Protocol of the Session on September 16, 2004

Dass man sich aber auf nichts verlassen kann, was diese Bundesregierung verspricht, wissen wir.

Es ist schön, zu sehen, dass wir in Hessen Spitzenreiter sind. Das zeigt auch, dass die Kommunen in Hessen gute Arbeit geleistet haben und dass sie die Strukturen hergestellt haben, die sie jetzt für Hartz IV brauchen. Es freut mich als Wiesbadener Stadtverordneter natürlich auch, dass die Stadt Wiesbaden dabei ist. Das werden Sie sich vorstellen können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wenn die uns jetzt richtig ausschildern!)

Aber es gibt natürlich auch an einem solchen Tag bei einer solchen Diskussion Menschen,die Wasser in den Wein gießen wollen. Sie konnten das heute lesen. Viele sagen:

Na ja, es sind nur 69 oder 70 Kommunen, die jetzt endlich die Bewerbung abgeschickt haben. – Uns ist es an dieser Stelle lieber, dass es 70 Kommunen sind, die den richtigen Weg gehen, als gar keine Kommunen, wie es Rot-Grün wollte.

(Beifall bei der FDP)

Dann kann man natürlich auch über die Frage diskutieren, wie es denn dazu kam, dass jetzt nur 70 Kommunen optieren.Wie kam es dazu, obwohl viel mehr Kommunen in den letzten Wochen gesagt haben, sie könnten sich vorstellen, diese Option zu ziehen? – Dort gab es Druck von verschiedenen Landesregierungen und verschiedenen Interessenverbänden. Von diesen Argumenten können Sie nicht ablenken.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die können rechnen! Das ist der Unterschied!)

Unterhalten Sie sich mit den Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern, was sie dazu bewogen hat, nicht zu optieren.Dass dort Druck ausgeübt worden ist,können Sie nicht wegdiskutieren.

(Beifall bei der FDP)

Von dem Optionsmodell versprechen wir Liberale uns vor allen Dingen den praktischen Beweis dafür, dass die Kommunen deutlich besser geeignet sind, die Langzeitarbeitslosen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Kommunen kennen die Menschen vor Ort.Sie wissen,wie sie die Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt integrieren können. Sie kennen die Wirtschaftssituation vor Ort. Dieses Wissen werden die Kommunen richtig einsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Wir waren immer der Überzeugung, dass die Kommunen die Aufgaben passgenauer, flexibler und deutlich besser organisieren können, als es die zentralistisch ausgestaltete Bundesagentur für Arbeit kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das werden wir in Hessen mit den 14 Kommunen auch beweisen.Das Optionsmodell ist für uns Liberale der Einstieg zu einer wirklichen Strukturreform auf dem Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der FDP)

Nicht mehr lange Wege, nicht mehr viel Bürokratie, nicht mehr verschiedene Finanztöpfe stehen zwischen den Menschen und dem Arbeitsmarkt. Die Kommune ist der direkte Partner, der ihnen bei der Qualifikation und der Suche nach Arbeitsplätzen zur Seite steht. So muss das sein. Ein direkter Kontakt wird hergestellt.

(Beifall bei der FDP)

Dabei ist es schon erstaunlich, was wir in den letzten zwei bis drei Wochen an Diskussionen über das Thema EinEuro-Jobs erleben konnten. Da gibt es gerade bei den sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen auf kommunaler Ebene deutliche Unterschiede. Kollege Frey in Frankfurt zeichnet sich dadurch aus, dass er die so genannten Frankfurt-Jobs von 2000 auf 4000 ausbauen will. Er sagt, es sei keine menschenverachtende Tätigkeit, sondern es seien die Chance und die Möglichkeit für Langzeitarbeitslose, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Strukturen wieder zu erkennen und sich wieder an einen regelmäßigen Tagesablauf zu gewöhnen. Diese Chance will er nutzten, nicht nur weil er Langzeitarbeitslosen helfen will – das ist nur ein Aspekt –,sondern weil es

auch viele Tätigkeiten in der Gemeinschaft gibt, die die Langzeitarbeitslosen übernehmen können.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Wer etwas von der Gesellschaft bekommt – Personen, die ALG II beziehen, bekommen eine Geldleistung –, kann auch etwas an die Gemeinschaft zurückgeben. Ich glaube, das ist keine menschenverachtende Position.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Die Stadt Frankfurt optiert aber nicht!)

Das, was beispielsweise Herr Pipa geschaffen hat, nämlich einen regionalen Pakt von Arbeitgebern,Arbeitnehmern, Gewerkschaften,den IHKs und den Handwerkskammern zu schließen sowie die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abzustellen, muss das Ziel für alle Kommunen in Hessen sein.Wir brauchen quasi eine „Pipaisierung“ der kommunalen Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wir wissen, dass der Weg für die 14 Kommunen kein einfacher sein wird. Es ist eine große Herausforderung. Dort sind noch viele Arbeiten zu machen.Darüber besteht kein Zweifel. Aber ich würde mir wünschen, dass die Opposition von Rot-Grün in diesem Hause so viel Größe hätte, sich an diesem Tag mit uns für die 14 Kommunen in Hessen zu freuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Viezepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.– Das Wort hat Herr Kollege Frankenberger für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es schon bemerkenswert, dass sich die Landesregierung,die CDU- und die FDP-Fraktion hier im Hause mit einem Erfolg zufrieden geben, für den sie überhaupt nichts können. Denn die Tatsache, dass jetzt 14 Kommunen und Landkreise in Hessen optieren können, ist der Tatsache geschuldet, dass sich in anderen Bundesländern die Gebietskörperschaften bewusst gegen das Optionsmodell entschieden haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage aber für meine Fraktion ganz deutlich: Wir wünschen den Gebietskörperschaften, die sich für das Optionsmodell entschieden haben, weil sie über eine große Erfahrung bei der Arbeitsvermittlung verfügen, im Interesse der vielen beschäftigungslosen Menschen, die Arbeit suchen und für die Hartz IV eine echte Chance bedeutet, viel Erfolg.

(Beifall bei der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ui!)

Wir wünschen aber auch denjenigen viel Erfolg, die sich sehr bewusst gegen das Optionsmodell entschieden haben, weil sie für sich festgestellt haben, dass ihre Erfahrung nicht so groß ist, dass sie sich allein zutrauen, im Interesse der beschäftigungslosen Menschen das Optimale zu tun, und die sich dafür entschieden haben, eine Arbeitsgemeinschaft mit der Bundesagentur zu bilden. Ich habe, um ein Beispiel zu nennen, zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Kasseler Rathaus und dem Sozialamt, die sich für die Arbeitsgemeinschaft entschieden haben, vollstes Zutrauen, dass sie sich mit dem gleichen Engagement wie diejenigen für die beschäftigungslosen Menschen einsetzen werden, die in solchen Kommunen und Gebietskörperschaften arbeiten, die sich für das Optionsmodell entschieden haben.

(Beifall bei der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dafür ist Kassel ein Erfolg versprechendes Beispiel!)

Ich finde es nicht in Ordnung, dass hier allein durch diese Debatte, die Sie hier lostreten, der Eindruck entstehen kann,dass diejenigen,die sich für die Arbeitsgemeinschaft entschieden haben, gewissermaßen diejenigen sind, die die Arbeitslosen zweiter Klasse betreuen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Das ist bei weitem nicht in Ordnung.Mit der Agenda 2010 und Hartz IV ist die größte Sozialreform seit den Fünfzigerjahren auf den Weg gebracht worden.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Die Notwendigkeit, Sozial- und Arbeitslosenhilfe zusammenzulegen, ist nie ernsthaft bestritten worden. Deshalb sollten wir hier im Haus im Interesse der vielen Menschen, die jetzt eine Chance für sich sehen, nicht den Eindruck entstehen lassen, als könnte es sein, dass die einen gut und die anderen schlecht betreut werden. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP))

Auch nach dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss – zu einem Kompromiss sollten anschließend auch alle Beteiligten stehen – und nach der Verabschiedung des Gesetzes am 9. Juli 2004 waren es als Erste CDU-Ministerpräsidenten, die für Druck, Schärfe und Konfusion in der Debatte um Hartz IV gesorgt haben.

(Beifall bei der SPD)

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller hat im Bundesrat für Hartz IV gestimmt. Im saarländischen Landtagswahlkampf wandelte er sich auf einmal in wundersamer Art und Weise zu einem Gegner der Hartz-Reform.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

Das ist nicht in Ordnung.Das ist keine verlässliche Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Heute Morgen habe ich im Fernsehen mitbekommen, dass Herr Ministerpräsident Böhmer ein bisschen nervös ist. Er hat am 16. August 2004 die Zuverdienstregelung kritisiert, die es in Hartz IV gibt. Sie kam aber erst aufgrund des Drucks der von der Union geführten Länder in das Gesetz hinein. Dieser Ministerpräsident forderte dann öffentlichkeitswirksam, dass der anrechnungsfreie Zuverdienst für ALG-II-Empfänger deutlich bis zu einer Grenze von 400 c erhöht werden müsse. Dabei ver

schweigt er aber die Tatsache, dass der ursprüngliche Entwurf der rot-grünen Bundesregierung eine für die Betroffenen viel günstigere Regelung vorgesehen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))