Herr Kollege Walter, wenn sich jetzt jemand hierhin stellt und so tut, als hätten die damals und heute Verantwortlichen getrödelt, so kann ich dazu nur feststellen: Das ist falsch. Es war die Achtung vor dem obersten hessischen Gericht,die dazu geführt hat,abzuwarten,ob die Struktur, die wir verabredet haben, auch Bestand haben wird.
Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen: Das Modell wurde zunächst in einem gemeinsamen Aufsatz von Ruth Wagner und Roland Koch um Weihnachten 1999 vorgestellt. In diesem Aufsatz kann man das nachlesen. Zu die
sem Modell hat der Staatsgerichtshof gesagt: Das ist in Ordnung, das ist verfassungsrechtlich korrekt. – Dann ging es an die Arbeit.
Herr Kollege Walter, ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten, warum der Standort jetzt so abgedriftet ist, warum wir hinsichtlich der Zahl der Arbeitslosen im Vergleich von April 2003 zu April 2004 und im Vergleich der darauf folgenden Monate zum jeweiligen Vorjahresmonat so negative Daten für das Rhein-MainGebiet haben. Ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten. Aber wer als führender Sozialdemokrat dieses Landes seine vor Ort lebenden Fürsten aufgefordert hat, mit allem, was sie zur Verfügung haben, gegen das Ballungsraumgesetz zu kämpfen, der kann sich jetzt nicht hierhin stellen und Krokodilstränen weinen. Daraus ergibt sich keine richtige Diskussionslage.
Zweiter Punkt.Die Mitglieder der FDP-Fraktion rufen allen in der Region Verantwortlichen laut und deutlich zu: Ihr kommunalen Fürsten müsst kein Jahr lang warten, um die Wirtschaftsförderung zu organisieren.
Ihr müsst nicht ein Jahr lang warten. Ihr könnt das auch schneller machen. Herr Kollege Walter, ich höre mit Freude, was offensichtlich auch Sie hören. Man hat sich zusammengesetzt und unter der Leitung von Landrat Banzer und Oberbürgermeister Grandke einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet, wie die Wirtschaftsförderung organisiert werden soll.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben sie schon vorher gemacht! – Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Nein, das haben sie nicht gemacht. Reden Sie doch nicht über die Vergangenheit, wenn Sie von der keine Ahnung haben.
Zwei Tage vor der Entscheidung des Staatsgerichtshofs haben Sie Ihr Modell vorgelegt und keine Minute früher. Warum haben Sie das getan? Alle Spatzen Wiesbadens haben von den Dächern gepfiffen, dass der Staatsgerichtshof im positiven Sinne über das Ballungsraumgesetz entscheiden wird.
Herr Abg. Roland Koch hat mit seiner Zwischenfrage vollkommen Recht gehabt. Er fragte, warum es in dem Ballungsraum jetzt die Dynamik gibt, wie sie ist.
Ich möchte den Damen und Herren Hauptverwaltungsbeamten, Landräten, Oberbürgermeistern, Vizelandräten und all den anderen, die da Verantwortung tragen müssen – dass sie es müssen, ist richtig so –, sagen: Ab in die Puschen, nutzt die Sommerpause und einigt euch. Im September 2004 könnt ihr dann euren Plan vorlegen. Dann wäre es überhaupt nicht notwendig gewesen, heute diese
Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Ich bin überrascht. Ich habe gerade eben meine Post gelesen. Ich habe ein Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Offenbach vom 4. Juli 2004 in meiner Post gefunden. Ich unterstelle einmal, dass Jürgen Walter, Tarek Al-Wazir und Franz Josef Jung dieses Schreiben auch schon erhalten haben. Ich zitiere:
die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach am Main hat in ihrer Sitzung am 17.06.2004 folgenden Beschluss gefasst:
Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Landesgesetzgeber, Landtag wie Regierung, auf, die wichtigen Bestimmungen des Ballungsraumgesetzes in § 8 zu beachten, nach der das Gesetz mit Ablauf zum 31. März 2006 außer Kraft tritt.
Der Landesgesetzgeber wird dabei an die Intention der Befristung erinnert, das Gesetz nach fünf Jahren Geltung auf seine Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
Wenn verantwortliche Politiker dieses Ballungsraums meinen, Schindluder mit Gesetzen und Entscheidungen des Staatsgerichtshofs treiben zu können, dann kann ich dazu nur sagen: Es ist schade um diese Region.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Alle sind sich einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die Rhein-Main-Region weiterzuentwickeln.
Jetzt haben Sie gefragt: Was ist neu? – Neu ist, dass die Zeit des Debattierens vorbei ist und dass jetzt gehandelt wird. Das ist seit vielen Jahren das erste Mal der Fall.
Das Ballungsraumgesetz, dem Sie immer prophezeit haben, es werde vor dem Staatsgerichtshof scheitern, hat der Staatsgerichtshof vollständig für verfassungskonform erklärt. Der Herr Ministerpräsident und alle, die die seinerzeit bestehende Regierung der CDU und der FDP getragen haben, haben immer gesagt: Wir möchten nicht zwangsweise, also par ordre du mufti, quer über die Region sagen, das und das ist zu tun. – Sie sagten vielmehr: Wir setzen auf interkommunale Zusammenarbeit und Einsicht. – Jetzt kommt es aber. Dazu wurde noch gesagt: Ihr bekommt einen bestimmten Rahmen, innerhalb des
sen ihr euch selbst organisieren könnt. Wir werden aber nicht ewig zuschauen, wenn sich aus der Debatte nichts ergibt. Es muss auch zu Ergebnissen kommen. – Genau das, was wir damals verkündet haben, wird nun Stück für Stück umgesetzt. Das ist also richtig. Das ist neu.
Wie können Sie sich eigentlich erklären, dass es die darüber bestehende Debatte schon seit Jahren gibt? – Wir waren gemeinsam bei einer Veranstaltung der Industrieund Handelskammer. Der Ministerpräsident sagte da: Freunde, wir werden nicht ewig zuschauen.Wir meinen es ernst. Wir meinen es ernst, weil die Region in wichtigen Aufgabengebieten unter Beachtung der Polyzentralität und unter Beachtung der freiwilligen interkommunalen Zusammenarbeit Stück für Stück zusammenfinden muss. – Das soll unserem Grundsatz folgen: Das, was sie selbstständig machen können, sollen sie selbstständig tun. Das, was man füglich gemeinsam machen sollte, soll nach einem Prozess gemeinsam gemacht werden, in dem die Gemeinsamkeiten so umgesetzt werden, dass alle davon profitieren.
Meine Damen und Herren, wir können zuversichtlich sein. Die Tatsache, dass man in der Rhein-Main-Region durch verschiedenste Kreise und Städte mittlerweile im Bereich Standortmarketing und Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung so weit gekommen ist, ist doch ein sichtbares Zeichen, dass unsere Überlegung: „Bevor wir es euch dekretieren, versucht, es selbst zu lösen“ genau der richtige Weg ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie zum Erfolg kommen. Wenn das ein Erfolg geworden ist, werden Sie, Herr Walter, hier vorne wieder sagen: Das war doch nichts.
Wenn das nichts war,lieber Herr Walter,warum haben Sie in 41 Jahren SPD-Regierung und in acht Jahren Rot-Grün eigentlich nichts gemacht?
Deshalb sage ich ganz deutlich: Der Schwung ist da. Wir sind zuversichtlich, dass sich die Dinge im Sinne dieses Gesetzes entwickeln.Wir werden auch in den anderen Bereichen vorangehen.
Meine Damen und Herren, im Rahmen einer Aktuellen Stunde und im Hinblick auf das Zeitbudget muss man es sehr kurz halten. Aber die Sache verdient eine vertiefte Diskussion, das ist unbestritten. Lieber Herr Walter, das sollten Sie aber mitnehmen: Sie haben hier tatsächlich ausgeführt, dass sozialdemokratische Ministerpräsidenten sozusagen die Gralshüter der Arbeitsplätze in Hessen gewesen seien.