Hören Sie einfach einmal zu, Frau Fuhrmann. Ich glaube, es würde Ihnen schon sehr helfen, wenn Sie überhaupt einmal ihre eigene Position infrage stellen könnten oder zumindest überdenken könnten. Sie hören nie zu.
Meine Damen und Herren, es wäre unglaublich wichtig, einmal zu überlegen, welche Arbeitsplätze in diesen Län
dern durch Dienstleistungen neu entstanden sind, in einem Bereich, in dem in Deutschland in keinem Industrieunternehmen überhaupt noch irgendwelche Arbeitsplätze da sind.
Die Bedienung, die Zuordnung, das Einpacken, die Lieferung z. B. von Lebensmitteln sind in Westeuropa und in Amerika keine niederen Arbeiten. Das sind Arbeiten, die viele Menschen machen. Manchmal ist es für sie die einzige Chance, überhaupt eine Arbeit zu bekommen. Diese veränderte Möglichkeit, Einkäufe zu tätigen, würde dem Lebensstil in Deutschland sehr gut tun. Wir müssen es endlich annehmen, dass wir solche Dienstleistungen brauchen.
Meine Damen und Herren, Verbände, Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeberverbände und über viele Jahre die SPD und die CDU haben den Bürgern von Staats wegen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben, wann sie einzukaufen haben, ihr Privatleben nach den Regeln der Schließungszeiten zu richten und die Arbeitszeiten an diese staatlichen Regelungen anzupassen haben.
Die Entwicklung der letzten zehn bis 15 Jahre ist völlig anders. Sowohl die junge Generation als auch die Älteren haben flexible Arbeitszeiten, sind angewiesen auf Verkehrswege, die sie von ihrem Wohnort zu ihrem Arbeitsplatz bringen. Deshalb muss alles, was zum Leben gehört, also auch die Einkaufsmöglichkeiten, dem angepasst werden und nicht umgekehrt.
Das, was sich in den letzten Jahren als Grauzone an schizophrenem Verhalten entwickelt hat, ist in Wahrheit die Gegenseite. Alle sagen: Na gut, dann gehe ich zur Tankstelle. – Sie kaufen für viel Geld einen Joghurt ein, den sie woanders nicht mehr einkaufen können.
Dann gehen sie an irgendwelche Bahnhöfe. Die, die fliegen, benutzen dann am Flughafen die Einkaufsmöglichkeiten.
Ja, wenn sie ihn bezahlen können. – Dem Arbeiter verbieten Sie, dass er nach 18 Uhr noch einkaufen darf.
Der andere, der das Geld hat, geht an die Tankstelle und bezahlt doppelt so viel dafür. Das ist doch Quatsch.
Meine Damen und Herren, es hat sich eingebürgert unter dem Stichwort „Wir wollen den Familien am Wochenende ein gutes Einkaufen ermöglichen“, dass große Möbelhäuser, große Autohäuser den Familien ermöglichen, Dinge gemeinsam einzukaufen, und am Sonntag, unter Umgehung oder Anpassung an das Ladenschlussgesetzes, geöff
net haben. Sie machen z. B. eine Ausstellungseröffnung. Dann werden die Leute beraten, sie können sich ihr gesamtes Haus einrichten, der Kaufvertrag kann vorbereitet werden, er darf aber nicht in den Räumen unterschrieben werden. Meistens befindet sich vor dem Geschäft ein kleiner Briefkasten,in den man den unterschriebenen Vertrag einwerfen kann. Das ist doch schizophren, das kann doch nicht wahr sein.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hildegard Pfaff (SPD): Das haben Sie alles schon einmal hier erzählt! Ihre Argumente sind auch nicht neu!)
Wir alle wissen – das haben wir vor vier Wochen diskutiert, Frau Kölsch, wir sind da einer Meinung –, dass Sonnund Feiertage freigehalten werden müssen. Ich glaube nicht, dass wir andere Regelungen mit einbeziehen wollen. Es muss auch die Möglichkeit der Sonntagsruhe und der Besinnung geben. Darin sind wir uns einig.
(Hildegard Pfaff (SPD): Haben Sie Ihre Vorstellungen mit den Kirchen abgesprochen, bis einschließlich 24 Uhr die Geschäfte zu öffnen?)
Nach den Gottesdiensten am Sonntag gibt es in vielen Kirchen einen schönen kleinen Verkaufstisch, auf dem Bücher und Videos angeboten werden.Weiterhin werden CDs verkauft, und wenn die Gemeindefrauen noch etwas vorbereitet haben,gibt es auch noch ein Mittagessen.Dies alles wird einem guten Zweck zugeführt. Meine Damen und Herren, eigentlich ist das Ladenöffnung, oder?
Das sollte man alles einmal zusammenfassen und schlicht das machen, was das Bundesverfassungsgericht uns jetzt erlaubt hat: dass der Bundestag eine Ermächtigung fasst, die es den Ländern erlaubt, eigene Landesgesetze zu machen.
Kollege Jung hat in dieser Woche im Zusammenhang mit der Föderalismusdiskussion zu Recht gesagt, dies sei kein Thema der Föderalismuskommission. Aus diesem Grund legen wir so viel Wert darauf, dass dieses Thema nicht noch einmal dieser Kommission überwiesen wird, da wird es nämlich wieder zerredet.
Das Verfassungsgericht hat nicht gesagt,dass unterschiedliche Ladenschlussgesetze der Länder dem Gebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland widersprechen. Im Gegenteil: Wir haben doch verschiedene Wirtschaftsräume.Wieso wollen wir denn vorschreiben, dass in Mecklenburg-Vorpommern, auf Rügen, auf Darß – wunderschöne Landschaften, die ich liebe –, im Sommer,wenn man in diesen Regionen die einzigen Möglichkeiten hat, Geld zu verdienen, die Geschäfte samstags und sonntags geschlossen haben?
Die Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg, der Antrag der CDU, dem wir zustimmen werden, und unser eigener Antrag fordern, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu stellen, damit die Länder eigene Gesetze machen können. Die Landesregierung sollte parallel dazu ein eigenes Gesetz vorbereiten, damit wir keine Zeit verlieren. Das steht auch in dem Antrag der CDU-Fraktion.
Für die FDP möchte ich noch einen Punkt in die Diskussion bringen: Wir würden gerne die Ausnahmebestimmungen für die Sonn- und Feiertage noch einmal genau überprüfen. Ich habe dies bereits am Beispiel Video gesagt. Es gibt sogar in ländlichen Gebieten kleine Kinos, die keinen eigenen Film mehr haben, die Videos zeigen.
Auch das ist doch widersprüchlich. Wir wollen, dass die Regelungen, die für Waschanlagen schon ausgeweitet worden sind, auf andere Bereiche ausgeweitet werden.
Meine Damen und Herren, auch Museen sind sonntags geöffnet. Dafür sind sie bundes- und europaweit am Montag geschlossen. Wieso ist das hier möglich und an anderen Stellen nicht? Wir wollen, dass diese Ausnahmesituation für Sonn- und Feiertage in Ruhe besprochen werden kann, damit die Kultureinrichtungen, die sonntags von den Familien gemeinsam besucht werden können, endlich auch die Möglichkeiten des Kaufs bieten.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf die Argumente der SPD eingehen, weil ich schon erschrocken bin,dass im Jahr 2004 im Namen der hessischen SPD-Fraktion ein solcher Antrag gestellt wird.
Meine Damen und Herren, das ist komplett falsch. Die Freigabe der Ladenschlusszeiten ist eine Form der Flexibilisierung. Er gibt die Verantwortung an den Bürger zurück. Wir müssen aufhören, Dinge zu regeln, bei denen der Staat eigentlich nichts zu suchen hat.
Das ist Freiheit. Da kann Tarek Al-Wazir hundertmal sagen, das sei unser letztes FDP-Thema. Sie werden sich noch wundern, welche Themen wir hier auspacken, das kann ich Ihnen versprechen.
Wir sind die Freiheitspartei, die auch beim Ladenschluss gegen die SPD vorgehen wird, weil sie derartige Staatsvorstellungen hat. Es ist eine Bevormundung ohne Ende. Sie trauen dem Bürger nichts zu.