veränderung und ein Herumschnippeln am Steuersystem nur dazu führen,dass die Beflaggung in Deutschland, ähnlich wie wir es auf hoher See erlebt haben, ersetzt würde durch eine Beflaggung polnischer Nationalität. Der Umwelt wäre überhaupt nicht gedient, weil die Anforderungsstandards an die Fahrzeuge dann andere sind, als wir sie in Deutschland haben. Das wäre kontraproduktiv.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Dasselbe gilt bezogen auf unser innerdeutsches Steuerrecht. Wir alle haben in vielen Diskussionen festgestellt, dass es zu kompliziert ist, dass es Wettbewerbsnachteile in erheblichem Maße für unsere Gewerbebetriebe bringt und dass wir dringend eine Harmonisierung brauchen, zum einen in Richtung Europa und zum anderen auch,um dieses System in sich umgänglich zu machen.

Deshalb verbietet es sich zumindest aus Sicht meiner Fraktion, dass wir auch hier isoliert an einzelne Steuersätze herangehen und die Hauptsache aus den Augen verlieren.Vieles an diesem Einzelaktionismus verdeckt doch die Sicht auf notwendige Gesamtbetrachtungen und Lösungen der eigentlichen Probleme.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb haben wir uns in unserem Antrag darauf konzentriert, die Maßnahmen anzusprechen, die, ohne die überfällige europaweite Harmonisierung und die grundlegende Reform im Steuerrecht zu erschweren, machbar sind.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, da ist als Erstes machbar, ein deutsches Unikat oder sogar Unikum aufzuheben, nämlich unsere berühmten Ökosteuerzuschläge, die den Verkehr und damit auch den Personennahverkehr und den Personenfernverkehr der Bundesbahn belasten. Das hat Vorrang vor einer grundsätzlichen Änderung beim Mehrwertsteuersatz.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, von der SPD und den GRÜNEN überlegen Sie einmal, was Sie in den letzten sechs Jahren bewirkt haben.All die Ziele, die Sie hier vorgetragen haben und hinter die Sie sich jetzt stellen, hätten Sie, wenn Sie davon so überzeugt wären, in Berlin seit sechs Jahren mit rot-grüner Mehrheit umsetzen können. Was machen Sie stattdessen? Sie verteuern den Nah- und Fernverkehr. Das heißt, Sie verteuern auch den Schienenverkehr und verhindern damit doch zum Teil ein Umsteigen von der Straße auf die Schiene.

Sie können sofort, ohne die von mir angesprochenen Harmonisierungsnotwendigkeiten zu tangieren, mit einem Strich den Ökozusatz herausnehmen.