Protocol of the Session on May 8, 2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich und eröffne die heutige Sitzung. Ich rufe Ihnen ein frohes Glückauf zum dritten Plenartag in dieser Woche zu.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit fest, und ich darf um etwas Aufmerksamkeit bitten. Zur Tagesordnung: Noch offen sind die Punkte 10 bis 19, 21 bis 23, 25 bis 28, 30 bis 32, 34 bis 37, 39 bis 42 sowie 44 bis 46 – also nahezu alle.

(Heiterkeit)

Zum Ablauf der Sitzung: Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis zur Erledigung der Tagesordnung bei einer Mittagspause von einer Stunde. Die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, die Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Landespersonalkommission heute nach der Mittagspause auf der Basis eines gemeinsamen Wahlvorschlags aller vier Fraktionen erneut durchzuführen. Soweit sich kein Widerspruch erhebt, wird diese Wahl wie vorgesehen durchgeführt.

Entschuldigt fehlt auch heute wegen terminlicher Verpflichtungen in Berlin Herr Staatsminister Riebel.

Ich möchte Ihnen noch einen Hinweis zu einer Einladung geben, die Sie erst in der vergangenen Woche erhalten haben: Mit unserer geplanten Podiumsdiskussion zum Thema aktueller Beratungsstand im EU-Konvent waren wir aktueller als gedacht. Wegen der immer intensiver werdenden Beratungen im Konvent in der Endphase seiner Arbeit wurden in Brüssel zusätzliche Sitzungen anberaumt. Zwei der deutschen Mitglieder des Konvents sahen sich daher gezwungen, ihre Teilnahme zurückzuziehen. Die Podiumsdiskussion „Endspurt für den EU-Konvent“ findet daher leider nicht statt. Stattdessen wird der Europaausschuss am 14. Mai 2003 im Kleinen Saal des Hessischen Landtags ab 15 Uhr in öffentlicher Sitzung tagen. Teilnehmen werden die hochrangigen parlamentarischen Delegationen aus unseren Partnerregionen, die bereits am Vormittag des 14. Mai zu einem ersten Parlamentariertreffen zusammenkommen werden.

Meine Damen und Herren, einige Meldungen vom Sport, vom Fußball: Im Halbfinalspiel der Champions League trennten sich gestern Abend AC Mailand und Inter Mailand 0 : 0. Der FC Bayern München ist erneut Deutscher Meister geworden.

(Beifall des Abg. Rudi Haselbach (CDU))

Und drittens traf gestern Abend die Fußballauswahlmannschaft des Hessischen Landtags auf eine Auswahlmannschaft des rheinland-pfälzischen Landtags. Diese Partie endete mit 2 : 0 Toren – für uns.

(Allgemeiner lebhafter Beifall)

Damit konnte die Scharte aus einem kürzlich in einer anderen Liga ausgetragenen Spiel wieder ausgewetzt werden.

(Heiterkeit)

Unsere Mannschaft war wieder einmal in Topform und lehrte die Mainzer von der ersten Minute an das Fürchten. Das Spiel war geprägt von zahlreichen hervorragend herausgespielten Chancen, die diesmal auch genutzt wur

den. Unser früherer Kollege Andreas Kammerbauer erzielte in der 31. Minute das 1 : 0.

(Allgemeiner Beifall)

Der persönliche Referent des Ministerpräsidenten Reinhard Derix legte in der 37. Minute nach und sicherte den Sieg

(Allgemeiner Beifall)

gegen die auf heimischem Boden engagiert, aber letztlich glücklos kämpfenden Mainzer.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf noch mitteilen, dass unser Kollege Vizepräsident Quanz trotz einer erheblichen Verletzung in der Nähe der Invalidität bereit war, das Schiedsrichteramt zu übernehmen.Offensichtlich hat das auch mit dem Ergebnis zu tun. Vielen Dank, Herr Kollege Quanz.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, das waren die Mitteilungen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und ich schließe die Sitzung jetzt!)

Vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 36 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Neuerliche Verzögerun- gen beim Bau der JVA Hünfeld) – Drucks. 16/89 –

Da die Redezeiten für die Aktuellen Stunden geteilt wurden, hat jede Fraktion eine Redezeit von 7,5 Minuten. Es beginnt der Kollege Dr. Jürgens von den GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die 16.Wahlperiode hat kaum begonnen, und schon müssen wir uns in der Aktuellen Stunde wieder mit einem Thema beschäftigen, das auch in der letzten Wahlperiode schon zu den unendlichen Geschichten gehörte – nämlich die offensichtliche Unfähigkeit der Landesregierung und des Justizministers, für einen vernünftigen Strafvollzug in Hessen zu sorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Seit Jahren ist es anerkannt, dass zur Bekämpfung der katastrophalen Überbelegung der hessischen Anstalten ein Neubau erforderlich ist. Was aber der Justizminister dazu zu bieten hat, war bisher nur eine unendliche Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Hans-Jürgen Ir- mer (CDU): Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Herr Minister, Sie haben zuerst versucht, eine privat betriebene Vollzugsanstalt durchzusetzen. Nach langen Überlegungen sind auch Sie zu dem Ergebnis gekommen, das wir schon immer vertreten haben: dass das zum Kernbereich des hoheitlichen Handelns gehört und deswegen zum öffentlichen Bereich.Aber dieser Erkenntnisprozess hat leider viel Zeit in Anspruch genommen.

Dann waren Sie nicht in der Lage, in Verhandlungen mit Schlüchtern zu einem positiven Ergebnis für das Land zu kommen, und Sie haben sich noch in einen Prozess ver

strickt, der wiederum Zeit gekostet und eine Niederlage für das Land gebracht hat.

Und jetzt haben wir eine neuerliche Verzögerung, auch in Hünfeld, durch die Konkurrentenklage eines Mitbewerbers.

Natürlich liegt es nicht in der Hand eines Justizministers, ob ein Mitbewerber klagt oder nicht. Aber wenn es stimmt, was Ihr Pressesprecher erklärt hat – dass nämlich der preiswerteste Anbieter deswegen nicht zum Zuge gekommen ist, weil verschiedene Leistungen nicht mit angeboten worden waren –,dann wäre die Einholung eines Ergänzungsangebots sicherlich weit weniger zeitaufwendig gewesen als das jetzige Verfahren, das zum weiteren Stopp führt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es sind bereits Jahre verschenkt,und jetzt gibt es weiteren Stillstand. Dabei geht es doch nicht um den Neubau einer Pommesbude oder eines Schwimmbeckens – da könnte man vielleicht ein paar Monate zuwarten –, sondern es geht um eine Vollzugsanstalt.

(Zuruf von der CDU)

Sie wissen so gut wie ich: Im Strafvollzug zählt jeder Tag, denn täglich steigt der Druck im Kessel. Mit Ihrer Strafvollzugspolitik in Hessen haben Sie es geschafft, dass sich alle Gefangenen einem Strafvollzug ausgesetzt sehen,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was habt ihr in eurer Regierungszeit eigentlich gemacht?)

der beispielsweise durch die Abwesenheit jeder Form von Hafterleichterung geprägt ist, der zu immer unerträglicheren Verhältnissen in den Anstalten führt und mit der regelmäßigen Missachtung gerichtlicher Entscheidungen zugunsten der Inhaftierten auch keinen Druck wegnimmt, sondern ihn eher noch verschärft. Entgegen den Beteuerungen konnte bisher die Überbelegung nicht beseitigt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Unter dem Etikett angeblicher Sicherheit für die Bevölkerung sehen sich auch die Beschäftigten in den Justizvollzugsanstalten einer Situation gegenüber, die zur völligen Überlastung des Personals führt. Wie wir wissen, haben die Überstunden zugenommen anstatt – wie versprochen – abgenommen. Jedenfalls sind heute nach Aussage der Gewerkschaften 180.000 Überstunden der Justizvollzugsbeamten die Regel. 150 Stellen sind unbesetzt.

Daher braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Gewaltbereitschaft der Gefangenen untereinander und natürlich auch gegenüber dem Personal zunimmt.

Diese Situation ist nicht nur – wie der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten sagt – beschämend für Hessen, Herr Minister, sie ist – an Ihren eigenen Ansprüchen gemessen – skandalös.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nach Ihrer eigenen Einschätzung ist die Überbelegung der hessischen Strafvollzugsanstalten ein Risiko für die innere Sicherheit und für die Bevölkerung in Hessen.

(Horst Klee (CDU): Weil ihr acht Jahre nichts gemacht habt!)

Wir müssen feststellen: Sie bekommen die Überbelegung nicht in den Griff.Herr Minister,nach Ihren eigenen Maßstäben ist das, was Sie machen, keine Sicherheitspolitik, sondern Unsicherheitspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Machen Sie Ihre Arbeit hier in Hessen, anstatt sich immer wieder mit dem Ministerpräsidenten in die Bundespolitik zu flüchten. Hier ist genug zu tun.