Protocol of the Session on July 14, 2004

Meine Damen und Herren, man weiß, dass es in der KV Hessen einen Generationenkampf gibt und dass aufgrund dieser Auseinandersetzung eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden ist. Es liegen Gutachten vor, die Vorschläge machen. Diese haben meiner Meinung nach alle das Problem, dass sie noch sehr systemimmanent sind. Meiner Meinung nach ist das ein Problem, mit dem man sich zwar befassen muss. Ob aber der Gesetzentwurf der SPD dafür geeignet ist, bin ich mir nicht so sicher. Wie gesagt, das sollten wir im Ausschuss bereden.

Herr Dr. Spies, was mich wirklich gewundert hat, ist, mit welcher Beliebigkeit man manchmal Diskussionen führt. Sie als Vertreter der Bürgerversicherung gehen im Prinzip davon aus – nicht als Einziger, ich bin auch für die Bürgerversicherung –, dass man in bestimmte Systeme von außen kein Geld zuführen sollte,

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

sondern dass man sie reformieren müsste, und zwar hinsichtlich der Gerechtigkeit. Daher wundert es mich schon etwas, dass dieses System, das Sie als überholt bezeichnet haben, im Gesetzentwurf wieder zu finden ist. Was mich besonders stört, das muss ich ehrlich sagen, ist, dass Sie in diesem Entwurf vorschlagen, dass die finanzielle Umverteilung im Prinzip auf Kosten der wenigen aus unserer Sicht positiven strukturellen Maßnahmen im Gesundheitsmodernisierungsgesetz erfolgen soll. Was macht es für einen Sinn,die Frage der Altersversorgung von Ärzten darüber zu lösen, dass z. B. der Organisation integrierter Versorgung, d. h. dem besseren Zusammenspiel von ambulanter und stationärer Versorgung, Geld entzogen wird, um sachfremde Maßnahmen zu finanzieren? So viel zu diesem Punkt. Ich denke aber, dass es wirklich erheblichen Handlungsbedarf gibt. Wir werden uns die Vorschläge und die Empfehlungen, die innerhalb der KV Hessen, der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, erarbeitet wurden, genau angucken. Ich denke, dass die Lösung des demographischen Problems nicht auf Kosten der Qualität für die Versicherten in Hessen laufen kann. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Altersversorgung der hessischen Ärzte, die so genannte Erweiterte Honorarverteilung, EHV, ist bundesweit ein Spezifikum in Hessen, das seit den Sechzigerjahren besteht. Es ist die Frage, ob ein solches Umlageverfahren durch den Gesetzentwurf der SPD überhaupt geändert werden kann.Das Problem ist,dass immer weniger jüngere Ärzte für immer mehr ältere Ärzte die Umlage entrichten bzw. die Altersicherung bezahlen müssen. Das ist das Problem, das jedem Umlageverfahren immanent ist, das aber in diesem Umlageverfahren in besonderer Ausprägung vorhanden ist.

Alle wissen jedoch, dass dieses Problem nicht erst seit dem 01.01. besteht. Es hat also nichts mit dem GMG bzw. den Direktverträgen zu tun, von denen in Hessen im Übrigen erst ganz wenige geschlossen worden sind, sondern das ist eine interne Frage der Kassenärztlichen Vereinigung,zu der schon mehrere Arbeitsgruppen getagt haben. Innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen konnte man sich bisher noch für keinen Vorschlag entscheiden,wie man das Problem des Auslaufens dieser Versorgung löst. Denn darum geht es. Denn die Versorgung war damals als Kriegsheimkehrerabsicherung für diejenigen eingerichtet worden, die sonst keinerlei Altersabsicherung hatten. Man muss heute damit umgehen, dass auf der einen Seite junge Ärzte einzahlen und es auf der anderen Seite auch heute noch einige ältere Ärzte gibt, die nur diese Alterssicherung haben, neben den weiteren berufsständischen Versorgungswerken. Das ist ein Problem. Es stellt sich aber die Frage, wie die Satzung der KV Hessen geändert werden kann.Dazu will ich sehr deutlich machen: Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass im Rahmen der Satzungsautonomie Vorschläge gemacht werden müssen. Sehr geehrter Herr Kollege Rentsch, das Gutachten, das Sie zitiert haben, löst das Problem des Umlageverfahrens überhaupt nicht. Es geht auch nicht um die weitere Einbeziehung, sondern innerhalb des jetzt Möglichen muss eine Lösung gefunden werden.

Der Gesetzentwurf der SPD hat einige weitere Probleme. Es gibt momentan sehr wenige Vertragsbedingungen, die geändert wurden. Hinzu kommt: Im Gesetzentwurf der SPD geht es auch darum, inwieweit nach heutigem Recht von außerhalb der KV auf die Daten der Einzelverträge zugegriffen werden kann, wie es mit dem Gesetzentwurf gewollt ist. Mit dem GMG wurde ausdrücklich ausgeschlossen, dass die KV dort ein Zugriffsrecht hat.Würden diese Verträge jetzt einbezogen, müssten weitere Fragen geklärt werden,die sowohl mit dem heutigen neuen Recht zu tun haben als auch mit der Frage, ob dies ein echter Standortnachteil für Ärzte, für Direktverträge und für die Versorgung der Patienten in Hessen ist. Auch das sind Fragen, mit denen man sich dann weiter gehend auseinander setzen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, würde es überhaupt zu einer solchen Änderung kommen, wie sie heute die SPD-Fraktion vorschlägt, würde das noch lange nicht die KV davon entbinden, intern eine Regelung zu finden. Denn wie Frau Schulz-Asche es eben richtig gesagt hat:

Eine Frage ist, ob derjenige, der heute in dieses Umlagesystem einzahlt, tatsächlich noch eine Chance darauf hat, aus diesem Umlagesystem selbst etwas herauszubekommen.Auch diese Frage muss gestellt werden.

Insoweit löst der Gesetzentwurf nicht die Probleme der KV Hessen. Er löst vor allen Dingen nicht das Problem, dass die Satzung intern neu beschlossen werden muss.Aus unserer Sicht hat es auch nichts mit dem zu tun, was Herr Prof. Ebsen in seinem Gutachten anspricht, sondern das ist eine völlig andere Frage. Der Gesetzentwurf führt gerade nicht dazu, dass das Umlagesystem dadurch sicherer wird. Denn wenn das stimmt, was sowohl Herr Dr. Spies als auch Herr Rentsch gesagt haben, nämlich dass das eigentliche Problem das Umlageverfahren ist, dann muss man neue satzungsrechtliche Regelungen innerhalb der Satzung der KVH treffen, um dieses Umlageverfahren zu modifizieren, auslaufen zu lassen und vieles mehr. Deswegen muss erst eine satzungsrechtliche Regelung getroffen werden, die dann wiederum von einer Aufsicht zu überprüfen ist.Wir werden sicherlich noch genügend Zeit, auch im Ausschuss, haben, uns mit dem Gesetzentwurf auseinander zu setzen, der aber all diese Probleme nicht löst, die innerhalb der KV durch Satzungsregelungen entschieden werden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abg. Dr. Spies.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man muss drei Punkte noch einmal klarmachen.

Erstens.Die Frage,ob unser Gesetzentwurf notwendig ist, hat mit der Frage der Funktion des Umlagesystems der KV nichts zu tun. Dieses Problem muss die KV selbst lösen. Das will sie lösen, und das kann sie lösen.

Als weiterer Faktor kommt hinzu, dass durch Gesetz in die Basis, aus der heraus diese Umlage bislang bestritten wurde, mit Zustimmung des Landes Hessen eingegriffen wird. Das heißt, es kommt zu einer Vervielfachung der Dynamik der Probleme. Dazu sage ich: Es ist nicht rechtens, die KV mit diesen Problemen einfach alleine zu lassen, wenn wir mit einfachen Maßnahmen helfen können.

Zweitens. Frau Ministerin, ich habe mit großem Interesse gehört, was Sie gesagt haben. Wenn ich mir den Schriftwechsel zwischen der KV und Ihrem Haus anschaue, der mir bekannt ist,und wenn ich höre,dass Sie hier sagen,die KV müsse sich doch bitte eine Lösung einfallen lassen, dann muss ich sagen: Das ist grotesk. Es gibt mehrere Aktenordner, in denen Ihnen Lösungskonzepte vorgeschlagen worden sind, die aller Voraussicht nach auf breite Zustimmung stoßen würden, die die KV aber nur dann beschließen kann, wenn es eine geeignete gesetzliche Grundlage gibt. Genau um die geht es, nicht darum, dass sich die KV um die Lösung von Problemen drücken will. In manchen Schreiben heißt es, die KV wolle, dass das Land mit finanziellen Mitteln einsteigt. Nein, die KV will nur die Chance haben, ihre Probleme selber zu lösen. Ich finde, wir sollten ihr diese Chance geben.

(Beifall bei der SPD)

Der dritte Punkt betrifft Änderungen im GMG betreffend § 140a SGB V. Sie haben Recht: Vertragspartner bei

einem solchen Vertrag kann nicht die KV werden – aus gutem Grund. Die Bundesgesundheitsministerin nannte es die „schönste Nacht ihres Lebens“, als sie sich mit Herrn Seehofer in dieser Frage einigte. Das ändert allerdings nichts daran, dass man der KV über diese Verträge berichten kann. Im Gegenteil, wenn Sie wüssten, wovon Sie reden,Frau Ministerin,dann wäre Ihnen bekannt,dass zahlreiche Krankenversicherungen die Kassenärztlichen Vereinigungen gerne als Vermittler beteiligen würden. Diese aber verweigern sich, weil sie nicht Vertragspartner werden können. Es ist ein Unterschied, ob man weiß, was passiert, oder ob man ein eigenständiger Vertragspartner ist. Deshalb ist die Lösung, die im GMG mit Blick auf § 140a SGB V geboten wird, überhaupt kein Hinderungsgrund bei der Verfolgung unseres Ansatzes. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die KV von Verträgen weiß, an denen sie nicht als eigene Vertragspartei beteiligt ist.

Tatsache ist auch, dass an dieser Stelle ein spezifisch hessisches Problem nicht erkannt wurde. Frau Ministerin und insbesondere Frau Oppermann, dann frage ich mich allerdings, wie die Hessische Landesregierung die Änderung durchlaufen lassen konnte, ohne dieses Problem zu bemerken.

Meine Damen und Herren, es geht doch überhaupt nicht um einen ideologischen Streit. Deshalb verstehe ich Ihre Zurückhaltung an der Stelle nicht. Es geht doch um eine ganz einfache Frage. Eine Rahmenbedingung hat sich geändert. Diese Änderung hat Auswirkungen auf eine ganz spezifisch hessische Lösung. Mit einem ganz einfachen Kniff können wir das wieder ins Lot bringen. Das sollten wir tun.

(Beifall bei der SPD)

Das war die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs.

Der Gesetzentwurf soll zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Dem wird nicht widersprochen. Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 74 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufsgesetz) in der Fassung vom 7. Februar 2003, GVBl. I S. 66 – Drucks. 16/2499 zu Drucks. 16/2054 –

Berichterstatterin ist Frau Abg. Oppermann. Frau Kollegin Oppermann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Der Gesetzentwurf war dem Sozialpolitischen Ausschuss in der 32. Plenarsitzung am 23. März 2004 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf eine schriftliche Anhörung betroffener Verbände und Organisationen durchgeführt.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 8. Juli 2004 behandelt und ist mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem zuvor genannten Votum gelangt.

Vielen Dank, Frau Kollegin Oppermann, für die Berichterstattung.– Das Wort hat Frau Kollegin Hofmeyer für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion zur Änderung des Heilberufsgesetzes ist erst durch die „Operation düstere Zukunft“ der CDU-Landesregierung notwendig geworden.

(Beifall bei der SPD)

Denn mit der Streichliste im sozialen Bereich haben Sie unter anderem auch die Ausbildung der pharmazeutischtechnischen Assistenten stark gefährdet. Mit der Kürzung um jährlich 68.500 c allein für die Kasseler PTA-Schule wurden dieser wichtigen Ausbildungseinrichtung 35 % der bisherigen Landesförderung gestrichen. Dadurch gefährden Sie nicht nur die Zukunft dieser Schule, sondern Sie nehmen vor allem zahlreichen jungen Menschen die Ausbildungschancen. Derzeit sind an dieser Schule in Kassel 141 Schüler in der Ausbildung.

Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion trägt zur Sicherung der Ausbildung von pharmazeutisch-technischen Assistenten bei, indem eine Unterstützung vonseiten der späteren Arbeitgeber – in diesem Fall vertreten durch die Landesapothekerkammer – möglich ist. Die jetzige Gesetzeslage lässt eine solche Beteiligung nicht zu. Aus unserer Sicht muss die Aus- und Fortbildung aber verantwortlich geregelt werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesapothekerkammer ist für die Qualität in den Apotheken zuständig, und sie sollte auch für die Aus- und Fortbildung des Personals zuständig sein und daran mitwirken, dass genügend ausgebildete Fachkräfte auf dem Markt sind.

(Beifall bei der SPD)

Eine vollschulische Ausbildung kommt allen späteren Arbeitgebern zugute. Daher zeigt unser Gesetzentwurf einen Weg auf, der diese wichtige Ausbildung auf breitere Füße stellt.

(Beifall bei der SPD)

Warum dieser Gesetzentwurf von Ihnen abgelehnt wird, wissen wir nicht. Der größte Teil der Absolventen der Kasseler Schule ist in Apotheken der Region Nordhessen beschäftigt. Selbst wenn die Apotheken nicht die ausschließlichen Nutznießer sind, was ja stimmt, müssen weitere Wege gefunden werden, wie auch die von dieser Ausbildung Profitierenden, z. B. die Pharmaindustrie, mit eingebunden werden können, statt das Projekt gänzlich zu canceln.

(Beifall bei der SPD)

Die PTA-Schule in Frankfurt wird vom Apothekerverband unterstützt und getragen. Der Kasseler PTA-Schule wollen Sie hingegen die Unterstützung durch die Apotheken verweigern, auf der anderen Seite ihr aber auch die notwendigen Landesmittel entziehen.

Unser Gesetzentwurf ist keine Lex Kassel.Das betone ich ausdrücklich. Er betrifft den gesamten Berufsstand, denn es sollten landesweit gleiche Voraussetzungen gelten. Die Probleme haben wir aber derzeit in Kassel. Es ist unverantwortlich, so viele Ausbildungsplätze gerade im strukturschwachen Norden aufs Spiel zu setzen, ohne nach Lösungen zu suchen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben mit Ihrer Streichorgie im sozialen Bereich die Probleme bei der PTA-Schule erst ausgelöst. Wenn Sie unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen – aus welchen Gründen auch immer, Frau Ministerin –, dann sind Sie in der Pflicht, andere Wege aufzuzeigen.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung ist für ganz Hessen zuständig, und was im Süden geht, das muss natürlich auch im Norden möglich sein. Dafür haben Sie die Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Vorschlag des CDU-Abgeordneten Williges, zur Kostendeckung das Schulgeld zu erhöhen, ist völlig indiskutabel.